OGH 1Ob2077/96i

OGH1Ob2077/96i4.6.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl.Ing.Dr.Heimo P*****, Zivilingenieur für Bauwesen, ***** vertreten durch Dr.Hubert Tramposch, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien 1., Singerstraße 17-19, und die Nebenintervenientin H***** Hoch- und Tiefbau Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Saxinger, Baumann & Partner, Rechtsanwälte in Linz, wegen 162.121,73 S sA, infolge Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse 117.953,28 S sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgerichts vom 22.November 1995, GZ 3 R 227/95-54, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 28.Juli 1995, GZ 6 Cg 182/93-46, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird - ausgenommen die bereits rechtskräftig erledigten und daher unberührt bleibenden Teile des Klagebegehrens (Zuspruch von 44.168,45 S samt 4 % Zinsen aus 38.513,76 S vom 30. Dezember 1991 bis 7.März 1992 und aus 44.168,45 S seit 8.März 1992, Abweisung von 14.744,16 S samt 11,75 % Zinsen seit 30.Dezember 1991 und weiterer 7,75 % Zinsen aus 141.722,88 S vom 30.Dezember 1991 bis 7.März 1992 und aus 147.377,57 S seit 8.März 1992 und "20 % Umsatzsteuer aus sämtlichen Zinsen") - aufgehoben.

Die Rechtssache wird im Umfang der Aufhebung zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung

Der Kläger begehrte den Zuspruch von 162.121,73 S sA und brachte - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - im wesentlichen vor, daß ihm die beklagte Partei mündlich einen Werkauftrag für die "statisch-konstruktive Bearbeitung der Instandsetzung" einer Brücke der Westautobahn erteilt habe. Dessen Gegenstand seien "Sanierungskonzepte" und eine "möglichst rasch" auszuarbeitende "Sanierungsprojektierung" gewesen. Er sei durch die für die beklagte Partei handelnden Personen nicht darauf hingewiesen worden, daß diese Arbeiten "im Auftrag und auf Rechnung" einer ARGE durchzuführen seien. Deren Rechtsbeziehungen zur beklagten Partei seien ihm bei Auftragserteilung nicht bekannt gewesen. Die beklagte Partei behaupte unzutreffend, daß der schließlich konstruktiv dargelegte Sanierungsvorschlag völlig ungeeignet und unbrauchbar gewesen sei. Dieser stelle vielmehr eine sach- und fachgerechte Erledigung des erteilten Werkauftrags dar. Die beklagte Partei verweigere daher zu Unrecht die Bezahlung des bereits fälligen Werklohns.

Die beklagte Partei wendete im wesentlichen ein, daß der Kläger den Auftrag zur Ausarbeitung eines Sanierungsvorschlags im Namen und auf Rechnung einer ARGE erhalten habe. Die "Organe" der beklagten Partei hätten darauf ausdrücklich hingewiesen. Der vom Kläger schließlich erstattete Sanierungsvorschlag sei, wie überdies auch die Nebenintervenientin vorbrachte, völlig ungeeignet und unbrauchbar gewesen, weshalb kein Entlohnungsanspruch bestehe.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit 147.377,57 S sA statt, wies das Mehrbegehren von 14.744,16 S sA ab und legte seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - folgenden Sachverhalt zugrunde:

Die beklagte Partei habe einer ARGE den Auftrag erteilt, den Fahrbahnbelag einer Brücke der Westautobahn abzutragen. Die ARGE habe diese Leistung "nicht auftragsgemäß" erbracht, wodurch es zu Schäden "am gesamten Schutzasphalt und der gesamten Brückenabdichtung gekommen" sei. Es habe "nie Zweifel" gegeben, daß die ARGE dafür einzustehen habe. Dabei habe es sich um eine "Versicherungsangelegenheit" der ARGE gehandelt. Dieser hätte die Auftragserteilung für ein Sanierungskonzept vorbehalten bleiben sollen. Vertreter der beklagten Partei seien nicht bevollmächtigt gewesen, dem Kläger "einen Auftrag zur Erstellung eines Sanierungskonzeptes" im Namen der ARGE zu erteilen. Ein Vertreter der beklagten Partei habe den Kläger über den Schaden an der Autobahnbrücke und über die dafür Ersatzpflichtigen informiert und schließlich erklärt, er habe einen Auftrag für ihn. Er habe den Kläger ersucht, "möglichst bald an Ort und Stelle den Schaden zu besichtigen". Das sei schließlich geschehen. Bei diesem "Lokalaugenschein" habe der Vertreter der beklagten Partei den Kläger "um eheste Ausarbeitung eines Sanierungsprojektes" ersucht. Dem Kläger sei dabei weder "hinreichend deutlich" gemacht worden, daß es lediglich um die Vermittlung eines Auftrags der ARGE gehe, noch, daß "jedenfalls nicht das Land Salzburg Vertragspartner" sei bzw werden solle. Für die Ausarbeitung eines Sanierungskonzepts sei dem Kläger eine Frist von einigen Tagen gesetzt worden. Dieser habe dem Vertreter der beklagten Partei "die eheste Übermittlung" eines solchen zugesagt. Dem Vertreter der beklagten Partei sei bewußt gewesen, daß "Voraussetzung der Ausarbeitung eines Projektes die Öffnung der Brücke" gewesen sei. Schließlich habe der Kläger dem für die beklagte Partei tätig gewordenen Amt der Salzburger Landesregierung ein mit 12.Juli 1991 datiertes "Honorarangebot" übermittelt, das sich auf die "Lokalaugenscheine bei der Brücke, den Instandsetzungskonstruktionsentwurf, die prüffähige statische Berechnung, Konstruktionspläne und die Massenermittlung" bezogen habe. Die Beamten des Amtes der Salzburger Landesregierung hätten "auf die Übermittlung des Honorarangebotes" nicht reagiert. Bereits am 11.Juli 1991 habe der Kläger das "Sanierungskonzept" übersandt und um Rückmeldung ersucht, "ob prinzipiell Einverständnis gegeben sei". Im Zeitraum vom 12. bis 22.Juli 1991 habe er dann "die Beilagen ./J und ./K" ausgearbeitet, ohne durch das Amt der Salzburger Landesregierung "eine Rückmeldung auf die Übermittlung des Sanierungskonzeptes erhalten zu haben". Weil der Kläger schließlich aufgrund von Telefongesprächen mit einem Mitarbeiter der ARGE und einem Vertreter der beklagten Partei erfaßt habe, daß "Unklarheiten betreffend seine Bezahlung" bestünden, er "seit Übermittlung des Honoraranbotes nichts mehr gehört" habe und die Ausarbeitung der noch fehlenden Pläne zwar "relativ kurzfristig möglich gewesen wäre, jedoch die Öffnung der Brücke vorausgesetzt hätte", habe er mit seiner Arbeit innegehalten. Nicht feststellbar sei, daß "die vom Kläger erbrachten Leistungen (Erstellung eines Sanierungskonzeptes sowie teilweise eines Sanierungsprojektes) unbrauchbar bzw unwirtschaftlich" seien.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht im wesentlichen die Ansicht, daß der Kläger Vertragspartner der beklagten Partei geworden sei. Da die Streitteile keinen bestimmten Werklohn vereinbart hätten, habe der Kläger Anspruch auf ein angemessenes Entgelt. Dieses errechne sich für das Sanierungskonzept und die für das Sanierungsprojekt erbrachten Teilleistungen mit 147.377,57 S brutto. Dieser Betrag sei zuzusprechen, das Mehrbegehren dagegen abzuweisen.

Das Berufungsgericht stellte ergänzend fest, daß "die angemessenen Kosten für das Sanierungskonzept des Klägers 32.094,80 S zuzüglich 20 % Umsatzsteuer" - abgesehen von den Kosten für Fotokopien in Höhe von 4.712,24 S - betrügen, änderte das Ersturteil im Sinne der Abweisung eines weiteren Teils des Klagebegehrens von 103.209,12 S sA und "20 % Umsatzsteuer aus sämtlichen Zinsen" ab und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es erwog in rechtlicher Hinsicht - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - im wesentlichen, daß nicht geprüft werden müsse, ob die vom Kläger erbrachten "Projektleistungen" unbrauchbar, ungeeignet und für die durchzuführende Brückensanierung unwirtschaftlich gewesen seien, weil soweit kein Werklohnanspruch bestehe. Dem Kläger sei nämlich nur der Beweis gelungen, daß ihm die beklagte Partei einen Werkauftrag für die Erstellung eines Sanierungskonzepts erteilt habe. Dagegen könne der Kläger nicht "Kosten für ein Sanierungsprojekt" verlangen, weil es soweit an einer Auftragserteilung durch die beklagte Partei fehle. Das dem Kläger zustehende angemessene "Honorar" errechne sich daher wie folgt:

Sanierungskonzept 32.094,80 S

Kopierkosten 4.712,24 S

20 % Umsatzsteuer 7.361,40 S

Summe 44.168,45 S

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Das Ersturteil sei demnach teilweise abzuändern. Aus "Anlaß der Berufung" sei im übrigen das Umsatzsteuerbegehren aus den Zinsen gänzlich abzuweisen gewesen, weil Verzugszinsen nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs umsatzsteuerfrei seien.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt. Der Kläger stellte zwar nur einen Abänderungsantrag, dieser impliziert jedoch auch ein Aufhebungsbegehren. Nach dem Inhalt der Anfechtungserklärung soll Gegenstand des Revisionsverfahrens die Abweisung des Klagebegehrens durch das Berufungsgericht ihrem "gesamten Inhalt und Umfang nach" sein. Beantragt wird, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß der Berufung der beklagten Partei gegen das Ersturteil nicht Folge gegeben und dieses bestätigt werde. Der bereits vom Erstgericht rechtskräftig abgewiesene Teil des Klagebegehrens ist nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens. Legt man den Rechtsmittelantrag aufgrund der Revisionsausführungen aus, bekämpft der Kläger auch nicht die durch das Berufungsgericht ausgesprochene Abweisung des Klagebegehrens auf Zuerkennung von "20 % Umsatzsteuer aus sämtlichen Zinsen", weil den Revisionsgründen kein Wort zu diesem Thema zu entnehmen ist. Es ist daher das auf Verzugszinsen bezogene Umsatzsteuerbegehren ebenso als rechtskräftig erledigt anzusehen.

Das Berufungsgericht ging davon aus, es sei dem im Ersturteil "festgestellten Sachverhalt nicht zu entnehmen", daß der Kläger einen über die Erstellung eines "Sanierungskonzepts" hinausgehenden Auftrag erhalten habe, weshalb der für "Projektleistungen" geltend gemachte Teil des Klagebegehrens abzuweisen sei. Das entspricht nicht den im Ersturteil getroffenen Feststellungen. Darin wird zwischen den Begriffen "Sanierungskonzept" und "Sanierungsprojekt" unterschieden und klargestellt, daß ein Vertreter der beklagten Partei "den Kläger um eheste Ausarbeitung eines Sanierungsprojektes ersuchte" und dieser jenem auf dessen Drängen vorerst "die eheste Übermittlung eines Sanierungskonzeptes" zusagte, ein solches der beklagten Partei wenig später auch übermittelte und danach teilweise auch das "Sanierungsprojekt" erstellte. Diese Zusammenhänge in den Tatsachenfeststellungen werden in der Beweiswürdigung auch begründet (ON 46 Seite 19 zweiter Absatz). Die beklagte Partei legte in der Berufung zwar ihren Prozeßstandpunkt dar, daß "der Kläger ohne genaue Kenntnis des tatsächlichen Schadens und ohne Auftrag hiezu ein beinahe komplettes Sanierungsprojekt ausgearbeitet" habe, betonte jedoch ebenso, im Verfahren erster Instanz keine "Auftragsüberschreitung", sondern "dem Vorbringen der Nebenintervenientin folgend" lediglich geltend gemacht zu haben, daß der "Sanierungsvorschlag des Klägers als ungeeignet und unbrauchbar" anzusehen sei. Demnach begehrte die beklagte Partei, falls sich deren Ansicht, dem Kläger überhaupt keinen Auftrag im eigenen Namen erteilt zu haben, nicht durchsetzen sollte, auch bloß die Feststellung, daß die "erbrachten Leistungen für die Belange der Beklagten und auch der Nebenintervenientin unbrauchbar, ungeeignet und für eine entsprechende Sanierung unwirtschaftlich" gewesen seien. Da das Gericht zweiter Instanz jedoch den Prozeßstandpunkt der beklagten Partei, dem Kläger im eigenen Namen keinen Werkauftrag erteilt zu haben, als nicht stichhältig ansah und sich soweit der Ansicht des Erstgerichts anschloß, durfte es - mangels einer mit bestimmten Gründen ausgeführten Beweisrüge - gar nicht von der im Ersturteil getroffenen Feststellung abgehen, daß Auftragsgegenstand auch die Errichtung eines "Sanierungsprojekts" gewesen sei. Selbst wenn aber die beklagte Partei in diesem Streitpunkt eine Beweisrüge gesetzmäßig ausgeführt hätte, wäre das Berufungsgericht nur aufgrund einer von ihm durchgeführten Beweiswiederholung berechtigt gewesen, seiner Entscheidung eine andere als die vom Erstgericht getroffene Tatsachenfeststellung zugrundezulegen. Es bedarf daher im Revisionsverfahren auch keiner Erörterung, ob dem durch die beklagte Partei und die Nebenintervenientin im Verfahren erster Instanz erstatteten Vorbringen ein im Sinne des § 267 Abs 1 ZPO allenfalls schlüssig zum Ausdruck gebrachtes Tatsachengeständnis des Inhalts zu entnehmen wäre, daß der Kläger auch den Auftrag zur Ausarbeitung eines "Sanierungsprojekts" erhalten habe.

Ist aber entgegen der aktenwidrigen Begründung des Berufungsgerichts davon auszugehen, daß sich der Werkvertrag der Streitteile auch auf ein vom Kläger auszuarbeitendes "Sanierungsprojekt" bezog, kommt der von der beklagten Partei im Berufungsverfahren aufrechterhaltenen Einwendung, die vom Kläger erbrachten Projektierungsleistungen seien "unbrauchbar, ungeeignet und für eine entsprechende Sanierung unwirtschaftlich" gewesen, entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Der Kläger hätte nämlich für ein wertloses Werk keinen Entlohnungsanspruch (SZ 63/37; SZ 57/140; Krejci in Rummel, ABGB2 Rz 7 zu § 1170). Das Berufungsgericht wird daher in der im zweiten Rechtsgang zu fällenden Entscheidung zunächst die im aufgezeigten wesentlichen Punkt nicht behandelte Beweisrüge der beklagten Partei zu erledigen haben. Bliebe es danach bei dem dem Ersturteil zugrundeliegenden Sachverhalt, daß eine Unbrauchbarkeit bzw Unwirtschaftlichkeit der vom Kläger erbrachten Projektierungsleistungen nicht feststellbar sei, könnte nicht davon ausgegangen werden, daß der geltend gemachte Entgeltanspruch wegen Wertlosigkeit der erbrachten Werkleistungen nicht bestehe. Allerdings hätte sich das Gericht zweiter Instanz dann auch mit der in der Berufung behaupteten (Punkt 3. der Rechtsrüge) und auf einem im Verfahren erster Instanz erstatteten Prozeßvorbringen (ON 42 Seite 23) beruhenden Verletzung der Warnpflicht auseinanderzusetzen.

Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Der Kostenvorbehalt stützt auf § 52 Abs 1 ZPO.

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