OGH 5Ob222/03p

OGH5Ob222/03p10.2.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin L***** Sparkasse, ***** vertreten durch Mag. Bernhard Graf, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen bücherlicher Eintragungen ob der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch *****, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 11. Juli 2003, AZ 54 R 78/03x, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Lienz vom 6. Mai 2003, TZ 1525/03, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Zu EZ ***** Grundbuch ***** ist im B-Blatt als Eigentümer Johann G*****, geboren am *****, einverleibt.

Die Antragstellerin bringt nun in ihrem Grundbuchsgesuch vor, Gernot G*****, geboren am *****, sei Eigentümer dieser Liegenschaft und es werde die Einverleibung des Pfandrechtes für die Kreditforderung der Antragstellerin im Höchstbetrag von EUR 36.400 im Range der Rangordnung unter C-LNR 3a begehrt. Sie schloss die Kopie des Abhandlungsprotokolls an, aus dem sich ergibt, dass Johann G***** am ***** verstorben sei und in seinem Testament Gernot G***** zum Alleinerben eingesetzt habe. Dieser habe die unbedingte Erbserklärung abgegeben. Nach Maßgabe der Verlassenschaftsabhandlung werde das Eigentumsrecht an der Liegenschaft für Gernot G***** grundbücherlich einzuverleiben sein.

Das Erstgericht wies den Antrag mit der Begründung ab, dass im Grundbuch nicht Gernot G*****, sondern Johann G***** als Eigentümer eingetragen sei.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht Folge. Es vertrat die Rechtsansicht, dass zwar grundsätzlich vor Einverleibung des Eigentumsrechtes des Erben Eintragungen gegen ihn unzulässig seien, dass aber insbesondere Kralik in Ehrenzweig3, Erbrecht 21, mit durchaus beachtenswerten Argumenten dieser in der Rechtsprechung vertretenen Rechtsansicht entgegensetze, dass das Prinzip des § 21 GBG sowohl durch § 22 GBG als auch durch § 350 Abs 3 EO durchbrochen sei und seit jeher zugunsten betreibender Gläubiger einstweilige Verfügungen gegen den Erben auch schon vor seiner Einantwortung im Sinne des § 75 der 3. TN, nunmehr § 379 Abs 5 EO, zugelassen würden. Es sei daher naheliegend, Gläubigerrechte gegen den Erben auch schon vor seiner bücherlichen Einverleibung als Eigentümer einzutragen, weil es nicht vom Belieben des Erben und Pfandschuldners, der mit der Rechtskraft der Einantwortung außerbücherliches Eigentum an der Liegenschaft erwerbe, abhängen könne, wann er das ihm zustehende Recht nun tatsächlich (deklaratorisch) verbüchern lasse. Eine derartige Antragstellung hänge aber jedenfalls von der Vorlage einer rechtskräftigen Einantwortungsurkunde ab. Die Antragstellerin habe bloß ein Abhandlungsprotokoll vorgelegt. Amtswegige Erhebungen zur Frage, ob die Einantwortung im Verfahren rechtskräftig erfolgt sei, widerspreche dem Wesen des Grundbuchsverfahrens.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Streitgegenstand EUR 20.000 übersteige und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob im Fall des § 29 Abs 1 LiegTeil die Verpflichtung bestehe, vor der Entscheidung amtswegig die Rechtskraft der Einantwortung des Erben zu überprüfen und ob im Falle einer freiwilligen Verpfändung einer Liegenschaft durch den außerbücherlichen Eigentümer die Einverleibung des Pfandrechtes zwischen rechtskräftiger Einantwortung und tatsächlicher Einverleibung des Eigentumsrechtes des Erben zulässig sei, fehle.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit einem Abänderungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig; er ist aber im Ergebnis nicht berechtigt.

Es ist richtig, dass der Erbe trotz der Bestimmung des § 436 ABGB Eigentum an einer Liegenschaft mit der Einantwortung und nicht erst mit der Einverleibung seines Eigentumsrechtes im Grundbuch erwirbt (5 Ob 1057/93, SZ 49/104 = EvBl 1977/37 S 98, WoBl 1991/41, S 53, NZ 1990/180, S 235, EvBl 1958/185, S 298, RIS-Justiz RS0011263 uva). Die grundbücherliche Einverleibung hat in diesem Fall nur noch insofern Bedeutung, als der Erbe dadurch den bücherlichen Besitz erlangt. Die Bestimmungen der §§ 21 und 94 GBG verhindern jedoch im Grundbuchsverkehr jede Bedachtnahme auf die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse, solange sie nicht im Grundbuch ihren Niederschlag gefunden haben (5 Ob 1057/93, SZ 49/104, RIS-Justiz RS0011313). In der Rechtsprechung wurde daher bisher die Auffassung vertreten, dass eine bücherliche Eintragung gegen den Erben unzulässig ist, auch wenn er bereits nach materiellem Recht Liegenschaftseigentümer ist (SZ 49/104 = EvBl 1977/37, S 98, JBl 1930, 453, EvBl 1958/186, S 298). Auch die Zwangsversteigerung einer Liegenschaft ist gegen den eingeantworteten, aber nicht einverleibten Erben unzulässig, weil der materielle Grundbuchsstand nicht durchschlägt (SZ 57/177).

Lediglich zur Vorbereitung eines Verkaufs der Liegenschaft wurde dem eingeantworteten, aber noch nicht verbücherten Erben das Recht eingeräumt, nicht mehr bestehende Lasten gemäß § 136 GBG löschen zu lassen (NZ 1995/326, S 138 = RdW 1995, 56) bzw ihm die Berechtigung zuerkannt, die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung zu beantragen (NZ 1990/180, S 235 [zust Hofmeister] = WoBl 1991/41, S 53 [zust Hoyer]). Die Einverleibung von Pfandrechten ist eine Eintragung gegen den Belasteten, die nichts mit der Vorbereitung eines Verkaufes oder Vergleichbarem zu tun hat.

Kralik und ihm folgend das Rekursgericht und der Revisionsrekurswerber führen nun gegen diese Rechtsprechung ins Treffen, dass das Prinzip des bücherlichen Vormanns durch § 22 GBG und § 350 Abs 3 EO und durch die Eintragung einstweiliger Verfügungen nach § 75 3. TN (nunmehr § 379 Abs 5 EO idF EO-Novelle 2000, BGBl I 2000/59) durchbrochen sei und daher auch die Einverleibung von Pfandrechten gegen den eingeantworteten, aber noch nicht einverleibten Erben zulässig sein müsse.

Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden. § 21 GBG normierte den im Grundbuchsrecht zentralen Grundsatz, dass bücherliche Eintragungen nur gegen den einverleibten Eigentümer oder gegen den, der doch gleichzeitig als solcher einverleibt oder vorgemerkt wird, erfolgen dürfen. § 22 GBG ist davon nur scheinbar eine Ausnahme zur Vereinfachung der Eintragung (RIS-Justiz RS0060710, RS0107463). Es wird in diesem Falle nämlich nur von den Zwischeneintragungen abgesehen, wenn eine geschlossene Kette von entsprechenden Urkunden vorgelegt werden, die für sich zur Einverleibung der außerbücherlichen Vormänner notwendig gewesen wären.

§ 350 Abs 3 EO lässt kraft Exekutionstitels Eintragungen gegen den nicht einverleibten oder vorgemerkten Eigentümer einer Liegenschaft zu, wenn der betreibende Gläubiger unter Nachweis des Rechtstitels des Verpflichteten zugleich mit der Exekution die bücherliche Eintragung des Eigentums des Verpflichteten begehrt. Diese Vorgangsweise entspricht dem Grunde nach § 21 GBG, es wird lediglich die Antragslegitimation zur Einverleibung des Eigentumsrechtes auf den Gläubiger unter konkreten Voraussetzungen übertragen.

Lediglich nach § 379 Abs 5 EO idF EO-Novelle 2000, BGBl I 2000/59, (entspricht § 75 3. TN) ist zur Sicherung von Forderungen gegen den Erben bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen zugunsten der Gläubiger des Erben in Ansehung des ihm angefallenen Erbguts vor der Einantwortung die Erlassung einer einstweiligen Verfügung möglich, wobei die notwendigen Sicherungsmittel nach §§ 379 und 382 EO angeordnet werden können. Die Rechtsprechung hat auch schon bisher Veräußerungs- und Belastungsverbote zur Sicherung der Forderungen von Gläubigern der erbserklärten Erben hinsichtlich Liegenschaften, die zur Verlassenschaft gehören, bewilligt (1 Ob 147/97t, 1 Ob 2111/96i, EvBl 1980/142, EvBl 1981/84).

Die Zulassung eines naturgemäß vorläufigen Sicherungsmittels ist aber mit der Einverleibung von Pfandrechten gegen den nicht verbücherten Erben nicht vergleichbar. Der Gesetzgeber hat die Neuschaffung der Bestimmung des § 379 Abs 5 EO auch nicht zum Anlass genommen, ausdrücklich zugunsten des eingeantworteten, aber nicht einverleibten Erben eine Einschränkung des § 21 GBG vorzunehmen.

Es besteht daher - entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes - kein Anlass, von dem oben dargestellten zentralen Grundsatz des § 21 GBG für den vorliegenden Fall der Einverleibung eines Pfandrechtes gegen den eingeantworteten, aber nicht einverleibten Erben abzugehen. Der Erbe als außerbücherlicher Eigentümer kann dem bücherlichen Eigentümer nicht in jeder Hinsicht gleichgestellt sein.

Dem Revisionsrekurs war daher im Ergebnis ein Erfolg zu versagen.

Da das Grundbuchsgesuch in dieser Form nicht mehr wiederholt werden kann, erübrigen sich weitere Ausführungen.

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