OGH 7Ob243/03s

OGH7Ob243/03s10.11.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DI Peter Sch*****, vertreten durch Mag. Dr. Karlheinz Klema, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. Rainer W*****, vertreten durch Dr. Georg Karasek und andere, Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 33.485,46 sA (Rekursinteresse EUR 22.636,56 sA), über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 30. April. 2003, GZ 15 R 214/02d-88, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 15. Juni 2002, GZ 28 Cg 31/98d-79, (teilweise) aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs der beklagten Partei wird zurückgewiesen. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen ihres Vertreters binnen 14 Tagen die mit EUR 1.189,44 (hierin enthalten EUR 198,24 USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Oberste Gerichtshof ist bei der Prüfung der Zulässigkeit des Rekurses gegen einen Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichtes an die Beurteilung des Gerichtes zweiter Instanz über das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage nicht gebunden (§ 526 Abs 2 ZPO). Gemäß § 528a iVm § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich der Oberste Gerichtshof bei der Zurückweisung eines solchen Rechtsmittels auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken, welche sich wie folgt zusammenfassen lassen:

Der Kläger war vom Beklagten mit Architekten- sowie Statikerleistungen und der Bauüberwachung bei einem Bauvorhaben in der Wiener Innenstadt beauftragt. Das Bauvorhaben umfasste den Ausbau des Dachgeschosses auf zwei Ebenen sowie den Umbau des vierten Obergeschosses. Die Parteien haben am 28. 2. 1996 über die Entlohnung eine Pauschalvereinbarung in Höhe von S 1,5 Mio (EUR 109.009,25) netto getroffen. Dieser Vereinbarung lag ua zugrunde, dass vom Beklagten diverse Eigenleistungen erbracht werden, dass der Beklagte in regelmäßigen Abständen über Aufforderung des Klägers Pläne freigeben werde und dass die Bewilligung für einen straßenseitigen Erker ohne Schwierigkeiten erreicht werden kann. Noch in der Planungsphase fand die Zusammenarbeit der Streitteile ein Ende. Der Kläger hat den Auftrag im Planungsteil zu 73,5 % hinsichtlich der Architekten- und hinsichtlich der Statikerleistungen erfüllt. Leistungen im Bereich der örtlichen Bauaufsicht wurden nicht erbracht. Der Beklagte hat insgesamt S 788.000,-- (EUR 57.266,19) bezahlt. Die Planung gestaltete sich für den Kläger deshalb besonders aufwendig, weil der Beklagte immer wieder neue Wünsche und Ideen einbrachte, die eine Umplanung erforderlich machten. Mit der am 9. 4. 1997 eingebrachten Klage begehrte der Kläger sein restliches Honorar in Höhe von S 460.770,-- (EUR 33.485,96) sA. Das Erstgericht gab der Klage im Ausmaß von EUR 10.848,90 samt 4 % Zinsen seit 23. 10. 1996 - unbekämpft und rechtskräftig - statt; das Mehrbegehren von EUR 22.636,56 sA sowie ein Zinsenmehrbegehren von 4 % aus EUR 10.848, 90 wies es ab. Das Berufungsgericht hob über Berufung der klagenden Partei das Ersturteil im Umfange dieser Abweisungen auf und trug dem Erstgericht insoweit eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof wurde für zulässig erklärt, weil "jüngere Rechtsprechung zur Beurteilung des Entlohnungsanspruches eines Architekten bei vorzeitiger Vertragsbeendigung eines Architektenvertrages mit erheblichen Elementen des Bevollmächtigungsvertrages nicht vorliegt" und das Berufungsgericht "im Übrigen in der Beurteilung der Honorarfrage von der in der sonstigen Rechtsprechung zum Architektenvertrag überwiegend angewandten Absorptionstheorie abgegangen ist."

Gegen diesen Aufhebungsbeschluss richtet sich der auf den Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Rekurs des Beklagten mit dem Antrag, die bekämpfte Entscheidung aufzuheben und das erstinstanzliche Urteil zu bestätigen; hilfsweise werden auch Aufhebungsanträge gestellt. Die klagende Partei hat eine Rekursbeantwortung erstattet, in der primär die Zurückweisung des gegnerischen Rechtsmittels mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage, hilfsweise diesem nicht Folge zu geben, beantragt wird.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig.

Die rechtliche Qualifikation eines sog. Architektenvertrages hängt typischerweise stets von den singulären Umständen der konkret zwischen den Parteien desselben getroffenen Einzelvereinbarungen und den dem davon konkret betroffenen Bauvorhaben zuzuordnenden Absprachen, sohin von den konkreten Umständen des jeweils zur Beurteilung anstehenden Sachverhaltes ab. Insoweit ist daher eine ausschließliche Beurteilung als Werkvertrag (RIS-Justiz RS0021309) oder Bevollmächtigungsvertrag (RIS-Justiz RS0019644, RS0019403) in der Regel kaum möglich, sodass zumeist von einer Mischvertragsform ausgegangen wird (RIS-Justiz RS0019364, 0019538, RS0013941). Für die Prüfung dieser Frage ist also der konkret vereinbarte Schuldinhalt des Vertrages maßgeblich (RIS-Justiz RS0018777), richten sich doch auch die Leistungspflichten bei gemischten Verträgen nach der sachlich am meisten befriedigenden Vorschrift (RIS-Justiz RS0013941). Danach richtet sich dann aber auch die Beurteilung, ob zur Behandlung solch gemischter Verträge auf die Kombinationstheorie (RIS-Justiz RS0013941) oder die Absorptionstheorie (RIS-Justiz RS0019270) zurückzugreifen ist. Auch die Auflösungsregeln eines solchen Vertragsverhältnisses richten sich damit klarerweise nach der maßgeblichen schuldrechtlich überwiegenden Vertragssituation. Eine derartige Einzelfallbeurteilung hat auch das Berufungsgericht, dem in umfassender Gesamtwürdigung aller Umstände eine Anwendung der Kombinationstheorie als Ergebnis "sachgerechter erschien", vorgenommen und demgemäß auch die Bestimmung des § 1168 ABGB der Beurteilung des (restlichen) Honoraranspruches als ebenfalls "sachgerechter" erachtet, wobei - zumal Planungs- oder sonstige Fehler des Klägers nicht erwiesen wurden - die Fertigstellung des (Gesamt-)Auftrages als durch einen auf Seiten des Bestellers (Beklagten) liegenden Umstandes verhindert beurteilt wurde. Für die beklagtenseits bis zur Höhe des Klagebetrages eingewendeten Preisminderungsansprüche ergaben sich damit keine weiteren Kürzungsansprüche (vgl RIS-Justiz RS0018640), wobei das insoweit stattgebende Ersturteil vom Beklagten ja bereits im Berufungsverfahrens unbekämpft geblieben ist.

Wenn das Berufungsgericht der Ansicht ist, dass der Sachverhalt in der von ihm dargestellten Richtung noch nicht genügend geklärt ist, dann kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, dem nicht entgegentreten (RIS-Justiz RS0042179), weil er damit unzulässigerweise Tatfragen lösen würde (RIS-Justiz RS0042327). Dies gilt für sämtliche vom Aufhebungsauftrag des Berufungsgerichtes angeschnittenen Tatsachenkomplexe (Anrechnung von Eigenersparnissen;

Anrechnung von Eigenleistungen des Beklagten; Nachlassvereinbarungen;

Zinsenbegehren). Kommt es nachträglich zu (jedenfalls wie hier wesentlichen) Änderungen der vereinbarten Leistungsinhalte, so können diese auch auf eine Pauschalpreisvereinbarung Auswirkung zeitigen (vgl RIS-Justiz RS0107868).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Die klagende Partei hat auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels ausdrücklich hingewiesen. Da sich das Rechtsmittel als unzulässig erweist, hängt der Ausspruch über den Ersatz der Kosten des Rekursverfahrens insoweit nicht vom Ausgang der Hauptsache ab, sodass diese auch nicht als weitere Kosten des Verfahrens erster Instanz (im Sinne des § 52 Abs 1 ZPO) vorzubehalten waren.

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