Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Der Vater der drei Beklagten beabsichtigte die Errichtung einer Familienstiftung in Liechtenstein und beauftragte hiefür ua den klagenden Rechtsanwalt, dem er eine umfassende Vollmacht erteilte. Der Vater verstarb am 13. 3. 1994. Die vom Kläger namens des Stifters gefertigte Widmungserklärung über die Schenkung nahezu des gesamten Vermögens an die Stiftung ist mit 11. 3. 1994 datiert. Die Beklagten führen vor dem Fürstlichen Landgericht Vaduz zu 9 C 555/98 gegen die Stiftung einen Zivilrechtsstreit.
Der Kläger begehrt mit seiner am 20. 5. 1999 beim Erstgericht eingelangten, auf § 1330 ABGB gestüzten Klage die Unterlassung der Verbreitung folgender Tatsachenbehauptungen, die in dem, von den Beklagten in ihrem an das Prozessgericht in Liechtenstein am 9. 4. 1999 gerichteten Schriftsatz enthalten sind:
"Rechtsanwalt Dr. Ludwig D***** versuchte, für sich persönlich einen bestimmenden Einfluss auf die Stiftung zu gewinnen, indem er seinem Klienten immer vorschlug, auch ihn persönlich als Stiftungsrat zu bestimmen."
"Rechtsanwalt Dr. Ludwig D***** hat in dieser Zeit mehrfach versucht, von Dipl.Ing. Johann Otto H***** Unterschriften unter die von ihm verfassten Urkunden zu erlangen, wegen des komatösen Zustandes des Dipl.Ing. Johann Otto H***** musste er letztlch vom Klinikchef Univ.Prof. Dr. Werner L***** der Klinik verwiesen werden. Es ist nicht mehr feststellbar, zu welchem genauen Zeitpunkt nunmehr Rechtsanwalt Dr. Ludwig D***** als Bevollmächtigter des Dipl.Ing. Johann Otto H***** die dem gegenständlichen Verfahren zugrunde liegende Widmungsurkunde, datiert mit 11. 3. 1994, tatsächlich verfasste und notariell fertigte. Aus den Honorarprozessen, die Dr. Ludwig D***** in der Folge gegen die Verlassenschaft führte, ergeben sich Hinweise darauf, dass das Datum der Urkunde, nämlich der 11. 3. 1994, nicht das Datum der tatsächlichen Fertigung dieser Urkunde ist, sondern dass die Urkunde erst nach dem Tod des Dipl.Ing. Johann Otto H***** am 13. 3. 1994 verfasst wurde. Der den Notariatsakt errichtende Notar Dr. K***** in Wien ist zwischenzeitlich durch Selbstmord aus dem Leben geschieden".
Der Kläger begehrt ferner den Widerruf der Behauptungen gegenüber dem Fürstlichen Landgericht und gegenüber dem Prozessgegner der Beklagten. Der Kläger steht auf dem Standpunkt, dass ihm durch die unwahren Behauptungen der Beklagten ein treuwidriges, eigennütziges, die Hilflosigkeit eines anderen Menschen für eigene Zwecke ausnützendes Verhalten unterstellt werde.
Die Beklagten wandten ua gegen die Klageansprüche ein, dass sich aus den zwei vom Kläger gegen die Verlassenschaft geführten Honorarprozessen, insbesondere aus der Honorarabrechnung des Klägers, viele Hinweise ergeben würden, dass am 11. 3. 1994 in der Kanzlei des Notars kein Notariatsakt errichtet worden sei. Der Vater der Beklagten habe sich an diesem Tag in einem "komatösen" Zustand befunden.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Von seinen umfangreichen Feststellungen über die Vorgänge vor der Errichtung der Stiftung und der Fertigung der Widmungserklärung ist für das Revisionsverfahren nur als wesentlich hervorzuheben, dass sämtliche Statuten, Beistatuten und die Widmungserklärung im Sinne der Absicht des Verstorbenen seit Dezember 1993 unterschriftsreif vorgelegen seien und dass der Kläger auf Grund der ihm erteilten Vollmacht berechtigt gewesen sei, alles für den Stifter in dessen Namen zu fertigen. Der Kläger habe die Widmungserklärung am 11. 3. 1994 in der Kanzlei eines später verstorbenen Notars gefertigt. Der Kläger habe in der Folge darauf vergessen, seine Tätigkeit bei der Kommission vom 11. 3. 1994 in seine Honorarnote aufzunehmen.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht nur aus, dass die Tatsachenbehauptungen der Beklagten unrichtig und im Sinne des § 1330 Abs 2 ABGB auch rufschädigend seien. Die Beklagten hätten zumindest fahrlässig gehandelt.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und wies sämtliche Klagebegehren ab. Es "zerlegte" im Sinne der Berufungsausführungen die bekämpften Äußerungen und verneinte bei der Auslegung der einzelnen Teile ihren beleidigenden Charakter. Dem Kläger sei weder der Vorwurf einer persönlichen Bereicherung oder einer Urkundenfälschung gemacht worden. Ein Rechtsanwalt könne seinen Mandanten durchaus im Spital aufsuchen. Die Behauptung, dass der Notar verstorben sei, greife nicht in die Ehre des Klägers ein. Die Behauptungen könnten allerdings rufschädigend sein. Die von den Beklagten behaupteten Hinweise, dass das Datum der Fertigung der Widmungserklärung nicht stimmen könnte, seien vorgelegen (ua wegen der Nichtverzeichnung von Kosten durch den Kläger). Die Beklagten könnten sich im Übrigen auf ihr berechtigtes Interesse an einem Prozessvorbringen berufen. In diesem Falle treffe den Kläger die Beweislast, dass die Beklagten die Unrichtigkeit ihrer Prozessbehauptungen kannten. Mangels eines solchen Nachweises hafte der Mitteilende für die nicht öffentlich vorgebrachte Meinung nicht (§ 1330 Abs 2 dritter Satz ABGB).
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision des Klägers ist mangels erheblicher Rechtsfragen nicht zulässig:
Dem Revisionswerber kann durchaus zugestimmt werden, dass die bekämpften Tatsachenbehauptungen nach dem Gesamtzusammenhang der Äußerungen und dem dadurch vermittelten Gesamteindruck zu beurteilen sind (RIS-Justiz RS0031883; RS0032489), dass auch Verdächtigungen und Vermutungen als Tatsachenmitteilungen gelten können (RS0032494) und dass bei der Auslegung mehrdeutiger oder unklarer Äußerungen der Täter die für ihn ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen muss (RS0079648). Auch wenn man ferner von einem ehrverletzenden Charakter der Äußerungen (§ 1330 Abs 1 ABGB) und deshalb von einer Beweislast der Beklagten über die Richtigkeit der Tatsachenbehauptungen ausgeht (RS0031798), ist damit für den Kläger nichts gewonnen, weil der wegen Prozessbehauptungen belangte Beklagte sich auf einen Rechtfertigungsgrund berufen kann, sein Verhalten also nicht rechtswidrig ist. Nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung gilt für jede Prozessführung, dass auch die einen anderen herabsetzenden Tatsachenbehauptungen gerechtfertigt sind, wenn sie in Ausübung des Rechts auf Prozessführung und nicht wider besseres Wissen aufgestellt wurden (SZ 67/10; RS0022784; zuletzt 6 Ob 103/01t). Wegen des Interesses an einer ordnungsgemäßen Rechtspflege können daher Eingriffe in die Ehre eines anderen gerechtfertigt sein. Das bloße "Wissenmüssen", also die fahrlässige Unkenntnis von der Unrichtigkeit der Behauptungen, reicht für den Ausschluss des Rechtfertigungsgrundes nicht aus (6 Ob 50/98s). Wenn daher die Prozessbehauptungen der Beklagten trotz der vom Erstgericht bejahten Fahrlässigkeit nicht rechtswidrig waren, ist dieser Umstand auch für den verschuldensunabhängigen Unterlassungsanspruch von Bedeutung:
Jeder Unterlassungsanspruch setzt eine Wiederholungsgefahr voraus (RS0031786). Darunter ist die ernstliche Besorgnis zu verstehen, dass der Beklagte weitere Verletzungshandlungen begehen werde. Bei Eingriffen in die Ehre und den wirtschaftlichen Ruf wird die Wiederholungsgefahr schon bei einem einmaligen Verstoß vermutet (Korn/Neumayer, Persönlichkeitsschutz 73; 6 Ob 13/01g uva). Hier fehlt es an einer schon erfolgten Verletzungshandlung, weil - wie ausgeführt - die Prozessbehauptungen nicht rechtswidrig waren. Es wurde schon ausgesprochen, dass der Unterlassungsanspruch wegen fehlender Wiederholungsgefahr im Fall einer Strafanzeige an eine Behörde (SZ 27/298) oder bei einer nicht öffentlichen Mitteilung an einen Empfänger mit berechtigtem Interesse an der Mitteilung (SZ 56/124) nicht bestehe. Ein Unterlassungsanspruch kann in solchen Fällen nur unter den strengeren Voraussetzungen für eine vorbeugende Unterlassungsklage bejaht werden. Dies setzt voraus, dass der Kläger behauptet und nachweist, dass die Verbreitung rufschädigender und unwahrer Tatsachenbehauptungen drohend bevorsteht (6 Ob 13/01g mwN). Darauf, dass die Beklagten künftig und außerhalb des anhängigen Zivilverfahrens vor dem Gericht in Liechtenstein ihre dort gemachten Äußerungen wiederholen werden, beruft sich der Revisionswerber aber nicht. Die Entscheidung des Berufungsgerichtes weicht von den dargelegten, in ständiger oberstgerichtlicher Judikatur vertretenen Grundsätzen nicht ab.
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