OGH 7Ob75/03k

OGH7Ob75/03k28.4.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei U*****, vertreten durch Mag. Hermann Köck, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, gegen die beklagte Partei Doris P*****, vertreten durch Dr. Karl Kuprian, Rechtsanwalt in Bad Ischl, wegen Aufkündigung über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Berufungsgericht vom 13. Jänner 2003, GZ 21 R 339/02f-15, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht, welches die vom Erstgericht für wirksam erkannte Aufkündigung aufhob und das Räumungsbegehren abwies, hat die ordentliche Revision zutreffend für nicht zulässig erklärt. Auch in der außerordentlichen Revision werden letztlich keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO releviert. Entscheidend für das Abgrenzungsproblem Verwahrungs- oder Bestandvertrag ist die Auslegung der vom klagenden Verein mit seinen Mitgliedern formularmäßig geschlossenen Pferdeeinstellungsverträge. Das Berufungsgericht ist mit ausführlicher und stichhaltiger Begründung zum Ergebnis gelangt, dass das verwahrungs- und werkvertragliche Element gegenüber dem bestandrechtlichen überwiege, während der Revisionswerber eine umgekehrte Auslegung anstrebt.

Solche Vertragsauslegungen stellen nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn das Gericht zweiter Instanz dabei die Rechtslage krass verkannt hätte oder von den allgemein anerkannten Regeln der Vertragsauslegung abgewichen wäre (RIS-Justiz RS0044358, RS0042776, RS0042936), und dies im Sinne der Rechtssicherheit durch den Obersten Gerichtshof gemäß § 502 Abs 1 ZPO richtig gestellt werden müsste. Steht also eine von den Vorinstanzen vorgenommene Vertragsauslegung mit den Grundsätzen von Lehre und Rechtsprechung in Einklang, so liegt keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne dieser Gesetzesstelle vor, weil dann der Beurteilung, ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, keine darüber hinausgehende Bedeutung zukommt (1 Ob 158/97k; 10 Ob 133/97z uva).

Die in der Revision (sowohl im Abschnitt zur Zulässigkeit als auch jenem der Rechtsrüge) zitierten Entscheidungen betreffen andere Sachverhalte und sind daher schon deshalb nicht vergleichbar (insbesondere JBl 1998, 515 = SZ 71/53: unentgeltliche Gebrauchüberlassung einer Garage gegen jederzeitigen Widerruf; SZ 55/53: Campingplatz-Benützungsvertrag). Die Trennung von Verwahrungs- und Bestandpflicht zufolge zeitlicher Splittung der Kündigungstermine ist unverständlich und mit einer (hier gebotenen) Gesamtauslegung des (vom klagenden Verein auch insgesamt zur Auflösung angestrebten) Vertrages unvereinbar.

Soweit sich die klagende Partei auch gegen die Ansicht der zweiten Instanz, die gegenständliche Vereinbarung sei als Tiereinstellungsvertrag zu qualifizieren und stelle - wie etwa auch ein Garagierungsvertrag - einen gemischten Vertrag dar, wobei die Elemente des Bestandvertrags gegenüber jenen des Verwahrungs- und Werkvertrages zurücktreten würden, sowie weiters, dass die vom Berufungsgericht herangezogene Judikatur zu Garagierungsverträgen zu Recht von der Lehre (Sprung/König, RdW 1985, 235; dieselben, RdW 1986, 200; zust Mayr in Rechberger 2 Rz 1 zu § 83 JN) kritisiert worden sei, wendet, ist ihr (so wie in der Parallelrechtssache 7 Ob 74/03p des erkennenden Senates) Folgendes weiter entgegen zu halten:

Die klagende Partei übersieht dabei oder setzt sich darüber hinweg, dass sich die betreffende Kritik der genannten Autoren allein gegen die Auffassung richtet, bei Garagen-Kurzparkverträgen liege (reine) Miete nur dann vor, wenn der oder die Benützer den Raum ausschließlich zu benützen befugt seien und durch Absperrung des Raumes die Möglichkeit hätten, "dritte Personen von der Benützung der Räumlichkeiten auszuschließen". Die erwähnten Merkmale der "ausschließlichen Benutzung" und der "Möglichkeit, durch Absperren des Raumes Dritte von der Benützung auszuschließen", seien für die Rechtsnatur des Garagen-Kurzparkvertrages unbedeutend. Sehr wohl wird von den Genannten aaO aber im Sinne des Ausführungen des Berufungsgerichtes danach differenziert, ob die Parkhausunternehmer besondere Obhutspflichten (zB Bewachung, Pflege, Wartung udgl) übernähmen. Sei dies der Fall, lägen keine Mietverträge, sondern Verwahrungsverträge bzw Verträge besonderer Art vor (RdW 1986, 201). Entgegen der Ansicht der klagenden Partei wird die bekämpfte Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes durch die Ausführungen der genannten Autoren daher nicht widerlegt, sondern gestützt.

Die klagende Partei führt schließlich noch ins Treffen, auch wenn kein eindeutiger Bestandvertrag vorliege, wäre die analoge Anwendung der §§ 560 ff ZPO geboten und beruft sich dazu auf die Entscheidung 2 Ob 3/98z, JBl 1998, 514 = SZ 71/53: Ein Grund, die Revision zuzulassen sei auch deshalb gegeben, weil das Berufungsgericht die Anwendbarkeit dieser Entscheidung auf den vorliegenden Fall zu Unrecht verneint habe.

In der betreffenden Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass ein Innominatvertrag (also die Vereinbarung der Benützung einer Sache gegen Entgelt, jedoch gegen jederzeitigen Widerruf) außerhalb des mietrechtlichen Kündigungsschutzes oder des Schutzes des Landpachtgesetzes wirksam sei; unterliege er allerdings als Mietvertrag dem MRG oder als Pachtvertrag dem LPG, müsste er zur Vermeidung von Umgehungen wie ein Bestandvertrag behandelt werden. Dies lasse aber jedenfalls für alle Fälle der entgeltlichen Überlassung des Gebrauches, in denen nicht von vornherein ausgeschlossen werden könne, dass der Vertrag gesetzlichen Auflösungsbeschränkungen unterliegt, die zumindest analoge Anwendung der §§ 560 ff ZPO geboten erscheinen. Verwehre man nämlich in solchen Fällen demjenigen, der die Sache, wenngleich gegen jederzeitigen Widerruf, jedoch gegen Entgelt, einem anderen zum Gebrauch überlassen habe, die Möglichkeit der gerichtlichen Aufkündigung des Vertrages, so bestehe die Gefahr, dass er seinen Anspruch auf Rückstellung der zum Gebrauch überlassenen Sache überhaupt nicht durchsetzen könne, weil auch eine Räumungsklage dann nicht Erfolg habe, wenn sich der Beklagte zu Recht auf gesetzliche Beschränkungen der Auflösung des Vertrages berufe.

Welchen gesetzlichen Auflösungsbeschränkungen der gegenständliche Vertrag unterliegen soll und inwiefern diese Erwägungen daher auch im vorliegenden Fall zu gelten hätten, vermag die klagende Partei aber nicht darzutun und ist auch nicht zu erkennen. Da daher die Rechtsansicht der Berufungsgerichts, der vorliegende Fall sei mit der zu 2 Ob 3/98z entschiedenen Rechtssache nicht vergleichbar, zutreffend ist, gelingt es der klagenden Partei auch in diesem Zusammenhang nicht, eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO bzw einen tauglichen Zulassungsgrund aufzuzeigen.

Ausgehend davon, dass die gegenständliche Vereinbarung einen gemischten Vertrag darstellt, bei dem die bestandrechtlichen Elemente gegenüber jenen des Verwahrungsvertrages jedenfalls nicht deutlich überwiegen, hat das Berufungsgericht die Möglichkeit einer gerichtlichen Aufkündigung verneint. Diese Rechtsansicht entspricht der ständigen oberstgerichtlichen Judikatur, wonach eine gerichtliche Aufkündigung das Vorliegen eines Bestandverhältnisses voraussetzt (EvBl 1948/291 = SZ 21/75; MietSlg 23.176 ua). Die Vorschriften des bei Erhebung von Einwendungen gegen eine gerichtliche Aufkündigung einzuleitenden Bestandverfahrens kommen bei sog. gemischten Verträgen nur dann zur Anwendung, wenn die Elemente des Bestandvertrages gegenüber denen anderer Verträge deutlich überwiegen (MietSlg 24.591; 3 Ob 274/02v; RIS-Justiz RS0020856 [T2]). Fehlt ein solches deutliches Überwiegen des Bestandverhältnisses, kann die gerichtliche Aufkündigung eine Räumungsklage nicht ersetzen (SZ 21/75; 8 Ob 634/93; RIS-Justiz RS0020856 mit zahlreichen weiteren Entscheidungsnachweisen).

Da die bekämpften Rechtsansichten der zweiten Instanz demnach den vom Obersten Gerichtshof in gesicherter Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen folgen, ist das Rechtsmittel der klagenden Partei mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig und muss zurückgewiesen werden.

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