OGH 1Ob158/97k

OGH1Ob158/97k15.5.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr.Raimund Gehart, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Elisabeth G*****, vertreten durch Dr.Armin Bammer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 113.460,54 S sA infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 106.633,29 S sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgerichts vom 23.Jänner 1997, GZ 1 R 253/96z-34, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Vorinstanzen legten den Vergleich der Streitteile als Generalbereinigung aller damals bekannten Ansprüche aus deren Geschäftsbeziehung aus.

Dagegen erblickt die Beklagte den Vergleichszweck nur darin, "den vertraglich vorgesehenen Auflösungsmodus zu ersetzen", nicht aber jene Ansprüche zu bereinigen, die "im Vertragsvorfeld" - hier bezogen auf Schadenersatzansprüche wegen culpa in contrahendo - gelegen seien bzw "völlig unabhängig von der Art der Vertragsauflösung bestanden" hätten.

Nach den Tatsachenfeststellungen erreichte die Beklagte aufgrund des "im Kulanzweg" angebotenen und schließlich auch abgeschlossenen Vergleichs eine für sie günstige Auflösung und Abrechnung des Leasingvertrags. Die klagende Partei mußte bei Vergleichsabschluß nach redlicher Verkehrsübung nicht damit rechnen, daß sich die Beklagte trotz Annahme deren Entgegenkommens (schweigend) Schadenersatzansprüche vorbehalte, die sie im Prozeß auf die angebliche Verletzung vorvertraglicher Sorgfalts- und Aufklärungspflichten anläßlich des Abschlusses des durch den späteren Vergleich aufgelösten Leasingvertrags stützte.

Rechtliche Beurteilung

Die Auslegung eines Vertrags kann nur dann eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO aufwerfen, wenn das angefochtene Urteil auf einem unvertretbaren Auslegungsergebnis infolge einer gravierenden Verkennung der Rechtslage beruht (Kodek in Rechberger, Kommentar zur ZPO Rz 5 zu § 502 mN aus der Rsp). Der erkennende Senat vermag einen derartigen Entscheidungsfehler - unter Berücksichtigung des oben aufgezeigten und für die Vertragsauslegung maßgeblichen Aspekts - jedoch nicht zu erkennen.

Soweit die Beklagte meint, ein Generalvergleich sei im übrigen deshalb zu verneinen, weil die Haftung "wegen grob sorgfaltswidrigen Verhaltens" vertraglich nicht ausgeschlossen werden könne, verkennt sie, daß einer nachträglichen vergleichsweisen Bereinigung von Schadenersatzansprüchen kein rechtliches Hindernis entgegensteht.

Ist daher - infolge der jedenfalls nicht auf einer gravierenden Verkennung der Rechtslage beruhenden Vertragsauslegung des Berufungsgerichts - von einem Generalvergleich auszugehen, stellt sich keine weitere entscheidungswesentliche Rechtsfrage mehr.

Die außerordentliche Revision ist daher zurückzuweisen.

Stichworte