OGH 9Ob248/01p

OGH9Ob248/01p24.10.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf als weitere Richter in der Aufteilungssache der antragstellenden Partei Karl St*****, Kürschnermeister, ***** vertreten durch Gruböck & Gruböck Rechtsanwälte OEG in Baden, gegen die Antragsgegnerin Johanna St*****, Designerin, ***** vertreten durch Dr. Gerald Ganzger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, über die außerordentlichen Revisionsrekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 30. Juli 2001, GZ 16 R 65/01z-287a, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentlichen Revisionsrekurse werden mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 16 Abs 4 AußStrG iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Erhebliche Rechtsfragen im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG liegen nicht vor.

a) Gewinnanteil der stillen Gesellschafterin:

Auch wenn die Antragsgegnerin als "Chefin" tituliert wurde und eine führende Tätigkeit im Einzelunternehmen des Antragstellers verrichtete, war jedoch der "Motor" im Geschäft der Antragsteller, dem auch die Geschäftsführung allein verblieb. Einen nicht ausbezahlten Gewinnanteil der Antragsgegnerin als stiller Gesellschafterin, der nicht der berichtigten Einlage zuzuzählen war, als bloße der Aufteilung zu unterziehende Wertanlage im Sinne des § 82 Abs 1 Z 4 EheG anzusehen, verstößt nicht gegen die Grundsätze der Rechtsprechung (SZ 55/163). Bei alleiniger Geschäftsführungsberechtigung des Antragstellers ist es keine Fehlbeurteilung der Umstände des Einzelfalles, dass die bloß führende Mitarbeit keinen maßgeblichen Einfluss auf die Unternehmensführung (2 Ob 533/91), die über die einer Angestellten hinausging, hatte. Da der Gewinnanteil nicht zur Einlage gehörte, war eine Umwidmung der Unternehmenserträgnisse nicht erforderlich (RdW 1989, 326). Er bildete daher eine Forderung gegen die Gesellschaft, sodass es vertretbar ist, ihn als eheliche Ersparnisse anzusehen (SZ 55/163). Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass damit kein unternehmensbezogenes Vermögen vorlag, das von der Aufteilung auszuschließen war, bildet daher keine aufzugreifende Rechtsfrage.

Wenn auch dieser Gewinnanteil zum maßgeblichen Zeitpunkt der nachehelichen Aufteilung (6 Ob 552/88; 1 Ob 286/00s) nach den Feststellungen für Investitionen in der Nerzfarm und für Privatentnahmen verbraucht wurde, so fehlt eine vom Antragsteller nunmehr als unzulässige Neuerung (1 Ob 57/98h) geltend gemachte Feststellung des einvernehmlichen Verbrauches des dem Konto der Antragsgegnerin zuzurechnenden Anteiles. Da dem Konto weder Verluste der Gesellschaft noch Entnahmen der Antragsgegnerin tatsächlich angelastet wurden, nach den Feststellungen der Antragsgegnerin die Gewinnanteile nicht ausbezahlt wurden, ist es nicht unvertretbar, die tatsächliche Wertveränderung und Verwendung des Guthabens auf dem Anteilskonto der Antragsgegnerin, das der Antragsteller als "Familienersparnis" ansah, dem allein geschäftsführungsbefugten Antragsteller im Sinne der Rechtsprechung zuzuordnen und es nicht zu Lasten der Antragsgegnerin in Betracht zu ziehen (6 Ob 552/88). Die Antragsgegnerin hätte den stehengelassenen Gewinn auch nur im Falle der Auflösung der Gesellschaft entnehmen dürfen.

Ob es dem einvernehmlichen Parteiwillen entsprach, worüber allerdings Feststellungen fehlen, den Gewinnanteil "stehen zu lassen" und der Antragsteller darüber im Wege seiner Geschäftsführung verfügte, ändert nichts daran, dass der Gewinnanteil eine Forderung der Antragsgegnerin gegen die Gesellschaft blieb. Daraus keinen einvernehmlichen Verbrauch oder einen Verzicht auf ihre Forderung abzuleiten, bildet ebenso wie eine unrichtige Berechnung des Gewinnanteiles durch Nichteinbeziehung von Verlusten und Privatentnahmen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage. Ob die Antragsgegnerin nach § 5 des Gesellschaftsvertrages für die Dauer der mit Wirksamkeit 31. 3. 1992 gekündigten Gesellschaft nur zur Gewinnentnahme in der Hälfte ihres Gewinnanteiles beschränkt war, berührt nicht den Bestand der hier für die Aufteilung maßgeblichen Forderung der Antragsgegnerin. Um eine Entnahme geht es nicht.

b) Wassergasse 11 top 1 und top 2:

Der Antrag im Aufteilungsverfahren bestimmt den Verfahrensgegenstand (= Aufteilungsmasse) quantitativ hinsichtlich der der gerichtlichen Entscheidung unterworfenen Vermögensteile, ohne dass eine Bindung an den gestellten Aufteilungsantrag besteht (SZ 61/68; 10 Ob 222/00w). Eine Präzisierung des Begehrens, nicht jedoch eine Ausdehnung ist nach Ablauf der materiellrechtlichen Fallfrist des § 95 EheG zulässig (1 Ob 286/00s). Im Antrag hat der Antragsteller die Liegenschaft Wassergasse 11 ausdrücklich unter die zur Aufteilungsmasse gehörigen Vermögenswerte gezählt, aber die Meinung vertreten, sie unterliege nicht der Aufteilung, weil sie dem Betrieb des Unternehmens gedient habe. Soweit das Rekursgericht den dann im Verfahren, wenn auch nach Ablauf der Jahresfrist gestellten ausdrücklichen Zuweisungsantrag des Antragstellers hinsichtlich einzelner Objekte dieser Anlage und der Antragsgegnerin auf Einbeziehung der Miteigentumsanteile und alle übrigen diesbezüglichen Äußerungen der Parteien letztlich nicht als Änderung des ursprünglichen Begehrens auffasste, sondern insgesamt als einen auch auf diese Objekte gerichteten Aufteilungsantrag, so liegt keine auffallende Fehlbeurteilung vor. Die Frage, welchen Sachverhalt und welches Begehren ein Antrag enthält und wie ein solches insgesamt zu verstehen ist, ist von den Umständen des Einzelfalles abhängig. Daher liegt auch in diesem Punkt keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG vor (10 Ob 222/00w).

Da die nach dem Grundsatz der Billigkeit zu erfolgende Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens jeweils von den Umständen des Einzelfalles abhängt, liegt eine erhebliche Rechtsfrage nur dann vor, wenn dargetan wird, dass die zweite Instanz bei Beurteilung dieses Einzelfalles in Überschreitung ihres Ermessensspielraumes von den allgemeinen Grundsätzen abgewichen ist (6 Ob 137/00s). Ob und wer von den Parteien den Ausgleichsbetrag aus den Mieteinnahmen der vom Rekursgericht dem Antragsteller zugewiesenen Wohnungseigentumsobjekte leichter finanzieren kann und ob die Antragsgegnerin durch die Zuweisung derselben an den Antragsteller beeinträchtigt ist, berührt nur die Frage der Billigkeit der vorgenommenen Aufteilung und der Beurteilung des Einzelfalles, ohne dass damit die Verletzung wesentlicher Aufteilungsgrundsätze und eine Überschreitung des Ermessensspielraumes konkret aufgezeigt wird. Inwieweit die Antragsgegnerin mit dem aufzuteilenden Gebrauchsvermögen verbundene Schulden zur Rückzahlung übernommen hat, lässt sich den Feststellungen nicht entnehmen. Soweit sie den Negativsaldo am Volksbankkonto im Auge hat, handelt es sich nach den diesbezüglichen von ihr nicht bekämpften Ausführungen des Rekursgerichtes um der Aufteilung entzogene Geschäftsschulden, für die sie aufgrund der im Zusammenhang mit der Gründung der stillen Gesellschaft begründeten Solidarhaftung einzustehen hat.

c) Aufteilungsschlüssel 60 : 40:

Das Rekursgericht hat sich eingehend mit den Argumenten der Antragsgegnerin, dass die Aufteilung infolge ihrer Beitragsleistung als im Unternehmen des Antragstellers in führender Funktion beschäftigten Ehegattin im Zusammenhang mit der zusätzlichen

Haushaltsführung 1 : 1 vorzunehmen gewesen wäre, auseinandergesetzt.

Soweit es die Aufteilung 60 : 40 durch das Erstgericht damit bestätigte, dass Motor des Unternehmens der allein geschäftsführungsbefugte Antragsteller gewesen sei, die Antragsgegnerin von der Haushaltsarbeit bei der kinderlosen Ehe weitgehend entlastet war, ihr vor allem neben dem Arbeitsentgelt auch eine entsprechende Beteiligung am Unternehmensgewinn eingeräumt war, sie den Lebensbedarf ohnehin aus dem gemeinsamen Geschäfts- und Privatkonto abdecken konnte, die Beitragsleistung des Antragstellers höher bewertete als die der Antragsgegnerin, so vermag sie durch eine der Meinung der Rekursgerichtes bloß entgegengesetzte andere Wertung keine Verletzung von Aufteilungsgrundsätzen im Sinne einer erheblichen Rechtsfrage aufzuzeigen.

d) Liegenschaft EZ 1000 KG Enzesfeld:

Das Erstgericht hat nur das für den Ankauf der Liegenschaft aufgewendete Geldäquivalent von S 1,1 Mio in die Aufteilungsmasse einbezogen, weil es der Ansicht war, die Liegenschaft falle als während der vorübergehenden Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft erworben, nicht hinein. Das Rekursgericht teilte diese Rechtsansicht nicht, kam jedoch durch die Annahme, dass die Bewertung durch das Erstgericht unbekämpft geblieben war, dazu, dass die Antragsgegnerin Eigentümerin der Liegenschaft bleibt und daher der Umstand, dass diese in die Aufteilungsmasse falle, keine Auswirkungen auf die Entscheidung habe.

Sind auch Wertveränderungen bis zum Zeitpunkt der Aufteilungsentscheidung grundsätzlich zu berücksichtigen (RIS-Justiz RS0057613) und hat das Gericht von Amts wegen die Aufteilung unter Berücksichtigung der gesetzlichen Aufteilungsgrundsätze vorzunehmen (RIS-Justiz RS0057875), so wird andererseits die Aufteilungsmasse durch die Parteianträge bindend festgelegt (10 Ob 222/00w). Soweit das Rekursgericht nunmehr die Ansicht vertrat, dass die Parteien - der Antragsteller hatte ursprünglich den "derzeitigen Wert" dieser Liegenschaft sogar mit S 2,2 Mio beziffert - nunmehr die vom Erstgericht mit dem Kaufpreis vorgenommenen Bewertung für das Aufteilungsverfahren nicht ausdrücklich bestritten, hat es auch hier insgesamt die Parteienanträge beurteilt, für die aber die keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung begründende Beurteilung der Umstände des Einzelfalles entscheidend ist (10 Ob 222/00w).

e) Liegenschaft EZ 987 KG Enzesfeld, Frauental 523:

Die Unterlassung der vom Antragsteller beantragten Schätzung dieser Liegenschaft wurde schon vom Rekursgericht nicht als Verfahrensmangel angesehen, sodass die Geltendmachung eines vom Rekursgericht verneinten Verfahrensmangels auch keine Rechtsfrage im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG begründet. Da die Liegenschaft nach Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft von der Antragsgegnerin gekauft wurde, fiel sie nicht in die Aufteilungsmasse. Ob der Verkehrswert der Liegenschaft den Kaufpreis überstieg, hat keine entscheidende Bedeutung, weil nur der im Kaufpreis in Erscheinung tretende Beitrag für die Aufteilung maßgeblich ist, den die Antragsgegnerin zur Finanzierung aus den ehelichen Ersparnissen entnommen hat. Die Feststellung der Höhe des tatsächlichen Kaufpreises ist eine Folge der irrevisiblen Beweiswürdigung, sodass die Frage, ob der nunmehr vorliegende tatsächliche Verkehrswert Zweifel am festgestellten Kaufpreis hätte hervorrufen können, nur die Beweiswürdigung betrifft.

f) Ausgleichszahlung:

Dem Umstand, ob durch die vom Antragsteller vorgenommenen Investitionen eine Wertsteigerung der Liegenschaft Wassergasse 11, eintrat, wurde durch die Berücksichtigung des in der Aufteilungsmasse fallenden Verkehrswertes zum maßgeblichen Zeitpunkt Rechnung getragen (RIS-Justiz RS0057613). Dass der Antragsteller zur Steigerung des Verkehrswertes beitrug und Wertveränderungen (Investitionen) nur ihm zuzurechnen sind (7 Ob 267/98k), hatte bewirkt, dass dies durch die im Aufteilungsschlüssel zum Ausdruck kommende höhere Gewichtung seiner Beitragsleistungen berücksichtigt wurde. Da eine strenge rechnerische Vermögensauseinandersetzung nicht vorzunehmen ist (7 Ob 267/98k), bildet die Nichtvornahme einer ganz genauen ziffernmäßigen Berücksichtigung der einzelnen Beiträge keine erhebliche Rechtsfrage.

Gleiches gilt für das unter C-LNR 4 auf dem Hälfteanteil der Antragsgegnerin einverleibte Pfandrecht von S 250.905,76, dessen Nichtberücksichtigung der Antragsteller im Übrigen nach den unbekämpften Ausführungen des Rekursgerichtes nicht einmal bestritten hat. Der Ansicht des Rekursgerichtes, dass allfällige Vorteile, die der Antragsgegnerin aus den auf ihr Privatkonto fließenden Mietzinsanteilen auch hinsichtlich der nicht der Aufteilung zu unterziehenden unternehmerisch genutzten Objekte top Nr 3 im Hause Wassergasse 11, erwuchsen, deshalb nicht zu berücksichtigen sind, weil top Nr 3 nicht ins Aufteilungsverfahren einzubeziehen ist, vermag der Rekurswerber keine konkrete Verletzung von Zuteilungsgrundsätzen entgegenzuhalten; wozu noch kommt, dass die Klärung dieser wechselseitigen Ansprüche ohnehin dem streitigen Rechtsweg vorbehalten ist.

Das Rekursgericht hat die Geldflüsse vor Auflösung der ehelichen Gemeinschaft (April 1989) nur im Rahmen der Beitragsleistung zur Ansammlung der in die Verteilungsmasse fallenden Güter berücksichtigt, sodass auch die vom Antragsteller bis August 1987 geleisteten Rückzahlungen außer Betracht zu lassen waren. Soweit das Rekursgericht bei Rückzahlungen des Antragstellers von April 1989 bis Mai 1993 von S 436.420 und solchen der Antragsgegnerin von insgesamt S 670.000 zu einer höheren Rückzahlungsleistung der Antragsgegnerin von S 200.000 gelangte, vermag der Antragsteller dagegen keinen unvertretbaren Rechtsirrtum des Rekursgerichtes aufzuzeigen.

Die der Entscheidung des Rekursgerichtes zu entnehmende Rechtsansicht, dass die Geldgebarung während der ehelichen Gemeinschaft, wozu auch die Abdeckung des Minussaldo der gemeinsamen Geschäfts- und Privatkonten gehört, nur im Rahmen der Beitragsleistung zur Ansammlung der in die Vermögensmasse fallenden Güter zu berücksichtigen ist, die Geldflüsse im Einzelnen aber nicht nachzuvollziehen sind, sondern die Beitragsleistungen im Aufteilungsschlüssel ohnehin nach Billigkeitsgrundsätzen zu bewerten sind, stellt der Rekurswerber mit seinen Ausführungen, dass die Antragsgegnerin dabei auch einen Vorteil von mindestens S 1 Mio erzielte, nicht als unvertretbar dar, sodass auch hier insgesamt eine Verletzung tragender Aufteilungsgrundsätze nicht aufgezeigt wird.

Auch unter Vergleich der vom Rekursgericht vorgenommenen Zuweisungen lässt sich die Berechnung des Ausgleichsbetrages aufgrund der getroffenen Feststellungen im Rahmen der rechtlichen Beurteilung und Heranziehung der Aufteilungsgrundsätze nachvollziehen und ist ein Rechenfehler nicht erkennbar. Da die weiteren Ausführungen des Rekurswerbers insgesamt keine unvertretbare Abweichung von dem bei der Aufteilung von ehelichen Gebrauchsvermögen dem Gericht eingeräumten Ermessensspielraum, sohin keine krasse Verletzung von Aufteilungsgrundsätzen, aufzeigen konnten, begründet auch eine vom Rekursgericht abweichende Vergleichsberechnung der einzelnen zugewiesenen Werte durch den Rekurswerber keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG.

g) Kosten:

Die irrevisible Kostenentscheidung des Rekursgerichtes vermag auch im Rahmen eines nach Billigkeitsgrundsätzen abzuführenden Aufteilungsverfahrens, selbst wenn man ihr Unbilligkeit unterstellen würde, keine im Wege des außerordentlichen Revisionsrekurses aufzugreifende Rechtsfrage begründen.

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