Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird, soweit er sich gegen die Zurückweisung des Rekurses ON 36 richtet, zurückgewiesen.
Im Übrigen wird ihm Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben, soweit damit auch der Rekurs ON 51 zurückgewiesen wurde. Dem Rekursgericht wird die neuerliche Entscheidung über diesen Rekurs der verpflichteten Partei aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsrekurses sind wie weitere Kosten des Rekursverfahrens zu behandeln.
Text
Begründung
Mit Beschluss vom 28. 1. 2000 setzte das Erstgericht nach Einvernahme des Verpflichteten und Ergänzung des Schätzungsgutachtens den Schätzwert der den Gegenstand des Zwangsversteigerungsverfahrens bildenden Liegenschaft des Verpflichteten mit S 1,261.701 fest.
In einer von ihm selbst verfassten Eingabe vom 28. 2. 2000 (ON 36) erhob der Verpflichtete gegen diesen Beschluss - in Übereinstimmung mit der ihm erteilten Rechtsbelehrung auf Grund der Rechtslage vor dem LBG - Einwendungen und brachte vor, der Schätzwert müsste seiner Ansicht nach wesentlich höher liegen. Die in seinem letzten Schreiben angeführten Kriterien müssten berücksichtigt werden.
Das Erstgericht wertete diese Eingabe als Rekurs und stellte sie dem Erstgericht mit Beschluss vom 10. 4. 2000 zur Verbesserung binnen einer Woche zurück. Den in der Folge gestellten Antrag des Verpflichteten, ihm zur Rekurseinbringung im Wege der Verfahrenshilfe einen Rechtsanwalt beizustellen, wies das Erstgericht ab. Dieser Beschluss wurde mit Entscheidung des Rekursgerichts vom 7. 2. 2001 (ON 47) bestätigt.
Daraufhin forderte das Erstgericht den Verpflichteten auf, binnen 14 Tagen die Eingabe vom 28. 2. 2000 entweder mit der Unterschrift eines Rechtsanwalts zu versehen oder mündlich zu Protokoll beim zuständigen Bezirksgericht (Rechtshilfegericht) zu verbessern, ansonsten der Rekurs zurückgewiesen würde. Diese Aufforderung wurde dem Verpflichteten am 26. 2. 2001 zugestellt.
Innerhalb der dem Verpflichteten gesetzten Frist langte beim Erstgericht ein durch einen Rechtsanwalt unterfertigter, namens des Verpflichteten eingebrachter Rekurs (ON 51) gegen den Beschluss vom 28. 1. 2000 ein, mit dem der Verpflichtete in erster Linie die Aufhebung des erstgerichtlichen Beschlusses begehrte, hilfsweise aber dessen Abänderung dahin, dass der Schätzwert mit S 2,8 Mio festgesetzt werde.
Nachdem das Erstgericht über Auftrag des Rekursgerichtes den Verpflichteten aufgefordert hatte bekanntzugeben, ob sein Schriftsatz ON 51 (Rekurs) als Verbesserung des Rekurses ON 36 oder als eigenständiger Rekurs zu werten sei, teilte der Verpflichtete, vertreten durch seinen Rechtsanwalt, mit, dass der Rekurs ON 51 als eigenständiger Rekurs zu werten sei.
Daraufhin wies das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluss beide Rekurse zurück. Es sprach aus, dass der (ordentliche) Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Diese Entscheidung begründete das Rekursgericht wie folgt:
Hinsichtlich des ersten, ohne Beiziehung eines Rechtsanwalts vom Verpflichteten selbst erhobenen Rekurses habe das Erstgericht gemäß den §§ 84 und 85 ZPO iVm § 78 EO zutreffend das Verbesserungsverfahren eingeleitet. Trotz neuerlicher Aufforderung durch das Erstgericht habe der Verpflichtete nach rechtskräftiger Versagung der angestrebten Verfahrenshilfebewilligung das Rechtsmittel nicht dem Gesetz gemäß verbessert. Das Rechtsmittel sei daher wegen des Formmangels als zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung nicht geeignet zurückzuweisen.
Zufolge des Grundsatzes der Einmaligkeit des Rechtsmittels sei durch die Erhebung des ersten Rekurses (ON 36) das Rechtsmittelrecht des Rekurswerbers verbraucht, auch wenn dieser Rekurs wegen des Formmangels zurückzuweisen sei.
Die Entscheidung sei nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen von der Bedeutung des § 528 Abs 1 ZPO abhängig, weil das Rekursgericht nicht von veröffentlichter höchstgerichtlicher Rechtsprechung abweiche.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Verpflichteten, mit dem er in erster Linie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Zurückverweisung der Exekutionssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht oder an das Rekursgericht begehrt. Hilfsweise strebt er auch die Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses über die Festsetzung des Schätzwertes an.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist teilweise zulässig, teilweise unzulässig.
Was die Zurückweisung der vom Verpflichteten selbst eingebrachten, als Rekurs behandelte Eingabe ON 36 angeht, werden im Revisionsrekurs keine erheblichen Rechtsfragen im Sinne des gemäß § 78 EO maßgebenden § 528 Abs 1 ZPO geltend gemacht. Insoweit war das Rechtsmittel daher zurückzuweisen.
Dagegen macht der Verpflichtete bezüglich des von einem Rechtsanwalt unterzeichneten schriftlichen Rekurses ON 51 mit Recht als Rechtsfrage des Verfahrensrechts, der zur Wahrung der Rechtseinheit erhebliche Bedeutung zukommt, geltend, dass das Rekursgericht von der (jüngeren) Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen ist, wonach "ein durch einen Rechtsanwalt unterfertigter, innerhalb der Verbesserungsfrist eingebrachter, formell richtiger Rekurs den unrichtigen, nicht durch einen Rechtsanwalt unterfertigten Rekurs ersetzt, ohne dass eine Verbesserung des formell unrichtigen Schriftsatzes in der Form stattfindet, dass dieser gleichzeitig vorgelegt und der formell richtige Rekurs auf den formell unrichtigen Bezug nimmt und als 'Verbesserung' bezeichnet wird".
Der Revisionsrekurs ist insoweit auch berechtigt.
Entgegen der Auffassung des Verpflichteten kann jedoch nicht generell gesagt werden, nach der herrschenden Rechtsprechung gelte seit der ZVN 1983 der Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels überhaupt nicht mehr (vgl zahlreiche E zu RIS-Justiz RS0041666; RS0036673). Allerdings hat der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach entschieden, dass ein Schriftsatz, der bei Bestehen der Rechtsanwaltspflicht von einer nicht durch einen Rechtsanwalt vertretenen Partei während einer Rechtsmittelfrist eingebracht wurde und aus dem zu entnehmen ist, dass diese Partei eine Entscheidung anfechten möchte, wegen Postulationsunfähigkeit der Partei noch kein zur ordnungsgemäßen geschäftlichen Behandlung als Rechtsmittel geeigneter Schriftsatz ist; weiters, dass dann, wenn innerhalb der Verbesserungsfrist ein anwaltlich gefertigtes Rechtsmittel eingebracht wird, der das Rechtsmittel verfassende Rechtsanwalt nicht an den den Verbesserungsauftrag auslösenden Schriftsatz der Partei gebunden ist (AnwBl 1987, 296 [zust P. Mayr]; 2 Ob 331/00s). Dass in so einem Fall der zurückgestellte Schriftsatz nicht anzuschließen ist, wurde auch zu SVSlg 34.052 und ARD 4635/13/95 ausgesprochen. Dieser Auffassung ist jedenfalls zu folgen. Dies muss umso mehr gelten, wenn, wie im vorliegenden Fall, die ursprüngliche Eingabe der Partei gar nicht zurückgestellt wurde, weshalb auch das in der früheren Rechtsprechung gebrauchte Argument, es könne sonst nicht geprüft werden, ob der verbesserte Schriftsatz den Rahmen des erteilten Verbesserungsauftrags nicht überschreitet (vgl dazu die Nachweise bei Gitschthaler in Rechberger, ZPO2 § 85 Rz 23), in einem solchen Fall nicht zum Tragen kommen kann.
Demnach war der rechtsanwaltlich gefertigte Rekurs des Verpflichteten als wirksame Verbesserung seiner ursprünglichen Eingabe anzusehen.
Dieser Rekurs wurde auch rechtzeitig eingebracht, wenngleich das Erstgericht entgegen § 78 EO iVm § 85 Abs 2 Satz 2 ZPO und somit rechtswidrig die ursprüngliche Verbesserungsfrist verlängert hat. Nach Satz 3 dieser Gesetzesstelle wäre nämlich von Gesetzes wegen ab Zustellung (entspricht der Rechtskraft) des Beschlusses der zweiten Instanz über den Verfahrenshilfeantrag die ursprüngliche einwöchige Frist neu gelaufen. Es entspricht jedoch der ständigen Rechtsprechung, dass ein Schriftsatz nicht mehr wegen Verspätung zurückgewiesen werden darf, wenn eine (gesetzwidrig) erteilte weitere Frist eingehalten wird (SZ 41/18 = RZ 1968, 139 und zahlreiche weitere E zu RIS-Justiz RS0036251; zuletzt 4 Ob 29/99i [insoweit unveröffentlicht]).
Entgegen der offenkundigen Ansicht des Rekursgerichtes kann an dieser Rechtslage die Mitteilung des Verpflichteten, es handle sich bei dem zweiten Rekurs um einen eigenständigen Rekurs und nicht um die Verbesserung des ursprünglichen Schriftsatzes, welche auf Grund eines ohne gesetzliche Grundlage ergangenen Auftrags des Erstgerichtes erging, nichts ändern. Wie dargelegt, reichte nach der jüngeren Rechtsprechung die Vorgangsweise der verpflichteten Partei jedenfalls aus, um ein rechtzeitiges Rechtsmittel gegen den Beschluss des Erstgerichts über den Schätzwert einzubringen. Die nachträgliche Erklärung des Verpflichteten vermag daran nichts zu ändern, kann doch dessenungeachtet an der tatsächlich vorgenommenen Verbesserung, wenn auch in der Form der Einbringung eines neuen eigenständigen Schriftsatzes, nicht gezweifelt werden.
Dem außerordentlichen Revisionsrekurs war daher teilweise Folge zu geben. Das Rekursgericht wird nunmehr erneut ohne Berücksichtigung der gebrauchten Zurückweisungsgründe über den Rekurs ON 51 des Verpflichteten zu entscheiden haben.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 78 iVm § 52 Abs 1 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)