OGH 4Ob29/99i

OGH4Ob29/99i9.3.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*****, vertreten durch Dr. Ernst Zauner, Nebenintervenient auf Seiten der klagenden Partei Dr. Rudolf H*****, vertreten durch Dr. Josef Hofer, Rechtsanwalt in Wels, wider die beklagten Parteien 1. Firma F***** & Co, *****, 2. Ing. Fritz H*****,

3. Luise H*****, 4. Ing. Friedrich H*****, alle vertreten durch Dr. Franz Hitzenberger und Dr. Otto Urban, Rechtsanwälte in Vöcklabruck, wegen 5,285.359,20 sA, infolge Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 9. Juli 1998, GZ 4 R 212/97t-145, mit dem das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 30. Juli 1997, GZ 5 Cg 336/93y-131, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, der Klägerin die mit 42.243,74 S bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin 7.040,62 S USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Beklagten sind weiters zur ungeteilten Hand schuldig, dem Nebenintervernienten die mit 42.243,74 S bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin 7.040,62 S USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen der Auffassung der Klägerin und des Nebenintervenienten nicht verspätet. Den Beklagten wurde der Beschluß, mit dem ihr Verfahrenshilfeantrag abgewiesen wurde, am 26. 11. 1998 zugestellt; die Revision wurde am 9. 12. 1998 zur Post gegeben. Daß die Frist zur Verbesserung des Verfahrenshilfeantrages entgegen § 85 Abs 2 ZPO erstreckt wurde, kann nicht mehr wahrgenommen werden, weil die Beklagten die erstreckte Frist eingehalten haben (s SZ 41/18 = RZ 1968, 139; zuletzt 3 Ob 82/97y). Durch den Verfahrenshilfeantrag wurde die Revisionsfrist ungeachtet dessen verlängert, daß die Beklagten auch schon bisher durch einen (frei gewählten) Rechtsanwalt vertreten waren (AnwBl 1991, 664 = JBl 1991, 195 = RZ 1992/72).

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichtes ist die Revision jedoch mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig:

Die Beklagten rügen als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, daß das Berufungsgericht den Beweisantrag auf Vernehmung der Notare Dr. A***** und Dr. M***** gemäß § 275 Abs 2 ZPO zurückgewiesen hat. Sie gehen aber mit keinem Wort auf die ihnen vom Berufungsgericht vorgeworfene Verschleppungsabsicht ein und führen insbesondere keine Umstände an, die es rechtfertigen oder auch nur erklären könnten, warum sie nach 6-jähriger Prozeßdauer einen Beweisantrag zu einem Thema stellen, das von Anfang an einer der Hauptstreitpunkte des Verfahrens war.

Ein weiterer Verfahrensmangel soll darin bestehen, daß die Vorinstanzen einen - auch von den Beklagten bisher nicht geltendgemachten - angeblichen "rechtlichen Widerspruch" nicht aufgegriffen haben. Dieser "Widerspruch" soll darin bestehen, daß Josef und Hilde H***** mit Notariatsakt vom 26. 8. 1967 (./O) ihr gesamtes Vermögen je zur Hälfte dem Zweitbeklagten und dem Nebenintervenienten geschenkt, ihre Darlehensforderung von 1,600.000 S aber in der Folge in einem Teilbetrag von 1,400.000 S dem Nebenintervenienten und in einem Teilbetrag von 200.000 S ihrer Tochter übertragen haben.

Die Beklagten haben den vom Berufungsgericht zurückgewiesenen Beweisantrag damit begründet, daß der Nebenintervenient den Notariatsakt vom 26. 8. 1967 mangelhaft vorbereitet und den notwendigen Widerrufsverzicht nicht aufgenommen habe. Dadurch sei es möglich gewesen, die ursprüngliche Absicht der Eltern, die Darlehensforderung von 1,600.000 S ihren Söhnen je zur Hälfte zukommen zu lassen, zu vereiteln. Das Revisionsvorbringen ist demnach nicht nur eine unbeachtliche Neuerung, sondern widerspricht auch jenem Vorbringen, zu dessen Beweis die Beklagten die Vernehmung der beiden Notare beantragt haben.

Das von den Beklagten zur Bekräftigung ihrer nunmehr vertretenen Auffassung zitierte Gutachten des Sachverständigen DKfm. Dr. Hans Pamperl sagt dazu nichts aus. Der Gutachter verneint nicht die Wirksamkeit der Abtretung, sondern - ohne die seiner Auffassung widersprechenden Beweisergebnisse berücksichtigen zu können - die Fälligkeit des abgetretenen Betrages.

Die Beklagten beanstanden die rechnerischen Darlegungen des Berufungsgerichtes (Punkt V der Berufungsentscheidung) als für sie nicht nachvollziehbar. Sie behaupten zwar, andere Zahlen errechnet zu haben, verzichten aber darauf, sie offenzulegen, weil "hiezu sicherlich ein weiteres Gutachten notwendig sein wird". "Insbesondere unverständlich" soll die Ausführung des Berufungsgerichtes sein, daß es keinen Unterschied macht, ob Zinsen kapitalisiert zum Kapital geschlagen werden oder nicht. Ein - unrichtiges - Rechenbeispiel soll die dem Berufungsgericht unterstellte Auffassung widerlegen.

Die Beklagten wenden sich damit gegen etwas, was das Berufungsgericht nie vertreten hat. Das Berufungsgericht hat nur dargelegt, daß es für die Anwendung des § 1480 ABGB keine Rolle spielt, ob die Zinsen kapitalisiert und zum Kapital geschlagen werden. Daß die Berechnung von Zinseszinsen - naturgemäß - zu einem höheren Betrag führt, liegt auf der Hand; hat aber bei den Berechnungen des Berufungsgerichtes keine Rolle gespielt.

Diese Berechnungen führen im übrigen zum selben Ergebnis, zu dem die Beklagten kommen, wenn dem von ihnen errechneten Betrag die - von ihnen aufgrund ihrer Rechtsauffassung nicht berücksichtigte - Darlehensforderung von 1,400.000 S und die auf diese Forderung entfallende Wertsicherung von 2,716.700 S sowie die darauf entfallenden Zinsen von 336.000 S zugeschlagen werden. Es ist demnach nicht nachvollziehbar, wenn die Beklagten meinen, daß sich der vom Berufungsgericht errechnete Betrag "nicht ergibt".

Die Beklagten halten an ihrer Auffassung fest, daß ein Rechtsstreit darüber, ob die Liegenschaften im Eigentum der Gesellschaft oder der Gesellschafter stehen, bei der Bewertung zu berücksichtigen sei. Für einen Investor sei ein derartiger Rechtsstreit wertbestimmend; ohne Klärung dieser Frage wäre der Unternehmensanteil wertlos.

Damit beziehen sich die Beklagten darauf, daß die (Betriebs-)Liegenschaften zum Stichtag 31. 12. 1969 zwar im Anlageverzeichnis der Gesellschaft enthalten waren, aber im (bücherlichen) Eigentum der Gesellschafter standen. Der Nebenintervenient hatte die Meinung vertreten, die Gesellschaft sei nicht Liegenschaftseigentümerin; der Zweitbeklagte war hingegen der Auffassung, daß die Liegenschaften Eigentum der Gesellschaft seien. Bereits daraus ergibt sich, daß bei einer nicht bloß hypothetischen Beurteilung, wie sie die Beklagten fordern, der von ihnen befürchtete Rechtsstreit nicht zu berücksichtigen ist:

War der Nebenintervenient der Auffassung, die Gesellschaft sei nicht Liegenschaftseigentümerin, so hätte er für seinen Kommanditanteil nicht einen Preis verlangen können, der aufgrund der Annahme kalkuliert war, daß die Gesellschaft Liegenschaftseigentümerin sei. Wenn es daher zum Stichtag 31. 12. 1969 tatsächlich zu einer Veräußerung des Kommanditanteils gekommen wäre, so hätte sich der Nebenintervenient entscheiden müssen, ob er den - in der Folge ohnedies aufgegebenen - Standpunkt, daß die Gesellschaft nicht Liegenschaftseigentümerin sei, bereits jetzt aufgegeben sollte, um die Liegenschaften bei der Bewertung seines Kommanditanteils mitberücksichtigen zu können. Für einen Rechtsstreit zwischen dem Nebenintervenienten und der Gesellschaft hätte es demnach keinen Anlaß gegeben; damit entfällt auch jede Notwendigkeit, den Wert des Kommanditanteiles wegen eines solchen Rechtsstreites niedriger oder, wie die Beklagten fordern, sogar mit Null anzusetzen.

Die Beklagten wenden sich gegen jenen Passus der Berufungsentscheidung, in dem das Berufungsgericht ausführt, daß die Eigentumsverhältnisse an den Betriebsliegenschaften zum Stichtag 31. 12. 1969 dem Willen der Gesellschafter entsprochen hätten. Sie meinen, daß es keines Vergleichsabschlusses bedurfte hätte, hätten die Eigentumsverhältnisse tatsächlich dem Willen der Gesellschafter entsprochen.

Die - für die Entscheidung unerheblichen - Ausführungen des Berufungsgerichtes betreffen den Buchstand. Das Berufungsgericht weist aber zutreffend darauf hin, daß der prätorische Vergleich nicht geschlossen worden wäre, wären nicht sowohl der Zweitbeklagte als letztlich auch der Nebenintervenient der Auffassung gewesen, daß die Liegenschaften Gesellschaftsvermögen waren.

In der Rechtsrüge wiederholen die Beklagten ihre Auffassung, daß bei der Bewertung zum Stichtag 31. 12. 1969 der über die Zugehörigkeit der Betriebsliegenschaften anhängige Rechtsstreit zu berücksichtigen sei. Daß dies nicht zutrifft, wurde bereits dargelegt.

Die übrigen Ausführungen der Rechtsrüge betreffen die Bewertungsmethode. Die Beklagten sind der Auffassung, daß allein der Ertragswert maßgebend sei. Da dieser zu beiden Stichtagen negativ gewesen sei, sei der Kommanditanteil des Nebenintervenienten wertlos. An anderer Stelle meinen die Beklagten, daß der Liquidationswert entscheidend sei.

Die Beklagten betrachten - ebenso wie das Berufungsgericht - die Wahl der Bewertungsmethode als Rechtsfrage. Dies ist jedoch nach ständiger Rechtsprechung nur dann der Fall, wenn das Berufungsgericht die vom Erstgericht gewählte Methode ohne Änderung der Sachverhaltsgrundlage aufgrund rein abstrakter Argumente modifiziert und dadurch zu anderen Ergebnissen gelangt als das Erstgericht (4 Ob 524, 525/95; 4 Ob 528/95; JBl 1998, 520). Sonst gehört die Wahl der Bewertungsmethode dem Tatsachenbereich an. Die Ermittlung des Unternehmenswertes wäre daher nur dann im Rahmen der Rechtsrüge überprüfbar, wenn sie auf Schlußfolgerungen beruhte, die mit den Gesetzen der Logik oder Erfahrung unvereinbar sind (SZ 52/185; SZ 60/269; 4 Ob 528/95).

Das Berufungsgericht hat überzeugend dargelegt, daß die vom Sachverständigen angewandte Methode - Ermittlung des Unternehmenswertes aus dem positiven Substanzwert und dem negativen Ertragswert - den besonderen Umständen des vorliegenden Falles gerecht wird. Der Geschäftserfolg des Unternehmens war zwar zu beiden Stichtagen und auch in den dazwischen liegenden 15 Jahren negativ; das Unternehmens wurde aber dennoch weitergeführt. Damit scheidet eine Bewertung zum Zerschlagungswert aus, der im übrigen bei negativem Ertragswert eine zum Schutz des ausscheidenden Gesellschafters bestehende Untergrenze bildet (s Koppensteiner in Straube, HGB**2 Art 7 Nr 15, 16 Rz 12 mwN).

Das Berufungsgericht hat die vom Erstgericht gewählte Methode unverändert übernommen; seine Rechnungskorrekturen betreffen die Verzinsung des Darlehens von 1,400.000 S und des Abfindungsanspruches per 31. 12. 1969. Darüber hinaus hat das Berufungsgericht den Einwendungen der Beklagten gegen die Bewertung der Gleisanlagen und des Bodenwertes des Hauses Hinterschützing Nr. 2 Rechnung getragen; alle übrigen Feststellungen des Erstgerichtes hat es übernommen.

Die Wahl der Bewertungsmethode betrifft daher im vorliegenden Fall den Tatsachenbereich und kann in dritter Instanz nicht überprüft werden. Es ist im übrigen nicht nachvollziehbar, wenn die Beklagten fordern, daß sich die Bewertung bei einem in den maßgebenden Zeitpunkten positiven Substanzwert nur am Ertragswert zu orientieren habe und der Kommanditanteil des Nebenintervenienten trotz eines Verkehrswertes des Liegenschaftsvermögens per 31. 12. 1969 von rund 12,000.000 S und per 5. 6. 1984 von rund 50,000.000 S mit Null zu bewerten sei.

Die Revision war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Sowohl die Klägerin als auch der Nebenintervenient haben auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen; ihre Revisionsbeantwortungen waren daher zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig. An Einheitssatz stehen im Revisionsverfahren nicht 150 %, sondern nur 50 % zu. § 23 Abs 9 RATG gilt nur im Berufungsverfahren.

Stichworte