OGH 7Ob284/00s

OGH7Ob284/00s14.2.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V*****bank S***** reg GenmbH, ***** vertreten durch Müller & Partner, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei T***** A***** Z*****, vertreten durch Dr. Irene Pfeifer, Rechtsanwältin in Wien, wegen S 239.041,35 samt Anhang, infolge der Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 27. Juni 2000, GZ 5 R 91/00i-106, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 30. März 2000, GZ 24 Cg 387/93w-98, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtenen Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Die Revisionsbeantwortung wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

K***** Z***** schenkte der Beklagten, seiner Ehegattin, mit Schenkungsvertrag vom 2.2.1989 die unbelastete klagsgegenständliche Liegenschaft EZ *****, KG S*****.

Die Klägerin räumte der W***** GmbH & Co KG (in der Folge GmbH & Co KG) mit Kreditverträgen vom 14. 11. 1988 und 5. 6. 1989 Kontokorrentkredite über S 600.000 und S 200.000 ein. Zu beiden Kreditverhältnissen unterfertigte K***** Z***** ein Blankoakzept der GmbH & Co KG als Bürge für die Bezogene. In Punkt 4 der Kreditverträge wurde unter anderem vereinbart, dass sämtliche Sicherheiten bzw daraus erzielte Erlöse, ebenso auf den Konten des Kreditnehmers aushaftende Salden nach Ermessen der Klägerin gegenseitig aufrechenbar seien. Die Klägerin schloss mit K***** Z***** zu den Kreditverträgen jeweils Bürgschaftsverträge, wonach dieser für alle Forderungen und Ansprüche aus Haupt- und Nebenverbindlichkeiten aus der Inanspruchnahme der Kredite die Haftung als Bürge und Zahler gleich einem Mitschuldner übernahm. Zur weiteren Besicherung der Forderungen aus den Kreditverhältnissen wurden drei Höchstbetragshypotheken ob der der GmbH & Co KG (Hauptschuldnerin) gehörenden Liegenschaft EZ *****, KG G***** einverleibt und zwar über S 600.000 (CLNr 6), S 250.000 (CLNr 7) und S 200.000 (CLNr 8).

In allen Pfandbestellungsurkunden war vereinbart, dass alle Kosten, Gebühren, ferner alle durch die Nichterfüllung verursachten Gerichts-, Vertretungs- und sonstigen, auch außergerichtlichen, Kosten und Gebühren zu Lasten des Pfandgebers gehen und im Rahmen des pfandrechtlich sichergestellten Höchstkreditbetrages geltendgemacht werden können.

Mit Wechselzahlungsauftrag vom 16. 8. 1990 zu 11 Cg 211/90 des Landesgerichtes Salzburg (der Blankowechsel war von der Klägerin mit dem damals aushaftenden Betrag ausgefüllt worden) wurden die GmbH & Co KG und K***** Z***** zur ungeteilten Hand schuldig erkannt, der Klägerin S 1,175.436 samt 6 % Zinsen seit 26. 6. 1990 und S 24.058,05 an Kosten zu bezahlen. Der Wechselzahlungsauftrag erwuchs in Rechtskraft. Bei der Fahrnisexekution des Bezirksgerichtes Salzburg zu 8 E 3431/91 wurden der Klägerin aus dem Vermögen der GmbH & Co KG S 13.022 auf Abschlag auf die Zinsen zugewiesen. Hinsichtlich K***** Z***** verlief die Exekution mangels pfändbarer Gegenstände erfolglos.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Hietzing vom 5. 3. 1991 zu 4 E 312/91 wurde gegen K***** Z***** zur Hereinbringung der Forderung aus dem Wechselzahlungsauftrag die Zwangsversteigerung seiner Liegenschaftshälfte zu EZ *****, KG O*****, bewilligt. Mit Beschluss vom 21. 4. 1992 wurde das Versteigerungsverfahren über Antrag der Klägerin gemäß § 200 Z 3 EO eingestellt. Auf der Liegenschaft haftete ein Pfandrecht zu Gunsten eines Dritten in der Höhe von S 1,271.000. Das geringste Gebot betrug (unbestritten) S 590.000 (AS 76). Mit Vertrag vom 11.5.1992 schenkte K***** Z***** die Liegenschaft der Beklagten.

Mit Beschluss vom 9. 2. 1991 bewilligte das Bezirksgericht Salzburg zu 23 E 109/90 über Antrag eines Dritten die Zwangsversteigerung der der GmbH & Co KG gehörenden Liegenschaft EZ *****, KG G*****. Die Klägerin trat zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Teilforderung in der Höhe von S 500.000 aus dem Wechselzahlungsauftrag dem Zwangsversteigerungsverfahren bei (CLNr 10). Bei der Versteigerung am 16. 3. 1992 wurde ein Meistbot von S 7,5 Mio erzielt. Zur Verteilungstagsatzung vom 1. 9. 1992 meldete die Klägerin unter Vorlage einer Saldobestätigung S 1,791.050 aus dem Kreditkonto der GmbH & Co KG und der Kosten der Anmeldung in der Höhe von S 7.608,60, insgesamt sohin S 1,798.658,60 an und beantragte die Zuweisung in der bücherlichen Rangordnung der Höchstbetragspfandrechte CLNr 6, 7 und 8 über S 600.000, S 250.000 und S 200.000. Die im Versteigerungsverfahren exekutiv betriebene offene Forderung in der Höhe von S 500.000 samt Anhang sei im angemeldeten Gesamtbetrag, nicht aber in den zu den Höchstbetragspfandrechten CLNr 6, 7 und 8 geltend gemachten Forderungen enthalten. Mit Verteilungsbeschluss vom 7. 9. 1992 wurden der Klägerin aus dem Meistbot zur Befriedigung ihrer Höchstbetragshypotheken S 600.000, S 250.000 und S 200.000 zur vollständigen Berichtigung durch Barzahlung zugewiesen. Im Rang ihrer exekutiv betriebenen Forderung CLNr 10 wurden ihr als Teilforderung aus dem Wechselzahlungsauftrag insgesamt S 596.435,08 zur vollständigen Berichtigung durch Barzahlung zugewiesen. Gegen die zuletzt genannte Zuweisung erhob die GmbH & Co KG als Verpflichtete eine Widerspruchsklage, die rechtskräftig abgewiesen wurde. Im Zeitpunkt der Forderungsanmeldung hatte sich nach Einbringung der Wechselmandatsklage die Forderung der Klägerin aus den Kreditverträgen um S 615.614 auf S 1,791.000 erhöht. Auf diesen Betrag verrechnete die Klägerin entsprechend den Vereinbarungen in den Pfandbestellungsurkunden aus der Meistbotszuteilung der Höchstbetragshypotheken. Nur den Restbetrag rechnete sie auf die Titelforderung an. Auch bei den Zuweisungen für die titulierte Forderung rechnete sie zum Teil die eingehenden Zahlungen unter Berufung auf das in ihrem Belieben stehende Anrechnungsrecht auf bisher entstandene Kosten im Exekutionsverfahren und Kosten im Widerspruchsverfahren an.

Die Klägerin begehrte mit ihrer am 31. 1. 1991 bei Gericht eingebrachten Klage, die Beklagte schuldig zu erkennen, S 1,175.436 samt 6 % Zinsen seit 26. 6. 1990 und der Kosten von S 24.058,05 laut Wechselzahlungsauftrag des Landesgerichtes Salzburg vom 16. 8. 1990 bei sonstiger Exekution in die geschenkte Liegenschaft EZ *****, KG S*****, zu bezahlen. In der Folge schränkte sie das Zahlungsbegehren entsprechend der Zahlungseingänge zuletzt auf S 239.041,35 samt Anhang ein. Die Klägerin werde durch den Schenkungsvertrag als Gläubigerin von K***** Z*****, dessen Vermögen vermindert wurde, benachteiligt, da sie ihre Forderung gegen K***** Z***** nicht einbringlich machen könne. Sie stützte ihren Anspruch auf §§ 2 lit a Z 3 und 3 AnfO.

Die Beklagte beantragte die Klagsabweisung mit der Begründung, dass ihr eine allfällige Benachteiligungsabsicht ihres Ehemanns K***** Z***** nicht bekannt gewesen sei und die Schenkung der Liegenschaft einer sittlichen Pflicht entsprochen habe, weil sie ihm über viele Jahre hinweg sein später abgebrochenes Medizinstudium finanziert habe. Der Anspruch der Klägerin sei im Exekutionsverfahren 23 E 109/90 des BG Salzburg voll befriedigt worden.

Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte im Sinne des eingeschränkten Zahlungsbegehrens. In rechtlicher Hinsicht gelangte es zu dem Ergebnis, dass Umstände, die die Schenkung der Liegenschaft als sittliche Pflicht erscheinen ließen, nicht hervorgekommen seien. Befriedigungstauglichkeit sei anzunehmen, da die geschenkte Liegenschaft unbelastet gewesen sei. Die Klägerin sei auf Grund der mit ihren Schuldnern getroffenen Vereinbarung berechtigt gewesen, die aus der Meistbotszuweisung entrichteten Zahlungen (teilweise) auf Forderungen, die nicht von der Titelforderung umfasst gewesen seien, anzurechnen.

Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung der Beklagten nicht Folge. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, dass die Klägerin angesichts der Vereinbarung in den Kreditverträgen und Pfandbestellungsurkunden nicht an die dispositive Bestimmung des § 1416 ABGB gebunden sei. Sie sei berechtigt gewesen, Teile der Zuweisungen auf nicht vom Wechselzahlungsauftrag umfasste Ansprüche anzurechnen.

Über Antrag der beklagten Partei änderte das Berufungsgericht seinen Ausspruch dahingehend ab, dass die ordentliche Revision für zulässig erklärt wurde. Zur wesentlichen Rechtsfrage, ob die Vereinbarung der Parteien über die Aufrechenbarkeit sämtlicher aus Sicherheiten erzielter Erlöse nach Ermessen der Klägerin die Anrechnung von Teilen der mit dem Verteilungsbeschluss im Zwangsversteigerungsverfahren aus dem Meistbot zugewiesenen Beträge auf nicht vom Titel umfasste Ansprüche zulässig sei, fehle es an oberstgerichtlicher Judikatur.

Dagegen richtet sich die von der Beklagten erhobene Revision, die zulässig und im Sinne des Aufhebungsantrages auch berechtigt ist.

Rechtliche Beurteilung

Der Beschluss des Berufungsgerichtes, mit dem die Beantwortung der Revision binnen vier Wochen freigestellt wurde, wurde den Rechtsvertretern der Klägerin am 13. 10. 2000 zugestellt. Die an das Erstgericht gerichtete Revisionsbeantwortung der Klägerin wurde am 8. 11. 2000 zur Post gegeben, langte aber erst am 14. 11. 2000 beim Berufungsgericht ein. Die Revisionsbeantwortung ist im Fall des § 508 Abs 5 ZPO beim Berufungsgericht einzubringen (§ 507a Abs 3 Z 1 ZPO). Die Tage des Postlaufes blieben nur dann im Sinne des § 89 GOG für die Einhaltung der Frist außer Betracht, wenn die Postsendung an das zuständige Gericht adressiert war (SZ 60/192, EvBl 1995/90, Kodek in Rechberger2, vor § 461 ZPO, Rz 7). Bei unrichtiger Adressierung - wie hier an das Erstgericht - kommt es bei der Beurteilung der Rechtzeitigkeit auf das Einlangen des Rechtsmittels beim zuständigen Gericht an. Die Revisionsbeantwortung ist daher verspätet.

Zu Recht bezweifelt die Beklagte im Revisionsverfahren nicht mehr, dass die Anfechtungsfrist des § 3 AnfO gewahrt wurde, da die fristgerecht beim unzuständigen Gericht eingebrachte Klage gemäß § 230a ZPO überwiesen wurde und dadurch nach der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung die Gerichtsanhängigkeit nicht aufgehoben wird.

Anfechtbar sind die in den letzten zwei Jahren vor der Anfechtung vorgenommenen unentgeltlichen Verfügungen des Schuldners, soweit es sich nicht um die Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung, um gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke oder um Verfügungen in angemessener Höhe handelt, die zu gemeinnützigen Zwecken gemacht wurden oder durch die einer sittlichen Pflicht oder Rücksichten des Anstands entsprochen worden ist (§ 3 Z 1 AnfO). Für die Anfechtung genügt daher die objektive unentgeltliche Vermögenszuwendung. Kenntnis des Beschenkten von einer Benachteiligungsabsicht wird nicht gefordert (SZ 25/101; JBl 1959, 215, 1 Ob 322/99f). Zu Recht wurde von den Vorinstanzen die Schenkung als unentgeltliche, keiner sittlichen Verpflichtung entspringende und daher anfechtbare Verfügung erkannt.

Die sittliche Pflicht richtet sich nach der Verkehrsanschauung im gesellschaftlichen Kreis des Verfügenden. Darunter versteht man Leistungen, die nach der gesellschaftlichen Anschauung zwar nicht rechtlich, aber moralisch gefordert werden können, deren Unterlassung gesellschaftlich als Pflicht- oder Anstandsverletzung gilt und eine Minderung der gesellschaftlichen Achtung nach sich zieht. Die unentgeltliche Verfügung muss also im Zeitpunkt ihrer Vornahme nach Maßgabe des Anlasses, der Beziehungen des Schuldners zum Bedachten und den gesamten persönlichen und Vermögensverhältnissen des Schuldners dadurch veranlasst sein, dass ihre Unterlassung nach dem unter diesen Gesichtspunkten gebotenen Maßstab den Schuldner dem Vorwurf sittlicher Minderwertigkeit aussetzen würde. Dabei ist grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen (3 Ob 2178/96g, 1 Ob 322/99f).

Der Vorwurf sittlicher Minderwertigkeit bei Unterlassen der Schenkung kann schon deshalb nicht erhoben werden, weil ein Konnex zwischen der kurzfristigen Finanzierung des später abgebrochenen Studiums K***** Z***** durch die Beklagte als seiner damaligen Lebensgefährtin und der Schenkung der Liegenschaft im Jahr 1989 nach der Eheschließung im Jahr 1972 nicht zu erkennen ist. Dies ist jedenfalls kein moralisch anerkannter Grund für eine Schenkung in finanziellen Krisenzeiten.

Die Anfechtungsbefugnis setzt nach § 8 AnfO voraus, dass die Exekution in das Vermögen des Schuldners nicht zur vollständigen Befriedigung des Gläubigers geführt hat oder die Aussichtslosigkeit einer noch nicht durchgeführten Exekution vorauszusehen ist. Die Behauptungs- und Beweislast trifft den Anfechtungskläger. Der Beweis der Befriedigungsverletzung ist schon dann erbracht, wenn die Aussichtslosigkeit der anstehenden Exekutionsführung wahrscheinlich ist. Der Gläubiger muss eine voraussichtlich erfolglose Exekution nicht etwa betreiben, um dadurch den Beweis der Uneinbringlichkeit anzutreten. Sie wird durch die Möglichkeit einer Teilbefriedigung aus dem Vermögen des Schuldners nicht beschränkt, insbesondere nicht auf den voraussichtlich ungetilgten Rest aus der Exekution (SZ 35/35, 3 Ob 59/92, 1 Ob 627/95, 6 Ob 169/99t, RS0050296).

Geht man von diesen Grundsätzen aus, so ergibt sich die voraussichtliche, zumindest teilweise, Uneinbringlichkeit der titulierten Forderung daraus, dass die Exekutionsführung gegen K***** Z***** mangels pfändbarer Gegenstände ergebnislos blieb. Die Aussichtslosigkeit einer weiteren Betreibung des Zwangsversteigerungsverfahrens hinsichtlich des Liegenschaftsanteiles KG O***** war infolge des darauf lastenden Pfandrechtes und des geringsten Gebots wahrscheinlich, sodass die Klägerin nicht gehalten war, diese Exekution weiter zu betreiben. Mittlerweile hat K***** Z***** die Liegenschaft ebenfalls der Beklagten geschenkt. Das greifbare Vermögen K***** Z***** reichte daher, was von der Beklagten im Rechtsmittelverfahren nicht mehr bezweifelt wird, aller Wahrscheinlichkeit nach nicht zur Befriedigung der titulierten Forderung der Klägerin aus. An der Befriedigungstauglichkeit und Gläubigerbenachteiligung ist nicht zu zweifeln (vgl. u.a. 6 Ob 167/99y, 4 Ob 39/99k), war doch die geschenkte Liegenschaft unbelastet, weshalb der Anfechtungsanspruch der Klägerin grundsätzlich zu Recht besteht.

Der Klägerin wurden im Exekutionsverfahren gegen die Hauptschuldnerin zunächst S 1,050.000 zur vollen Befriedigung ihrer drei Höchstbetragshypotheken zugewiesen. Mit der Zuweisung der Barmittel erlöschen die dinglichen Sicherungsrechte, nicht jedoch nicht getilgte Reste der Forderungen aus dem Kreditverhältnis (3 Ob 123/85 = JBl 1987, 112). Welche Teile der Forderung aber getilgt werden, richtet sich nach der zwischen den Parteien des Kreditverhältnisses bestehenden Vereinbarung. § 1416 ABGB, dessen Anrechnungsregeln dispositiv sind, greift nur ein, wenn keine Vereinbarung getroffen wurde (RS0109835, 0034703, Reischauer in Rummel II2 § 1416 ABGB, Rz 1, § 1415 ABGB, Rz 21). Auf Grund der Vereinbarung zwischen der Klägerin, der GmbH & Co KG sowie des Mithaftenden und Bürgen K***** Z***** ist die Klägerin berechtigt, sämtliche aus den Sicherheiten erzielte Erlöse nach ihrem Ermessen auf ihre Forderungen anzurechnen, nämlich auf alle Gerichts-, Vertretungs- und sonstige, auch außergerichtliche, Kosten, die durch die Nichterfüllung der Forderungen verursacht wurden. Die Klägerin war daher berechtigt, die eingehenden Zahlungen aus den Höchstbetragshypotheken auf nicht durch den Wechselzahlungsauftrag titulierte Kostenforderungen nach ihrem Ermessen anzurechnen. Dies muss die Beklagte als Anfechtungsgegnerin gegen sich gelten lassen.

Dem Einwand der Beklagten aber, dass die Klägerin nicht berechtigt sei, ihrem Anfechtungsanspruch ihre titulierte Forderung aus dem Wechselzahlungsauftrag auch in dem Umfang zu Grunde zu legen, in dem bereits eine Tilgung im Zwangsversteigerungsverfahren erfolgt ist, kommt Berechtigung zu.

Im Meistbotsverteilungsbeschluss wird über den Teilnahmeanspruch des Gläubigers, also über seinen verfahrensrechtlichen Anspruch auf Zuweisung aus dem Meistbot (3 Ob 1013/95, 3 Ob 46/95) entschieden, nicht aber über den materiellrechtlichen Anspruch des einzelnen Gläubigers (Angst in Angst, Kommentar zur EO, § 231, Rz 17, Rechberger/Simotta2, Exekutionsverfahren, Rz 544). Unabhängig von der Frage der Rechtskraftwirkung ist aber die Frage zu beurteilen, inwiefern eine in einem bestimmten Rang geltend gemachte titulierte Forderung durch Zuweisungen im Zuge des Exekutionsverfahrens getilgt wird. Mit der Zuweisung des exekutiv betriebenen Betrages ist die geltend gemachte Forderung grundsätzlich getilgt, d.h. sie erlischt. Bei dieser Zuweisung steht es nicht im Belieben des Gläubigers, sie abweichend von den Regeln des § 216 EO auf eine andere, weniger gesicherte Forderung zu verrechnen (SZ 49/117). Wurden Zahlungen auf den in Exekution gezogenen Anspruch geleistet, so steht dem Verpflichteten die Oppositionsklage nach § 35 EO zur Verfügung, mit der er geltend machen kann, dass der der Exekutionsführung zu Grunde liegende Anspruch bereits erloschen ist. Dadurch wird eine mehrfache Exekutionsführung auf Grund desselben Exekutionstitels trotz Zahlung und damit Erlöschen der Forderung verhindert. Ist nun die Forderung aber erloschen, so kann sich die Klägerin nicht auf ihre rechtsgeschäftliche Vereinbarung und das ihr eingeräumte Recht berufen, dass sie eingehende Zahlungen nach ihrem Ermessen anrechnen könnte. Die rechtsgeschäftliche Vereinbarung kann nämlich unter Berücksichtigung der im § 914 ABGB dargelegten Auslegungskriterien schon dem klaren Wortlaut nach nur so verstanden werden, dass sich diese Vereinbarung ausschließlich auf bestehende, nicht bereits erloschene Forderungen bezieht. Ist daher eine Forderung getilgt, besteht für die Klägerin schon nach der Vereinbarung keine nachträgliche anderweitige Anrechnungsmöglichkeit gleichsam unter Wiederaufleben der bereits erloschenen Forderung.

Da, wie oben ausgeführt, Voraussetzung für die Anfechtungsbefugnis nach § 8 AnfO eine titulierte, der Vollstreckbarkeit unterliegende Forderung ist, ergibt sich, dass der Anfechtungsanspruch in dem Umfang nicht zu Recht besteht, in dem diese durch die Zuweisung im Exekutionsverfahren auf die geltend gemachte titulierte (Teil)Forderung von S 500.000 samt Nebengebühren getilgt wurde. Die davon abweichende Anrechnung der Klägerin auf andere Forderungen ist unwirksam.

Für eine abschließende ziffernmäßige Beurteilung der vorliegenden Rechtssache fehlt es aber noch an entsprechend nachvollziehbaren Feststellungen des Erstgerichtes. Im fortzusetzenden Verfahren wird zunächst eine genaue Aufstellung der Forderung der Klägerin nach Kapital, Zinsen und Kosten im jeweiligen Anrechnungsstadium notwendig sein. Dann müssen detailliert die eingehende Zahlungen und die vorgenommenen Anrechnungen auf die Forderungen gegenübergestellt werden. Im oben dargelegten Sinn ist dabei zu beachten, dass Zuweisungen im Zwangsversteigerungsverfahren auf betriebene titulierte Forderungen ausschließlich auf diese anrechenbar sind und nur hinsichtlich der Zahlungen auf die Höchstbetragshypotheken (oder freiwillige Zahlungen) eine Anrechnung auf Forderungen nach dem Belieben der Klägerin zulässig ist. Zu klären ist auch, für welche Forderung die Pfändung und Überweisung der Hyperocha erfolgte. Erst nach genauer Aufgliederung der Forderungen der Klägerin und der erfolgten Zahlungen wird sich ergeben, in welcher Höhe die titulierte Forderung aus dem Wechselzahlungsauftrag noch unberichtigt aushaftet. Nur in diesem Umfang ist der Anfechtungsanspruch gerechtfertigt.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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