OGH 1Ob103/99z

OGH1Ob103/99z23.11.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stefan L*****, vertreten durch Dr. Gerhard Götschhofer und Dr. Horst Mayr, Rechtsanwälte in Vorchdorf, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen S 204.100,-- sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 19. Jänner 1999, GZ 3 R 4/99z-21, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Linz vom 30. Oktober 1998, GZ 7 Cg 15/97h-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 8.887,50 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der wehrpflichtige Kläger wurde im April 1995 vor der Stellungskommission auf seine Eignung zur Ableistung des ordentlichen Präsenzdienstes untersucht. Die dabei durchgeführte Audiometrie ergab eine Hörminderung des linken Ohrs von 40 dB im Bereich von 4000 Hz sowie von 60 dB im Bereich von 6000 Hz. Nach Durchführung einer Kontrollaudiometrie wies die Stellungskommission den Kläger einem vom Bundesheer ständig mit derartigen Untersuchungen betrauten HNO-Facharzt zu. Dieser kam nach Erstellung eines weiteren Audiogramms am 28. 4. 1995 zu dem Ergebnis, dass das Gehör des Klägers normal, keine Therapie erforderlich und der Kläger aus HNO-Sicht für das Bundesheer tauglich sei. Der Facharzt stellte einen Status nach Paukenkatarrh fest; das von ihm angefertigte Audiogramm war unauffällig. Mit Beschluss vom 22. 6. 1995 wurde daraufhin der Kläger von der Stellungskommission als tauglich beurteilt, weil für das ärztliche Mitglied der Stellungskommission Audiogramm und Befund des Facharztes übereinstimmten und die zuvor festgestellte Hörminderung durch den abgelaufenen Paukenkatharrh ausreichend geklärt war.

Der Kläger leistete zwischen 2. 10. 1995 und 31. 5. 1996 den ordentlichen Präsenzdienst ab. Danach trat er am 10. 6. 1996 ein Dienstverhältnis als Montagearbeiter an. Er kündigte in der Folge dieses Dienstverhältnis, um am 2. 9. 1996 den außerordentlichen Präsenzdienst beginnen zu können, in dessen Rahmen er am 24. 9. 1996 als UN-Soldat in Zypern eingesetzt werden sollte. Bei der am 20. 9. 1996 wegen des bevorstehenden Auslandseinsatzes im Heeresfachambulatorium durchgeführten Untersuchung ergab das Audiogramm für das linke Ohr des Klägers eine mittelgradige Hochtoninnenohrschwerhörigkeit in Form einer 40 dB-Senke bei 4000 Hz. Auf Grund dieses Befunds wurde der Kläger nicht nach Zypern entsendet, sondern am 23. 9. 1996 aus dem außerordentlichen Präsenzdienst vorzeitig entlassen. Nach einer weiteren Untersuchung am 10. 3. 1997, bei der eine Audiometrie des linken Ohres wiederum eine Hörminderung von 40 dB bei 4000 Hz und von 60 dB bei 6000 Hz ergab, wurde der Beschluss der Stellungskommission vom 22. 6. 1995 rückwirkend dahin abgeändert, dass er auf "untauglich" lautete.

Die Ergebnisse der durch die Stellungskommission des Bundesheeres vorgenommenen Audiometrieuntersuchungen waren richtig, jene der vom HNO-Facharzt durchgeführten Untersuchungen falsch. Unabhängig von den Tauglichkeitsrichtlinien ist der Kläger jedoch auch bei einer Hörminderung von 40 bzw 60 dB bei 4000 bzw 6000 Hz als annähernd normalhörig zu bezeichnen.

Mit seiner am 12. 9.1997 beim Erstgericht eingebrachten Amtshaftungsklage machte der Kläger zuletzt aus dem Titel Verdienstentgang S 204.100 sA geltend. Er hätte während der Zeit der Ableistung des Präsenzdienstes monatlich netto S 27.000 und während der Zeit der Vorbereitung bzw Absolvierung des außerordentlichen Präsenzdienstes insgesamt netto S 45.100 verdienen können. Nach Abzug des vom Bundesheer geleisteten Entgelts sowie eines Pauschalbetrags für die gereichte Verpflegung verbleibe der Klagsbetrag. Die Beklagte habe grob fahrlässig die Tauglichkeit des Klägers für den Wehrdienst festgestellt, obwohl dieser auf Grund der der Stellungskommission vorliegenden Untersuchungsbefunde in einem Ausmaß schwerhörig gewesen sei, das ihn für den Dienst im Bundesheer untauglich gemacht habe. Aus dem fachärztlichen HNO-Befund habe sich die Untauglichkeit des Klägers ergeben, jedoch sei der Befund durch die Mitglieder der Stellungskommission falsch interpretiert worden. Hilfsweise stützte der Kläger sein Begehren auf das Vorbringen, dass die den Befund aufnehmenden Ärzte anlässlich der Befundaufnahme fahrlässig falsch gehandelt hätten.

Die Beklagte wendete dagegen ein, dass die Tauglichkeitskriterien für die Entsendung zu Auslandseinsätzen strenger seien, der Kläger im Zeitpunkt der Stellungsuntersuchung zum ordentlichen Präsenzdienst für diesen jedoch tauglich gewesen sei. Es liege jedenfalls kein unvertretbares Behördenhandeln vor. Gegen den die Tauglichkeit feststellenden Beschluss der Stellungskommission hätte der Kläger Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben und dadurch den behaupteten Schaden abwenden können. Auch fehle der Rechtswidrigkeitszusammenhang, weil die gesetzlich vorgesehene Prüfung eines Stellungspflichtigen auf seine Tauglichkeit vor dem ordentlichen bzw außerordentlichen Präsenzdienst ausschließlich die Erfüllung der Wehrpflicht gemäß dem Gesetz sicherstellen solle, jedoch keinen rechtlichen Bezug zum Berufsleben des Stellungspflichtigen habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und führte zur rechtlichen Beurteilung aus, dass sich die Beklagte den Fehler des HNO-Facharztes, der dazu geführt habe, dass der Kläger zu Unrecht als tauglich beurteilt worden sei, zurechnen lassen müsse, weil auch Private im Wege der Beleihung hoheitlich im Sinn des § 1 AHG handeln könnten. Allerdings mangle es am Rechtswidrigkeitszusammenhang. Sinn der Vorschriften über die Beurteilung der Tauglichkeit von zukünftigen Präsenzdienern sei es, zu vermeiden, dass Personen zur Ableistung des Wehrdienstes einberufen werden, die nicht die erforderlichen körperlichen und geistigen Voraussetzungen aufweisen. Dadurch solle die körperliche und geistige Integrität von Präsenzdienern geschützt werden. Der Schutzbereich des Gesetzes umfasse allein den Gesundheitszustand der Präsenzdiener, nicht jedoch den aus der Ableistung des Präsenzdienstes resultierenden Verdienstentgang.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte mit dem angefochtenen Urteil diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Ausgehend von den Feststellungen des Erstgerichts führte es rechtlich aus, dass nach ständiger Lehre und Rechtsprechung ein Vermögensschaden auch im Bereich des Amtshaftungsrechts unter anderem nur bei Vorliegen einer Schutzgesetzverletzung ersatzfähig sei. Es werde nur für solche Schäden gehaftet, die sich als Verwirklichung derjenigen Gefahren darstellen, derentwegen der Gesetzgeber ein bestimmtes Behördenverhalten gefordert oder untersagt habe. Die Feststellung der körperlichen und geistigen Eignung zur Verwendung im Bundesheer diene einerseits der Sicherstellung der Schlagkraft des Heeres im Interesse der Landesverteidigung und andererseits auch dem Schutz der Gesundheit und körperlichen Unversehrtheit der zum Präsenzdienst einberufenen Wehrpflichtigen. Nicht geschützt werde hingegen das bloße Vermögen der Wehrpflichtigen, insbesondere deren Chance, im privaten Erwerbsleben mehr als bei Ableistung des Präsenzdienstes verdienen zu können. Das Erstgericht habe daher zu Recht den Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen dem vom Kläger geltend gemachten Verdienstentgang und einer Verletzung der Normen zur Ermittlung der Eignung von Personen zur Ableistung des Präsenzdienstes verneint, sodass nicht mehr darauf eingegangen werden müsse, ob die Einberufung des Klägers auf ein der Beklagten zurechenbares schuldhaftes Organverhalten zurückzuführen sei und ob der festgestellte Gehörverlust nach den einschlägigen Richtlinien des Bundesministeriums für Landesverteidigung tatsächlich die körperliche und geistige Eignung zum Dienst im Bundesheer ausgeschlossen habe oder nicht doch einen Dienst im Rahmen des erlernten Berufes erlaubt hätte.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobenen Revision des Klägers kommt keine Berechtigung zu.

Die Beklagte kommt im Revisionsverfahren auf ihren ursprünglichen Einwand, der geltend gemachte Anspruch sei schon auf Grund der Bestimmung des § 2 Abs 2 AHG deshalb ausgeschlossen, weil es der Kläger unterlassen habe, gegen den Beschluss der Stellungskommission Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben, nicht mehr zurück. Es reicht daher aus, darauf zu verweisen, dass der Auschluss des Ersatzanspruchs nach § 2 Abs 2 AHG Verschulden oder - besser gesagt - Sorglosigkeit des Amtshaftungsklägers im Umgang mit seinen eigenen Rechtsgütern voraussetzt (SZ 55/81; SZ 55/190; SZ 62/176; SZ 71/7; 1 Ob 373/98d ua). Anhaltspunkte dafür, der Kläger habe zu einem Zeitpunkt vor Abänderung des Beschlusses der Stellungskommission auf das Kalkül "untauglich" erkennen können, dass er zu Unrecht zur Ableistung des Präsenzdienstes verpflichtet worden sei, haben sich im Verfahren nicht ergeben. Ein Verschulden des Klägers am Unterlassen der - im übrigen gemäß § 30 Abs 1 VwGG grundsätzlich nicht aufschiebend wirkenden - Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gegen den die Tauglichkeit zum Wehrdienst feststellenden Beschluss der Stellungskommission ist daher nicht zu erkennen.

Die Erfüllung der dem Bundesheer übertragenen gesetzlichen Aufgaben geschieht grundsätzlich in Vollziehung der Gesetze (SZ 59/112; SZ 60/264; JBl 1986, 730; JBl 1992, 532 ua). Die Tätigkeit der Dienststellen des Bundesheers, die darin besteht, es einsatzfähig zu gestalten und zu erhalten, damit es die ihm übertragenen Aufgaben besorgen kann, ist ebenso Vollziehung der Gesetze wie die Erfüllung der Aufgaben selbst (VfSlg 3928; JBl 1992, 532). Es kann daher nicht zweifelhaft sein, dass die im § 23 WG geregelten Aufgaben der Stellungskommission hoheitlicher Natur sind und dass die Mitglieder der Stellungskommission in Vollziehung dieser Aufgaben Organe im Sinn des § 1 Abs 2 AHG sind, für deren rechtswidriges schuldhaftes Verhalten die Beklagte als Rechtsträger einzustehen hat.

Allerdings hat das Verfahren ergeben, dass der die unrichtige Beurteilung der Tauglichkeit des Klägers verursachende Befund von einem HNO-Facharzt stammte, der unstrittig nicht Mitglied der Stellungskommission war. Gemäß § 23 Abs 2 WG haben die Stellungskommissionen die Eignung der Stellungspflichtigen zum Wehrdienst auf Grund der zur Feststellung dieser Eignung durchgeführten ärztlichen und psychologischen Untersuchungen festzustellen. Erscheint für diese Feststellung eine fachärztliche Untersuchung erforderlich, so sind die Stellungspflichtigen von der Stellungskommission einer solchen Untersuchung zuzuführen. Nach den Feststellungen wurde der Kläger entsprechend dieser gesetzlichen Bestimmung von der Stellungskommission dem HNO-Facharzt, der ständig vom Bundesheer zu diesen Untersuchungen herangezogen wurde, zugewiesen. Für die Beurteilung der Frage, ob auch der Facharzt als Organ der Beklagten anzusehen ist, dessen Fehlverhalten sie sich - wie das Erstgericht vermeinte - zurechnen lassen muss, ist es unerheblich, in welcher Rechtsbeziehung der Facharzt zum Bundesheer gestanden ist. Maßgeblich für die Beurteilung der Organstellung ist nämlich nicht die organisatorische Zugehörigkeit, sondern die Art der zugeteilten Aufgabe und der ausgeübten Tätigkeit (SZ 24/122; SZ 54/12; SZ 60/27; SZ 68/190 ua). Nach der Legaldefinition des Organbegriffs im § 1 Abs 2 AHG sind Organe alle physischen Personen, die für den Rechtsträger in Vollziehung der Gesetze handeln. Besorgt eine physische Person hoheitliche Aufgaben, ist sie Organ, gleichviel, ob sie dauernd oder vorübergehend oder für den einzelnen Fall bestellt, gewählt, ernannt oder sonstwie herangezogen wurde und ob deren Verhältnis zum Rechtsträger nach öffentlichem oder nach privatem Recht zu beurteilen ist. Die Organstellung kann auch durch privatrechtlichen Werkvertrag begründet werden (SZ 51/126; SZ 54/19; 1 Ob 56/98m ua).

Nicht jeder, der zur Erfüllung einer hoheitlichen Aufgabe beiträgt, ist Organ im Sinn des § 1 Abs 2 AHG. Die Bestellung einer physischen oder juristischen Person ist nur dann eine Beleihung mit der Ausübung einer hoheitlichen Funktion, wenn mit ihr der Auftrag verbunden ist, selbst für den Rechtsträger hoheitliche Handlungen zu setzen bzw solche mitzuvollziehen; es muss also die Erfüllung der hoheitlichen Aufgabe selbst übertragen werden (SZ 57/149; SZ 60/2; 1 Ob 56/98m). Nun gibt es Aufgaben, die zwar eindeutig der Vollziehung dienen, aber durch hoheitlichen Akt, durch ein Gesetz oder eine Verordnung aus der Vollziehung ausgeschieden und Außenstehenden unter eigener Verantwortung, aber ohne Einrämung der Möglichkeit, selbst Hoheitsakte zu setzen, übertragen werden. Diese Außenstehenden sind dann nicht Organe im Sinn des § 1 Abs 2 AHG (SZ 59/199; SZ 60/2; 1 Ob 56/98m).

Gemäß § 23 Abs 2 WG kommt dem Facharzt, an den ein Stellungspflichtiger verwiesen wurde, kein Stimmrecht in der Stellungskommission zu. Diese hat vielmehr nach Vorliegen der Untersuchungsergebnisse des Facharztes Beschluss zu fassen, wobei ein auf "tauglich" lautender Beschluss der Zustimmung jenes Arztes bedarf, der Mitglied der Stellungskommission ist (§ 22 Abs 2 WG). Der Facharzt ist somit Außenstehender mit lediglich beratender Funktion, dem vom Gesetz keinerlei hoheitliche Aufgaben übertragen wurden. Die Mitglieder der Stellungskommission haben nach Vorliegen der Ergebnisse der fachärztlichen Untersuchung in einer Gesamtschau die Eignung zum Wehrdienst frei zu beurteilen. Der Facharzt, an den der Kläger von der Stellungskommission überwiesen wurde, ist somit nicht Organ der Beklagten, sodass diese für sein Fehlverhalten nicht einzustehen hat.

Der Kläger hat allerdings seinen Anspruch auch darauf gegründet, dass die Stellungskommission selbst die vorliegenden medizinischen Unterlagen falsch beurteilt habe. Zu diesem Vorbringen ist vorweg darauf zu verweisen, dass der Rechtsträger gemäß § 1 Abs 1 AHG nur für rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten seiner Organe haftet. Nach den erstinstanzlichen Feststellungen hatte die der Stellungskommission angehörende Ärztin gegen den fachärztlichen Befund keine Bedenken, weil das Audiogramm mit diesem übereinstimmte und die Klärung der zuvor festgestellten Hörminderung durch den abgelaufenen Paukenkatarrh ausreichend war. Behauptungen, warum die Ärztin oder sonstige Mitglieder der Stellungskommission dem fachärztlichen Befund, obwohl dieser, wenngleich falsch, in sich schlüssig war, hätten misstrauen müssen, wurden im Verfahren nicht aufgestellt. Das Vorliegen von Verschulden der Organe der Beklagten muss daher äußerst zweifelhaft erscheinen. Allerdings braucht auf diese Frage aus nachstehenden Erwägungen nicht weiter eingegangen zu werden:

Der Kläger macht Verdienstentgang und somit einen bloßen Vermögensschaden geltend. Dessen Verursachung macht nach herrschender Ansicht nur ersatzpflichtig, wenn eine vorwerfbare Verletzung eines absoluten Rechtes oder eines Schutzgesetzes im Sinne des § 1311 ABGB oder ein sittenwidriges Verhalten des Schädigers vorliegt oder sich die Rechtswidrigkeit des schädigenden Verhaltens sonst aus der Rechtsordnung unmittelbar auf Grund eines Gesetzes ableiten lässt (SZ 63/166; JBl 1993, 788; JBl 1994, 695; EvBl 1998/206 ua). Von diesen Voraussetzungen kommt hier nur eine Schutzgesetzverletzung in Frage, weshalb zu prüfen ist, ob dem Rechtsträger die Verletzung von Schutzgesetzen, somit abstrakten Gefährdungsverboten, die bestimmte Personen oder Personengruppen vor einer Verletzung ihrer Rechtsgüter schützen sollen, durch seine Organe vorzuwerfen ist. Auch für den Bereich des Amtshaftungsrechts gilt der allgemeine Grundsatz, dass die übertretene Vorschrift gerade auch den Zweck haben muss, den Geschädigten vor eingetretenen (Vermögens-)Nachteilen zu schützen. Die Nichtberücksichtigung der eingrenzenden Wirkung des Rechtswidrigkeitszusammenhangs hätte gerade auch auf dem Gebiet des Amtshaftungsrechts eine Uferlosigkeit der Haftpflicht zur Folge (JBl 1994, 695; EvBl 1998/206; JBl 1999, 325 ua). Es muss daher geprüft werden, ob Pflichten der Rechtsträger nur im Interesse der Allgemeinheit oder auch im Interesse einzelner Betroffener normiert sind. Es wird nur für solche Schäden gehaftet, die sich als Verwirklichung derjenigen Gefahr darstellen, deretwegen der Gesetzgeber ein bestimmtes Verhalten gefordert oder untersagt hat. Es genügt für die Annahme des erforderlichen Rechtswidrigkeitszusammenhangs angesichts der in der Regel primär öffentliche Interessen wahrenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften zwar, dass die Verhinderung eines Schadens bei einem Dritten bloß mitbezweckt ist; die Norm muss aber die Verhinderung eines Schadens wie den später eingetretenen angestrebt haben. Daraus allein, dass eine Amtshandlung, die dem öffentlichen Interesse dient, mittelbar auch die Interessen eines Dritten berührt, ihm zugutekommt und ihm damit als Reflexwirkung pflichtgemäßen Handelns einen Vorteil verschafft, lässt sich noch nicht auf das Vorliegen einer Amtshaftungspflicht gerade diesem gegenüber schließen (SZ 61/189; JBl 1993, 788; JBl 1994, 695; EvBl 1998/206 ua). Bei der maßgebenden teleologischen Betrachtungsweise ist bei jeder einzelnen Norm der Normzweck zu erfragen, der sich aus der wertenden Beurteilung des eigentlichen Sinns der Vorschrift ergibt (JBl 1994, 695; JBl 1999, 325).

Wie bereits die Vorinstanzen zutreffend dargelegt haben, ist Aufgabe der Stellungskommission die Feststellung der Eignung der Wehrpflichtigen zum Wehrdienst (§ 21 Abs 1 WG; § 23 WG; § 24 Abs 1 WG). Durch die zur Feststellung der Eignung durchgeführten ärztlichen und psychologischen Untersuchungen (§ 23 Abs 2 WG) soll einerseits die Effektivität des Wehrdienstes gesichert und andererseits das Auftreten psychischer oder physischer Schäden bei den Wehrpflichtigen während der Ableistung des Präsenzdienstes verhindert werden. Diese Zwecke stehen so eindeutig im Vordergrund der Tätigkeit der Stellungskommission, dass mögliche wirtschaftliche Folgen ihrer Entscheidung lediglich als Reflexwirkung anzusehen sind, die eine Amtshaftungspflicht nicht entstehen lassen. Der Hinweis des Revisionswerbers auf § 36 Abs 2 Z 2 WG, wonach Wehrpflichtige unter anderem von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes auf ihren Antrag befreit werden können, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern, spricht eher gegen als für den Standpunkt des Revisionswerbers, weil dadurch klargestellt wird, dass wirtschaftliche Interessen im Zusammenhang mit der Pflicht zur Ableistung des Präsenzdienstes nicht von Amts wegen und nur ausnahmsweise berücksichtigt werden können. Die Anmerkung Schragels (in AHG2 Rz 302), Haftung des Bundes könne auch für das Verhalten der Stellungskommission dem Stellungspflichtigen gegenüber oder für eine gesetzwidrige Einberufung zum Präsenzdienst eintreten, ist ausschließlich im Zusammenhang mit der nachfolgend zitierten Entscheidung RZ 1983/39 zu sehen, wo die Ersatzleistung für die Einberufung trotz vorheriger schwerer Erkrankung deshalb abgelehnt wurde, weil der Beschluss der Stellungskommission über die Wehrdiensttauglichkeit medizinisch vertretbar gewesen sei. Zur Frage des Rechtswidrigkeitszusammenhangs des neben Schmerzengeld auch begehrten Verdienstentgangs nahm diese Entscheidung ebensowenig Stellung wie Schragel (aaO).

Der Anspruch ist daher unbeschadet der Frage, ob überhaupt ein Verschulden der Organe der Beklagten vorliegt, jedenfalls schon wegen Mangels des Rechtswidrigkeitszusammenhangs zu verneinen.

Der Revision ist ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.

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