OGH 5Ob335/98w

OGH5Ob335/98w12.1.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Spenling und Dr. Hradil als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gemeinnützige B***** registrierte Genossenschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Alexander Matt, Rechtsanwalt in Bregenz, wider die beklagte Partei Franz A*****, vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen Kündigung, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 1. Dezember 1998, AZ 4 Nc 21/98y, womit ein Ablehnungsantrag des Beklagten im Verfahren 2 R 350/98f des Landesgerichts Feldkirch zurückgewiesen wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Rekurskosten selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die nunmehrigen Streitteile beantragten zu 14 Nc 312/95g beim Bezirksgericht Bregenz die Preisfestsetzung für eine bereits bisher vom Beklagten benützte Wohnung gemäß §§ 13 und 15 WGG. Mit Sachbeschluß des Bezirksgerichts Bregenz vom 29. 2. 1996 wurde der Verkehrswert dieser Wohnung abzüglich eines restlichen Finanzierungsbeitrages mit S 1,356.472 festgesetzt. Der dagegen erhobene Rekurs des Beklagten wurde mit Beschluß des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 7. 3. 1997, 2 R 78/97d, zurückgewiesen. Zur Entscheidung waren der Richter des Landesgerichts Feldkirch Dr. M***** als Vorsitzender sowie die Richter des Landesgerichts Feldkirch Dr. K***** und Dr. Mü***** als weitere Senatsmitglieder berufen. Die Zurückweisung des Rekurses erfolgte einerseits mit der Begründung, daß dieser verspätet sei, und andererseits mit der Begründung, daß dem Rekurswerber die für jedes Rechtsmittel erforderliche Beschwer fehle, weil das Erstgericht seinem Antrag vollinhaltlich stattgegeben habe.

Weiters behängt beim Bezirksgericht Bregenz zu 5 C 709/97z ein Kündigungsstreit zwischen den Streitteilen. Mit Urteil des Bezirksgerichts Bregenz vom 9. 7. 1998 wurde die zu 5 C 709/97z des Bezirksgerichts Bregenz ausgesprochene Aufkündigung vom 18. 4. 1997 als wirksam erkannt und dem Beklagten aufgetragen, binnen 14 Tagen ab Rechtskraft des Urteils die oben erwähnte Wohnung zu räumen und der klagenden Partei geräumt zu übergeben.

Das Landesgericht Feldkirch hat nunmehr über die vom Beklagten gegen dieses Urteil erhobene Berufung zu entscheiden. Nach der Geschäftsverteilung ist zur Entscheidung der Senat 2 in der Besetzung Richter des LG Feldkirch Dr. M***** als Vorsitzender sowie Richter des LG Feldkirch Dr. K***** und Dr. B***** als weitere Senatsmitglieder berufen.

Mit Antrag vom 29. 10. 1998 lehnte der Beklagte die Richter des Landesgerichts Feldkirch Dr. M*****, Dr. Mü***** und Dr. K***** mit der Begründung als befangen ab, daß diese mit Beschluß vom 7. 3. 1997, 2 R 78/97d, seinen Rekurs zurückgewiesen und sohin eine Rekursentscheidung getroffen hätten, die mit einer Nichtigkeit behaftet sei, und aus der er Amtshaftungsansprüche ableite. Gleichzeitig wurde angesichts der "Amtshaftungsbefangenheit des Landesgerichts Feldkirch" die Delegation der Entscheidung über diese Berufung nach den §§ 30 ff JN beantragt. Über telefonische Anfrage durch den nunmehrigen Präsidenten des Landesgerichts Feldkirch erklärte der Beklagtenvertreter, daß mit seinem Ablehnungsantrag sämtliche Richter/innen des Landesgerichts Feldkirch abgelehnt worden seien.

In ihren Äußerungen gemäß § 22 Abs 2 JN führten die Richter des Landesgerichts Feldkirch Dr. M*****, Dr. K***** und Dr. Mü***** aus, sich nicht für befangen zu erachten.

Das Oberlandesgericht Innsbruck wies die Ablehnung als nicht gerechtfertigt zurück und führte hiezu folgendes aus:

Gemäß § 19 Abs 2 JN könnten Richter in bürgerlichen Rechtssachen abgelehnt werden, wenn ein zureichender Grund vorliege, ihre Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen; dabei genüge schon die Besorgnis, daß bei einer Entscheidung dieses Richters andere als rein sachliche Motive eine Rolle spielen könnten (Mayr in Rechberger § 19 JN Rz 4). Das Wesen der Befangenheit bestehe in der Hemmung einer unparteiischen Entschließung durch unsachliche psychologische Motive. Es genüge, daß eine solche Befangenheit mit Grund befürchtet werden müsse, wenn mit Rücksicht auf die gegebenen Verhältnisse die Besorgnis nicht von der Hand zu weisen sei, daß bei der Entscheidung andere als rein sachliche Erwägungen eine Rolle spielen könnten. In erster Linie kämen als Befangenheitsgründe private persönliche Beziehungen zu einer der Prozeßparteien oder ihren Vertretern in Betracht, die ein Naheverhältnis begründeten, das bei objektiver Betrachtung zumindest geeignet sei, den Anschein einer Voreingenommenheit zu begründen (Fasching, LB2 Rz 164; 4 Ob 2373/96s; 3 Ob 175/97z). Nach einhelliger Auffassung liege aber darin, daß der abgelehnte Richter eine bestimmte Rechtsmeinung vertreten habe, kein Grund, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Eine Befangenheit eines Richters, die seine Ablehnung gemäß § 19 Z 2 JN gerechtfertigt erscheinen lassen würde, liege immer nur dann vor, wenn der Richter unsachlich gehandelt habe bzw mit Grund eine unsachliche Handlungsweise zu befürchten sei, wobei unter unsachlich zu verstehen sei, daß die Entscheidung aus einer anderen als einer objektiven Einstellung zur Sache selbst erflossen sei. Auch der Umstand, daß aus einer Amtshandlung des abgelehnten Richters ein Amtshaftungsanspruch abgeleitet werde, stelle keinen tauglichen Befangenheitsgrund dar (vgl MGA JN/ZPO14 § 19 JN E 13). Allein die Tatsache, daß die Richter des Landesgerichts Feldkirch Dr. M*****, Dr. K***** und Dr. Mü***** den Rekurs des nunmehrigen Beklagten im Verfahren 14 Nc 312/95g des Bezirksgerichts Bregenz zurückgewiesen hätten, vermöge weder deren Befangenheit im konkreten Verfahren noch die Befangenheit aller übrigen Richter/innen des Landesgerichts Feldkirch zu begründen. Zur Ablehnung sämtlicher Richter dieses Landesgerichts sei der Vollständigkeit halber ausgeführt, daß nach ständiger Rechtsprechung von einer Partei nicht der gesamte Gerichtshof pauschal abgelehnt werden könne, sondern daß es hiezu der (grundsätzlich detaillierten) Angabe von Ablehnungsgründen hinsichtlich jeder einzelnen Person bedürfe (6 Ob 2014/96m; 10 ObS 275/97g; 3 Ob 404/97a); beinhalte jedoch ein Ablehnungsantrag keine indifferente Pauschalablehnung eines Gerichtshofes als Institution, sondern sei dem Antrag zu entnehmen, daß bei jedem einzelnen Richter desselben im wesentlichen dieselben Ablehnungsgründe vorlägen, sei die namentliche Anführung aller betroffenen Richter entbehrlich. Letzteres treffe im konkreten Fall nicht zu. Vielmehr zeige der Ablehnungswerber in keiner Weise konkrete Umstände auf, aus denen sich der Anschein einer mangelnden Objektivität sämtlicher Richter des Landesgerichts Feldkirch ergeben würde.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs des Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß im Sinne des Ablehnungsantrages entschieden werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist gemäß § 24 Abs 2 JN zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, ein Richter, gegen den wegen einer Entscheidung im selben Sachkomplex Amtshaftungsansprüche geltend gemacht werden würden, wenn sich die Angelegenheit nicht durch Vergleich zwischen den Streitteilen oder durch ein Einschreiten der bereits befaßten Aufsichtsbehörde lösen lasse, sei objektiv befangen, was eine Verletzung des Art 6 EMRK nach sich ziehe. Die Befangenheit des ganzen Gerichts im Falle einer Entscheidung von Richtern dieses Gerichts ergebe sich aus 1 Nd 11/96.

Demgegenüber hält der erkennende Senat die Begründung des angefochtenen Beschlusses für zutreffend, weshalb es ausreicht, auf deren Richtigkeit hinzuweisen (§ 510 Abs 3 zweiter Satz, § 528a ZPO).

Hinzuzufügen ist kurz noch folgendes:

Weder die (angebliche) Unrichtigkeit einer Gerichtsentscheidung noch die Vertretung einer bestimmten Rechtsmeinung durch den Richter bildet einen Ablehnungsgrund; dies selbst dann, wenn die Rechtsansicht von der herrschenden Rechtsprechung abgelehnt wird (Mayr in Rechberger § 19 JN Rz 6 mwN). Meinungsverschiedenheiten in Rechtsfragen sind also grundsätzlich nicht im Ablehnungsverfahren auszutragen. Dieses soll nicht die Möglichkeit bieten, daß sich Parteien ihnen nicht genehmer Richter entledigen können (Mayr aaO Rz 4). Daher stellt auch die Ankündigung von Amtshaftungsansprüchen für sich allein keinen tauglichen Ablehnungsgrund dar (JBl 1965, 92; RIS-Justiz RS0046019, RS0046101). Eine Grundrechtswidrigkeit ist in diesem Zusammenhang nicht zu erkennen. Schließlich betrifft die vom Rechtsmittelwerber zitierte Entscheidung 1 Nd 11/96 keine Ablehnung wegen Befangenheit, sondern eine Delegierung gemäß § 9 Abs 4 AHG.

Dem Rekurs war somit ein Erfolg zu versagen.

Eine Kostenersatzpflicht ist im Ablehnungsverfahren nicht vorgesehen (RIS-Justiz RS0035778).

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