OGH 1Ob67/97b

OGH1Ob67/97b18.3.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Elfriede D*****, und 2. Walter D*****, beide ***** vertreten durch Dr.Wolfgang Broesigke und Dr.Bertram Broesigke, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Franz P*****, vertreten durch Dr.Leopold Grohmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichts vom 6.November 1996, GZ 40 R 624/96-19, womit das Urteil des Bezirksgerichts Hietzing vom 26.Juni 1996, GZ 9 C 1187/95-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien binnen 14 Tagen die mit S 2.680,13 (darin enthalten S 446,69 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu bezahlen.

Text

Begründung

Am 26.5.1995 kündigten die Kläger dem Beklagten eine von ihm gemietete Wohnung für den 31.7.1995 vor allem mit der Begründung auf, daß er das Mietobjekt nicht zur Befriedigung seines dringenden Wohnbedürfnisses regelmäßig verwende.

Der Beklagte bestritt das Vorliegen eines Kündigungsgrunds und wendete - vorerst ohne weitere Ausführungen - mangelnde Aktivlegitimation (der Erstklägerin) ein. In der Verhandlungstagsatzung vom 9.1.1996 präzisierte er diesen Einwand dahin, daß die Klagslegitimation der Erstklägerin zum Zeitpunkt der Einbringung der Kündigung nicht gegeben gewesen sei, weil als neuer Miteigentümer (anstelle der Erstklägerin) Peter I***** „im Rang 1994 zu TZ 2523/94“ einverleibt worden sei.

Hiezu replizierten die Kläger, die Aktivlegitimation sei gegeben, weil beide Kläger zum Zeitpunkt der Aufkündigung laut Grundbuchsstand Eigentümer des Mietobjekts gewesen seien.

Das Erstgericht erklärte die Aufkündigung für rechtswirksam. Es ging davon aus, daß der Beklagte die aufgekündigte Wohnung seit Herbst 1994 nicht mehr selbst bewohne; vielmehr habe er das Mietobjekt weitergegeben. Damit liege der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 4 MRG vor. Zum Zeitpunkt der Einbringung der Aufkündigung seien die Kläger je zur Hälfte Eigentümer des Hauses gewesen, in dem sich das Mietobjekt befinde. Sie seien daher im Kündigungsverfahren aktiv legitimiert. Der Erwerb des Hälfteanteils der Klägerin durch Peter I***** sei erst nach der Aufkündigung erfolgt und habe auf die Aktivlegitimation der Kläger keinen Einfluß.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es bejahte das Vorliegen des Kündigungsgrunds gemäß § 30 Abs 2 Z 4 erster Fall MRG. Der Beklagte habe das Mietobjekt zur Gänze weitergegeben; er benütze es auch nicht sporadisch, sodaß ihm ein schutzwürdiges Interesse an der Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses nicht zugebilligt werden könne. Die Aktivlegitimation der Kläger sei zu bejahen und durch den Grundbuchsstand gedeckt. Das Eigentumsrecht für Peter I***** sei auf dem Hälfteanteil der Erstklägerin erst am 8.9.1995 einverleibt worden. Sofern dem Erwerber bereits Besitz und Verwaltung übertragen gewesen sein sollte, hätte der Beklagte behaupten und beweisen müssen, daß die Aufkündigung gegen den Willen des Erwerbers, der aber bereits die Verwaltung führe bzw dem bereits die Nutzungen aus der Liegenschaft zukämen, erfolgt sei. Derartige Behauptungen habe der Beklagte nicht aufgestellt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Beklagten ist unzulässig.

Der Beklagte bestreitet das Vorliegen des von den Vorinstanzen angenommenen Kündigungsgrunds nicht mehr. Er vertritt lediglich die Ansicht, die Kläger seien zur Aufkündigung nicht legitimiert. Die Eigentumsübertragung beruhe auf einem bereits am 23.11.1994 errichteten Vertrag; seit dieser Zeit sei Peter I***** „außerbücherlicher“ Eigentümer der Liegenschaft gewesen, in dem sich das Mietobjekt befindet. Zum 1.2.1995 seien ihm sämtliche Verwaltungsbefugnisse und auch die Nutznießung für den Hälfteanteil der Liegenschaft übertragen worden. Die Überlassung von Besitz, Verwaltung und Nutznießung an einer Liegenschaft impliziere aber auch jedenfalls die Abtretung der dem Bestandgeber aus einem Bestandverhältnis erwachsenden Rechte. Es schade daher nicht, daß das Eigentumsrecht des Erwerbers der Liegenschaftshälfte erst am 8.9.1995, also nach Einbringung der Aufkündigung, einverleibt worden sei.

Dem außerbücherlichen Erwerber einer Liegenschaft können Rechte aus bestehenden Bestandverträgen schon vor der Verbücherung eines Kaufvertrags wirksam übertragen werden. So hat die neuere Rechtsprechung dem außerbücherlichen Erwerber das Recht zur Auflösung von Bestandverträgen zugebilligt, wenn ihm vom Veräußerer der Besitz und die Verwaltung (Nutznießung) des Bestandgegenstands übertragen wurden und der Erwerber entweder in den bestehenden Bestandvertrag eingetreten ist oder diesen erneuert hat (4 Ob 2146/96; 6 Ob 2061/96; 7 Ob 2236/96; JBl 1995, 525; 6 Ob 647/95; 7 Ob 546/95; SZ 66/148; SZ 59/127; SZ 57/156; 7 Ob 740/83 uva). Der Beklagte hat jedoch im erstinstanzlichen Verfahren nie vorgebracht, dem Erwerber seien der Besitz und die Verwaltung der Liegenschaft eingeräumt worden, er hat vielmehr die Aktivlegitimation der Kläger lediglich mit der Behauptung bestritten, der neue Miteigentümer sei in einem bestimmten Rang (zu TZ 7523/94) als Eigentümer einverleibt worden, sodaß die Erstklägerin der Eigentümereigenschaft zum Zeitpunkt der Einbringung der Kündigung ermangelt habe. Lediglich aufgrund dieser Behauptung des Beklagten war die Frage des Mangels der Sachlegitimation der Kläger (also der Erstklägerin) zu überprüfen (vgl 6 Ob 647/95). Die vom Beklagten ins Treffen geführten Verfahrensergebnisse betreffend die Übertragung von Besitz und Verwaltung der Bestandsache können ein ihm obliegendes Vorbringen nicht ersetzen.

Im Zeitpunkt der (Zustellung der) Aufkündigung war die Erstklägerin infolge Einverleibung ihres Eigentumsrechts im Grundbuch zur Hälfte Eigentümerin des Hauses und Vermieterin des darin gelegenen, vom Beklagten gemieteten Bestandobjekts. Mangels entsprechender Behauptungen des Beklagten bzw darauf gegründeter Feststellungen ist davon auszugehen, daß der Erwerber der ihm von der Erstklägerin veräußerten Liegenschaftshälfte nicht schon vor der Einverleibung seines Eigentumsrechts ausdrücklich oder stillschweigend in den Bestandvertrag eingetreten ist. Der Eintritt des Erwerbers vollzieht sich grundsätzlich erst mit der Einverleibung seines Eigentumsrechts; erst dadurch wird er dann auch zur Kündigung legitimiert (SZ 67/163). Wenngleich der maßgebende Zeitpunkt für den Erwerb von Liegenschaftseigentum durch die vollzogene Eintragung das Einlangen des der Eintragung zugrundeliegenden Gesuchs ist und der später Eingetragene das Eigentum - für den Fall der Bewilligung - rückwirkend mit dem Zeitpunkt des Einlangens des Grundbuchsgesuchs erwirbt (4 Ob 2146/96; SZ 66/148; SZ 58/117; SZ 51/151 uva; Spielbüchler in Rummel, ABGB2 Rz 8 zu § 431), ändert dies nichts an der Verfügungsmacht der Erstklägerin zum Zeitpunkt der Aufkündigung. Hindert selbst die Vormerkung des Eigentumsrechts eines Käufers im Grundbuch die Verfügungsmacht desjenigen, dessen Eigentum im Grundbuch noch einverleibt ist, nicht, dann trifft das umso weniger dann zu, wenn bei Einbringung der Aufkündigung erst eine Plombe zwecks Rangwahrung gesetzt war (vgl dazu insbesondere SZ 67/163). Daher bleibt derjenige, dessen Eigentum im Zeitpunkt der Aufkündigung im Grundbuch einverleibt war, im Kündigungsprozeß auch dann aktiv legitimiert, wenn er während des Verfahrens erster Instanz das Eigentum verliert. Die Berechtigung zur Fortsetzung des Kündigungsprozesses bleibt bestehen, weil die Sachbefugnis des Erwerbers der Liegenschaftshälfte erst während des Prozesses wirksam wurde (SZ 67/163; SZ 43/157).

Zu der hier relevanten Rechtsfrage liegt Judikatur des Obersten Gerichtshofs vor, von der das Gericht zweiter Instanz nicht abgewichen ist. Demnach ist die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Die klagenden Parteien haben in ihrer Revisionsbeantwortung auf den vorliegenden Zurückweisungsgrund hingewiesen.

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