OGH 1Ob39/95

OGH1Ob39/9529.8.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Hofmann als Vorsitzenden und den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Friedrich Wilhelm K*****, vertreten durch Dr.Helmut Mühlgassner, Rechtsanwalt in Wien, und des Nebenintervenienten Dr.Wilfried Ludwig W*****, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen 3,969.058,65 Schilling samt Anhang, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 25.Juli 1994, GZ 14 R 132/94-21, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 9.Februar 1994, GZ 33 Cg 5/94-13, bestätigt wurde, nach mündlicher Revisionsverhandlung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

A. Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wird folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

„Sind alle oder zumindest die materiellrechtlichen Bestimmungen der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) - darunter die im Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof bedeutsamen Bestimmungen der Art.5, 6 und 53 EMRK - Bestandteil des Gemeinschaftsrechts (Art.164 EWGV), sodaß der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gemäß Art.177 Abs.1 EWGV über deren Auslegung im Wege der Vorabentscheidung entscheidet?“

B. Nur für den Fall der Bejahung der unter A. vorgelegten Frage - zumindest in Ansehung der Art.5 und 6 EMRK - werden dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften nachstehende weitere Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

„1. Sind die nationalen Gerichte an Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), mit denen Verletzungen der EMRK festgestellt wurden, zumindest soweit gebunden, als sie nicht die Auffassung vertreten dürfen, das von der Feststellung getroffene Verhalten staatlicher Organe sei konventionsgemäß gewesen?

2. Sind auf Art.5 Abs.5 EMRK gestützte Schadenersatzansprüche ausgeschlossen, wenn der Schaden aus einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs abgeleitet wird?

3. Ist die Inhaftierung im Sinne des Art.5 Abs.1 lit.a EMRK ex tunc konventionswidrig, wenn der EGMR festgestellt hat, das Gericht habe im Strafverfahren in Art.6 EMRK verankerte Verfahrensgarantien verletzt?

4. Ist der beklagte Rechtsträger im Amtshaftungsverfahren mit dem Einwand zu hören, die Strafe wäre nicht anders ausgemessen worden, wenn der vom EGMR festgestellte Verstoß gegen Art.6 EMRK nicht unterlaufen wäre, obwohl das österreichische Strafverfahrensrecht - bis jetzt - für solche Fälle kein Wiederaufnahme- oder sonstiges Erneuerungsverfahren vorsieht, auf dessen Weg der Verfahrensfehler behoben werden könnte?

5. Trifft die Beweislast für den Kausalzusammenhang zwischen der Verletzung des Art.6 EMRK und dem Freiheitsentzug den Kläger bzw. die Beweislast für dessen Mangel den beklagten Rechtsträger?“

Text

Begründung

I.

Das Geschworenengericht beim Kreisgericht (jetzt Landesgericht) Korneuburg erkannte den Kläger mit Urteil vom 8.Dezember 1984 des Verbrechens des Mordes nach § 75 des Strafgesetzbuches (StGB) und des Vergehens nach § 36 Abs.1 lit.b des Waffengesetzes (alte Fassung) schuldig, verurteilte ihn nach den §§ 28 und 75 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 20 Jahren und ordnete seine Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß § 21 StGB an.

Mit Urteil vom 2.Juli 1986 bestätigte der Oberste Gerichtshof dieses Urteil - nach in Abwesenheit des Klägers (dort Angeklagten), dessen Vorführung weder beantragt noch von Amts wegen veranlaßt worden war (§ 296 Abs.3 der Strafprozeßordnung - StPO), abgehaltenem Gerichtstag - im Schuldspruch, änderte den Strafausspruch indessen dahin ab, daß der Angeklagte zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt, der Unterbringungsantrag nach § 21 Abs.2 StGB dagegen abgewiesen wurde. In Übereinstimmung mit dem Erstgericht wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend, daß der Kläger mehrere strafbare Handlungen verschiedener Art begangen und gegen das vertrauensvoll in seinem Personenkraftwagen mitgefahrene Opfer heimtückisch gehandelt habe (§ 33 Z 1 und Z 6 StGB), als mildernd hingegen die Begehung der Tat unter dem Einfluß eines abnormen Geisteszustandes, den bisherigen ordentlichen Lebenswandel und sein im Vorverfahren abgelegtes reumütiges - wenngleich in der Folge widerrufenes - Geständnis (§ 34 Z 1, Z 2 und Z 17 StGB). Darüber hinaus berücksichtigte er zugunsten des Klägers - abweichend vom Geschworenengericht - den Milderungsgrund der Selbststellung (§ 34 Z 16 StGB). Im Rahmen der umfangreichen Erwägungen zur Strafbemessung führte der Oberste Gerichtshof unter anderem aus:

„Bei der Ausmessung der verwirkten Strafe hat das Erstgericht ... die besondere Schwere der personalen Täterschuld des Angeklagten in Verbindung mit dem objektiven Gewicht der verschuldeten Rechtsgutverletzung, wie sie der (vorsätzlichen) Tötung eines Menschen unter den gegebenen Umständen innewohnt, zu wenig berücksichtigt. Manifestiert sich doch in der heimtückischen, nachgeradezu einer „Liquidierung“ des ahnungslosen und dem Angeklagten vertrauenden Mordopfers gleichkommenden Tatbegehung, um die Aufdeckung eigener finanzieller Verfehlungen des Angeklagten zu verhindern, mithin aus verwerflichen Motiven, eine derart negative Einstellung des Rechtsbrechers (im Sinn einer niedrigen Gesinnung) und damit ein solcher Grad an Schuld, daß die Verhängung einer zeitlichen Freiheitsstrafe ... nach Lage des Falles nicht (mehr) gerechtfertigt ist.“

In der Folge erhob der Kläger Beschwerde bei der Europäischen Kommission für Menschenrechte, die den Fall an den EGMR herantrug. Dieser Gerichtshof stellte mit Urteil vom 21.September 1993 unter Ablehnung aller übrigen von der Kommission für zulässig erklärten Beschwerdepunkte fest, daß nach Lage des Falls die persönliche Anwesenheit des Beschwerdeführers ungeachtet seines Versäumnisses, die Vorführung zum Gerichtstag über die - zu seinen Gunsten - lediglich von seinen Angehörigen, andererseits jedoch auch von der Staatsanwaltschaft ausgeführten Berufungen zu beantragen, im Interesse der Fairneß des Verfahrens, und zwar vor allem deshalb geboten gewesen wäre, weil der Oberste Gerichtshof anders als die Geschworenen, die sich außerstande gesehen hätten, ein Motiv zu finden, festgestellt habe, der Angeklagte habe den Mord deshalb ausgeführt, um die Aufdeckung eigener finanzieller Verfehlungen zu verhindern. In der Unterlassung des Obersten Gerichtshofes, den Kläger zum Gerichtstag vorführen zu lassen, durch die dieser außerstande gesetzt worden sei, sich in diesem Zusammenhang „persönlich zu verteidigen“, erblickte der EGMR eine Verletzung des Art.6 Abs.1 in Verbindung mit Abs.3 lit.c EMRK. Ferner billigte der Gerichtshof dem Kläger den Kostenersatz im Betrag von S 230.000,-- zu. Dazu führte er aus, gemäß Art.50 EMRK habe er der verletzten Partei eine gerechte Entschädigung zuzuerkennen, sofern die Gesetze des verurteilten Staats keine vollständige Wiedergutmachung gestatten. Der Kläger habe lediglich die Vertretungskosten, allerdings für zwei Rechtsanwälte, verlangt, sodaß der geforderte Betrag nahezu eine Million Schilling erreiche. Der Gerichtshof bezweifle die Notwendigkeit der Beiziehung zweier Anwälte; da außerdem nur eine von einer großen Zahl von Beschwerden berechtigt gewesen sei, seien dem Kläger lediglich Kosten von 200.000,- - Schilling zuzüglich 30.000,- - Schilling Barauslagen zuzubilligen.

Der Kläger begehrte die Verurteilung des beklagten Rechtsträgers zum Ersatz seines mit S 3,969.058,65 samt Anhang bezifferten Schadens und brachte hiezu vor, durch seinen Ausschluß vom Gerichtstag am 2.Juli 1986 seien die ihm von der EMRK zugesicherten Rechte auf ein faires Verfahren nach deren Art.6 Abs.1 und auf Selbstverteidigung nach deren Art.6 Abs.3 lit.c verletzt worden. Überdies sei damit auch gegen die einfachgesetzliche Vorschrift des § 296 Abs.3 StPO verstoßen worden, nach der der verhaftete Angeklagte vorzuführen sei, wenn diese Maßnahme im Interesse der Rechtspflege geboten erscheine. Der Oberste Gerichtshof habe auch bei der Festsetzung der Strafe durch die Annahme eines bestimmten Tatmotivs den Anspruch des Klägers auf ein faires Verfahren nach Art.6 Abs.1 EMRK verletzt. Art.5 Abs.5 EMRK gewähre demjenigen eine Entschädigung, der entgegen den Bestimmungen des Art.5 Abs.1 bis 4 EMRK inhaftiert worden sei. Diese Bestimmung sei unmittelbar anzuwendendes österreichisches Recht. Die Rechtsprechung gewähre auf der Grundlage dieser Konventionsbestimmung Schadenersatz wegen Verletzung der persönlichen Freiheit selbst ohne Verschulden und für immaterielle Schäden. Da bei konventionswidrigem Freiheitsentzug immaterieller Schaden stets erwachse, müsse ein solcher weder nachgewiesen noch substantiiert werden. Die Prüfung der Frage, ob der Oberste Gerichtshof Konventionsrechte des Klägers verletzt habe, sei der selbständigen Beurteilung durch die innerstaatlichen Gerichte entzogen, weil sie bereits vom EGMR abschließend, endgültig und bindend beantwortet worden sei. Da dieses Urteil gemäß Art.53 EMRK endgültig und innerstaatlich verbindlich sei, könne die vom Obersten Gerichtshof mit dem in zweifacher Hinsicht konventionswidrigen Urteil verhängte lebenslange Freiheitsstrafe nicht als im Sinne des Art.5 Abs.1 lit.a EMRK rechtmäßige Haft angesehen werden. Der Kläger begehre deshalb eine Haftentschädigung für die Zeit vom 3.Juli 1986 bis 30.September 1993, also für 3375 Tage in der Höhe von täglich 700 Schilling, somit von 2,362.500 Schilling zuzüglich 20 % Umsatzsteuer (472.500 Schilling), und daher insgesamt von 2,835.000 Schilling. Überdies verlange er den Ersatz seiner Kosten für die Vertretung vor den Konventionsbehörden, die er im einzelnen anführte. Nach dem Rechtsanwaltstarifgesetz in Verbindung mit den Autonomen Honorar-Richtlinien lasse sich der Kostenbetrag einschließlich der Umsatzsteuer (193.374,45 Schilling) und der Barauslagen (38.939 Schilling) mit 1,199.185,70 Schilling errechnen. Davon seien allerdings die ihm zum Ersatz auferlegten Kosten der beklagten Partei im Streitverfahren 53 a Cg 1052/86 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien in der Höhe von 65.127,05 Schilling abzuziehen. Die ihm von EGMR zuerkannten Kosten von 230.000 Schilling ziehe er nicht ab, weil sie ihm noch nicht erstattet worden seien.

Die beklagte Partei wendete insbesondere ein, der Kläger habe schon im Verfahren 53 a Cg 1052/85 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien für seine Inhaftierung bis einschließlich 31.Dezember 1987 eine Haftentschädigung von täglich 1.000 Schilling geltend gemacht. Für den Zeitraum vom 3.Juli 1986 bis 31.Juli 1987 könne der Kläger deshalb aus diesem Titel ohne zusätzliche Begründung keinen weiteren Betrag von 700 Schilling je Tag geltend machen. Das Urteil des EGMR vom 21.September 1993 enthalte keine Hinweise auf eine Konventionswidrigkeit des Freiheitsentzugs. Der Gerichtshof habe vielmehr keinen Anlaß gesehen, sich mit dieser Frage weiter auseinanderzusetzen. Anlaß für die Verurteilung Österreichs sei allein die Verletzung des in Art.6 EMRK verankerten Grundsatzes des fairen Verfahrens gewesen. Der Kläger versuche nun, durch die bloß auszugsweise Anführung einzelner Stellen in der Begründung der Entscheidung auch eine Verletzung der Bestimmung des Art.5 EMRK zu konstruieren. Es stehe also keineswegs „unverrückbar und endgültig“ fest, daß der Freiheitsentzug konventionswidrig sei. Die Ausführungen des Klägers zur Unzulässigkeit einer Überprüfung der Frage, ob der Oberste Gerichtshof die Konventionsrechte des Klägers verletzt habe, seien verfehlt. Im vorliegenden Fall gehe es nicht um den festgestellten Verstoß gegen die EMRK, sondern um deren Auswirkungen, also die innerstaatliche Umsetzung des Erkenntnisses. Gemäß Art.53 EMRK seien die Vertragsstaaten zwar verpflichtet, sich nach den Entscheidungen des EGMR zu richten, bei Zuerkennung einer gerechten Entschädigung gemäß Art.50 EMRK folge daraus aber nur die Verpflichtung, diesen Betrag an den Beschwerdeführer auszuzahlen. Bei Feststellung der Konventionswidrigkeit eines bestimmten staatlichen Handelns dürfe der Staat Art.53 EMRK zufolge nicht mehr die Auffassung vertreten, sein Handeln sei konventionsgemäß gewesen. Das Urteil des EGMR könne dagegen einen innerstaatlichen Hoheitsakt nicht beseitigen, die EMRK gehe vielmehr selbst davon aus, daß die Gesetze der Vertragsstaaten in den meisten Fällen nur eine unvollkommene Wiedergutmachung der Folgen einer Entscheidung oder Maßnahme erlaubten. Der Kläger sei vor dem EGMR mit seinem Begehren nur zu einem geringen Teil durchgedrungen, seine Verfahrensschritte seien zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlich gewesen; dem Kläger seien ohnedies bereits Vertretungskosten von 230.000 Schilling zuerkannt worden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es vertrat die Ansicht, die vom Kläger nach Art.5 Abs.5 EMRK begehrte Entschädigung sei im Amtshaftungsverfahren geltend zu machen. Der Kläger stütze sich dabei ausschließlich darauf, daß er beim Gerichtstag vor dem Obersten Gerichtshof nicht anwesend gewesen sei, sodaß er in seinen Rechten nach Art.6 Abs.1 und Abs.3 lit.c EMRK verletzt worden sei. Gemäß § 2 Abs.3 des Amtshaftungsgesetzes (AHG) könne aber aus einem Erkenntnis des Obersten Gerichtshofs kein Ersatzanspruch abgeleitet werden. Verschiedene (in der erstinstanzlichen Entscheidung im einzelnen aufgezählte) Verfahrensschritte des Klägers hätten auch der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht gedient; ein Zuschlag nach § 21 des Rechtsanwaltstarifgesetzes sei nicht gerechtfertigt. Der Höhe nach seien daher lediglich Kosten im Betrag von 379.045,80 Schilling (einschließlich der Umsatzsteuer) gerechtfertigt. Da der Kläger im Verfahren vor den Konventionsbehörden zahlreiche Konventionsverletzungen behauptet habe, aber nur eine davon festgestellt worden sei, seien auch die Grundsätze des § 43 Abs.1 der Zivilprozeßordnung (ZPO) heranzuziehen, weshalb der dem Kläger gebührende Kostenersatzanspruch durch den im Urteil des EGMR erfolgten Zuspruch von 200.000 Schilling zuzüglich 30.000 Schilling an Barauslagen zur Gänze abgegolten sei.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es führte aus, auch die Einforderung der Kosten im Verfahren vor den Straßburger Organen sei nicht als Ersatz vorprozessualer Kosten, sondern als selbständige Schadenersatzforderung zu beurteilen. Nun leite der Kläger seine auf Art.5 Abs.5 EMRK gestützten Ansprüche nur aus dem Berufungsverfahren vor dem Obersten Gerichtshof ab. Da solche Ansprüche die bisher im Amtshaftungsverfahren zu verfolgenden Ansprüche erweiterten, sei auch die Vorschrift des § 2 Abs.3 AHG anzuwenden, sodaß bei Feststellung der Konventionswidrigkeit des Verfahrens vor dem Obersten Gerichtshof ein daraus abgeleiteter Anspruch nicht durchgesetzt werden könne. Da der Oberste Gerichtshof die Verfassungskonformität dieser Vorschrift nach eingehender Untersuchung in seiner Entscheidung 1 Ob 10/93 bejaht habe, bestehe für das Berufungsgericht kein Anlaß, davon abweichende Überlegungen anzustellen. Dem Verfahren zu 53 a Cg 1052/86 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien gegenüber, in dem die erwähnte Entscheidung des Obersten Gerichtshofs ergangen sei, sei insoweit eine Änderung des Sachverhalts eingetreten, als nunmehr eine Verurteilung der Republik Österreich durch den EGMR vorliege. Dieser Verurteilung liege der im Verfahren zu 53 a Cg 1052/86 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien behauptete Sachverhalt zwar gleichfalls zugrunde, doch könnten die in den Art.50 und 53 EMRK normierten Rechtsfolgen einer Verurteilung durch den EGMR als neue Tatsachen angesehen werden. Eine rechtskräftige Abweisung des hier gestellten Klagebegehrens in dem erwähnten Vorverfahren liege nicht vor. Aus allfälligen Fehlern im Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof könne ein Anspruch auf Haftentschädigung und Ersatz der Verfahrenskosten jedenfalls nicht abgeleitet werden.

Gestützt auf das Urteil des EGMR hatte der Kläger schon am 4.November 1993 beim Landesgericht Korneuburg die Einleitung des „Verfahrens gemäß § 410 StPO“ beantragt, weil das ihm durch die Konventionsverletzung „zugefügte Unrecht“ das Strafübel schwerer empfinden lasse und daher kompensatorisch im Sinne einer nachträglichen Strafmilderung zu berücksichtigen sei. In der Folge berief sich der Kläger ausdrücklich auf eine infolge der festgestellten Konventionsverletzung besondere Strafempfindlichkeit. Außerdem seien sein während des Freiheitsentzugs gezeugter Sohn und seine Ehegattin durch seine Haft besonderen seelischen Belastungen ausgesetzt. Der Kläger habe zudem die vom Sohn des Verstorbenen auf § 1327 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs (ABGB) gestützten Schadenersatzansprüche im Vergleichsweg und auch eine Regreßforderung der beklagten Partei nach dem Verbrechensopfergesetz erfüllt. Schließlich bestünden auch mit Rücksicht auf erst nachträglich hervorgekommene Umstände Zweifel an dem vom Obersten Gerichtshof angenommenen verwerflichen Tatmotiv. Das wegen der behaupteten finanziellen Verfehlungen zum Nachteil des Verstorbenen eingeleitete Strafverfahren sei durch Einstellung beendet worden. Überdies gebe es zahlreiche Hinweise darauf, daß dieser schon - vor der Zeit, als der Kläger bei ihm gearbeitet habe, - Klientengelder nicht korrekt abrechnete. Die im Tatzeitpunkt vorhandenen Schulden habe der Kläger mittlerweile entweder bezahlt oder er habe mit den Gläubigern Vereinbarungen über die vergleichsweise Bereinigung deren Forderungen getroffen und diese erfüllt, sodaß derzeit - anders als noch 1982 - keine Exekutionen mehr gegen ihn anhängig seien.

Das Landesgericht Korneuburg stellte daraufhin den Antrag auf Strafmilderung, weil durch die Schadenersatzleistungen, die vom EGMR festgestellte Konventionsverletzung und die darauf zurückzuführende psychische Beeinträchtigung sowie das mit dem Strafvollzug verbundene seelische Leid der schuldlosen Familie nachträgliche Milderungsgründe hervorgekommen seien, die - wären sie schon im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung bekannt gewesen - zu einer milderen Beurteilung geführt haben könnten, zumal die Verfahren wegen der finanziellen Vergehungen zwischenzeitig eingestellt worden seien und demnach die Unschuldsvermutung gelte.

Das Oberlandesgericht Wien befürwortete den Antrag im Hinblick auf das Gutachten des gerichtsärztlichen Sachverständigen, der die Anwendung des § 410 StPO empfohlen hatte, weil zwischen der vom Kläger als Unrecht empfundenen Verurteilung zu lebenslanger Freiheitsstrafe und der Verschlimmerung der durch die Persönlichkeitsstörung bedingten Depression aus psychiatrischer Sicht ein ursächlicher Zusammenhang gegeben sei.

Der Oberste Gerichtshof ordnete über diesen Antrag eine nichtöffentliche Anhörung des Klägers in Anwesenheit dessen Verteidigers und des Vertreters der Generalprokuratur an, um ihm die Möglichkeit zu eröffnen, sich vor dem nunmehr zur Entscheidung berufenen Senat zur Frage der Strafmilderung zu äußern und sich im Sinne des Urteils des EGMR vor allem auch zu dem in der Berufungsentscheidung angenommenen Tatmotiv „selbst persönlich zu verteidigen“: Dabei hielt der Kläger im wesentlichen sein bisheriges Vorbringen aufrecht und brachte noch vor, weder die Geschworenen noch die beiden dem Verfahren beigezogenen gerichtsärztlichen Sachverständigen hätten ein Motiv für die Straftat feststellen können. Er habe erst nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs erfahren, daß ihn der damalige Vertreter der Generalprokuratur als „Betrüger“ (an anderer Stelle als „Erpresser“) bezeichnet und ihm eine niedrige und verwerfliche Gesinnung vorgeworfen habe. Aus Tagebucheintragungen des Getöteten am 11.Mai und am 12.Juni 1982 ergebe sich indessen, daß dieser keine finanziellen Vergehungen des Klägers habe feststellen können. Überdies seien die angeblich gefälschten Schecks aus dem Akt verschwunden, sodaß es „am wesentlichsten objektiven Substrat für den Betrugsvorwurf“ mangle. Die Vorführung zum Gerichtstag über die Berufung habe er damals deshalb nicht beantragt, weil er zur Straffrage Stellung genommen hätte, wäre er, wie von ihm beantragt, zum Gerichtstag über die Nichtigkeitsbeschwerde vorgeführt worden.

Auch die Generalprokuratur beantragte, dem Antrag auf nachträgliche Strafmilderung Folge zu geben.

Der Oberste Gerichtshof wies den Antrag mit Beschluß vom 3.April 1995 ab. Er führte aus, das Recht auf Strafmilderung gemäß § 410 StPO sei (nur) dann zu bejahen, wenn nachträglich solche Milderungsgründe vorkommen oder bekannt werden, die offenbar, also ohne weitere Beweisaufnahme offensichtlich eine mildere Strafbemessung herbeigeführt hätten; gleiches gelte bei Wegfall zu Unrecht angenommener Erschwerungsgründe. Von den Antragsgründen messe der Verurteilte dem Erkenntnis des EGMR entscheidende Bedeutung zu. Schon aus der festgestellten Konventionsverletzung leite er einen nach § 410 StPO durchsetzbaren Anspruch auf Herabsetzung der Strafe ab. Eine bei der Sanktionsfindung unterlaufene Konventionsverletzung könne für die Strafbemessung aber (nur) dann bedeutsam sein, wenn die Beurteilung der Strafzumessungsschuld durch sie „offenbar“ beeinflußt, insbesondere ein ins Gewicht fallender (zusätzlicher) Milderungsgrund nicht angenommen oder ein gleichermaßen maßgebender Erschwerungsgrund herangezogen wurde, der dem Verurteilten, wäre die Konventionsverletzung nicht unterlaufen, nicht hätte angelastet werden können. Der Oberste Gerichtshof habe die Erhöhung der Freiheitsstrafe von 20 Jahren auf lebenslange Dauer vor allem darauf gegründet, daß sich in der vorsätzlichen Tötung des Opfers eine heimtückische, nachgerade einer „Liquidierung“ des ahnungslosen und dem Täter vertrauenden Mordopfers gleichkommende Tatbegehung manifestiere. Das Rechtsmittelgericht habe seiner Entscheidung - anders als das Geschworenengericht - neben diesem tragenden Begründungselement auch ein die Strafzumessungsschuld beeinflussendes Tatmotiv zugrundegelegt, indem es davon ausgegangen sei, der Angeklagte habe die Mordtat begangen, um „die Aufdeckung eigener finanzieller Verfehlungen zu verhindern“. Der Oberste Gerichtshof sei von einer insgesamt derart negativen Einstellung des Verurteilten (im Sinne einer niedrigen Gesinnung) und damit einem solchen Grad der Schuld ausgegangen, daß die Verhängung einer zeitlichen Freiheitsstrafe „nach Lage des Falles nicht (mehr) gerechtfertigt ist“. Daß der Gerichtshof zur Feststellung des Motivs berechtigt gewesen sei, entspreche nicht nur ständiger Rechtsprechung, sondern sei auch vom EGMR gebilligt worden (Punkt 77 dessen Urteils). Zu prüfen sei daher die Frage, ob die Annahme dieses zusätzlichen Erschwerungsgrundes bei Ausübung der persönlichen Verteidigungsrechte des Angeklagten beim Gerichtstag unterblieben wäre. In diesem Zusammenhang sei zunächst auf folgende, im Vorverfahren gemachte Angaben des damals noch geständigen Verurteilten zu verweisen:

„Meine Schulden resultierten aus allen möglichen Anlässen: Zinsenforderungen, die eingetrieben wurden, Gerichtsgebühren, Kosten von Anwälten, rückständige Steuern, für Bestellungen, die ich getätigt habe, in der Hoffnung, am Fälligkeitstag genug Geld zu haben ...; um die Zinsen, Wertsicherungsbeträge und sofort an die Gläubiger zahlen zu können, mußte ich immer neue Kredite aufnehmen, die der Verstorbene bereitwillig zur Verfügung stellte, später ... mußte ich Bankkredite aufnehmen ... Die Eröffnung des Konkurses im Frühjahr 1978 hätte nach meiner heutigen Einsicht (damals) die Gläubiger befriedigt ... Für das letzte, vom Verstorbenen vermittelte Darlehen ... mußte ich meine Eigentumswohnung verpfänden. Auch meine Frau mußte die Haftung übernehmen ... Im November 1979 hat der Verstorbene zur Hereinbringung dieses Darlehens gegen mich und meine Frau Exekution geführt und dabei unter anderem ihren Gehalt gepfändet ... Da es sonst keinen Ausweg zu geben schien, nutzte ich die Kreditzusage der ... aus, und fälschte damals leider die Unterschriften meiner Angehörigen, um Geld zur Befriedigung des Verstorbenen zu erlangen ... Dort (gemeint: zu Hause) konnte ich dann in aller Ruhe die Unterschriften nachahmen ... Wie das am besten zu machen war, hatte ich im kriminologischen Seminar ... leider zu gut gelernt ... Im Frühjahr 1982 konnte ich, weil sich meine wirtschaftliche Lage rapide verschlechterte, keine Monatsraten mehr bezahlen ... Der Kredit wurde fälliggestellt, ich war schon damals verzweifelt, weil es dann wieder zur Exekution gegen meine Frau käme und ihr dann die Wahrheit nicht mehr verheimlicht werden konnte; im August 1982 brachte die ... (Bank) ... die Klage ein ... Ich weiß heute nicht mehr, wie es mir gelang, die mit der Post zugestellten Klagen „zu unterschlagen“ ... So habe ich Scheineinwendungen gemacht; der Sachverständige hat jetzt gesagt, das ist teuflisch geschickt gefälscht; wozu hat man das alles gelernt? Es ist ja nicht so schwer, eine Unterschrift nachzumachen.

Gegen Sommer 1982 waren alle baren Mittel aufgezehrt; mein Vermögen ... hatte sich in Nichts aufgelöst und es war nichts mehr vorhanden, um die Zinsenforderungen der Hypothekargläubiger, die Kreditraten und sonstigen Forderungen bezahlen zu können; ... allein um alle Raten eines Monats bezahlen zu können, hätte ich sicherlich an die 30.000 Schilling, wenn nicht noch mehr, aufbringen müssen. Da merkte ich, wie die mühsam aufgebauten Dämme zu brechen drohten ... Ich fürchtete das Hereinbrechen einer neuen Welle von Exekutionen ... Die genaue Zahl der Exekutionen gegen mich kann ich nicht mehr abschätzen, ich nehme aber an, daß es mehr als hundert Exekutionen sind ... Ich weiß auch heute noch nicht, wie Exekutionen über rund 900.000 Schilling an Kapital (wie hoch die Zinsenforderungen und dergleichen sind, kann ich ohne Unterlagen nicht beurteilen) aufgehalten hätten werden können ... Mich erwartete damals (gemeint: seit 1982) eine ausweglose Situation ... Wegen der verloren gegangenen Prozesse stand der unausweichliche Verlust der Meidlinger Wohnung und die bittere Notwendigkeit, dies der Ehefrau zu gestehen, bevor ... Die Wohnung habe ich gekauft ... Da hat die Bausparkasse ein Darlehen gegeben; dann ist dieses Darlehen fälliggestellt worden und ich hätte an die 700.000 Schilling bezahlen müssen ... Da habe ich den Prozeß hinausgeschleppt und durch einen juristischen Trick die Wohnung an meine Mutter verkauft ... Jetzt haben sie meine Mutter noch einmal klagen müssen. Dann habe ich einen juristischen Trick durch den Rechtsanwalt einwenden lassen und die sind auf den Trick reingefallen ... Daß ist wahrscheinlich schon ein ... wenn man solche Sachen macht ... Um einen Exekutionsvollzug zu vereiteln, habe ich die Eingangstüren der Wohnung mit nahezu unüberwindlichen Hindernissen ausgestattet ... Bei meiner Frau habe ich eine Panzertüre einbauen lassen, in ... fünf bis sechs Spezialschlösser ... Ich hatte immer entsetzliche Angst vor dem Vollstrecker ... Meine ehemaligen Untergebenen hätten dann gegen mich Exekution bewilligt und versucht, sie auch zu vollziehen ... Im Frühjahr 1982 hat man einmal im Gerichtsgebäude sogar eine Taschenpfändung an mir vollzogen ... Ich hatte (damals) ein rational nicht begründbares Festhalten an Sachwerten, die für mich Symbole eines (Schein-)Erfolges waren, die ich nicht aufgeben wollte.

Der Beschuldigte gesteht ein, am Freitag, dem 10.Dezember 1982 bei einer innerstädtischen Filiale der ... einen Scheck der Kanzlei des Verstorbenen über 60.000 Schilling eingelöst zu haben, wozu er nicht berechtigt war ...

Wenn mir nunmehr die Beilage (Originalscheck vom 10.Dezember 1982, 60.000 Schilling gezogen auf das Konto ...) vorgehalten wird, so gebe ich an, daß sowohl die Unterschrift des Ausstellers, als auch die Unterschrift ... auf der Rückseite des Schecks von meiner Hand stammen. Die 60.000 Schilling, die ich am 10.Dezember 1982 widerrechtlich vom Konto des Ermordeten abgehoben habe, hatte ich am Mittwoch, dem 15.Dezember 1982 ... noch bei mir ... In der Selbstanzeige habe ich leider hineingeschrieben, daß ich von diesem Scheck über 60.000 Schilling nichts weiß. Den Scheck habe ich aber abgehoben; ich habe das Geld vom Kanzleikonto abgehoben, aber es wäre ja nichts passiert ... Ich habe Schecks allein gefälscht. Das war so wie wenn - das ein Betrieb gewesen wäre. Ich habe halt Geld abgehoben, für Schulden, die ich gehabt habe, die habe ich damit bezahlt. Dann sind (noch) Betrügereien und Steuerhinterziehungen, die wir zusammen gemacht haben. Er hat ja nicht gewußt, daß ich an die 200.000 Schilling - also bitte der richtige Ausdruck ist betrogen - das habe ich aus seinem Geschäft herausgenommen, aus seiner Kanzlei ... Am 10.Dezember habe ich es abgehoben; ich wollte das Geld - vor Weihnachten war ich bei einem Rechtsanwalt verabredet und wollte dort etwas bezahlen - und dann wollte ich noch andere Verbindlichkeiten bezahlen ... Ich kann ja die Unterschrift nachmachen ... Sicher habe ich damit Schulden bezahlen wollen.“

Diese Angaben ließen - wie der Oberste Gerichtshof im zitierten Beschluß fortfuhr - entgegen der Verantwortung des Verurteilten, sich seines Tatmotivs nicht bewußt zu sein, eine der rücksichtslosen Durchsetzung eigener finanzieller Interessen dienende Tatbegehung offenkundig erscheinen. Sie würden von den Argumenten, das Strafverfahren wegen der finanziellen Malversationen sei (nach rechtskräftiger Verurteilung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe) eingestellt worden, die Originalschecks seien verschwunden, mittlerweile seien (nach einem während der Haft eröffneten Konkurs) die Verbindlichkeiten reguliert worden und Exekutionen seien nicht mehr anhängig, der Getötete habe selbst unkorrekt abgerechnet und seine Lebensgefährtin sei verschuldet gewesen, inhaltlich nicht „offenbar“ im Sinne des § 410 StPO berührt. Daß auch die Unschuldsvermutung dazu nicht ins Treffen geführt werden könne, weil Motivation und Schuld grundsätzlich verschiedene Begriffe seien und die Motivfeststellung daher mit einem Schuldspruch wegen eines Vermögensdelikts nicht gleichgesetzt werden könne, habe im übrigen bereits der EGMR (in Punkt 77) in eine die weitere Verdeutlichung erübrigenden Weise klargestellt. Daraus folge, daß die Grundlagen, auf welchen die Annahme des Tatmotivs fuße, auch bei Anwesenheit des Verurteilten beim Gerichtstag nicht in Frage gestellt worden wären. Damit stehe fest, daß die vom EGMR festgestellte Konventionsverletzung im konkreten Fall - wie auch aus der nunmehr unter den von der Konvention gewährten Garantien nachgeholten persönlichen Anhörung des Verurteilten erhelle - „keine Korrekturbedürftigkeit des der Berufungsentscheidung des Obersten Gerichtshofes zugrundeliegenden Sanktionsfindungsvorganges, geschweige denn dessen Ergebnisse ausgelöst“ habe. Folglich sei daraus auch keine außergewöhnliche „besondere Strafempfindlichkeit“ ableitbar. Die vom EGMR festgestellte fehlerhafte Ermessensübung bei Anwendung einer Verfahrensvorschrift rechtfertige nach Lage des Falles jedenfalls nicht die Annahme einer „besonderen Strafempfindlichkeit“, die klar ersichtlich geeignet gewesen wäre, eine mildere Bemessung der Sanktion für den abgeurteilten Mord herbeizuführen, zu dem sich der Verurteilte auch bei seiner Anhörung (durch Verweigerung der Antwort auf eine entsprechende Frage) nicht bekannt und den er ursprünglich noch selbst als „kaltblütig, bedacht, grausam und tückisch“ qualifiziert habe. Im übrigen habe sich der Verurteilte bei der Hauptverhandlung vor dem Geschworenengericht leugnend verantwortet und Selbstmord des Getöteten behauptet. Demgemäß habe er auch nur das Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde ausgeführt und - entgegen der eindeutigen Gesetzeslage (§ 286 Abs.2 StPO) - seine Vorführung lediglich zum Gerichtstag über dieses Rechtsmittel beantragt. Seine durch den Übergang von der umfänglich umfassend geständigen Verantwortung zu dem (gesicherten objektiven Erhebungsergebnissen widersprechenden) Entlastungsversuch durch die behauptete Selbstmordversion bestimmte Verteidigungslinie habe bereits bei der Anberaumung des Gerichtstags - wie die nunmehrige mündliche Anhörung bestätigte - eine Aufklärung über das Tatmotiv durch den Angeklagten nicht erwarten lassen. Damit seien im Zeitpunkt der Beurteilung der mit dem Gerichtstag verbundenen Frage der Vorführung - unter Bedachtnahme auf den damaligen Stand der Rechtsanwendung - keine Umstände vorgelegen, die die Anwesenheit des Angeklagten bei der Verhandlung über die von seinen Angehörigen und der Staatsanwaltschaft ausgeführten Berufungen „im Interesse der Rechtspflege“ geboten hätten (§ 296 Abs.3 StPO). Daß durch die Abwesenheit des Angeklagten vom Gerichtstag die vom Obersten Gerichtshof verhängte lebenslange Haft - wie der Verurteilte in zahlreichen Eingaben behaupte - zu einer rechtswidrigen geworden sei, könne der Entscheidung des EGMR gerade nicht entnommen werden, sei doch das ursprünglich auch darauf abzielende Beschwerdevorbringen im Verfahren vor dem EGMR nicht aufrechterhalten worden und habe sich dieser Gerichtshof auch nicht zu einer amtswegigen Prüfung dieser Frage veranlaßt gesehen (Punkt 78 in Verbindung mit Punkt 81 seines Urteils). Da auch den übrigen für die nachträgliche Strafmilderung ins Treffen geführten Umstände keine mildernde Bedeutung beigemessen werden könne, müsse dem Antrag ein Erfolg versagt bleiben.

Bei der vom erkennenden Senat über die außerordentliche Revision des Klägers gegen das berufungsgerichtliche Urteil anberaumten öffentlichen mündlichen Revisionsverhandlung am 26.Juni 1995 brachte der Kläger vor, durch den Beschluß des Obersten Gerichtshofs vom 3.April 1995 sei die Konventionsverletzung nicht geheilt worden; dazu wäre vielmehr eine Erneuerung des Berufungsverfahrens vor dem Obersten Gerichtshof erforderlich gewesen. Bei einer solchen Erneuerung wäre es indes nicht zu einer Stattgebung der Berufung der Staatsanwaltschaft gekommen, weil diese im Verfahren gemäß § 410 StPO dem Strafmilderungsantrag des Klägers beigetreten sei, was einer Zurückziehung deren Berufung gleichkomme, sodaß der Kläger dann aber zu keiner höheren Freiheitsstrafe als zu 20 Jahren hätte verurteilt werden können. Außerdem habe der Senat des Obersten Gerichtshofs im Verfahren gemäß § 410 StPO Tagebucheintragungen des Getöteten, aus denen sich ergebe, daß die gefürchtete Machination des Klägers nicht vorliege, nicht verwertet. Überdies stellte der Kläger dort den Antrag, zur Frage der Bindung des Obersten Gerichtshofs an das Urteil des EGMR vom 21.September 1993 als Teil des Rechts der Europäischen Union eine Vorabentscheidung gemäß Art.177 EWGV einzuholen.

II.

Rechtliche Beurteilung

Zur Frage A.:

Der erkennende Senat ist zur (letztinstanzlichen) Entscheidung über das vom Kläger gegen das berufungsgerichtliche Urteil erhobene Rechtsmittel (Revision) berufen, mit dem der Rechtsmittelwerber im wesentlichen drei die Auslegung von Konventionsbestimmungen herausfordernde Fragen aufwarf:

Zum einen sei die Frage der Bindung der nationalen Gerichtsinstanzen an Urteile des EGMR im Lichte des jüngeren Schrifttums zu überdenken, zum anderen sei die auch in diesem Verfahren zur Beurteilung anstehende Rechtsfrage, ob die Haft im Sinne des Art.5 Abs.1 lit.a EMRK ex tunc konventionswidrig sei, wenn der EGMR festgestellt habe, daß in einem Strafverfahren Art.6 EMRK verletzt worden sei, zu prüfen. Schließlich harre die Frage, ob auf Art.5 Abs.5 EMRK gestützte Schadenersatzansprüche selbst dann mit Erfolg geltend gemacht werden könnten, wenn der konventionswidrige Freiheitsentzug dem Obersten Gerichtshof zuzurechnen sei, einer Entscheidung durch die Revisionsinstanz.

Damit hängt die Pflicht des erkennenden Senats zur Anrufung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) gemäß Art.177 EWGV, zu der weiter unten noch näher Stellung zu nehmen sein wird, zu allererst von der Lösung der Frage, ob die für den Verfahrensausgang maßgebenden Bestimmungen der EMRK - deren Art.5, 6 und 53 - Bestandteil des (primären) Gemeinschaftsrechts (Art.177 Abs.1 lit.a EWGV) sind, zu dessen Wahrung der angerufene Gerichtshof bei der Auslegung und Anwendung des EWG-Vertrags berufen ist (Art.164 EWGV) und damit von der Lösung der Frage nach der Reichweite des Art.177 EWGV ab; deshalb kann auch diese Vertragsbestimmung selbst zum Gegenstand einer Interpretationsvorlage gemacht werden (EuGH in Slg 1977, 957, 972, und Slg 1982, 3415, 3428; Wohlfahrt in Grabitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, Art.177 Rz 16; Hailbronner in Hailbronner/Klein/Magiera/Müller-Graff, Handkommentar zum EU-Vertrag (1994), Art.177 Rz 15). Nur dann, wenn eine solche Frage bereits Gegenstand einer (Vorab-)Entscheidung des EuGH war oder die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, daß die Beantwortung der Frage gar nicht zweifelhaft sein kann, wäre das nationale Gericht seiner Vorlagepflicht enthoben (vgl. die Nachweise bei Wohlfahrt aaO Rz 53 und Hailbronner aaO Rz 33 und 34). Davon kann aber bei der Frage nach dem Stellenwert der EMRK für das Gemeinschaftsrecht keine Rede sein:

Anerkannte der EuGH den Schutz der Grundrechte zunächst nicht als Anliegen des Gemeinschaftsrechts (Slg 1959, 43, 64; ähnlich auch Slg 1960, 885, 920 f und noch Slg 1965, 295, 312), findet sich bereits in seiner Entscheidung Slg 1969, 419 - wenngleich nur als obiter dictum - der Hinweis, die Wahrung der Grundrechte gehöre zu den „allgemeinen Grundsätzen der Gemeinschaftsrechtsordnung“; der Gerichtshof bekräftigte diesen Satz wenig später in seiner Entscheidung Slg 1970, 1125, 1135. In der Entscheidung Slg 1974, 491, 507 präzisierte der EuGH den gemeinschaftsrechtlichen Grundrechtsschutz dahin, daß in der Gemeinschaft Maßnahmen, die mit den von den Verfassungen der Mitgliedsstaaten anerkannten und geschützten Grundrechten unvereinbar sind, nicht als rechtens akzeptiert werden könnten; auch die internationalen Verträge über den Schutz der Menschenrechte gäben Hinweise, die im Rahmen des Gemeinschaftsrechts zu beachten seien. In der Entscheidung Slg 1975, 1219, 1232 zog der Gerichtshof bereits verschiedene Bestimmungen der EMRK zur Bestätigung der aufgrund des Gemeinschaftsrechts erzielten Lösung heran. In der Entscheidung Slg 1976, 1185 ließ der EuGH die von einem nationalen Gericht vorgelegte Frage, ob Art.8 EMRK Bestandteil des Gemeinschaftsrechts sei, unbeantwortet. In den Entscheidungen Slg 1985, 2605, 2627 und 1987, 3719, 3754 lehnte es der Gerichtshof allerdings ab, nationale Gesetze und andere Regelungen, die nicht im Rahmen des Gemeinschaftsrechts ergangen sind, im Hinblick auf die EMRK zu beurteilen. Falle dagegen eine solche Regelung in den Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts, so habe er - im Vorabentscheidungsverfahren angerufen - dem Gericht alle Auslegungskriterien an die Hand zu geben, die es zur Beurteilung der Vereinbarkeit dieser Regelung mit den Grundrechten benötige, deren Wahrung der Gerichtshof zu sichern habe und die sich insbesondere aus der EMRK ergäben. In seiner in EuGRZ 1991, 274, 283 veröffentlichten Entscheidung führte der EuGH unter Bezugnahme auf Art.10 EMRK aus, bei der Sicherung des gemeinschaftsrechtlichen Grundrechtsschutzes komme der EMRK besondere Bedeutung zu, in der Gemeinschaft könnten Maßnahmen nicht als rechtens anerkannt werden, die mit den solcherart gewährleisteten Menschenrechten unvereinbar seien. In seiner in EuGRZ 1995, 231, 249 veröffentlichten Entscheidung anerkannte der Gerichtshof schließlich das in Art.8 EMRK verankerte Recht auf Achtung des Privatlebens schlechthin als ein von der Gemeinschaftsrechtsordnung geschütztes Grundrecht. Diese - keineswegs vollständige - Rechtsprechung des EuGH auf dem Gebiet des gemeinschaftsrechtlichen Grundrechtsschutzes läßt deren Entwicklung von einer anfänglich ablehnenden Haltung bis zur zumindest mittelbaren Einverleibung der EMRK in das Gemeinschaftsrecht (so Ress, Das Verhältnis zwischen Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht der Mitgliedsstaaten, 72, in Korinek/Rill, Österreichisches Wirtschaftsrecht und das Recht der EG) erkennen, deren vorläufigen Schlußpunkt die zuletzt zitierte Entscheidung EuGRZ 1995, 231, 249 bildet.

Dementsprechend sind auch die Stellungnahmen im dem Obersten Gerichtshof zugänglichen Schrifttum: Wird darin die EMRK teils noch als wichtiger Anknüpfungspunkt für die Ermittlung der den Mitgliedsstaaten gemeinsamen Rechtsvorstellungen (Krück in Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EWGV4 Art.164 Rz 34) bzw. als „besonders sichere Orientierungshilfe“ gedeutet (Pernice in Grabitz/Hilf aaO Art 164 Rz 50; ähnlich Hailbronner aaO Art.164 Rz 17, 18), die bei der inhaltlichen Ausformung der Gemeinschaftsrechte wesentliche Orientierungen für die Schutzanforderungen vorgebe, was in der Sache zu einem autonomen Nachvollzug der EMRK in der Gemeinschaftsrechtsordnung führe, ohne daß die Konvention aber bereits Bestandteil dieser Ordnung sei (Borchardt in Lenz, EG-Vertrag, Art.164 Rz 28), erblicken andere Autoren in der EMRK bereits einen Bestandteil des (primären) Gemeinschaftsrechts:

So mache es - worauf Pescatore in Mosler/Bernhardt/Hilf, Grundrechtsschutz in Europa, (1977), 64, 65 ff hinweist - die Rechtssache Rutili (Slg 1975, 1219, 1232) deutlich, daß es bei der Wahrung der Grundrechte nicht nur darum gehe, die eigenen Gemeinschaftsinstitutionen in die Schranken zu verweisen, sondern daß die Gemeinschaft schützend vor ihre Angehörigen trete und sie gegen Exzeßmaßnahmen eines Mitgliedsstaats verteidige. In diesem Rechtsfall seien fühlbare Eingriffe in die persönliche Freiheit an den Gerichtshof herangetragen worden; ähnliches gelte auch für die Rechtssache Royer (Slg 1976, 497). Für den Autor besteht kein Zweifel, daß der EuGH an die materiellen Bestimmungen der EMRK gebunden sei, daß er sie daher auszulegen und gegebenenfalls anzuwenden habe. Auch Streinz (Bundesverfassungsgerichtlicher Grundrechtsschutz und Europäisches Gemeinschaftsrecht (1989), 400 ff) meint, der EuGH ziehe sowohl die nationalen Verfassungen wie auch die Menschenrechtsverträge als Rechtserkenntnisquellen heran. Es fänden sich Anzeichen, daß der EuGH die Garantien der EMRK als den für die Gemeinschaften verbindlichen Mindeststandard ansehe. In der Rechtssache Nold (Slg 1974, 491, 507) habe der Gerichtshof aber darüber hinaus bekräftigt, keine Maßnahmen als rechtens anzuerkennen, die mit den von den Verfassungen der Mitgliedsstaaten anerkannten und geschützten Grundrechten unvereinbar sind; es liege daher nahe, dies als Bekenntnis zu einem Maximalstandard anzusehen: Das gelte jedenfalls für die Freiheitsrechte. Unter Hinweis auf die - oben auszugsweise dargestellten - Ausführungen Pescatores fordert Tomuschat (in EuR 1990, 357) den EuGH auf, die EMRK „klipp und klar“ als Rechtsquelle des Gemeinschaftsrechts anzuerkennen.

Nicht unerwähnt bleiben dürfen in diesem Zusammenhang die gemeinsame Erklärung von Europaparlament, Rat und Kommission vom 5.April 1977 (EuGRZ 1977, 157), bei der Ausübung ihrer Befugnisse die Grundrechte zu achten, „wie sie insbesondere aus den Verfassungen der Mitgliedsstaaten sowie aus der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten hervorgehen“, sowie die Erklärung des Europaparlaments vom 12.April 1989 über Grundrechte und Grundfreiheiten (EuGRZ 1989, 205). Besonders hervorzuheben sind auch die Präambel der Einheitlichen Europäischen Akte (EEA) über den Grundrechtsschutz auf der Grundlage der EMRK und Art.F Abs.2 des Vertrags über die Europäische Union vom 7.Februar 1992, der die Union verpflichtet, die Grundrechte zu achten, wie sie in der EMRK gewährleistet sind und wie sie sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedsstaaten als allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts ergeben.

Diesen Erwägungen zufolge ist die unter A. vorgelegte Frage, die in Verbindung mit den für den Fall deren Bejahung unter B gestellten weiteren Fragen für die Entscheidung des Falles von maßgeblicher Bedeutung ist, weder durch die Rechtsprechung des EuGH abschließend geklärt, noch ist deren Lösung - allein schon deshalb, weil der Grundrechtsschutz schlechthin und dessen Reichweite im Gemeinschaftsrecht keine ausdrückliche Regelung finden - derart offenkundig, daß für Zweifel kein Raum bliebe. Welcher Stellenwert der Lösung der hier vorgelegten Rechtsfrage zukommt, macht Pescatore (aaO 69) deutlich, der - einem intensiveren Gebrauch des Vorlageverfahrens nach Art.177 EWGV im Bereich des Grundrechtsschutzes durch die nationalen Höchstgerichte das Wort redend - gerade die Vorlage der Frage vermißt, ob die von Art.164 EWGV dem EuGH zugewiesene „Wahrung des Rechts“ auch die Wahrung der Grundrechte miteinschließe und wie in dieser Beziehung das Verhältnis des gemeinschaftsrechtlichen Grundrechtsschutzes zu den Grundrechtsverbürgungen der einzelnen nationalen Verfassungen zu sehen sei. Umso mehr muß das dann gelten, wenn - wie hier - das Grundrecht der persönlichen Freiheit und die mit dessen Verletzung verbundenen privatrechtlichen Sanktionen zur Beurteilung anstehen, ist doch gerade dieses Recht Grundlage und Voraussetzung für die ungestörte Ausübung aller weiteren Freiheitsrechte, so vor allem auch der Freizügigkeit und der Berufsfreiheit.

III.

Zu den Fragen B., deren Beantwortung sich allerdings - ganz oder teils - erübrigte, käme der EuGH zum Ergebnis, daß die in der Frage A. genannten Art.5, 6 und 53 EMRK oder - soweit es um die Frage B.1. geht - wenigstens die letztgenannte Bestimmung der Konvention nicht Bestandteil der Gemeinschaftsrechtsordnung sind:

1. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (so insbesondere nach dessen Entscheidung vom 29.Mai 1995, 1 Ob 7/95) kommt den Urteilen des EGMR keine innerstaatliche Rechtskraftwirkung in dem Sinn zu, daß sie rechtskräftigen innerstaatlichen Urteilen gleichgestellt wären und auf sie deshalb die im jeweiligen nationalen Recht an die Rechtskraft geknüpften prozessualen und materiellrechtlichen Folgen in vollem Umfang Anwendung fänden (Polakiewicz, Die Verpflichtung der Staaten aus den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (1993), 223 ff; in diesem Sinn auch Frowein in Frowein/Peukert, EMRK-Kommentar Art.53 Rz 3 und 4). Das bedeute aber nicht, daß die Urteile dieses Gerichtshofs für die vom Beschwerdeführer verfolgten Ansprüche innerstaatlich wirkungslos wären. Im Unterschied zum allgemeinen Völkerrecht sei unmittelbar Begünstigter der durch die Konvention geschaffenen Verpflichtungen das in seinen Rechten verletzte Individuum (Polakiewicz, aaO 226 ff). Daraus folge, daß die vom EGMR festgestellte Konventionsverletzung die Staatsgewalt in allen ihren Ausprägungen - also die Gesetzgebung, die Gerichtsbarkeit und die Verwaltung - binde (Polakiewicz, aaO 227; Frowein aaO Art.1 Rz 9). Keine Staatsgewalt dürfe also - entgegen einer durch den EGMR bindend festgestellten Konventionsverletzung - die Auffassung vertreten, das staatliche Verhalten sei konventionsgemäß gewesen (Polakiewicz aaO 227 ff; Frowein aaO Art.53 Rz 2). Das führe aber noch nicht zur Wiedergutmachung des durch eine Konventionsverletzung einem Individuum zugefügten materiellen bzw. immateriellen Schadens; eine solche könne vielmehr, wie sich aus den dargestellten Grundsätzen ergebe, nur nach Maßgabe der vom nationalen Recht gebotenen Möglichkeiten erfolgen (Polakiewicz aaO 232; Frowein aaO Art.53 Rz 4).

Zu dieser Frage fehlt indessen jedwede Rechtsprechung des EuGH; von einer über jeden Zweifel erhabenen offenkundigen Lösung dieser Frage kann schon deshalb keine Rede sein, weil die EMRK die Bindung der nationalen Gerichtsinstanzen an Urteile des EGMR jedenfalls nicht ausdrücklich anordnet und im älteren Schrifttum eine solche Bindung abgelehnt wurde (vgl. die Nachweise bei Polakiewicz aaO 217 und Fußnote 4).

2. Art.5 Abs.5 EMRK ordnet an, daß jeder, der entgegen den Bestimmungen dieses Artikels von Festnahme oder Haft betroffen worden ist, Anspruch auf Schadenersatz hat. Es handelt sich dabei um einen materiellrechtlich unmittelbar aus der in Österreich im Verfassungsrang stehenden EMRK abgeleiteten Ersatzanspruch (Schragel, AHG2 Rz 4; Vrba/Zechner, Amtshaftungsrecht 35 f), der nach der Rechtsprechung im Amtshaftungsverfahren geltend zu machen ist, obgleich der Anspruch kein Organverschulden voraussetzt und auch den Ersatz immateriellen Schadens umfaßt (Oberster Gerichtshof in SZ 62/176; SZ 55/18; SZ 54/108; SZ 52/153; SZ 48/69).

Der Kläger geht nun, wie wenn sich das von selbst verstünde, davon aus, daß seine Haft wegen des Verstoßes gegen Art.6 EMRK ab dem Gerichtstag vor dem Obersten Gerichtshof konventionswidrig sei. Der EGMR hat aber nicht etwa festgestellt, daß der Kläger entgegen Art.5 Abs.1 lit.a EMRK nicht rechtmäßig nach Verurteilung durch ein zuständiges Gericht - gegebenenfalls ab einem bestimmten Zeitpunkt - in Haft gehalten werde, sondern lediglich ausgesprochen, daß der Staat seiner positiven Verpflichtung, die Anwesenheit des Angeklagten in der Verhandlung sicherzustellen, nicht nachgekommen und damit Art.6 Abs.1 in Verbindung mit Abs.3 lit.c EMRK verletzt worden sei. Art.5 Abs.5 EMRK gewährt jedoch einen Anspruch auf Schadenersatz nur jenem, der entgegen den Bestimmungen des Art.5 EMRK von Festnahme oder Haft betroffen ist. Zwar hat der EGMR bereits ausgesprochen, daß das innerstaatliche Recht, auf dessen Grundlage die Entziehung der Freiheit beruht, seinerseits der Konvention einschließlich der darin ausdrücklich genannten oder implizierten allgemeinen Grundsätze entsprechen müsse und daß „hinter der hier untersuchten Formulierung ... die Idee eines fairen und ordentlichen Verfahrens“ stehe (EuGRZ 1979, 650, 654), dieser Gerichtshof hat aber schon wiederholt eine nach Art.50 EMRK geforderte Entschädigung für den Freiheitsentzug verweigert, obwohl er feststellte, daß im innerstaatlichen Strafverfahren Garantien nach Art.6 EMRK hintangehalten worden seien (so etwa im Urteil vom 20.September 1993 - Saidi, in Österreich veröffentlicht in Evidenzblatt (EvBl) 1994, 322; ähnlich auch EGMR in EuGRZ 1974, 27, 30, 31). Der Oberste Gerichtshof verkennt dabei nicht, daß Art.5 Abs.5 und Art.50 EMRK auf verschiedenen Ebenen liegen, wenngleich sie beide Entschädigungsfragen im Rahmen des Konventionsrechts zum Gegenstand haben: Art.5 Abs.5 EMRK statuiert ein materielles Recht; er gehört zu den „normativen“ Regeln des Abschnitts I der EMRK und garantiert ein Individualrecht, dessen Wahrung zunächst den Behörden der Vertragsstaaten obliegt („enforceable right to compensation“), wogegen Art.50 EMRK eine Kompetenznorm ist, die den EGMR ermächtigt, der „verletzten Partei“ unter bestimmten Voraussetzungen eine gerechte Entschädigung zuzusprechen. Der EGMR hat jedoch in Wahrnehmung der ihm durch Art.50 EMRK übertragenen Zuständigkeit neben anderen Umständen die materiellrechtliche Bestimmung des Art.5 Abs.5 EMRK zu berücksichtigen (so etwa in EuGRZ 1974, 27, 28). In dem schon erwähnten Fall Saidi, in dem ein gewiß nicht leichter wiegender Verstoß gegen Art.6 Abs.1 und 3 EMRK als die hier zu beurteilende Konventionsverletzung festgestellt wurde, hielt der EGMR dem Schadenersatz fordernden Beschwerdeführer entgegen, er könne keine „Spekulationen darüber anstellen, welchen Ausgang ein Verfahren genommen hätte, hätte keine Verletzung der Konvention stattgefunden“. Er erachtete deshalb, daß das Urteil eine ausreichend gerechte Entschädigung für den Beschwerdeführer bilde. Den zitierten Entscheidungen des EGMR kann demnach die Richtigkeit der Behauptung des Klägers, der Entzug seiner Freiheit sei angesichts der im Urteil des EGMR festgestellten Verletzung des Art.6 EMRK jedenfalls und ohneweiteres ex tunc konventionswidrig, mit der gebotenen Eindeutigkeit gerade nicht entnommen werden.

4. Der Kläger räumt selbst ein, der vom EGMR festgestellte Verfahrensmangel - die Unterlassung der Vorführung des Angeklagten zum Gerichtstag entgegen § 296 Abs.3 zweiter Satz StPO - müsse für den Verfahrensausgang kausal sein, was in solchen Fällen, wie dem vorliegenden, stets dann anzunehmen sei, wenn die Anhörung des Angeklagten zu einer günstigeren Entscheidung geführt hätte. Diesen Ausführungen, an die der Kläger allerdings keine weitergehenden Schlußfolgerungen knüpft, weil er von der Erheblichkeit des Verfahrensmangels als selbstverständliche Konsequenz ausgeht, ist soweit beizupflichten, als der beanstandete Verfahrensmangel nach österreichischem Schadenersatzrecht für den geltend gemachten Schaden kausal sein muß: Verfahrensmängel sind schon nach innerstaatlichem Verfahrensrecht im Rechtsmittelverfahren nur soweit beachtlich, als sie auf den Ausgang Einfluß nehmen könnten, also in abstracto geeignet sind, eine unrichtige Entscheidung herbeizuführen; weiterreichende Anforderungen an deren Erheblichkeit sind dort schon deshalb nicht erforderlich, weil das Verfahren bei deren Bejahung ohnehin so weit zu wiederholen bzw. zu ergänzen ist, als das zu deren Ausschaltung notwendig ist. Im Amtshaftungsverfahren kann dagegen gleichviel, ob der Anspruch nun auf § 1 Abs.1 AHG oder - wie hier - auf Art.5 Abs.5 EMRK gestützt wird, nur Schadenersatz verlangt werden, der aber - nach österreichischem Recht - voraussetzt, daß der behauptete Schaden auf den Verfahrensmangel als rechtswidriges Verhalten von Organen des beklagten Rechtsträgers adäquat ursächlich zurückzuführen ist; die Wiederholung bzw. Ergänzung des früheren Verfahrens im Umfang des als rechtswidrig beanstandeten Vorgangs ist dagegen im Amtshaftungsverfahren nicht möglich (Oberster Gerichtshof in SZ 66/97).

Macht der Beschwerdeführer den von ihm behaupteten Schaden im Verfahren vor dem EGMR (also gemäß Art.50 EMRK) geltend, muß er neben dessen Entstehung auch die Kausalität der Verletzungshandlung für den Schaden nachweisen; das gilt nach der Rechtsprechung dieses Gerichtshofs vor allem auch für die Verletzung von Verfahrensgarantien, weil zwischen diesen und dem Ergebnis des zu beurteilenden Verfahrens häufig ein Kausalzusammenhang fehle (vgl. die Nachweise bei Peukert in Frowein/Peukert aaO Art.50 Rz 6 ff, insbesondere Rz 7; so auch Polakiewiecz aaO 87 und Herzog, Das Grundrecht der Freiheit in der EMRK, AöR 1961, 195, 236; vergleichbare Argumente finden sich auch in der Rechtsprechung des deutschen Bundesverfassungsgerichts bei der Beurteilung von Verstößen gegen das in Art.103 Abs.1 des Grundgesetzes verankerte rechtliche Gehör, so in BVerfGE 7, 95, 99; 60, 313, 318 und 73, 322, 330).

5. Hängt die Berechtigung des Schadenersatzanspruches davon ob, ob das pflichtwidrige Organverhalten für den eingeklagten Schaden adäquat ursächlich ist, stellt sich sogleich die weitere Frage, ob mit dem Beweis hiefür der Geschädigte belastet ist oder ob der Schädiger zu beweisen hat, daß seine Pflichtwidrigkeit den behaupteten Schaden nicht ausgelöst hat. Im vorliegenden Fall stützt der Kläger seine Ersatzansprüche auf eine vom EGMR festgestellte rechtswidrige Unterlassung - die vom Obersten Gerichtshof unterlassene Anordnung der Vorführung des Klägers zum Gerichtstag am 2.Juli 1986 - und behauptet demgemäß, das pflichtgemäße Handeln (die Vorführung) wäre bei konventionskonformer Auslegung schon durch die Bestimmung des § 296 Abs.3 zweiter Satz StPO geboten gewesen, die sich den Schutz des Angeklagten angelegen sein lasse: In der Tat macht es der EGMR dem Obersten Gerichtshof zum Vorwurf, mit Rücksicht auf die fundamentale Bedeutung des Berufungsverfahrens („crucial importance“) für den Kläger sowie die unumgängliche Bewertung von dessen Charakter und psychischem Zustand bei der Tatbegehung sowie deren Motiv hätte dieser den Kläger ungeachtet der unterlassenen Antragstellung gemäß § 296 Abs.3 StPO von sich aus im Interesse der Rechtspflege vorführen lassen müssen; der belangte Staat sei dieser positiven Verpflichtung nicht nachgekommen, sodaß ihm eine Verletzung des Rechts des Angeklagten, sich selbst zu verteidigen (Art.6 Abs.1 in Verbindung mit Abs.3 lit.c EMRK), zur Last falle.

Im Fall Neumeister (EuGRZ 1974, 27, 29) hat der EGMR die Beweislast für die Kausalität des Verstoßes gegen Art.6 EMRK für den geltend gemachten Schaden (Unbill wegen Freiheitsentzugs, Verdienstentgang, vermehrte Aufwendungen) dem Beschwerdeführer zugeschoben.

Nach innerstaatlichem Schadenersatzrecht muß der Kläger Rechtsprechung (Oberster Gerichtshof in SZ 66/87; SZ 60/33; SZ 54/133) und Lehre (Schragel aaO Rz 168; Welser in Zeitschrift für Verkehrsrecht 1976, 10) zufolge, gründet er seinen Ersatzanspruch auf die Verletzung eines Schutzgesetzes, bloß den Eintritt des Schadens und die Übertretung der Norm durch den Beklagten beweisen, es bedarf aber keines strikten Nachweises des Kausalzusammenhangs, weil die Kausalität der in der Mißachtung der Norm liegenden Pflichtwidrigkeit für die Schadensfolgen, deren Eintritt das Schutzgesetz gerade (auch) zu verhindern bestimmt ist, vermutet wird. Besteht die Schadensursache - wie hier - in einer Unterlassung, hat der Beklagte zu beweisen, daß er die zur Verhütung des Schadens erforderlichen Vorkehrungen getroffen habe. Steht die Übertretung des Schutzgesetzes fest, kann sich der Beklagte der vom Kläger geltend gemachten Haftung nur dadurch entledigen, daß er sein mangelndes Verschulden an der Übertretung der Norm beweist oder die Kausalität der Pflichtwidrigkeit - durch Außerkraftsetzung des ihn belastenden Anscheinsbeweises - ernstlich zweifelhaft macht (Rechberger in Rechberger, Zivilprozeßordnung vor § 266 Rz 22 mwN).

Nun liegt dem Organ der beklagten Partei die entgegen § 296 Abs.3 zweiter Satz StPO unterbliebene Vorführung als rechtswidrige Unterlassung zur Last, und es kann auch - im Hinblick auf die Entscheidung des EGMR und deren schon wiedergegebene Begründung - nicht zweifelhaft sein, daß diese Bestimmung eine (auch) zum Schutz des Angeklagten und zur Wahrung von dessen Interessen erlassene Norm ist.

Schon deshalb sieht sich der Oberste Gerichtshof veranlaßt, auch wegen dieser Frage den EuGH anzurufen.

Im untrennbaren Zusammenhang mit der Beweislastfrage steht dann aber auch die weitere Frage, ob der Beweis des Kausalzusammenhangs bzw dessen Fehlens schon erbracht ist, wenn dargetan wird, daß ein normgerechter Spruchkörper bei Selbstverteidigung des Klägers im Gerichtstag bei sonst gleichen Bedingungen anders bzw gleichlautend entschieden hätte, oder der Beweis erst dann als erbracht angesehen werden kann, wenn nachgewiesen wird, daß der konkrete Senat beim Gerichtstag am 2.Juli 1986 in diesem Fall bei sonst gleichen Bedingungen die Strafe so oder anders ausgemessen hätte; dabei ist auch zu bedenken, daß auch in einem Wiederaufnahme- oder Erneuerungsverfahren nicht derselbe Spruchkörper unter völlig identischen Bedingungen die neue Sachentscheidung treffen könnte.

IV.

Es kann nicht zweifelhaft sein, daß die vom Obersten Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen für den Streitausgang von entscheidender Bedeutung sind:

A. Wären Art.53 sowie die Art.5 und 6 EMRK als Bestandteile des (primären) Gemeinschaftsrechts (Art.177 Abs.1 lit.a in Verbindung mit Art.164 EWGV) anzusehen, so stünde fest, daß der Oberste Gerichtshof zu Recht seine Vorlagepflicht wahrgenommen hat, und wäre er damit auch an das im Wege der Vorabentscheidung ergangene Urteil des EuGH gebunden (EuGH in Slg 1977, 163, 183 und 1988, 355, 371; Gamerith in Österreichische Blätter für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht (ÖBl) 1995, 61; Borchardt aaO Art 177, 37, 38; Hailbronner aaO Art.177 Rz 44; Krück aaO Art.177 Rz 87; Wohlfahrt aaO Art.177 Rz 71).

B. 1. Wäre der Oberste Gerichtshof an das Urteil des EGMR gebunden, so hätte er es seiner über den Schadenersatzanspruch zu erlassenden Entscheidung ohneweiteres und damit den festgestellten Verstoß gegen die EMRK in deren Art.6 Abs.1 und Abs.3 lit.c durch die vom Obersten Gerichtshof im Strafverfahren unterlassene Anordnung der Vorführung des Klägers zum Gerichtstag über die Berufungen zugrundezulegen.

B. 2. Nach innerstaatlichem Amtshaftungsrecht (§ 2 Abs.3 AHG), nach dessen Verfahrensnormen auch über Ersatzansprüche gemäß Art.5 Abs.5 EMRK abzusprechen ist, können Amtshaftungsansprüche aus Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs nicht abgeleitet werden. Art.5 Abs.5 EMRK sieht indessen für den dort verankerten, gegen den Staat zu richtenden Ersatzanspruch einen solchen Ausschluß nicht vor.

B. 3. Wäre die Inhaftierung im Sinne des Art.5 Abs.1 lit.a EMRK ex tunc konventionswidrig, weil der EGMR festgestellt hat, daß der Oberste Gerichtshof im Strafverfahren in Art.6 EMRK verankerte Verfahrensgarantien nicht beachtet habe, so stünden dem Kläger gemäß Art.5 Abs.5 EMRK bei Zutreffen der übrigen Voraussetzungen jedenfalls Ersatzansprüche zu.

B. 4. Wäre die Inhaftierung allein schon deshalb als konventionswidrig zu beurteilen, weil in dem Verfahren, das die (Fortsetzung der) Haft zur Folge hatte, ein Verfahrensfehler im Gewicht eines Verstoßes gegen eine der in Art.6 EMRK zugesicherten Verfahrensgarantien unterlaufen ist und dieser dort mangels eines im innerstaatlichen Recht vorgesehenen Wiederaufnahme- oder sonstigen Erneuerungsverfahrens nicht nachträglich behoben werden kann, so wäre der der Sache nach erhobene Einwand der beklagten Partei, die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im Verfahren über die Berufung wäre nicht anders ausgefallen, wenn der festgestellte Verstoß gegen Art.6 EMRK nicht unterlaufen wäre, nicht weiter zu prüfen, sondern dem Schadenersatzbegehren nach Prüfung dessen Angemessenheit jedenfalls stattzugeben, gleichviel ob der Verstoß Einfluß auf das im Strafverfahren festgestellte Strafausmaß hatte oder nicht.

B. 5. Daß der Beweislastverteilung bei dem hier erforderlichen Beweis eines hypothetischen Ablaufs besonderes Gewicht zukommt, bedarf keiner besonderen Begründung.

V.

Gemäß Art.177 Abs.3 EWGV ist das Gericht, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, zur Anrufung des EuGH verpflichtet, wenn eine derartige (also im Abs.1 genannte) Frage in einem schwebenden Verfahren bei ihm gestellt wird. Da der Oberste Gerichtshof gemäß Art.92 Abs.1 des Bundes-Verfassungsgesetzes in Österreich oberste Instanz in Zivil- und Strafrechtssachen ist, dessen Entscheidungen somit keiner wie immer gearteten innerstaatlichen Überprüfung unterliegen, ist er bei Zutreffen der übrigen Voraussetzungen jedenfalls zur Vorlage verpflichtet, gleichviel ob er nun der abstrakten oder der - herrschenden (Gamerith aaO 56; Borchardt aaO Art.177 Rz 25; Hailbronner aaO Art.177 Rz 28; Krück aaO Art.177 Rz 64; Wohlfahrt aaO Art.177 Rz 49) - konkreten Betrachtungsweise den Vorzug geben wollte, nach der die Vorlagepflicht nicht nur die obersten Gerichte, deren Zuständigkeit sich über das gesamte Hoheitsgebiet des Mitgliedsstaates erstreckt (Krück aaO mwN in FN 93), trifft, sondern schon immer dann besteht, wenn im konkreten Ausgangsstreit kein ordentliches Rechtsmittel mehr eingelegt werden kann (Gamerith aaO).

VI.

Der Oberste Gerichtshof erachtet sich deshalb verpflichtet, den EuGH zur Vorabentscheidung über die vorgelegten Fragen anzurufen.

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