VwGH Ra 2021/17/0082

VwGHRa 2021/17/008219.4.2023

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner sowie die Hofräte Mag. Berger und Dr. Horvath als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision der J in M, vertreten durch Dr. Patrick Ruth und MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 31. März 2021, RV/3100504/2020, betreffend Glücksspielabgabe nach § 57 Abs. 1 Glücksspielgesetz für den Zeitraum Dezember 2012 bis Februar 2013 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel, nunmehr Finanzamt Österreich ‑ Dienststelle Sonderzuständigkeiten), den Beschluss gefasst:

Normen

BAO §184
BAO §275 Abs2
B-VG Art133 Abs4
GSpG 1989 §1 Abs4
GSpG 1989 §28
GSpG 1989 §3
GSpG 1989 §31
GSpG 1989 §57
GSpG 1989 §57 Abs1
GSpG 1989 §58
GSpG 1989 §59 Abs2 Z1
VwGG §34 Abs1
VwGG §42 Abs2 Z3
VwGG §42 Abs3
VwRallg
12010E056 AEUV Art56

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2021170082.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Bescheiden je vom 15. April 2013 setzte das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr Finanzamt Österreich ‑ Dienststelle Sonderzuständigkeiten, in der Folge: Finanzamt) gegenüber der revisionswerbenden Partei die Glücksspielabgabe nach § 57 Abs. 1 Glücksspielgesetz ‑ GSpG für den Zeitraum Dezember 2012 bis Februar 2013 fest.

2 Die revisionswerbende Partei erhob dagegen Berufung. Nach Ergehen von abweisenden Berufungsvorentscheidungen jeweils vom 8. Juli 2014 stellte die revisionswerbende Partei einen Vorlageantrag.

Das Bundesfinanzgericht (BFG) wies ‑ nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ‑ mit Erkenntnis vom 7. Juni 2017 die als Beschwerde zu behandelnde Berufung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei.

Dabei ging BFG das von Folgendem aus: Die revisionswerbende Partei habe im Abgabenzeitraum in zwei näher genannten Tiroler Hotels in von ihr gemieteten Räumlichkeiten einem unbestimmten Personenkreis im Rahmen eines Pokercasinos die Möglichkeit der Teilnahme an Pokerspielen eröffnet, indem sie (zumindest) diese Räumlichkeiten, die Pokertische und das Personal bereitgestellt habe. Sie habe dafür die Tischeinnahmen (Drop) in Höhe von (durchschnittlich) 5 % des Pots lukriert. Die revisionswerbende Partei habe im Verfahren lediglich die Tischeinnahmen (Drop) pro Tag in Form einer Tabelle bekanntgegeben, die spaltenweise verschiedene Kategorien von Umsätzen ‑ darunter auch die Kategorie „Tischmiete“ - enthalten habe. Das Finanzamt habe die verschiedenen Umsatzkategorien aufsummiert, den so ermittelten Drop als 5 % des Einsatzes angesehen und ausgehend von diesem die Höhe des Pots als 100 % des Einsatzes errechnet. Ausgehend von dieser gemäß § 184 BAO geschätzten Bemessungsgrundlage sei die Glücksspielabgabe gemäß § 57 Abs. 1 Z 1 GSpG iHv 16 % festgesetzt worden. In rechtlicher Hinsicht sah das BFG ‑ wegen der fehlenden Aufzeichnungen der von den Spielern erbrachten Einsätze ‑ diese Schätzung der Bemessungsgrundlage durch das Finanzamt gemäß § 184 BAO für berechtigt an.

3 Über Revision der auch nunmehr revisionswerbenden Partei wurde dieses Erkenntnis mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 8. Juli 2020, Ra 2018/17/0002, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Verwaltungsgerichtshof bejahte die Abgabepflicht der revisionswerbenden Partei, weil diese auf Grund der Feststellungen des BFG als Veranstalterin der Ausspielungen iSd § 59 Abs. 2 Z 1 GSpG anzusehen sei. Ferner sei das BFG in unbedenklicher Weise davon ausgegangen, dass die Bemessungsgrundlage der Glücksspielabgabe als Summe der in den einzelnen Spielrunden gesetzten Einsätze (also der Pots) zu ermitteln sei. Auch bestünden gegen die herangezogene Methode der Schätzung nach § 184 BAO im Grundsatz keine Bedenken, die täglichen Beträge der Pots aller Tische beider Standorte als Einsätze der Spieler der Abgabenbemessung zugrunde zu legen und aus den Aufzeichnungen des mit 5 % des Pots angenommenen Drops, also jenes Teils des Pots, welcher der revisionswerbenden Partei zur Abgeltung ihres Aufwandes zugeflossen ist, auf den Pot zu schließen. Jedoch seien bei dieser Schätzung auch Umsätze der Kategorie „Tischmiete“ und die darauf entfallende Umsatzsteuer in die Bemessungsgrundlage eingerechnet worden. Dem Erkenntnis des BFG sei nicht zu entnehmen, was unter dem Begriff „Tischmiete“ zu verstehen sei und warum die darauf entfallenden Beträge zuzüglich Umsatzsteuer als Teil des Drops und somit des Pots anzusehen und daher der Berechnung der Pots zugrunde zu legen wären. Deswegen entspreche das Erkenntnis nicht den auch im Falle der Schätzung der Bemessungsgrundlage geltenden Anforderungen an eine nachvollziehbare Begründung. Das Erkenntnis sei daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben (siehe zu alledem näher VwGH 8.7.2020, Ra 2018/17/0002, worauf gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das BFG - nach schriftlicher Ergänzung des Verfahrens, aber ohne eine (weitere) mündliche Verhandlung durchzuführen - der als Beschwerde zu behandelnden Berufung teilweise Folge und setzte die Glücksspielabgabe in reduzierter Höhe neu fest. Das BFG sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei.

Wie schon in seinem Erkenntnis vom 7. Juni 2017 ging das BFG von der Abgabepflicht der revisionswerbenden Partei aus. Erneut legte es der Bemessung der Glücksspielabgabe nach § 57 Abs. 1 Z 1 GSpG eine gemäß § 184 BAO geschätzte Bemessungsgrundlage zugrunde. Dabei sah das BFG wiederum die durch die revisionswerbende Partei bekanntgegebenen vereinnahmten Drops als 5 % der Pots (also der Tischeinsätze) an und rechnete auf diese hoch, um die Bemessungsgrundlage zu ermitteln. Anders als im ersten Rechtsgang bezog das BFG dabei die Umsätze der Kategorie „Tischmiete“ und die darauf entfallende Umsatzsteuer nicht ein. Denn diese Umsätze seien ‑ gemäß der durch die revisionswerbende Partei im fortgesetzten Verfahren abgegebenen Stellungnahme ‑ als Entgelt für die bloße Vermietung von Spieltischen samt Kartengebern zu Unterhaltungszwecken der Kunden, die Spiele nach eigener Wahl gespielt hätten, lukriert worden; diese Umsätze würden mithin nicht der Glücksspielabgabe unterliegen.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die belangte Behörde erstattete im Vorverfahren eine Revisionsbeantwortung und beantragte die kostenpflichtige Zurück- bzw. Abweisung der Revision.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 In der Revision werden für ihre Zulässigkeit zunächst eine Reihe von Verfahrensmängeln gerügt: Das BFG habe ‑ entgegen diesbezüglicher Anträge im fortgesetzten Verfahren ‑ zu Unrecht davon abgesehen, die revisionswerbende Partei zur Höhe des vereinnahmten Drops (erneut) einzuvernehmen und einen Akt der Staatsanwaltschaft betreffend ein Finanzstrafverfahren eines anderen Steuerpflichtigen beizuschaffen. Für ihre Einvernahme wie jene weiterer Zeugen, welche die revisionswerbende Partei noch „stellig gemacht“ hätte, wäre eine mündliche Verhandlung durchzuführen gewesen, wie dies die revisionswerbende Partei im fortgesetzten Verfahren (erneut) beantragt habe. Zur Durchführung dieser mündlichen Verhandlung wäre das BFG auch verpflichtet gewesen, um die durch die revisionswerbende Partei im fortgesetzten Verfahren ins Treffen geführten unionsrechtlichen Bedenken gegen die Glücksspielabgabe zu erörtern.

10 Soweit die Revision rügt, dass das BFG im fortgesetzten Verfahren keine neuerliche mündliche Verhandlung durchgeführt hat, wird eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht aufgezeigt: Durch die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses tritt gemäß § 42 Abs. 3 VwGG „die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses“ vom 7. Juni 2017 befunden hat, dh. in das Stadium des (wiederum) offenen Beschwerdeverfahrens. In diesem nunmehr wiederum offenen Beschwerdeverfahren hat bereits eine mündliche Verhandlung vor dem BFG stattgefunden, weshalb von einem Unterlassen einer beantragten mündlichen Verhandlung nicht gesprochen werden kann (vgl. zu dieser Folge VwGH 17.3.2021, Ra 2020/15/0113).

Allerdings kann sich ungeachtet dessen im Einzelfall gerade aus der Aufhebung einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof wegen Feststellungsmängeln ein weiterer Ermittlungs- und Erörterungsbedarf ergeben, der ‑ zur Wahrung eines umfassenden Parteiengehörs ‑ auch die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung angezeigt erscheinen lassen kann (vgl. erneut VwGH 17.3.2021, Ra 2020/15/0113; vgl. auch die Formulierung in § 275 Abs. 2 BAO betreffend einen Bericht über „die Ergebnisse etwa bereits durchgeführter Beweisaufnahmen oder vorangegangener mündlicher Verhandlungen“).

Dies ist hier jedoch nicht der Fall: Die sich aus der Aufhebung des Erkenntnisses des BFG vom 7. Juni 2017 mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 8. Juli 2020 einzig ergebende Notwendigkeit der Sachverhaltsergänzung betraf die zunächst fraglich gebliebene Berücksichtigung der Umsätze der Rubrik „Tischmiete“ für die Schätzung des Einsatzes iSd. § 57 Abs. 1 GSpG als Bemessungsgrundlage der Glücksspielabgabe. Diese Verfahrensergänzung hat das BFG im fortgesetzten Verfahren durch Einholung schriftlicher Stellungnahmen der Parteien vorgenommen und ‑ den Angaben der revisionswerbenden Partei folgend ‑ diese Umsätze für die Schätzung des Einsatzes nicht mehr berücksichtigt; insoweit behauptet die revisionswerbende Partei nicht einmal, dass diese Verfahrensergänzung eine (erneute) Verhandlungspflicht ausgelöst hätte.

11 Angesichts der Durchführung der Verhandlung schon im ersten Rechtsgang vermag die revisionswerbende Partei im Übrigen nicht aufzuzeigen, dass das BFG zu Unrecht keine (weitere) Verhandlung durchgeführt hätte:

Dazu ist vorauszuschicken, dass Beweisanträgen grundsätzlich zu entsprechen ist, wenn die Aufnahme des darin begehrten Beweises im Interesse der Wahrheitsfindung notwendig erscheint; dementsprechend dürfen Beweisanträge nur dann abgelehnt werden, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, es auf sie nicht ankommt oder das Beweismittel an sich ungeeignet ist, über den Gegenstand der Beweisaufnahme einen Beweis zu liefern und damit zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts beizutragen. Ob eine Beweisaufnahme in diesem Sinn notwendig ist, unterliegt aber der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. VwGH 16.3.2020, Ra 2018/17/0233 bis 0235, mwN).

Die revisionswerbende Partei hält eine erneute Verhandlung zunächst für geboten, weil sie zur Höhe des der Schätzung des Einsatzes zugrunde liegenden Drops erneut einzuvernehmen gewesen wäre. Denn sie habe ‑ laut einer im fortgesetzten Verfahren vorgelegten Niederschrift - zwischenzeitlich in einem Finanzstrafverfahren betreffend einen anderen Steuerpflichtigen gegenüber der Staatsanwaltschaft als Zeuge ausgesagt, dass der von ihr vereinnahmte Drop höher gewesen sei, als sie im Abgabenverfahren angegeben habe. Wegen diesbezüglich schwankender Angaben der revisionswerbenden Partei im Verfahren vor dem Finanzamt erörterte das BFG die Höhe des Drops mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung. Dort gaben die revisionswerbende Partei wie ihr anwaltlicher Vertreter den Drop in jener (niedrigeren) Höhe an, den das BFG der Schätzung des Einsatzes im angefochtenen Erkenntnis zugrunde legte. Mit Blick auf diesen Hergang erscheint die Beurteilung des BFG, dass es einer weiteren Einvernahme der revisionswerbenden Partei nicht bedurfte, trotz ihrer erneut abweichenden Zeugenaussage in einem sachfremden Verfahren nicht im Sinn der vorzitierten Rechtsprechung mit einem die Zulässigkeit der Revision begründenden Mangel behaftet. Im Übrigen hat das BFG die als neu ins Treffen geführte Angabe der revisionswerbenden zur Höhe des Drops ohnedies auf Grund der vorgelegten Niederschrift in seine Beweiswürdigung einbezogen.

12 Soweit die revisionswerbende Partei darauf verweist, im Falle der Durchführung einer (weiteren) Verhandlung hätte sie weitere Zeugen „stellig gemacht“, weswegen diese durchzuführen gewesen wäre, ist ihr zu entgegnen, dass sie deren Einvernahme nicht beantragt hatte. Im Umstand, dass diese Zeugen nicht von Amts wegen einvernommen wurden, liegt kein im Revisionsverfahren aufzugreifender Ermittlungsmangel. Denn die Frage, ob eine (weitere) Beweisaufnahme im Rahmen der Ermittlungen notwendig ist, unterliegt ebenso der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG läge in diesem Zusammenhang nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. VwGH 29.9.2022, Ra 2022/17/0052, mwN). Einen solch gravierenden Verfahrensmangel zeigt die revisionswerbende Partei in diesem Zusammenhang nicht auf.

13 Weiters nimmt die revisionswerbende Partei eine Verpflichtung des BFG zur Durchführung einer weiteren Verhandlung zur Erörterung ihrer im fortgesetzten Verfahren vor dem BFG vorgebrachten unionsrechtlichen Bedenken gegen die Glücksspielabgabe an. Diesbezüglich ist sie darauf hinzuweisen, dass sie in der im ersten Rechtsgang durchgeführten Verhandlung umfänglich Gelegenheit hatte, ihr Vorbringen in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht zu erstatten, wobei ihr anwaltlicher Vertreter auch Bedenken gegen die Vereinbarkeit der Glücksspielabgabe mit „Grundsätzen einer Besteuerung“ erhob. Die Revision zeigt nicht auf, dass die nach der mündlichen Verhandlung erstatteten detaillierteren Ausführungen des rechtlichen Vorbringens fallbezogen eine neue Verhandlungspflicht ausgelöst hätte.

14 Werden Verfahrensmängel als Zulässigkeitsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel dargelegt werden, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für die revisionswerbende Partei günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist fallbezogen in konkreter Weise darzulegen. Dies setzt voraus, dass ‑ auf das Wesentliche zusammengefasst ‑ jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. erneut VwGH 29.9.2022, Ra 2022/17/0052, mwN).

Die revisionswerbende Partei bringt für die Zulässigkeit der Revision auch vor, dass es das BFG zu Unrecht unterlassen habe, den Akt der Staatsanwaltschaft jenes Finanzstrafverfahrens beizuschaffen, in welchem sie die vorgenannte Zeugenaussage zur Höhe des Drops tätigte. Mit diesem Vorbringen legt die revisionswerbende Partei nicht hinreichend konkret dar, weshalb bei Berücksichtigung des gesamten Akts ein für sie günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, zumal dem BFG die diesem Akt entnommene Niederschrift der ins Treffen geführten Zeugenaussage ohnedies vorlag und es diese in die Beweiswürdigung einbezog.

15 Soweit sich die revisionswerbende Partei gegen die Beweiswürdigung des BFG zur Höhe des Drops wendet, ist sie darauf hinzuweisen, dass im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vorliegt, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 31.8.2022, Ra 2022/17/0116, mwN). Einen derartigen krassen Fehler der Beweiswürdigung zeigt die Revision jedoch nicht auf.

16 Weiters rügt die revisionswerbende Partei, das BFG habe die Bindungswirkung des im ersten Rechtsgang ergangenen aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofs überschießend angenommen, weswegen es die neuen Vorbringen zur Höhe des Drops und zu unionsrechtlichen Bedenken der revisionswerbenden Partei nicht berücksichtigt habe. Damit wird die Zulässigkeit der Revision schon deshalb nicht dargelegt, weil das BFG diese im fortgesetzten Verfahren erstatteten Vorbringen ohnehin berücksichtigte. Denn eine Revision hängt nicht von der Lösung der in ihr vorgebrachten Rechtsfrage ab, wenn das angefochtene Erkenntnis auf einer tragfähigen Alternativbegründung beruht, zu der sich die aufgeworfenen Rechtsfragen nicht stellen (vgl. VwGH 22.12.2021, Ra 2020/15/0021, mwN).

17 Weiters bringt die Revision für ihre Zulässigkeit vor, dass ‑ auch bei Beachtung des Erkenntnisses VwGH 19.10.2017, Ro 2015/16/0024, ‑ Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Vereinbarkeit der Glücksspielabgabe mit unionsrechtlichen Vorgaben fehle. Die revisionswerbende Partei sei ein britisches Einzelunternehmen, das in Österreich Pokerspiele veranstalte. Deswegen und da in anderen Mitgliedstaaten ansässige Anbieter ein Interesse daran hätten, in Österreich Glücksspielstätten zu eröffnen, liege fallbezogen ein die Anwendung des Unionsrechts begründender grenzüberschreitender Sachverhalt vor (Hinweis auf VwGH 21.1.2019, Ro 2018/17/0007, mit Verweis auf EuGH 11.6.2015, C‑98/14 , Berlington Hungary, Rn. 27). Gemäß § 57 Abs. 1 GSpG unterliege der Einsatz jeder einzelnen Pokerrunde einer Besteuerung von 16 %, sodass sich eine Steuerbelastung ergebe, welche die Veranstaltung von Pokerspielen wirtschaftlich verunmögliche. Der Vergleich dieser zur niedrigeren Besteuerung der Konzessionärin einer Spielbank, die von der genannten Glücksspielabgabe befreit sei, und lediglich 30 % der Jahresbruttospieleinnahmen abzüglich Sonderbegünstigungen an Spielbankabgabe zu entrichten habe, führe zu ‑ in der Revision nicht näher konkretisierten ‑ unionsrechtlichen Bedenken gegen die Glücksspielabgabe.

18 Entgegen der Ansicht der Revision fehlt es nicht an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Vereinbarkeit der Glücksspielabgabe mit dem Unionsrecht:

Zunächst wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das auch in der Revision genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 19. Oktober 2017, Ro 2015/16/0024, verwiesen, welches sich unter Einbeziehung der herangezogenen Bemessungsgrundlagen bereits ausführlich mit der Frage der Abgabenpflicht gemäß § 57 GSpG für die in Pokersalons abgehaltenen Pokerspiele auseinandergesetzt und die gemäß § 57 Abs. 1 iVm § 59 GSpG festgesetzten Glücksspielabgaben für den dort in Rede stehenden Zeitraum als rechtmäßig erkannt hat. Dieses Erkenntnis betraf die Vorschreibung von Glücksspielabgaben nach § 57 GSpG für denselben Sachverhalt, der auch den angefochtenen Erkenntnissen zu Grunde liegt, nämlich für die Veranstaltung organisierter Kartenspiele in Pokersalons, vorwiegend in Form von Pokerturnieren und Cashgames. Weiters wird gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofs vom 27. März 2018, Ro 2017/17/0025 bis 0029, vom 21. Jänner 2019, Ra 2018/17/0150, und vom 26. März 2019, Ro 2019/17/0003, verwiesen, mit welchen Revisionen gegen die Vorschreibung von Glücksspielabgaben nach § 57 GSpG bei im Wesentlichen identen Sachverhalten zurückgewiesen wurden (vgl. auch den in der Revision genannten Beschluss VwGH 21.1.2019, Ro 2018/17/0007, 0008). Dass das nunmehr angefochtene Erkenntnis zu den genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs im Widerspruch stünde, behauptet die Revision nicht.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass es nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH den Mitgliedstaaten in Ermangelung einer Harmonisierung auf Unionsebene grundsätzlich freisteht, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele festzulegen und das angestrebte Schutzniveau zu bestimmen. Die sittlichen, religiösen oder kulturellen Besonderheiten und die mit Glücksspielen (und Wetten) einhergehenden sittlich und finanziell schädlichen Folgen für den Einzelnen wie für die Gesellschaft rechtfertigen es, den staatlichen Stellen ein ausreichendes Ermessen zuzuerkennen, um im Einklang mit ihrer eigenen Wertordnung festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben. Der Verwaltungsgerichtshof hat ‑ was die Revision übersieht ‑ bereits in ständiger Rechtsprechung unter Durchführung der vom EuGH geforderten Gesamtwürdigung erkannt, dass die im Glücksspielgesetz vorgesehenen Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit, etwa durch Statuierung eines Monopols zugunsten des Bundes in Verbindung mit der Vergabe von Konzessionen, durch die Verfolgung legitimer Ziele in kohärenter und systematischer Weise gerechtfertigt sind (vgl. ausführlich VwGH 16.3.2016, Ro 2015/17/0022). Dieser Rechtsansicht hat sich der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 15. Oktober 2016, E 945/2016-24, E 947/2016-23, E 1054/2016-19, angeschlossen. Der Verwaltungsgerichtshof hat an dieser Rechtsprechung mit Erkenntnis vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048, 0049, mit näherer Begründung festgehalten (vgl. erneut VwGH 21.1.2019, Ra 2018/17/0150, mwN; vgl. jüngst auch VfGH 14.12.2022, G 259/2022‑16, mwN, und OGH 18.11.2022, 6 Ob 200/22p, mwN).

Die Revision vermag mit ihrem Vorbringen betreffend eine abgabenrechtliche Mehrbelastung von Pokersalons keine Bedenken an der genannten Rechtsprechung zu wecken. Sie übersieht dabei auch, dass nach der Rechtsprechung der Höchstgerichte ein Vergleich der Glücksspielabgaben nach § 57 GSpG lediglich mit der Konzessionsabgabe nach § 28 GSpG bereits deswegen ausscheidet, weil den genannten Regelungen keine vergleichbaren Sachverhalte zugrunde liegen: Zum einen treffen (Spielbanken-)Konzessionäre weitgehende Verpflichtungen nach dem Glücksspielgesetz (insbesondere Spielerschutz, Beachtung der Geldwäscherichtlinien, Tragung der Kosten der staatlichen Aufsicht und Kontrolle gemäß § 31 GSpG). Zum anderen haben die Konzessionäre neben der Spielbankenabgabe gemäß § 28 GSpG auch einen Finanzierungsbeitrag gemäß § 1 Abs. 4 GSpG zu leisten (vgl. erneut VfGH 15.10.2016, E 945/2016, ua, und VfGH 8.6.2017, E 1330/2016‑13, ua, wiedergegeben in VwGH 22.10.2018, Ro 2018/16/0028).

Auch zum Bedenken der Revision, die Pokersalons seien einer exzessiven Besteuerung ausgesetzt, weil die Bemessungsgrundlage (der Einsatz) von den gewerblichen Pokersalons gar nicht vereinnahmt werde, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu verweisen, wonach § 57 Abs. 1 GSpG seinem Wortlaut nach nicht auf einen Erhalt der Spieleinsätze durch den Veranstalter abzielt. Es ist dem Gesetzgeber aber nicht zu unterstellen, dass ihm die Möglichkeit des Veranstaltens von Ausspielungen, bei denen nicht die gesamten Einsätze vom Veranstalter vereinnahmt werden, nicht bekannt gewesen wäre und er sie deswegen nicht berücksichtigt hätte (vgl. erneut VwGH 21.1.2019, Ra 2018/17/0150, und wiederum 21.1.2019, Ro 2018/17/0007, 0008, jeweils mwN). Die Abgabenschuld entsteht für den Veranstalter solcher Glücksspiele als Steuerschuldner (§ 59 Abs. 2 Z 1 GSpG) unabhängig davon, ob er die Abgabenbeträge eingenommen hat oder nicht. Der Veranstalter von Pokerspielen benötigt auch keine Gewahrsame an den Einsätzen, hat er es doch in der Hand, die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um die Abgabenschuld bei den Spielern einheben zu können (vgl. VwGH 16.12.2015, 2013/17/0326, Abschnitt 9.2, iZm mit der Vorarlberger Kriegsopferabgabe auf erlaubte Kartenspiele ohne Bankhalter). Es liegt daher an dem Veranstalter, durch die Einrichtung entsprechender Abläufe in seinem Unternehmen dafür Sorge zu tragen, dass er seinen abgaberechtlichen Verpflichtungen nachkommen kann.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich ‑ was die Revision ebenso übersieht ‑ bereits mehrmals mit der Frage beschäftigt, ob die Glücksspielabgabe nach § 57 GSpG bei Ausspielungen in Form von Poker zu einer exzessiven Steuerbelastung führt und diese Frage durchgehend verneint (vgl. schon das Erkenntnis im ersten Rechtsgang VwGH 8.7.2020, Ra 2018/17/0002; vgl. erneut 21.1.2019, Ra 2018/17/0150, sowie 21.1.2019, Ro 2018/17/0007, 0008, und 19.10.2017, Ro 2015/16/0024). In diesem Zusammenhang ist auch auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs hinzuweisen, der in Zusammenhang mit der Belastung von Pokercasinos mit Glücksspielabgabe nach § 57 GSpG in seinem Beschluss von 26. Februar 2018, E 3452/2017-12, u.a. ausgesprochen hat (vgl. wiederum VwGH 21.1.2019, Ra 2018/17/0150):

„Die Regelungen der §§ 57 ff. GSpG verletzen auch nicht die Erwerbsausübungsfreiheit und Eigentumsfreiheit. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist dem Abgabengesetzgeber nicht entgegenzutreten, wenn er die im öffentlichen Interesse liegenden Ziele durch eine Erhöhung der Abgabenbelastung erreichen möchte. Dass damit eine Verminderung der Rentabilität für den Veranstalter der Ausspielungen einhergehen kann und einige Standorte nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden können, führt ‑ wie der Verfassungsgerichtshof schon in seiner Vorjudikatur ausgesprochen hat ‑ nicht zu einem unzulässigen Eingriff in verfassungsrechtlich verbürgte Rechtspositionen (vgl. zB VfSlg. 18.183/2007 und 19.580/2011).“

Der Abgabengesetzgeber ist nicht verpflichtet, die Rentabilität der belasteten Tätigkeit zu garantieren, solange er nicht eine Erwerbstätigkeit vollkommen unterbindet (vgl. VfGH 12.6.2018, G 73/2018, zitiert nach OGH 21.11.2018, 1 Ob 209/18v).

19 Angesichts der vorliegenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs gelingt es der Revision nicht, eine noch offen gebliebene Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen.

20 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG zurückzuweisen.

21 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 51 VwGG, in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 19. April 2023

Stichworte