Normen
AVG §56
B-KJHG 2013 §11 Abs1
B-KJHG 2013 §12
KJHG Stmk 2013 §7 Abs1
KJHG Stmk 2013 §7 Abs2
KJHG Stmk 2013 §7 Abs3 Z2
KJHG Stmk 2013 §7 Abs5
KJHG Stmk 2013 §7 Abs7
KJHG Stmk 2013 §8 Abs3
KJHG Stmk 2013 §9
KJHGDV Stmk 2014
VwRallg
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2020110227.L00
Spruch:
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Die Revisionswerberin hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Am 26. Juni 2019 beantragte die Revisionswerberin durch ihre rechtsfreundliche Vertretung, die belangten Behörde möge bescheidmäßig feststellen, „dass die Antragstellerin über die Eignung (Qualifikation) als Fachpersonal für die Erbringung von Leistungen der ‚Sozialpädagogischen Kinder‑ und Jugendbetreuung‘ (Abschnitt III.B der Anlage 1 StKJHG‑DVO)“ und „der ‚Betreuung bei Trennungs‑ und Verlusterlebnissen‘ (Abschnitt IV.B der Anlage 1 StKJHG‑DVO) verfügt“. Hierzu führte sie zusammengefasst aus, sie betreibe als natürliche Person ein Unternehmen, das Leistungen der Lebens‑ und Sozialberatung wie Coaching, Stressmanagement, Paarberatung, Familienberatung oder Persönlichkeitsentwicklung anbiete. Seit 9. August 2012 verfüge die Revisionswerberin über eine Gewerbeberechtigung für das Gewerbe der Lebens‑ und Sozialberatung für die Beratung und Betreuung von Menschen gemäß § 94 Z 46 GewO‑1994. Lebens‑ und Sozialberater dürften auf Grundlage der erlernten Methodik Einzelpersonen, Paare und Familien, Vereine, Gruppen sowie Familien psychologisch ‑ mit Ausnahme der Psychotherapie ‑ beraten. Da es sich beim Gewerbe der Lebens‑ und Sozialberatung um ein reglementiertes Gewerbe handle, sei die Ausübung an die Erbringung eines Befähigungsnachweises gebunden. Die Ausbildung zum Lebens‑ und Sozialberater sei durch die Lebens- und Sozialberatungs‑Verordnung geregelt. Die Revisionswerberin verfüge im Hinblick auf die Leistungen „Sozialpädagogische Kinder‑ und Jugendbetreuung“ sowie „Betreuung bei Trennungs‑ und Verlusterlebnissen“ gemäß Anlage 1 StKJHG‑DVO über die erforderliche Qualifikation als Fachpersonal. Zwar sei eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für die Erlassung eines derartigen Feststellungsbescheides nicht ersichtlich, jedoch liege dessen Erlassung sowohl im öffentlichen Interesse als auch im Interesse der Revisionswerberin. Einem Feststellungsbescheid komme im konkreten Fall auch die Eignung zu, das Recht der Revisionswerberin für die Zukunft klarzustellen und dadurch ihre ‑ aus der aktuell hinsichtlich Lebens‑ und Sozialberatern nicht anerkannten Qualifikation für die angestrebten Betreuungsleistungen resultierende ‑ Rechtsgefährdung zu beseitigen.
2 Mit Bescheid vom 28. August 2019 wies die belangte Behörde diesen Antrag zurück. Begründend führte sie aus, auch wenn § 7 Abs. 2 StKJHG 2013 vorsehe, dass die Eignung für private Kinder‑ und Jugendhilfeeinrichtungen mit Bescheid festzustellen sei, könne daraus keinesfalls abgeleitet werden, dass über die Qualifikation einzelner Mitarbeiter gesondert abgesprochen werden könne. Des Weiteren ergebe sich aus dem StKJHG, dass die Vollziehung dieses Gesetzes, soweit nichts anderes bestimmt sei, im Wege der Privatwirtschaftsverwaltung erfolge. Da die belangte Behörde im konkreten Fall keine hoheitliche Befugnis habe, sei der Antrag ohne inhaltliche Prüfung zurückzuweisen.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht ‑ ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung ‑ die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerberin als unbegründet ab. Gleichzeitig sprach es gemäß § 25a VwGG aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.
4 Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, dass die Leistung „Sozialpädagogische Kinder‑ und Jugendbetreuung“ nicht mehr Teil des Leistungsangebotes der Stmk. Kinder- und Jugendhilfe sei und eine diesbezügliche Eignungsfeststellung bereits deshalb nicht erfolgen könne. Die Klärung der gegenständlich strittigen Rechtsfrage, ob bei diplomierten Lebens‑ und Sozialberaterinnen die Qualifikation als Fachpersonal für die Erbringung von Leistungen der „Betreuung bei Trennungs-und Verlusterlebnissen“ vorliege, sei Teil der Prüfung der Eignung einer privatrechtlichen Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung im behördlichen Verfahren nach § 7 Abs. 2 StKJHG. Über diese strittige Frage sei somit in einem verwaltungsbehördlichen Verfahren zu entscheiden, weshalb ein Feststellungsbescheid für die konkrete Frage kein notwendiges, letztes und einziges Mittel der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung sei.
5 Gegen diese Erkenntnis erhob die Revisionswerberin zunächst Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B‑VG vor dem Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 21. September 2020, E 2863/2020‑5, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
6 In weiterer Folge erhob die Revisionswerberin die vorliegende, vom Verwaltungsgericht gemeinsam mit den Akten des Verfahrens vorgelegte (außerordentliche) Revision, zu der die belangte Behörde eine Revisionsbeantwortung erstattete.
7 Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Revision erwogen:
8 Durch Art. 1 Z 7a des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 14/2019 wurde die bis dahin in Art. 12 Abs. 1 Z 1 B‑VG geregelte Mutterschafts‑, Säuglings‑ und Jugendfürsorge in die Kompetenz der Länder zur Gesetzgebung und Vollziehung gemäß Art. 15 Abs. 1 B‑VG übertragen. Das Inkrafttreten dieser Änderung wurde an den Zeitpunkt des Inkrafttretens einer Vereinbarung zwischen Bund und Ländern nach Art. 15a B‑VG über den Gegenstand des Bundes‑Kinder‑ und Jugendhilfegesetzes 2013 (B‑KJHG) geknüpft, dessen grundsatzgesetzlicher Teil außer Kraft gesetzt wurde (Art. 151 Abs. 63 Z 4 und 5 B‑VG idF BGBl. I Nr. 14/2019).
9 Die mit 1. Jänner 2020 in Kraft getretene Vereinbarung gemäß Art. 15a B‑VG über die Kinder‑ und Jugendhilfe, BGBl. I Nr. 106/2019, lautet auszugsweise:
„Artikel 2
Grundsätzliche Aufgaben der Länder
(1) Die Länder verpflichten sich, die im 1. Teil des Bundes‑Kinder‑ und Jugendhilfegesetzes 2013 ‑ B‑KJHG 2013, BGBl. I Nr. 69/2013, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 32/2018, festgelegten Instrumente, Mindeststandards und Leistungen der Kinder‑ und Jugendhilfe im Rahmen ihrer Gesetzgebung und Vollziehung umzusetzen.
(2) Die Bestimmungen und Mindeststandards folgender Rechtsvorschriften des B‑KJHG 2013 werden zum Inhalt dieser Vereinbarung erhoben und bilden die vereinbarten Grundsätze für die Gesetzgebung der Länder:
1. die §§ 1 bis 7 B‑KJHG 2013 und
2. die §§ 9 bis 36 B‑KJHG 2013.“
10 Das B‑KJHG 2013, BGBl. I Nr. 69/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 32/2018, lautete auszugsweise:
„2. Hauptstück
Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe
1. Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen
Trägerschaft
§ 10. (1) Träger der Kinder‑ und Jugendhilfe ist das Land (Kinder‑ und Jugendhilfeträger).
(2) Die Landesgesetzgebung bestimmt die Organisationseinheiten, welche die Leistungen im Sinne des 2. Hauptstücks zu erbringen und sonstige Aufgaben, die dem Kinder‑ und Jugendhilfeträger obliegen, zu erfüllen haben.
(3) Leistungen, die nicht dem Kinder‑ und Jugendhilfeträger vorbehalten sind, können auch von privaten Kinder‑ und Jugendhilfeeinrichtungen erbracht werden, sofern sie nach ihrer sachlichen und personellen Ausstattung zur Erfüllung dieser Aufgaben geeignet sind.
Private Kinder‑ und Jugendhilfeeinrichtungen
§ 11. (1) Auf Antrag ist vom Kinder‑ und Jugendhilfeträger über das Vorliegen der Eignungsvoraussetzung bei privaten Kinder‑ und Jugendhilfeeinrichtungen mit Bescheid zu entscheiden. Ändern sich die Eignungsvoraussetzungen, sind diese neuerlich zu prüfen und der Bescheid allenfalls abzuändern.
(2) Bei der Eignungsfeststellung ist insbesondere zu prüfen, ob die private Kinder‑ und Jugendhilfeeinrichtung über ein fachlich fundiertes Konzept, Fach‑ und Hilfskräfte in der jeweils erforderlichen Anzahl sowie über geeignete Räumlichkeiten und ausreichende wirtschaftliche Voraussetzungen verfügt.
(3) Über die Leistungserbringung durch geeignete private Kinder‑ und Jugendhilfeeinrichtungen können Leistungsverträge abgeschlossen werden, in denen unter anderem Art, Umfang und sonstige Bedingungen der Leistungserbringung sowie die Leistungsentgelte geregelt werden können.
(4) Die Leistungserbringung durch private Kinder‑ und Jugendhilfeeinrichtungen unterliegt der Aufsicht des Kinder‑ und Jugendhilfeträgers. Die Behebung von Mängeln ist mit Bescheid aufzutragen. Liegen die Eignungsvoraussetzungen nicht mehr vor, ist die Bewilligung zu widerrufen.
(5) Private Kinder‑ und Jugendhilfeeinrichtungen sind verpflichtet, im Rahmen des Bewilligungsverfahrens, der Aufsicht und der Leistungserbringung dem Kinder‑ und Jugendhilfeträger die erforderlichen Auskünfte zu erteilen, notwendige Dokumente vorzulegen, die Kontaktaufnahme mit den betreuten Kindern und Jugendlichen und die Besichtigung von Räumlichkeiten zuzulassen.
Fachliche Ausrichtung
§ 12. (1) Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe sind nach fachlich anerkannten Standards sowie dem aktuellen Stand der Wissenschaften zu erbringen.
(2) Für die Erbringung von Leistungen der Kinder‑ und Jugendhilfe sind nur Fachkräfte heranzuziehen, die für den jeweiligen Tätigkeitsbereich ausgebildet und persönlich geeignet sind. Die Heranziehung sonstiger geeigneter Kräfte ist zulässig, sofern Art und Umfang der Tätigkeit keine Fachausbildung erfordern.
(3) Der Kinder‑ und Jugendhilfeträger hat die Ausbildungs‑ und Eignungsvoraussetzungen sowie die Anzahl der erforderlichen Fachkräfte festzulegen. Dabei ist auf fachliche Standards, wissenschaftliche Erkenntnisse sowie die Bevölkerungsgruppen, die die Leistungen in Anspruch nehmen, Bedacht zu nehmen.
(4) Fachkräften der Kinder- und Jugendhilfe ist regelmäßig berufsbegleitende Fort- und Weiterbildung sowie Supervision anzubieten.
(5) Für die einzelnen Leistungen der Kinder‑ und Jugendhilfe sind unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse und gesellschaftlicher Entwicklungen fachliche Standards festzulegen, welche in geeigneter Weise für die Fachkräfte sowohl des Kinder- und Jugendhilfeträgers als auch der privaten Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen, die Leistungen für den Kinder‑ und Jugendhilfeträger erbringen, verbindlich zu machen sind.“
11 In den Materialien dazu (RV 2191 BlgNR 24. GP , 16 f.) wird ausgeführt:
„Zu § 11:
Die Eignung ist immer nur für jene Leistung zu prüfen, für die die private Kinder‑ und Jugendhilfeeinrichtung auch tatsächlich herangezogen werden soll. Ein fachlich fundiertes Konzept liegt vor, wenn in diesem die zu erbringenden Leistungen unter Bezugnahme auf die Zielgruppe und deren Problemlagen unter Heranziehung wissenschaftlicher Grundlagen schlüssig beschrieben sind. Die Fachkräfte sollen insbesondere aus den Bereichen der Sozialarbeit, Sozialpädagogik und Psychologie stammen und für die zu erbringenden Leistungen geeignet sein.
Private Kinder‑ und Jugendhilfeeinrichtungen unterliegen der Aufsicht des Kinder‑ und Jugendhilfeträgers in allen fachlichen aber auch wirtschaftlichen und organisatorischen Belangen. Bei mangelhafter Leistungserbringung bzw. Nichtbeseitigung von Mängeln kann die Anerkennung als private Kinder‑ und Jugendhilfeeinrichtung bescheidmäßig entzogen werden.
Zu § 12:
Eines der zentralen Kriterien für die Erbringung qualitativer Leistungen für werdende Eltern, Familien, Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene und damit auch für die Gewährleistung des Kindeswohls ist die Beschäftigung von Fachleuten, die für den jeweiligen Fachbereich ausgebildet und geeignet sind und im Rahmen einer Berufseingangsphase auch entsprechend eingeschult wurden. Als Fachleute kommen insbesondere solche aus den Bereichen der Sozialarbeit, Sozialpädagogik, Psychologie, Psychotherapie und Medizin in Betracht. Die Befähigung der Fachleute ist auch durch regelmäßige Fort- und Weiterbildung sowie Super‑ oder Intervision zu fördern. Die Heranziehung sonstiger geeigneter Kräfte ist nur für Hilfsdienste unter Anleitung einer Fachkraft vorgesehen.
...
Da diese Anforderungen laufenden Änderungen und Weiterentwicklungen unterliegen, werden diese Kriterien nicht im gegenständlichen Gesetzentwurf bestimmt, sondern sind in geeigneter, rechtlich verbindlicher Form sowohl für Kinder- und Jugendhilfeträger als auch für private Kinder‑ und Jugendhilfeeinrichtungen festzulegen.“
12 Die vorliegend maßgeblichen Bestimmungen des Steiermärkischen Kinder‑ und Jugendhilfegesetzes ‑ StKJHG, LGBl. Nr. 138/2013 idF LGBl. Nr. 63/2018, lauten auszugsweise:
„§ 5
Träger der Kinder‑ und Jugendhilfe
(1) Träger der Kinder- und Jugendhilfe ist das Land Steiermark (Kinder‑ und Jugendhilfeträger).
(2) Die Vollziehung dieses Gesetzes erfolgt, soweit nicht anderes bestimmt ist, im Wege der Privatwirtschaftsverwaltung.
(3) Die Landesregierung hat folgende behördliche und nichtbehördliche Aufgaben wahrzunehmen:
1. die Eignungsfeststellung von privaten Kinder‑ und Jugendhilfeeinrichtungen gemäß § 7 Abs. 2 und 3,
2. die Beauftragung von privaten Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen mittels schriftlicher Leistungsverträge gemäß § 7 Abs. 1 und 4 und § 8 Abs. 4,
3. die Aufsicht über private Kinder‑ und Jugendhilfeeinrichtungen gemäß § 7 Abs. 5,
4. die Einrichtung eines internetbasierenden Dateisystems gemäß § 7 Abs. 6,
5. die Fortbildung des Personals, das mit Aufgaben der Vollziehung dieses Gesetzes betraut ist, gemäß § 9 Abs. 3; die Stadt Graz hat jedenfalls für ihr Personal selbst Fortbildung anzubieten,
...
§ 7
Private Kinder‑ und Jugendhilfeeinrichtungen
(1) Private Kinder‑ und Jugendhilfeeinrichtungen können vom Kinder‑ und Jugendhilfeträger mit der Erbringung bestimmter Leistungen des 3. Teiles beauftragt werden, wenn dies im Sinne der Grundsätze und Ziele zweckmäßig ist und sie zur Erbringung dieser Leistungen geeignet sind.
(2) Der Kinder‑ und Jugendhilfeträger hat die Eignung privater Kinder‑ und Jugendhilfeeinrichtungen mit Bescheid festzustellen (Bewilligung). Die zur Beurteilung nach Abs. 3 erforderlichen Unterlagen sind vorzulegen. Ändern sich die Eignungsvoraussetzungen, ist die Eignung neuerlich zu prüfen und der Bescheid allenfalls abzuändern.
(3) Bei der Eignungsfeststellung ist insbesondere zu prüfen, ob die private Kinder‑ und Jugendhilfeeinrichtung im Hinblick auf die Leistung über
1. ein fachlich fundiertes sozialpädagogisches und/oder psychosoziales sowie ein organisatorisches Konzept,
2. Fachkräfte und sonstige geeignete Personen (§ 9) in der jeweils erforderlichen Anzahl,
3. geeignete Räumlichkeiten und
4. ausreichende wirtschaftliche Voraussetzungen verfügt. Die Eignung von Pflegepersonen wird unter den Voraussetzungen des 4. Abschnittes des 3. Teiles festgestellt.
(4) Beauftragungen nach Abs. 1 haben mittels schriftlicher Leistungsverträge zu erfolgen. Darin sind jedenfalls festzulegen:
1. Art, Umfang und Grundsätze sowie sonstige Bedingungen der Leistungserbringung,
2. Höhe der Auftragsentgelte und die Grundlagen für deren Bemessung,
3. Art und Umfang von Auskunfts- und Kontrollmöglichkeiten des Auftraggebers in Bezug auf die erbrachten Hilfen und die sparsame, wirtschaftliche und zweckmäßige Mittelverwendung sowie 4. Geltungsdauer des Vertrags.
(5) Die Leistungserbringung durch private Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen unterliegt der Aufsicht des Kinder- und Jugendhilfeträgers. Die Behebung von Mängeln ist mit Bescheid aufzutragen. Liegen die Eignungsvoraussetzungen nicht mehr vor, ist die Bewilligung zu widerrufen.
(6) ...
(7) Bei Einzelpersonen, die mit der Erbringung bestimmter Leistungen des 3. Teiles beauftragt werden, kann von einer Eignungsfeststellung nach Abs. 2 sowie vom Abschluss eines Leistungsvertrages nach Abs. 4 abgesehen werden, wenn die Eignung aufgrund der berufsrechtlichen Vorschriften für die Erbringung der Leistung vorliegt.
(8) ...
§ 8
Fachliche Ausrichtung
(1) Der Kinder‑ und Jugendhilfeträger und die privaten Kinder‑ und Jugendhilfeeinrichtungen haben ihre Leistungen nach dem Stand der Wissenschaften und, soweit fachlich geboten, interdisziplinär und multi‑professionell zu erbringen.
(2) Die Landesregierung hat unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse und gesellschaftlicher Entwicklungen für die einzelnen Leistungen fachliche Standards festzulegen und die Qualität der Leistungen in einem kontinuierlichen Prozess weiterzuentwickeln.
(3) Die Landesregierung kann für mobile, ambulante und stationäre Erziehungshilfen eine Verordnung erlassen. Diese hat insbesondere zu regeln:
1. die sachlichen, fachlichen und personellen Erfordernisse für die Erbringung der Leistung,
2. Maßnahmen der Qualitätssicherung und des Controllings,
3. die Entgelte für die zu erbringenden Leistungen,
4. die Ab- und Verrechnung.
(4) Um flexible Hilfen zu gewährleisten, kann der Kinder‑ und Jugendhilfeträger mit privaten Kinder‑ und Jugendhilfeeinrichtungen Verträge zur Erbringung von nicht in der Verordnung gemäß Abs. 3 enthaltenen Erziehungshilfen abschließen.
§ 9
Personal
(1) Für die Erbringung der Leistungen der Kinder‑ und Jugendhilfe dürfen nur Fachkräfte eingesetzt werden, die für den jeweiligen Tätigkeitsbereich ausgebildet und persönlich geeignet sind. Der Einsatz sonstiger geeigneter Personen ist unter Anleitung einer Fachkraft zulässig, sofern Art und Umfang der Tätigkeit keine Fachausbildung erfordern.
(2) Die Landesregierung hat die Ausbildungs‑ und Eignungsvoraussetzungen sowie die Anzahl der erforderlichen Fachkräfte festzulegen. Dabei ist auf fachliche Standards, wissenschaftliche Erkenntnisse sowie die Bevölkerungsgruppen, die die Leistungen in Anspruch nehmen, Bedacht zu nehmen.
(3) Der Kinder- und Jugendhilfeträger und die privaten Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen haben für die
1. berufsbegleitende Fort- und Weiterbildung sowie den fachlichen Wissenstransfer, insbesondere die kollegiale Beratung im Team, und
2. die berufliche Reflexion, insbesondere die Supervision und die Intervision, ihrer Fachkräfte zu sorgen.“
13 Den erläuternden Bemerkungen zum StKJHG 2013 (RV XVI. GPStLT EZ/OZ 2050/1, 9 ff.) ist Folgendes zu entnehmen:
„Zu § 5 (Träger der Kinder- und Jugendhilfe):
...
Abs. 2 legt fest, dass das Land die Aufgaben, die ihm durch dieses Gesetz übertragen werden, als Träger von Privatrechten zu besorgen hat. Zu den behördlichen Aufgaben zählen die Erlassung von Verordnungen (§ 8 Abs. 3, § 16 Abs. 3, § 33 Abs. 2, § 34 Abs. 2, § 35 Abs. 3, § 43 Abs. 2), die Bewilligung und Beaufsichtigung von privaten Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen (§ 7 ‑ dazu können auch sozialpädagogische Einrichtungen gemäß § 32 zählen), ...
In Abs. 3 werden jene Aufgaben aufgezählt, die der Landesregierung vorbehalten sind. Dazu zählen die in § 7 festgehaltenen Aufgaben der Eignungsfeststellung, Beauftragung und Aufsicht über private Kinder‑ und Jugendhilfeeinrichtungen ...
...
Zu § 7 (Private Kinder‑ und Jugendhilfeeinrichtungen):
Abs. 1: ...
Auf eine eigene Definition privater Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen wird bewusst verzichtet, um nicht künftige AnbieterInnen auszuschließen. Gemeint sind jedenfalls vom (öffentlichen) Kinder‑ und Jugendhilfeträger verschiedene (meist privatrechtlich organisierte) Einrichtungen (Stiftungen, Vereine, Gesellschaften usw.) und (in Ausnahmefällen) auch Einzelpersonen (vgl. Abs. 7), die Leistungen im Sinne des 3. Teiles erbringen. Konkret sollen solche Einrichtungen vom Kinder‑ und Jugendhilfeträger beauftragt werden, wenn dies im Sinne der Ziele und Grundsätze zweckmäßig ist und sie zur Erbringung solcher Leistungen geeignet sind. Die Suche nach den privaten Kinder‑ und Jugendhilfeinrichtungen erfolgt im Wege von Ausschreibungen.
...
Abs. 2: Die Eignung ist mittels Bescheid festzustellen. Eine Eignung ist ... immer nur für jene Leistung zu prüfen, für die die private Kinder‑ und Jugendhilfeeinrichtung auch tatsächlich herangezogen werden soll.
...
Abs. 7: Bereits bisher wurden für die Erbringung der Leistungen „Psychotherapie“ beziehungsweise „Psychologische Behandlung“ Einzelpersonen mit Vertrag beauftragt, die sich keiner Anerkennung nach dem StJWG 1991 unterziehen mussten. Voraussetzung für die Beauftragung mit Vertrag war allerdings die Eintragung in die Liste der Klinischen und GesundheitspsychologInnen beim Ministerium. Diese Möglichkeit der Heranziehung von PsychologInnen (ohne vorherige Eignungsfeststellung) soll auch weiterhin möglich sein, da ihre Eignung bereits durch die Eintragung in die Liste beim Bundesministerium für Gesundheit (Liste der Klinischen und GesundheitspsychologInnen beziehungsweise Liste der eingetragenen PsychotherapeutInnen) als nachgewiesen gilt.
...
Zu § 9 (Personal):
...
Abs. 1: Eines der zentralen Kriterien für die Erbringung qualitativer Leistungen für (werdende) Eltern, Familien, Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene und damit auch für die Gewährleistung des Kindeswohls ist die Beschäftigung von Fachleuten, die für den jeweiligen Fachbereich ausgebildet und geeignet sind und im Rahmen einer Berufseingangsphase auch entsprechend eingeschult wurden. Als Fachleute kommen insbesondere SozialarbeiterInnen, SozialpädagogInnen, PsychologInnen, PsychotherapeutInnen und MedizinerInnen. Die Heranziehung sonstiger geeigneter Kräfte ist nur für Hilfsdienste unter Anleitung einer Fachkraft vorgesehen.
Abs. 2: Neben der persönlichen Eignung und der fachlichen Ausbildung spielt auch die Anzahl der eingesetzten Fachkräfte für die Qualität der Leistungserbringung eine wesentliche Rolle. Daher sind bei der Festlegung allfälliger allgemeiner Betreuungsschlüssel in erster Linie fachliche Aspekte unter Einbeziehung wissenschaftlicher Erkenntnisse zu berücksichtigen.
...“
14 Die Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom 19. Dezember 2013, mit der das Steiermärkische Kinder‑ und Jugendhilfegesetz durchgeführt wird (Stmk. Kinder‑ und Jugendhilfegesetz‑Durchführungsverordnung ‑ StKJHG‑DVO), LGBl. Nr. 1/2014 in der hier maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 46/2020, lautet auszugsweise:
„Präambel/Promulgationsklausel
Auf Grund des § 8 Abs. 3, § 16 Abs. 3, § 33 Abs. 2, § 34 Abs. 2, § 35 Abs. 3, § 43 Abs. 2 und 3 Steiermärkisches Kinder‑ und Jugendhilfegesetz, LGBl. Nr. 138/2013, wird verordnet:
...
1. Abschnitt
Präventivhilfen und Erziehungshilfen (§ 8 Abs. 2 und 3 StKJHG)
§ 1
Regelungsgegenstand
Diese Verordnung regelt
1. in Anlage 1 die sachlichen, fachlichen und personellen Erfordernisse für die Erbringung der Leistung sowie die Maßnahmen der Qualitätssicherung (Leistungskatalog);
...
Anlage 1
Betreuung bei Trennungs- und Verlusterlebnissen (BTV) IV. B.
...
Kurzbeschreibung:
Der Leistungserbringer begleitet Kinder und Jugendliche sowie deren/dessen Eltern(‑teile) oder wichtige Bezugspersonen aus dem privaten Umfeld, die von Trennung bzw. Scheidung oder Tod der Eltern oder naher Bezugspersonen betroffen sind und hilft diesen mit der neuen Situation besser zurechtzukommen.
...
Qualifikation:
Die MitarbeiterInnen müssen eine abgeschlossene Ausbildung in Ausbildungseinrichtungen, welche von Bund oder Ländern anerkannt sind (UNI, FH, Akademie, Bildungsanstalt, Kolleg), vorweisen. Diese Ausbildung muss zumindest 60 ECTS‑Punkten oder 1500 Stunden entsprechen.
Studium der Psychologie, Studium der Pädagogik, (Dipl.‑)SozialarbeiterInnen (der Akademie für Sozialarbeit oder Fachhochschule für Soziale Arbeit, Fachhochschule Jugendsozialarbeit), PflichtschullehrerInnen mit Lehramt (Volks‑, Haupt‑, Sonder‑, Polytechnische Schule und Religionspädagogik), ErzieherInnen/(Diplom‑) SozialpädagogInnen (Bundesbildungsanstalt, Kolleg), KindergartenpädagogInnen, JugendarbeiterInnen.
Zudem ist eine themenbezogene Zusatzqualifikation erforderlich.“
15 Die von der Revisionswerberin genannte Leistung „Sozialpädagogische Kinder‑ und Jugendbetreuung (Abschnitt III.B der Anlage 1 StKJHG‑DVO)“ findet sich im Leistungskatalog seit der Novelle der StKJHG‑DVO, LGBl. Nr. 46/2020, welche mit 1. Februar 2020 in Kraft getreten ist, nicht mehr.
16 In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird vorgebracht, die Revisionswerberin strebe die Erbringung spezieller Leistungen für Einrichtungen der Kinder‑ und Jugendhilfe an, wolle jedoch selbst keine derartige Einrichtung sein. Sie habe „eine umfassende finanziell aufwändige Ausbildung als diplomierte Lebens‑ und Sozialberaterin absolviert“. Mangels entsprechender rechtsverbindlicher Feststellung ihrer Eignung zur Erbringung der gegenständlichen Leistungen in der Kinder‑ und Jugendhilfe sei sie „insbesondere in ihrer Berufsausübung und damit auch in ihrem Erwerb beschränkt“. Unter anderem wird die Frage aufgeworfen, ob „bereits § 7 Abs. 7 StKJHG eine ausdrückliche gesetzliche Regelung dahingehend [enthält], dass für die Eignung (Qualifikation) von Einzelpersonen zur Erbringung von bestimmten Leistungen der Kinder‑ und Jugendhilfe ein Feststellungsbescheid zu erlassen ist“.
17 Die Revision ist schon aus diesem Grund zur Klärung der Rechtslage zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
18 Vorauszuschicken ist, dass in Fällen, in denen die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde einen Antrag zurückgewiesen hat und dagegen Beschwerde erhoben wird, Sache des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung ist (vgl. etwa VwGH 19.1.2022, Ra 2020/11/0228, mwN). Das Verwaltungsgericht hatte im vorliegenden Fall daher allein zu prüfen, ob die inhaltliche Behandlung des Feststellungsantrages der Revisionswerberin von der belangten Behörde zu Recht verweigert worden war. Dabei hatte das Verwaltungsgericht die Sach‑ und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung zu berücksichtigen (vgl. etwa VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076; 28.1.2016, Ra 2015/07/0070; 28.3.2018, Ro 2017/07/0005).
19 Nach § 11 Abs. 1 B‑KJHG 2013 (welcher gemäß ihrem Art. 2 Abs. 2 Z 2 Inhalt der Vereinbarung BGBl. I Nr. 106/2019 ist) erfolgt die Eignungsfeststellung (Bewilligung) einer privaten Kinder‑ und Jugendhilfeeinrichtung auf Antrag. § 7 StKJHG sieht einen Antrag zwar nicht explizit vor, eine Auslegung, nach den Vorgaben des Grundsatzgesetzes führt aber dazu, dass die Bewilligung auch nach dem StKJHG nur auf Antrag erfolgt. Sowohl aus den Erläuterungen dazu als auch aus jenen zu § 7 Abs. 2 StKJHG geht hervor, dass die Eignungsfeststellung (Bewilligung) immer nur im Hinblick auf jene Leistung erfolgt, die tatsächlich erbracht werden soll. Aus einer Zusammenschau von § 7 Abs. 2 und 7 sowie aus den Erläuterungen zu § 7 Abs. 1 StKJHG ergibt sich, dass unter den Begriff der privaten Kinder‑ und Jugendhilfeeinrichtung in Ausnahmefällen auch Einzelpersonen zu subsumieren sind.
20 Wenn die Eignung aufgrund der berufsrechtlichen Vorschriften für die Erbringung der Leistung vorliegt, kann gemäß § 7 Abs. 7 StKJHG bei Einzelpersonen, die mit der Erbringung bestimmter Leistungen beauftragt werden, von einer Eignungsfeststellung nach Abs. 2 (sowie vom Abschluss eines Leistungsvertrages nach Abs. 4) des § 7 StKJHG abgesehen werden. Nach den Erläuterungen dient diese Bestimmung dazu, PsychologInnen ohne vorherige Eignungsfeststellung zur Erbringung bestimmter (psychologischer und psychotherapeutischer ‑ vgl. Abschnitt III.H und I der Anlage 1 der StKJHG‑DVO) Leistungen heranziehen zu können, da ihre Eignung bereits durch die Eintragung in die Liste beim zuständigen Bundesministerium (Liste der Klinischen und GesundheitspsychologInnen bzw. Liste der eingetragenen PsychotherapeutInnen) als nachgewiesen gilt.
21 Daraus ist e contrario zu schließen, dass die Eignung von Einzelpersonen, die mit der Erbringung anderer (als psychologischer und psychotherapeutischer) Leistungen der Kinder‑ und Jugendhilfe beauftragt werden sollen, im Bewilligungsverfahren nach § 7 Abs. 2 StKJHG anhand der jeweiligen im Leistungskatalog der Anlage 1 der (u.a. auf § 8 Abs. 3 StKJHG gestützten) StKJHG‑DVO genannten Voraussetzungen, zu denen auch bestimmte Berufsqualifikationen zählen, unter Berücksichtigung der auf die Einzelperson zutreffenden berufsrechtlichen Vorschriften zu prüfen ist. Aus dem Gesamtzusammenhang all dieser Vorschriften und der Erläuterungen dazu ergibt sich jedoch, dass es sich dabei nur um solche Einzelpersonen handeln kann, die vom Träger der Kinder‑ und Jugendhilfe anstelle einer Einrichtung für eine bestimmte, im Leistungskatalog der StKJHG‑DVO genannte Leistung herangezogen werden, nicht jedoch um Personen, die als qualifiziertes Fachpersonal iSd. § 12 B‑KJHG 2013 bzw. des § 9 StKJHG von einer privaten Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung beschäftigt werden.
22 Wie jedoch aus den eingangs zitierten Anträgen der Revisionswerberin hervorgeht, strebt sie ‑ was in der Revision nochmals ausdrücklich betont wird ‑ kein Bewilligungsverfahren nach § 7 Abs. 2 StKJHG als (Einpersonen‑)Einrichtung an, sondern eine bescheidmäßige Feststellung ihrer Eignung als Fachkraft (iSd. § 12 B‑KJHG 2013 bzw. des § 9 StKJHG) für die Beschäftigung in einer Kinder‑ und Jugendhilfeeinrichtung.
23 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist, wenn ‑ wie vorliegend ‑ keine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für die Erlassung eines Feststellungsbescheides besteht, diese nur dann zulässig, wenn sie im öffentlichen Interesse oder insofern im Interesse der Partei liegt, als dies für die Partei ein notwendiges Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung darstellt. Ein rechtliches Interesse an einer Feststellung im Wege eines Bescheides bzw. einer gerichtlichen Entscheidung ist also dann gegeben, wenn die Feststellungsentscheidung für die Partei ein geeignetes Mittel zur Beseitigung aktueller oder zukünftiger Rechtsgefährdung ist. Der Feststellung muss konkret die Eignung zukommen, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft klarzustellen und dadurch die Gefährdung eines subjektiven Rechts des Antragstellers zu beseitigen. Ein (bloß) wirtschaftliches Interesse rechtfertigt nicht die Erlassung eines Feststellungsbescheides (vgl. etwa VwGH 26.2.2008, 2005/11/0106; 15.7.2021, Ro 2019/04/0008; 24.5.2022, Ra 2021/11/0116, jeweils mwN).
24 Im Revisionsfall erweist sich eine bescheidmäßige Eignungsfeststellung „als Fachpersonal“ (iSd. § 9 StKJHG) nicht als geeignetes Mittel zur Beseitigung einer aktuellen oder zukünftigen Rechtsgefährdung der Revisionswerberin.
25 Im Hinblick auf die begehrte Feststellung „über die Eignung (Qualifikation) als Fachpersonal für die Erbringung von Leistungen der ‚Sozialpädagogischen Kinder- und Jugendbetreuung‘ (Abschnitt III.B der Anlage 1 StKJHG‑DVO)“ ergibt sich dies bereits aus dem Umstand, dass ‑ wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausführte ‑ diese Leistung nicht mehr Bestandteil des Leistungskatalogs der Anlage 1 zur StKJHG‑DVO ist.
26 Aber auch hinsichtlich der Leistung „Betreuung bei Trennungs‑ und Verlusterlebnissen“ (Abschnitt IV.B der Anlage 1 zur StKJHG‑DVO) wäre die begehrte Eignungsfeststellung zur Beseitigung einer Rechtsgefährdung der Revisionswerberin nicht geeignet, und zwar aus folgenden Gründen: Die Beschäftigung bei einer privaten Kinder‑ und Jugendhilfeeinrichtung erfolgt auf privatrechtlicher Basis, etwa aufgrund eines Dienst‑ oder Werkvertrags. Zwar wird es schon im Hinblick auf § 7 Abs. 2, Abs. 3 Z 2 und Abs. 5 StKJHG im Interesse der Einrichtung liegen, die Eignung ihres in Aussicht genommenen Personals anhand der jeweiligen im Leistungskatalog der Anlage 1 der StKJHG‑DVO genannten Voraussetzungen zu beurteilen, doch ist die Kinder‑ und Jugendhilfeeinrichtung bei der Auswahl ihres Personals grundsätzlich frei. Daher kommt niemandem ‑ egal ob fachlich geeignet oder nicht ‑ ein Recht zu, von einer solchen Einrichtung beschäftigt zu werden, sodass diesbezüglich auch keine Rechtsgefährdung erkennbar ist.
27 Die Revisionswerberin zeigt auch nicht auf, dass sich ihre Rechtsposition ändern würde, je nachdem, ob ihre Eignung „als Fachpersonal“ bescheidmäßig festgestellt würde oder nicht. Beim geltend gemachten Interesse, im Hinblick auf ihre „finanziell aufwändige Ausbildung“ in ihrer Berufswahl nicht beschränkt zu werden, handelt es sich vielmehr um ein bloß wirtschaftliches Interesse, welches die Erlassung eines Feststellungsbescheides nicht rechtfertigt.
Zum gerügten Unterbleiben der mündlichen Verhandlung ist auf Folgendes hinzuweisen:
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat mit Blick auf Art. 6 EMRK die Auffassung vertreten, dass eine Verhandlung nicht in jedem Fall geboten ist, und zwar insbesondere dann nicht, wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten sind, sodass eine Verhandlung nicht notwendig ist und das Gericht aufgrund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden kann (vgl. VwGH 1.9.2022, Ra 2021/03/0163, mit Hinweis auf EGMR 18.7.2013, Nr. 56422/09, Schädler‑Eberle/Liechtenstein, und EGMR 8.11.2016, Nr. 64160/11, Pönkä/Estland). Von dieser Judikatur ist das Verwaltungsgericht nicht abgewichen.
28 Da die Feststellungsanträge der Revisionswerberin somit im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen wurden, war die Revision gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
29 Die beantragte mündliche Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG entfallen.
30 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG iVm. der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 4. Mai 2023
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