VwGH Ra 2022/17/0035

VwGHRa 2022/17/003513.7.2022

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer sowie die Hofräte Mag. Berger und Dr. Horvath als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des S K M (alias S M) in L, vertreten durch Mag. Susanne Singer, Rechtsanwältin in 4600 Wels, Ringstraße 9, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Jänner 2022, W272 2211554‑2/10E, betreffend Abweisung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen gemäß § 56 AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
MRK Art8
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022170035.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 2. November 2021 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einen Antrag des Revisionswerbers vom 29. April 2021 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen nach § 56 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ab. Unter einem wurde gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung erlassen, die Zulässigkeit seiner Abschiebung in den Iran festgestellt, eine Frist für seine freiwillige Ausreise festgelegt und ein auf die Dauer von eineinhalb Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der dagegen gerichteten Beschwerde des Revisionswerbers teilweise Folge gegeben und das gegen den Revisionswerber erlassene Einreiseverbot ersatzlos behoben. Im Übrigen wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde als unbegründet ab und erklärte eine Revision für nicht zulässig.

3 Gegen den die Beschwerde abweisenden Teil des Erkenntnisses richtet sich die vorliegende Revision.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Zur Zulässigkeit wird in der Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG vorgebracht, dass die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Feststellungen über die Intensität der Beziehung des Revisionswerbers zu einer Freundin und deren Töchtern, mit welchen er in einem Haushalt lebe, unvertretbar sei. Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben des Revisionswerbers in Österreich würden daher auf einer verfahrensrechtlich mangelhaften Grundlage beruhen. Deswegen sei die gegen den Revisionswerber gerichtete Rückkehrentscheidung rechtswidrig, weil diese auf einer Interessenabwägung gemäß Art. 8 EMRK beruhe, die zugunsten des Revisionswerbers hätte ausgehen müssen.

8 Eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK ist im Allgemeinen ‑ wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde ‑ nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG (vgl. für viele VwGH 18.3.2019, Ra 2019/01/0068, sowie 31.5.2021, Ra 2020/01/0284 bis 0288, jeweils mwN).

9 Der Revisionswerber sieht einen solchen die Zulässigkeit der Revision dennoch begründenden Verfahrensmangel in der Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts.

Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 24.9.2015, Ra 2015/07/0089; 8.11.2021, Ra 2021/19/0390, jeweils mwN).

Die Revision zeigt einen derartigen krassen Fehler der Beweiswürdigung jedoch nicht auf.

Der ‑ an sich nur zur Rechtskontrolle berufene ‑ Verwaltungsgerichtshof ist im Übrigen auch nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes auf ihre Richtigkeit hin zu beurteilen, das heißt, sie mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. VwGH 22.6.2017, Ra 2016/17/0109; 16.5.2022, Ra 2022/08/0052 bis 0053, jeweils mwN).

10 Dass die durch das Verwaltungsgericht vorgenommene Interessenabwägung aus anderen Gründen nicht in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Grundsätze vorgenommen worden wäre, zeigt die Darlegung der Zulässigkeit der Revision nicht auf.

11 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 13. Juli 2022

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