VwGH Ra 2016/17/0109

VwGHRa 2016/17/010922.7.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Liebhart-Mutzl sowie Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des F T H in Wien, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 28. Jänner 2016, LVwG-S-888/001-2014, betreffend Antrag auf Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Baden), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §45 Abs2;
B-VG Art133 Abs4;
GSpG 1989 §2 Abs1 Z1;
GSpG 1989 §2 Abs4;
GSpG 1989 §3 Abs2;
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
ZPO §500;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 28. August 2012 wurde über den Revisionswerber als handelsrechtlichem Geschäftsführer einer näher bezeichneten Gesellschaft wegen der Übertretung des § 52 Abs 1 Z 1 iVm § 2 Abs 1 Z 1, § 3 Abs 2, § 2 Abs 4 Glücksspielgesetz (GSpG) eine Geldstrafe in Höhe von EUR 9.000,--, sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe verhängt und ein Verfahrenskostenbeitrag vorgeschrieben.

2 Dieses Straferkenntnis wurde dem Revisionswerber am 31. August 2012 an seiner laut ZMR aufrechten Meldeadresse durch Hinterlegung zugestellt.

3 Mit Schreiben vom 18. Juni 2014 beantragte der Rechtsvertreter des Revisionswerbers, das anhängige Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, da sich aus einer beigelegten Motelrechnung ergebe, dass der Revisionswerber zum Zeitpunkt der Zustellung des Straferkenntnisses und im Hinterlegungszeitraum im Ausland gewesen sei. Eine rechtswirksame Zustellung des Straferkenntnisses sei bislang nicht erfolgt.

4 Dieser Antrag wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 17. Juli 2014 mit näherer Begründung zurückgewiesen, wogegen der Revisionswerber Beschwerde erhob.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht dieser Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit der Maßgabe keine Folge, dass der Antrag abgewiesen werde. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für nicht zulässig erklärt.

6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

7 Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art 133 Abs 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, sind gemäß § 34 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist nach § 34 Abs 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

9 Nach § 34 Abs 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs 3 VwGG) zu überprüfen.

10 Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird. Die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, muss sich aus dieser gesonderten Darstellung ergeben (vgl VwGH vom 22. Februar 2016, Ra 2015/17/0090, mwH).

11 In der Revision wird zur Zulässigkeit ausgeführt, dass das Erkenntnis zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in Widerspruch stehe, wonach die Feststellungen zum entscheidungswesentlichen Sachverhalt nachvollziehbar zu begründen seien. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liege auch dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise vorgenommen habe, was hier vorliege. Aus der vorgelegten Motelrechnung ergebe sich die Aufenthaltsdauer des Revisionswerbers eindeutig; andere Beweisergebnisse lägen nicht vor. Das Landesverwaltungsgericht habe das Motel nicht in jener Sprache angeschrieben, die auf der Motelrechnung aufscheine. Bei einer mängelfreien Beweiswürdigung wäre das Landesverwaltungsgericht zur Feststellung gelangt, dass der Revisionswerber in einem näher bezeichneten Zeitraum in Bosnien-Herzegowina aufhältig gewesen sei. Der Revisionswerber habe nur seine Ortsabwesenheit zu bescheinigen, nicht zu beweisen gehabt.

12 Die Revision erweist sich als unzulässig:

13 Das Revisionsmodell soll sich nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an der Revision nach den §§ 500 ff ZPO orientieren. Ausgehend davon ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig, zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt (vgl etwa den hg Beschluss vom 18. Juni 2014, Ra 2014/01/0029, mwN).

14 Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art 133 Abs 4 B-VG liegt - als Abweichung von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - allerdings dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl den hg Beschluss vom 28. April 2015, Ra 2015/02/0072, mwN).

15 Es gelingt der Revision nicht, darzulegen, dass die vom Landesverwaltungsgericht vorgenommene, auf die Umstände des Einzelfalles Bedacht nehmende Beweiswürdigung an einer vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmenden Fehlerhaftigkeit leiden würde, insbesondere in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl dazu den hg Beschluss vom 21. April 2016, Ra 2016/19/0039, mwN).

16 Das Landesverwaltungsgericht führte aus, der Revisionswerber habe seine Ortsabwesenheit in der Zusammenschau der aufgenommenen Beweise nicht glaubhaft gemacht: Das in bosnischer Sprache verfasste Schreiben an das Motel sei nicht beantwortet worden, was zeige, dass von dort niemand den Aufenthalt des Revisionswerbers habe konkretisieren wollen oder können. Genaue Daten zur Nächtigungsdauer fänden sich auf der Motelrechnung nicht. Der Revisionswerber habe ausgeführt, von Anfang bis Ende August 2012 in Bosnien gewesen zu sein, die Motelrechnung datiere vom 28. September 2012. Auf Nachfrage habe der Revisionswerber angegeben, nicht mehr genau zu wissen, wann er sich dort aufgehalten habe; er habe allein dort gearbeitet.

17 Die nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vom Landesverwaltungsgericht angestellten beweiswürdigenden Überlegungen zur behaupteten Ortsabwesenheit sind insbesondere auch vor dem Hintergrund der vom Landesverwaltungsgericht berücksichtigten Angaben des Revisionswerbers sowie angesichts der Tatsache, dass das Aufforderungsschreiben an das Motel in der Landessprache verfasst war, nicht zu beanstanden, weshalb das behauptete Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht vorliegt. Das in der Revision genannte Erkenntnis VwGH 25.6.2013, 2012/08/0031, ist vor dem Hintergrund des vorliegenden Sachverhalts nicht einschlägig. Der - an sich nur zur Rechtskontrolle berufene - Verwaltungsgerichtshof ist im Übrigen auch nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes auf ihre Richtigkeit hin zu beurteilen, das heißt sie mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl VwGH vom 2. September 2015, Ra 2015/19/0091, mwN).

18 Die vorliegende Revision war daher nach § 34 Abs 1 iVm Abs 3 VwGG wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art 133 Abs 4 B-VG mit Beschluss zurückzuweisen.

19 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 22. Juni 2017

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