Normen
VwRallg
WaffG 1996 §10
WaffG 1996 §21 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021030165.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Hinsichtlich der Vorgeschichte wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Jänner 2021, Ra 2020/03/0125, verwiesen: Die belangte Behörde hatte den Antrag des Revisionswerbers auf Ausstellung eines Waffenpasses mit Bescheid vom 13. November 2019 abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat das diesen Bescheid bestätigende verwaltungsgerichtliche Erkenntnis vom 13. Juli 2020 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Maßgebend dafür war im Wesentlichen, dass das Verwaltungsgericht, das einen Bedarf des Revisionswerbers iSd § 22 Abs. 2 erster Satz WaffG verneint hatte, keine Ermessensentscheidung und keine in deren Rahmen zu erfolgende Interessenabwägung vorgenommen hatte.
2 Mit dem nun angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht den Antrag des Revisionswerbers auf Ausstellung eines Waffenpasses erneut ab. Die ordentliche Revision erklärte es für unzulässig.
3 In der Begründung gab das Verwaltungsgericht zunächst („1. Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:“) den Inhalt des verfahrenseinleitenden Antrags des Revisionswerber vom 9. Juli 2019 sowie des diesen Antrag abweisenden behördlichen Bescheids wieder, in der Folge den Inhalt der dagegen erhobenen Beschwerde („2. Zum Beschwerdevorbringen:“) und legte weiters (unter der Überschrift „3. Verwaltungsgerichtliches Verfahren:“) dar, dass der Beschwerde mit Erkenntnis vom 13. Juli 2020 keine Folge gegeben worden war, weil die vom Revisionswerber geltend gemachten Umstände zur Darlegung einer Gefährdung nicht ausreichten; der dagegen erhobenen Revision sei mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshof vom 18.1.2021, Ra 2020/03/0125, dessen wesentlicher Inhalt ebenfalls wiedergegeben wurde, Folge gegeben worden.
4 Im Anschluss daran führte das Verwaltungsgericht ‑ unter der Überschrift „4. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat rechtlich nunmehr erwogen:“ nach einer Darstellung der maßgebenden Rechtsvorschriften auf das für das nunmehrige Revisionsverfahren Wesentliche ‑ zusammengefasst Folgendes aus:
5 Bei der Ermessensprüfung sei zu beurteilen, ob der vom Antragsteller glaubhaft gemachte Lebenssachverhalt eine Gefährdung darstelle, die so konkret sei, dass sie der gesetzlichen Definition eines Bedarfes nahekomme. Gemäß § 10 WaffG seien bei der Anwendung einer im WaffG enthaltenen Ermessungsbestimmung private Rechte und Interessen nur insoweit zu berücksichtigen, als dies ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses, das an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahr bestehe, möglich sei. Die bloße Zweckmäßigkeit der Ausstellung eines Waffenpasses könne danach einem Bedarf im Sinne des Waffengesetzes nicht nahekommen (Hinweis auf VwGH 29.7.2020, Ra 2020/03/0080).
6 Der vom Revisionswerber geltend gemachte Sachverhalt (zusammengefasst: im Zuge seiner Tätigkeit als kontrollierendes Luftfahrtaufsichtsorgan von Flugpersonal bedroht worden zu sein) komme einem Bedarf iSd § 22 Abs. 2 WaffG nicht nahe: Für derartige Konfliktsituationen im Zuge der beruflichen Tätigkeit sei gerade die dafür am Vorfeld des Flughafens stationierte Polizei, die rasch einschreiten könne, zuständig. Es sei auch nicht die Absicht des Gesetzgebers, Kontrollorgane oder Entscheidungsträger von Behörden mit Schusswaffen der Kategorie B auszustatten.
7 Soweit sich der Revisionswerber nicht auf seine berufliche Tätigkeit beziehe, sondern geltend mache, er benötige den Waffenpass aus persönlichen Gründen in der Freizeit, um seine Kinder im Ernstfall schützen zu können, sei dem zu entgegnen, dass die Abwehr von gefährlichen Angriffen bei den Sicherheitsbehörden liege, zumal nicht ausgeschlossen sei, dass die Bekämpfung einer etwaigen Gefahrensituation durch Waffengewalt zu einer erheblichen Gefährdung Unbeteiligter führen könnte (Hinweis auf näher zitierte Judikatur). Bei dem einzig vom Revisionswerber angezeigten Vorfall vom 22. September 2018, wobei der Revisionswerber samt Familie auf dem Parkplatz eines Kaufhauses fotografiert worden sei, habe sich herausgestellt, dass es sich beim vermeintlichen Täter um ein Organ der Parkraumbewirtschaftung gehandelt habe.
8 Abschließend führte das Verwaltungsgericht aus, es sei nicht die Absicht des Gesetzgebers, jede Person, die irgendwann einem tätlichen Angriff ausgesetzt sein könnte, mit dem Recht auszustatten, Schusswaffen der Kategorie B zu führen. Eine positive Ermessensentscheidung sei im Revisionsfall „nicht zu treffen [gewesen], weil die vom [Revisionswerber] geltend gemachten Umstände ... nicht an einen Bedarf heranreichen und im Gegensatz dazu das öffentliche Interesse an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahren, entsprechend dem Verhältnismäßigkeitsgebot des § 10 Waffengesetz, höher zu veranschlagen“ sei.
9 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ‑ außerordentliche ‑ Revision.
10 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
13 Die demnach für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision allein maßgebende Zulässigkeitsbegründung der Revision macht zusammengefasst Folgendes geltend:
14 Das angefochtene Erkenntnis weiche von der (näher zitierten) Judikatur zur Begründungspflicht ab, weil es weder Feststellungen noch eine Beweiswürdigung enthalte. Zudem sei auch die rechtliche Beurteilung grob mangelhaft, weil das Verwaltungsgericht zwar nunmehr eine Ermessensprüfung durchgeführt, eine Entscheidung dahin, ob ein Bedarf und damit ein Rechtsanspruch auf Ausstellung eines Waffenpasses bestehe, aber unterlassen habe.
15 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.
16 Hinsichtlich der notwendigen Anforderungen an die Begründung eines verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses wird zunächst auf VwGH 14.12.2020, Ra 2020/03/0111, verwiesen. Lässt eine Entscheidung die Trennung der danach erforderlichen Begründungselemente in einer Weise vermissen, dass die Rechtsverfolgung durch die Partei oder die nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts maßgeblich beeinträchtigt wird, dann führt ein solcher Begründungsmangel zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung schon aus diesem Grund.
17 Hinsichtlich der für die Ausstellung eines Waffenpasses maßgebenden Rechtslage wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf VwGH 9.8.2021, Ra 2021/03/0127, und VwGH 7.7.2021, Ra 2019/03/0059, verwiesen. Fallbezogen ist Folgendes hervorzuheben:
18 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es allein Sache des Waffenpasswerbers, das Vorliegen eines Bedarfes zum Führen genehmigungspflichtiger Schusswaffen nachzuweisen und im Anwendungsbereich des § 22 Abs. 2 WaffG die dort geforderte besondere Gefahrenlage, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann, glaubhaft zu machen. Der Waffenpasswerber hat daher im Verwaltungsverfahren konkret und in substanzieller Weise im Einzelnen darzutun, woraus er für seine Person die geforderte besondere Gefahrenlage ableite, weiters dass diese Gefahr für ihn gleichsam zwangsläufig erwachse und dass es sich hierbei um eine solche qualifizierte Gefahr handle, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden könne.
19 Wird das Vorliegen eines Bedarfs zum Führen von Schusswaffen der Kategorie B verneint, ist die Behörde ‑ wie auch das Verwaltungsgericht ‑ verpflichtet, auch ohne besonderes Vorbringen noch gesondert zu prüfen, ob nicht im Wege des § 10 iVm § 21 Abs. 2 letzter Satz WaffG, also im Rahmen einer Ermessensentscheidung, ein Waffenpass auszustellen ist (wegen Unterbleibens der danach notwendigen Prüfung ist das verwaltungsgerichtliche Vorerkenntnis aufgehoben worden, vgl. erneut VwGH 18.1.2021, Ra 2020/03/0125, mwN).
20 Im nunmehr angefochtenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, das erstattete Vorbringen des Revisionswerbers rechtfertige die Ausstellung eines Waffenpasses nicht, weil die von ihm geltend gemachten privaten, aus der beruflichen Tätigkeit und der persönlichen Situation abgeleiteten Interessen einem Bedarf im Sinne des § 22 Abs. 2 WaffG „nicht nahe“ kämen, bzw. „nicht an einen Bedarf heranreichen“, weshalb eine Ermessensentscheidung zugunsten des Revisionswerbers aus diesem Grund ausscheide. Damit hat das Verwaltungsgericht auch ‑ jedenfalls implizit ‑ das Vorliegen eines Bedarfs iSd § 22 Abs. 2 WaffG verneint und somit ‑ dem Zulässigkeitsvorbringen zuwider ‑ die vermisste Entscheidung über Bestehen eines Bedarfs bzw. eines Rechtsanspruchs auf Ausstellung eines Waffenpasses getroffen.
21 Ebensowenig zielführend ist das weitere Vorbringen, das angefochtene Erkenntnis weise nicht den erforderlichen Aufbau auf, indem klare Feststellungen und eine Beweiswürdigung fehlten.
22 Hindert nämlich ein Begründungsmangel weder die Partei noch den Verwaltungsgerichtshof an der Rechtsverfolgung bzw. der Überprüfung der angefochtenen Entscheidung, begründet er keinen relevanten Verfahrensfehler und führt nicht zur Aufhebung der Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof. Vor dem Hintergrund, dass es allein Sache des Waffenpasswerbers ist, jene Umstände nachzuweisen, auf die er seinen Antrag gegründet wissen möchte, kommt dem Unterbleiben ausdrücklicher Feststellungen im Revisionsfall keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu, weil das Verwaltungsgericht ohnedies vom Vorbringen des Revisionswerbers ausgegangen ist und ‑ dieses zu Grunde legend ‑ verneint hat, dass ein Bedarf bestehe oder auch nur eine positive Ermessensentscheidung zu treffen sei.
23 In der Revision werden nach dem Gesagten keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 11. Oktober 2021
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)