VwGH Ra 2020/03/0125

VwGHRa 2020/03/012518.1.2021

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des S A in H, vertreten durch Prof.Dipl.Ing.Mag. Andreas O. Rippel, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 34, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 13. Juli 2020, Zl. LVwG‑AV‑18/001‑2020, betreffend Ausstellung eines Waffenpasses (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Niederösterreich), zu Recht erkannt:

Normen

VwGG §42 Abs2 Z1
VwRallg
WaffG 1996 §10
WaffG 1996 §21 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020030125.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von Euro 1.346,40 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht den Antrag des Revisionswerbers auf Ausstellung eines Waffenpasses ‑ durch Bestätigung eines entsprechenden Bescheids der belangten Behörde ‑ gemäß § 21 Abs. 2 Waffengesetz 1996 (WaffG) ab. Die Revision erklärte es für unzulässig.

2 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ‑ außerordentliche ‑ Revision.

3 Die belangte Behörde hat eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag auf Zurückweisung, in eventu Abweisung der Revision erstattet.

4 Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

5 Die Revision macht ‑ in der Zulässigkeitsbegründung wie auch in der Sache ‑ u.a. geltend, das Verwaltungsgericht, das den Bedarf des Revisionswerbers zum Führen einer Schusswaffe der Kategorie B verneint hatte, habe es entgegen näher zitierter Judikatur unterlassen zu prüfen, ob nicht iSd § 21 Abs. 2 zweiter Satz WaffG im Wege der Ausübung von Ermessen ein Waffenpass auszustellen sei.

6 Mit diesem Vorbringen wird ‑ entgegen der im Wesentlichen nur den Gesetzeswortlaut wiedergebenden und damit nur unzureichend begründeten Auffassung des Verwaltungsgerichts ‑ die Zulässigkeit der Revision dargetan. Diese ist auch begründet.

7 Hinsichtlich der für die Ausstellung eines Waffenpasses maßgebenden Rechtslage wird zunächst gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf VwGH 21.1.2019, Ro 2018/03/0056, sowie auf VwGH 29.7.2020, Ra 2020/03/0080, verwiesen. Fallbezogen ist Folgendes hervorzuheben:

8 Wird das Vorliegen eines Bedarfs zum Führen von Schusswaffen der Kategorie B verneint, ist die Behörde ‑ wie auch das Verwaltungsgericht ‑ verpflichtet, auch ohne besonderes Vorbringen noch gesondert zu prüfen, ob nicht im Wege des § 10 iVm § 21 Abs. 2 letzter Satz WaffG, also im Rahmen einer Ermessensentscheidung, ein Waffenpass auszustellen ist (ständige Judikatur, vgl. etwa VwGH 7.5.1998, 96/20/0241, 1.4.2004, 2001/20/0669, 25.1.2006, 2005/03/0062, 18.9.2013, 2013/03/0102, 22.11.2017, Ra 2017/03/0082, 7.9.2018, Ra 2018/03/0097, 29.7.2020, Ra 2020/03/0080). Dieses gesetzliche Gebot erfordert, dass alle für die Entscheidung wesentlichen tatsächlichen Umstände unter Einhaltung der maßgebenden Verfahrensvorschriften ermittelt und berücksichtigt werden (vgl. zu den für eine Ermessensentscheidung nach §§ 10, 21 Abs. 2 letzter Satz WaffG regelmäßig maßgebenden Gesichtspunkten die eben zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs, sowie zu den generellen Anforderungen an Ermessensentscheidungen und den bei deren Überprüfung anzuwendenden Maßstab etwa VwGH 26.4.2016, Ro 2015/03/0038, 1.3.2016, Ra 2015/11/0106).

9 Das Verwaltungsgericht hat lediglich dargelegt, warum seiner Auffassung nach die vom Revisionswerber geltend gemachten Umstände keinen Bedarf iSd § 22 Abs. 2 erster Satz WaffG begründen. Es hat aber (wie auch schon die belangte Behörde), offenbar in Verkennung der Rechtslage, keine Ermessensentscheidung getroffen und keine in deren Rahmen zu erfolgende Interessenabwägung vorgenommen (woran die „Anführung der entsprechenden Rechtsvorschriften im bekämpften Erkenntnis“ entgegen der Auffassung der Revisionsbeantwortung nichts ändert).

10 Es hat damit das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Dieses war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

11 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH‑Aufwandersatzverordnung.

Wien, am 18. Jänner 2021

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