Normen
ASVG §257
ASVG §258
ASVG §260
FamLAG 1967 §5 Abs1 litc
FamLAG 1967 §5 Abs2 idF 2000/I/142
FamLAG 1967 §5 Abs3
FamLAG 1967 §5 Abs3 idF 1980/269
FamLAG 1967 §6 Abs1 litb idF 1980/269
FamLAG 1967 §6 Abs2 litd idF 2018/I/077
FamLAG 1967 §6 Abs3
FamLAG 1967 §6 Abs5 idF 2018/I/077
VwRallg
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RO2019160015.J00
Spruch:
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat der Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Bescheid des damaligen Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr vom 13. Jänner 2012 wurden der für den Zeitraum ab Dezember 2006 gestellte Antrag der Mitbeteiligten auf Familienbeihilfe sowie der Antrag auf Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung abgewiesen. Begründend wurde vom Finanzamt ausgeführt, dass der Grad der Erwerbsminderung laut ärztlichem Sachverständigengutachten mit 30 % bescheinigt worden sei.
2 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom 5. Juli 2017 als unbegründet ab. Das Finanzamt begründete nun im Wesentlichen, dass die Mitbeteiligte seit August 2002 eine Witwenpension beziehe. Ihr Unterhaltsanspruch gegenüber dem Ehegatten sei durch dessen Tod weggefallen. Die Witwenpension gleiche jedoch pensionsversicherungsrechtlich diesen Unterhaltsausfall aus, weshalb nach der Intention der „§§ 6 Abs. 2 lit. d, 6 Abs. 1 und 6 Abs. 5 FLAG“ der Mitbeteiligten ein Anspruch auf Gewährung der Familienbeihilfe nicht zustehe.
3 Nach Erhebung eines Vorlageantrages durch die Mitbeteiligte hob das Bundesfinanzgericht den bekämpften Bescheid auf und erklärte die ordentliche Revision für zulässig.
4 Das Bundesfinanzgericht stellte zunächst fest, dass die Mitbeteiligte laut dem Sachverständigengutachten vom 24. Oktober 2016 aufgrund einer vor dem 21. Lebensjahr eingetretenen geistigen Behinderung (50 % ab 1. Oktober 1954 und 60 % ab 1. September 2002) dauernd außerstande sei, sich selbst Unterhalt zu verschaffen. Seit dem Tod ihres Ehegatten beziehe die Mitbeteiligte Witwenpension. Sie habe zudem von Dezember 2006 bis Mai 2016 keinen Unterhalt von ihren Eltern bezogen und sei auch nicht zur Gänze auf Kosten der öffentlichen Hand in Heim- oder Anstaltspflege gewesen. Die Mitbeteiligte habe zudem in den Jahren 2006 bis 2016 ein dem progressiven Einkommenstarif unterliegendes jährliches Einkommen von nicht mehr als € 8.725 erhalten.
5 Rechtlich führte das Bundesfinanzgericht aus, dass es im gegenständlichen Fall strittig sei, ob die von der Mitbeteiligten bezogene Witwenpension unter den Tatbestand des § 6 Abs. 1 lit. b FLAG zu subsumieren sei und somit einen auf § 6 Abs. 2 lit. d iVm § 6 Abs. 5 FLAG gestützten Eigenanspruch auf Familienbeihilfe ausschließe. Mit Hinweis auf die Erläuterungen zu § 6 Abs. 1 lit. b und § 5 Abs. 3 FLAG sowie mit Verweis auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (VfGH 18.3.1980, G 35/79) führte das Bundesfinanzgericht aus, dass die Voraussetzung für den Eigenanspruch auf Familienbeihilfe, die selbstständige Tragung der Unterhaltskosten durch das Kind oder Vollwaisen selbst sei. Beziehe der Vollwaise zur Deckung der Unterhaltskosten eigene Einkünfte, dürften diese die Einkommensgrenze des § 6 Abs. 3 FLAG nicht überschreiten. Die Witwenpension sei einkommensteuerrechtlich gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 lit. a EStG zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zu zählen („Pensionen aus der gesetzlichen Sozialversicherung“). Unterhaltsleistungen seien demgegenüber gemäß § 29 Z 1 zweiter Satz EStG nicht steuerpflichtig. Aus der Gesetzessystematik ergebe sich somit, dass ein von einem (früheren) Ehegatten zu leistender Unterhalt gemäß § 29 Z 1 zweiter Satz EStG („nicht steuerbare Bezüge“) einen Anspruch auf Familienbeihilfe nach § 6 Abs. 1 lit. b FLAG ausschließe. Andererseits stehe eine Witwenpension ‑ welche zu Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit nach § 25 Abs. 1 Z 3 EStG zähle ‑ nur nach der Maßgabe des § 6 Abs. 3 FLAG einem Anspruch entgegen. Eine ‑ wie das Finanzamt vermeine ‑ technische Lücke, welche durch Analogie zu schließen sei, liege nicht vor. Mit dem Verweis auf den dem sozialversicherungsrechtlichen Anspruch einer Witwenpension zugrundeliegenden Zweck der Versorgung des Hinterbliebenen alleine habe das Finanzamt keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese unterschiedliche Behandlung von Witwenpension und Unterhaltsansprüchen darzulegen vermocht. Auch stellte das Bundesfinanzgericht einen Vergleich zwischen der zivilrechtlichen Unterhaltspflicht und der Witwenpension an: Während nach ABGB auch der Haushaltsführung und dem Unvermögen sowie der Pflicht zum Einsatz aller Kräfte zur Beitragsleistung besonderes Gewicht zukomme, kenne das ASVG weder Naturalunterhalt noch den Anspannungsgrundsatz. Zwar sei dem Finanzamt dahingehend zuzustimmen, dass der Zweck der Hinterbliebenenpension darin bestehe, die ausbleibenden Unterhaltsleistungen des verstorbenen Versicherten zu ersetzen. Der gegenüber der Pensionsversicherungsanstalt bestehende Anspruch des Hinterbliebenen sei jedoch aufgrund der wesentlichen Unterschiede nicht mit dem gesetzlichen Unterhaltsanspruch gegenüber Ehegatten gleichzusetzen. Vor diesem Hintergrund könne keine dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgebot widersprechende Ungleichbehandlung darin erkannt werden, wenn der Unterhaltsanspruch gegenüber dem (früheren) Ehegatten unabhängig von seiner Höhe gemäß § 6 Abs. 1 lit. b FLAG einen Anspruch auf Familienbeihilfe ausschließe, während eine Witwen- und Witwerpension in Übereinstimmung mit der einkommensteuerrechtlichen Qualifikation als dem progressiven Tarif unterliegender Einkommensbestandteil nach der Maßgabe des § 6 Abs. 3 FLAG beurteilt werde. Eine analoge Anwendung des § 6 Abs. 1 lit. b FLAG auf Witwen- und Witwerpensionen komme daher nicht in Betracht. Aus den Lohnzetteln der Jahre 2006 bis 2016 gehe hervor, dass die Mitbeteiligte die in § 6 Abs. 3 FLAG vorgesehene Einkommensgrenze nicht überschritten habe. Der Mitbeteiligten stehe sohin gemäß § 6 Abs. 2 lit. d iVm § 6 Abs. 5 FLAG die Familienbeihilfe zu. Zudem seien die Voraussetzungen gemäß § 8 Abs. 4 bis 8 FLAG für die Gewährung einer erhöhten Familienbeihilfe erfüllt. Da die Familienbeihilfe gemäß § 12 FLAG nicht mit Bescheid zuzuerkennen sei, sondern lediglich durch eine Mitteilung vom Finanzamt, sei daher der bekämpfte Bescheid aufzuheben gewesen.
6 Hinsichtlich der Zulässigkeit der Revision führte das Bundesfinanzgericht aus, dass zur Rechtsfrage, ob der Tatbestand des § 6 Abs. 1 lit. b FLAG analog auf Witwenpensionen anzuwenden sei, keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliege.
7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche (Amts-) Revision des Finanzamtes.
8 Die Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die Abweisung der Revision sowie die Zuerkennung von Aufwandersatz beantragte.
9 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
10 Die Amtsrevision teilt die Beurteilung des Bundesfinanzgerichtes zur Revisibilität der verfahrensgegenständlichen Rechtsfrage. Die Amtsrevision führt aus, dass eine planwidrige Lücke vorliege. Nach der Ansicht des revisionswerbenden Finanzamtes stellten sich zwischen der Unterhaltsleistung durch den (früheren) Ehegatten und einer Gewährung einer Witwen- oder Witwerpension als Ausgleich des Entfalles der Unterhaltsleistung keine wesentlichen Unterschiede dar, die eine unterschiedliche Behandlung in Bezug auf den Familienbeihilfenanspruch rechtfertigten. Vielmehr lägen Sachverhalte vor, die in ihren rechtlich relevanten Merkmalen übereinstimmten. Es müsse daher in der fehlenden Bezugnahme auf den Erhalt einer Witwen- oder Witwerpension in § 6 Abs. 1 lit. b FLAG eine durch Analogie zu schließende planwidrige Lücke gesehen werden, sodass der Bezug einer Witwenpension durch die Mitbeteiligte ebenfalls den Anspruch auf Familienbeihilfe ausschließe.
11 Die Revision ist zulässig. Sie ist aber nicht begründet.
12 Unstrittig ist, dass die Mitbeteiligte wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres eingetretenen geistigen Behinderung dauernd außerstande ist, sich selbst ihren Unterhalt zu verschaffen. Unstrittig ist auch, dass die Mitbeteiligte im revisionsgegenständlichen Zeitraum weder von ihren Eltern noch von irgendwem anderen oder irgendeiner Stelle Unterhalt bezogen hat.
13 Die gegenständlich relevanten Bestimmungen des Familienlastenausgleichgesetzes 1967 (FLAG) haben sich wie folgt entwickelt und lauten in der Stammfassung BGBl. Nr. 376/1967 auszugsweise:
„§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
[...]
c) für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 27. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.
[...]
§ 5. [...]
(3) Kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die verheiratet sind.
§ 6. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben auch minderjährige Vollwaisen, wenn
a) sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
b) sie nicht verheiratet sind, und
c) für sie keiner anderen Person Familienbeihilfe zu gewähren ist.
(2) Volljährige Vollwaisen haben Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn auf sie die Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a bis c zutreffen, sie das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, sofern ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.
[...]“
14 Die Erläuterungen zur Stammfassung (ErläutRV 549 BlgNR 11. GP 15) zu § 5 Abs. 3 FLAG führen Folgendes aus:
„Zu § 5:
[...] Verheiratete Kinder sollen ebenfalls keinen Anspruch auf Familienbeihilfe vermitteln, weil sie durch ihre Eheschließung aus dem bisherigen Familienverband ausgeschieden sind.“
15 Mit BGBl. Nr. 290/1976 wurde § 6 Abs. 2 FLAG dahingehend geändert, dass er auszugsweise lautet:
„(2) Volljährige Vollwaisen haben Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn auf sie die Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a bis c zutreffen und wenn sie
a) [...]
b) wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 27. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und sich in keiner Anstaltspflege befinden.“
16 Der Gesetzgeber ging davon aus, dass nach der ursprünglichen Regelung für Kinder, die infolge einer körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, den Eltern Familienbeihilfe gewährt wird, und zwar ohne Rücksicht auf das Alter der Kinder. Dieser Anspruch auf Familienbeihilfe ging verloren, wenn infolge Todes der Eltern die behinderte Person von anderen Personen (in der Regel von nahen Angehörigen) betreut wird. Solche behinderte Personen sollen nach dem Tod der Eltern in Hinkunft einen eigenen Familienbeihilfenanspruch haben, der durch den Tod der Eltern dem behinderten Kind nicht verlorengeht (ErläutRV 114 BlgNR 14. GP 4f).
17 Der Verfassungsgerichtshof hob § 5 Abs. 3 FLAG mit Erkenntnis VfSlg. 8.793/1980 als verfassungswidrig auf.
18 Im Rahmen dieses Normprüfungsverfahrens hatte die Bundesregierung eine Stellungnahme erstattet, weshalb ihrer Ansicht nach keine Verfassungswidrigkeit vorliege. Hierzu führte sie Folgendes aus:
„I [...]
B. Mit der Gewährung von Familienbeihilfen verfolgt der Gesetzgeber die Absicht, die einer Familie für unversorgte Kinder entstehenden Lasten zu mildern [...].
§ 5 Abs. 3 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 schließt nun solche Kinder von der Beihilfengewährung aus, die verheiratet sind. In bezug auf den Status solcher Kinder hat sich der Gesetzgeber offenkundig von den Intentionen des bürgerlichen Rechts leiten lassen. Die Rechtswirkungen einer Ehe ergeben sich aus dem allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch und sind in bezug auf die Stellung einer Person in einer Familie erheblich. Mit der Eheschließung wird ein minderjähriges eheliches Kind volljährig (§ 175 ABGB) [...]. Die Ehegatten sind weiters verpflichtet, nach ihren Kräften und gemäß der Gestaltung ihrer ehelichen Lebensgemeinschaft zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse gemeinsam beizutragen (§ 94). [...]
Die Erläuterungen zu § 5 Abs. 3 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (549 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, XI. GP) sehen dementsprechend die Rechtfertigung des Ausschlusses der verheirateten Kinder von der Familienbeihilfengewährung darin, daß die Kinder durch die Verehelichung aus ihrem bisherigen Familienverband ausscheiden. Bei typisierender Betrachtungsweise erscheint diese Annahme im Hinblick auf die zivilrechtlichen Konsequenzen einer Eheschließung auch zutreffend. Die Fälle, in denen die Kinder auch noch nach ihrer Verehelichung im Haushalt der Eltern verbleiben und (oder) von diesen ausschließlich erhalten werden, sind nach Auffassung der Bundesregierung auch im praktischen Leben nicht als typisch anzusehen. [...]“
19 Der Verfassungsgerichtshof begründete die Aufhebung des § 5 Abs. 3 FLAG in seinem Erkenntnis wie folgt:
„III [...]
2. Der VfGH hat seine in den Erk. VfSlg. 5.972/1969 und 6.071/1969 vertretene Auffassung, daß gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 5 Abs. 3 FLAG keine Bedenken bestünden, keineswegs auf die eben dargelegte und für unzutreffend befundene Ansicht der Bundesregierung gestützt. Der VfGH knüpfte vielmehr an die Erläuternden Bemerkungen zu § 5 Abs. 3 der Regierungsvorlage (549 BlgNR, XI. GP ) an, die von dem Gedanken ausgehen, daß verheiratete Kinder keine Last für den Familienverband mehr darstellen, weil sie durch ihre Eheschließung aus dem bisherigen Familienverband ausgeschieden sind. Ausgehend von dieser Prämisse führte der VfGH aus, der Gesetzgeber sei bei der Verfolgung rechtspolitischer (im vorliegenden Fall familienpolitischer) Ziele frei und nicht gehalten, Beihilfen in unbeschränkter Weise zu gewähren, wenn dies eine Förderung rechtspolitisch unerwünschter Ziele, zB die Förderung von Frühehen zur Folge hätte. Diese an sich zutreffende Ansicht vermag die Regelung des § 5 Abs. 3 FLAG indes nicht zu rechtfertigen. Entscheidend ist nämlich, daß nach dem vom Gesetzgeber im FLAG gewählten System für die Anspruchsberechtigung die aus der Sorge für ein Kind resultierende wirtschaftliche Belastung maßgeblich ist. Wie bereits dargelegt, sind aber von der in Prüfung gezogenen Norm in erster Linie gerade jene Fälle betroffen, in denen die wirtschaftliche Belastung des bisher Anspruchsberechtigten trotz der Verehelichung seines Kindes weiterbesteht. Der Ausschluß von der Anspruchsberechtigung vermag aber ‑ rechtspolitisch unerwünschte ‑ Frühehen keineswegs hintanzuhalten, weil der bisher Anspruchsberechtigte von Rechts wegen nicht in der Lage ist, die Eheschließung zu verhindern. Ob der vom § 5 Abs. 3 FLAG betroffene Anspruchsberechtigte eine Familienlast für ein Kind trotz dessen Verehelichung weiterzutragen hat, hängt, wenn die Ehegatten zur Bestreitung ihres Unterhaltes nicht in der Lage sind, ausschließlich davon ab, ob deren Eltern nach den Bestimmungen des Zivilrechtes weiter unterhaltsverpflichtet sind. § 5 Abs. 3 FLAG knüpft somit an Umstände an, auf die der Anspruchsberechtigte keinerlei Einfluß nehmen kann. Es ist daher sachlich nicht zu rechtfertigen, die Eltern trotz gleichbleibender Belastung vom Anspruch auf Kinderbeihilfe auszuschließen.
3. Die Darstellung der Bundesregierung [...] ist daher nicht geeignet, die in Prüfung gezogene Regelung sachlich zu rechtfertigen. [...]“
20 Aufgrund dieser Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes erfolgte mit BGBl. Nr. 269/1980 die Novellierung der §§ 5 und 6 FLAG u.a. wie folgt:
„§ 5. [...]
(3) Kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, denen Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist.
§ 6. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben auch minderjährige Vollwaisen, wenn [...]
b) ihnen nicht Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist
[...].“
Die bis dahin in § 6 Abs. 2 lit. b FLAG enthaltene Regelung findet sich nun in § 6 Abs. 2 lit. d leg. cit..
21 In den diesbezüglichen Gesetzesmaterialien (ErläutRV 312 BlgNR 15. GP 3) wird zu den Änderungen der §§ 5 und 6 FLAG folgendes ausgeführt:
„Zu Art. I Z 2 (§ 5 Abs. 3):
In Hinkunft soll für Kinder, die bereits verheiratet sind, dann ein Anspruch auf Familienbeihilfe bestehen, wenn deren Unterhalt nicht vom Ehegatten zu leisten ist. Dies wird insbesondere der Fall sein, wenn der Ehegatte noch in Berufsausbildung steht und daher noch nicht selbsterhaltungsfähig ist. Da die Unterhaltsleistung in diesen Fällen weiterhin die Eltern belastet, erscheint die Gewährung der Familienbeihilfe auch gerechtfertigt. Ebenso soll im Falle eines geschiedenen Kindes bei den Eltern nur dann ein Anspruch auf Familienbeihilfe gegeben sein, wenn diese mangels einer Unterhaltspflicht des geschiedenen Ehegatten des Kindes für dessen Unterhalt aufzukommen haben. Hiebei kommt es jedoch nicht darauf an, ob der geschiedene Ehegatte Unterhalt tatsächlich leistet, sondern nur darauf, ob er zur Unterhaltsleistung verpflichtet ist.
[...]
Zu Art. I Z 3 (§ 6 Abs. 1):
Entspricht der Neufassung des § 5 Abs. 3.
[...]“
22 Mit BGBl. Nr. 296/1981 wurde dem § 6 FLAG folgender Abs. 5 hinzugefügt:
„(5) Kinder, deren Eltern ihrer Unterhaltspflicht nicht nachkommen und die sich nicht auf Kosten der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe in Heimerziehung befinden, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3).“
23 Der Gesetzgeber ließ sich dabei von folgenden Überlegungen leiten (ErläutRV 694 BlgNR 15. GP 4):
„Die Gleichstellung von Kindern, deren Eltern ihrer Unterhaltspflicht nicht nachkommen und für die auch sonst niemand Anspruch auf Familienbeihilfe hat, mit den Vollwaisen in bezug auf einen eigenen Anspruch auf Familienbeihilfe, soll eine Härte in den Fällen beseitigen, in denen für Kinder, die sich weitgehend selbst erhalten müssen, keine Familienbeihilfe gewährt wird. Eine solche Härte wird dann nicht angenommen, wenn das Kind aus öffentlichen Mitteln (Sozialhilfe bzw. Jugendwohlfahrt) in einem Heim erzogen wird. In diesen Fällen würde nämlich die Familienbeihilfe nicht die Situation des Kindes verbessern, sondern lediglich die öffentlichen Haushalte, aus denen die Mittel stammen, entlasten.“
24 BGBl. Nr. 311/1992 führte zu einer Änderung des § 6 Abs. 5 FLAG dahingehend, dass er lautet:
„(5) Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und die sich nicht auf Kosten der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe in Heimerziehung befinden, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3).“
25 Diese Novellierung erfolgte im Hinblick auf die Neuregelung der Studienförderung (ErläutRV 465 BlgNR 18. GP 8).
26 Mit Art. 71 Z 2 Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl. I Nr. 142/2000, erhielt der bisherige § 5 Abs. 3 FLAG die Absatzbezeichnung 2.
27 Art. 135 Z 2 Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I Nr. 111/2010 setzte u.a. in §§ 2 Abs. 1 lit. c und 6 Abs. 2 lit. d FLAG die allgemeine Altersgrenze auf das 25. Lebensjahr herab.
28 Nach dem vom Revisionsfall erfassten Zeitraum wurde mit BGBl. I Nr. 77/2018 § 6 FLAG u.a. wie folgt geändert:
„§ 6. [...]
(2) Volljährige Vollwaisen haben Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn auf sie die Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a bis c zutreffen und wenn sie
[...]
d) wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder‑ und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, sofern die Vollwaise nicht einen eigenständigen Haushalt führt; dies gilt nicht für Vollwaisen, die Personen im Sinne des § 1 Z 3 und Z 4 des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, sind, sofern die Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes, BGBl. Nr. 144/1969, auf sie Anwendung finden, oder
[...]
(5) Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3). Erheblich behinderte Kinder im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. c, deren Eltern ihnen nicht überwiegend den Unterhalt leisten und die einen eigenständigen Haushalt führen, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 und 3).
[...]“
29 Die Begründung des Initiativantrages (386/A 26. GP 2f) lautet auszugsweise:
„Für volljährige Kinder, die vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, kann die Familienbeihilfe ohne zeitliche Beschränkung gewährt werden.
[...]
Für den Fall, dass keinem Elternteil ein Anspruch auf Familienbeihilfe zusteht, besteht durch eine Sonderregelung die subsidiäre Möglichkeit, dass das Kind für sich selbst die Familienbeihilfe beanspruchen kann (Eigenanspruch auf Familienbeihilfe). Ein solcher Eigenanspruch ist nach der derzeitigen Rechtslage ausgeschlossen, wenn sich die Kinder auf Kosten der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe in Heimerziehung befinden. [...] Es soll nun sichergestellt werden, dass ein Eigenanspruch des Kindes auf Familienbeihilfe auch dann gegeben ist, wenn das Kind selbst aufgrund eines sozialversicherungsrechtlichen Anspruches (z.B. Pflegegeld) oder aufgrund einer eigenen Erwerbstätigkeit regelmäßig zur Deckung der Unterhaltskosten beiträgt. [...]
Sofern der Unterhalt des Kindes zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe (bei Aufenthalt in einer sozialpädagogischen Einrichtung) oder zur Gänze aus Mitteln der öffentlichen Hand (zB durch eine Bedarfsorientierte Mindestsicherung oder die Grundversorgung) getragen wird, ohne dass ein oben angesprochener Beitrag geleistet wird, soll kein Anspruch auf die Familienbeihilfe bestehen, da in diesen Fällen der Mindestunterhalt des Kindes bereits vollständig durch Mittel der öffentlichen Hand sichergestellt ist.
Diese Regelungen sollen in Bezug auf alle Kinder gelten, grundsätzlich auch für Kinder, die erheblich behindert sind und demzufolge die erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, sowie in Bezug auf Vollwaisen.
In Bezug auf erheblich behinderte Kinder, die nicht fähig sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, soll durch eine Sonderregelung der Anspruch auf die erhöhte Familienbeihilfe jedenfalls gegeben sein, wenn sie einen eigenständigen Haushalt führen. Eine eigenständige Haushaltsführung wird in der Regel dann vorliegen, wenn das Kind über eine Wohnung verfügt, in welcher es sich um die allgemeinen Dinge der Lebensführung ‑ wenn auch mit punktueller Unterstützung ‑ selbständig kümmert, keiner regelmäßigen Aufsicht unterliegt und seinen Tagesablauf selbst strukturieren kann. In diesem Fall soll die Leistung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung einem Anspruch auf die erhöhte Familienbeihilfe nicht entgegenstehen.“
30 Der Gesetzgeber hatte für die Stammfassung des FLAG die klare Absicht, verheiratete Kinder von der Familienbeihilfe gänzlich auszuschließen. Demnach endete die finanzielle Belastung der Eltern für das Kind mit dessen Vermählung. Durch die Heirat ging die Unterhaltsverpflichtung des Kindes auf den Ehegatten über und konnte daher einen Anspruch der Eltern auf Familienbeihilfe nicht mehr begründen.
31 Nach der Novellierung infolge Aufhebung des § 5 Abs. 3 FLAG durch das Erkenntnis VfSlg. 8.793/1980 räumte das Gesetz für verheiratete oder geschiedene Kinder oder Vollwaisen einen Anspruch auf Familienbeihilfe ein, sofern nicht deren Ehegatte oder der frühere Ehegatte Unterhalt zu leisten haben.
32 In diesem Zusammenhang kommt es ‑ anders als bei der Leistung des Unterhalts durch die Eltern ‑ auf die Pflicht verheirateter und geschiedener Ehegatten zur Unterhaltsleistung an (vgl. VwGH 16.12.2014, Ro 2014/16/0077, und VwGH 28.2.2017, Ro 2016/16/0005). Daraus folgt, dass dem Unterhaltsbegriff nach §§ 5 Abs. 2 und 6 Abs. 1 lit. b FLAG die Eigenschaft als eine Leistung zu Lebzeiten des Verpflichteten an den Unterhaltsberechtigten beizumessen ist.
33 Gemäß § 257 ASVG gebühren Hinterbliebenenpensionen als Witwenpensionen, Witwerpensionen und Waisenpensionen. Gemäß § 258 ASVG haben die Witwe nach dem Tod des versicherten Ehegatten und der Witwer nach dem Tod der versicherten Ehegattin Anspruch auf Witwenpension oder Witwerpension.
34 Der Verfassungsgerichthof sieht den Zweck der Hinterbliebenenpensionen darin, die ausbleibenden Unterhaltsleistungen des verstorbenen Versicherten zu ersetzen (vgl. VfSlg 8.871/1980). In dieser Entscheidung führte der Verfassungsgerichtshof ebenso aus, dass die Verfassungsmäßigkeit der sozialrechtlichen Bestimmung (in dem besagten Fall war es § 259 ASVG) nicht nur unter einem, sondern unter dem Blickwinkel unterschiedlicher Rechtsgebiete (nämlich im Wesentlichen Unterhaltsrecht und Sozialversicherungsrecht) zu beurteilen ist.
35 In einer Angelegenheit betreffend Feststellung der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 34 Abs. 1 AlVG hielt der Verwaltungsgerichtshof fest, dass es zwar zutrifft, dass die Witwenpension in wirtschaftlicher Hinsicht als Ersatzleistung anzusehen ist, die an die Stelle von Unterhaltsverpflichtungen des Partners tritt, jedoch hinsichtlich der Beurteilung als Einkommen, unterschiedlich behandelt werden muss (vgl. VwGH 23.3.2015, Ro 2015/08/0003, mwN).
36 Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass eine einseitige Beurteilung ‑ wie sie das revisionswerbende Finanzamt vertritt ‑, wonach die Witwenpension, als Unterhaltsersatzleistung nach dem ASVG mit dem Unterhalt nach §§ 5 Abs. 2 und 6 Abs. 1 lit. b FLAG gleichzusetzen wäre, nicht überzeugt.
37 Nach der Rechtsprechung setzt ein Analogieschluss das Vorliegen einer echten Gesetzeslücke, also das Bestehen einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Ein Abweichen vom Gesetzeswortlaut ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur dann zulässig, wenn eindeutig feststeht, dass der Gesetzgeber etwas anderes gewollt hat, als er zum Ausdruck gebracht hat, so beispielsweise wenn den Gesetzesmaterialien mit Sicherheit entnommen werden kann, dass der Wille des Gesetzgebers tatsächlich in eine andere Richtung gegangen ist, als sie in der getroffenen Regelung zum Ausdruck kommt. Im Zweifel ist das Unterbleiben einer bestimmten Regelung im Bereich des öffentlichen Rechts als beabsichtigt anzusehen (vgl. etwa VwGH 29.7.2020, Ra 2019/07/0079, mwN). Eine Lücke ist demnach nur dort anzunehmen, wo das Gesetz (gemessen an der mit der seiner Erlassung verfolgten Absicht und seiner immanenten Teleologie) unvollständig, also ergänzungsbedürftig ist und wo seine Ergänzung nicht etwa einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspricht (VwGH 24.5.2016, Ra 2015/20/0047, mwN).
38 Der Gesetzgeber hätte Gelegenheiten gehabt, eine vom revisionswerbenden Finanzamt gesehene Gesetzeslücke zu schließen, jedoch eine solche Lücke nicht angenommen. Insbesondere ging er bei der erwähnten Änderung des § 6 Abs. 5 FLAG durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 77/2018 davon aus, dass in den Fällen des § 6 Abs. 2 lit. d FLAG Familienbeihilfe ohne zeitliche Beschränkung auch dann gewährt werden kann, wenn dem Kind selbst sozialversicherungsrechtliche Ansprüche wie das Pflegegeld zustehen und bei eigenständiger Haushaltsführung erheblich behinderter Kinder auch die Leistung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung einem Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe nicht entgegensteht. Ebenso berücksichtigte er den Einsatz öffentlicher Mittel aus Sozialhilfe und Jugendwohlfahrt sowie die Neuordnung der Studienförderung bei Änderungen des FLAG. Von daher ist nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die Witwenpensionen bei der Regelung der §§ 5 Abs. 2 und 6 Abs. 1 lit. b FLAG übersehen hätte.
39 Aufgrund des bisher Gesagten ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber in §§ 5 Abs. 2 und 6 Abs. 1 lit. b FLAG auch die Witwen- oder Witwerpension als Unterhalt vom (früheren) Ehegatten mitumfasst wissen wollte. Die Witwen‑ oder Witwerpension ist nicht als Unterhalt im Sinne der §§ 5 Abs. 2 und 6 Abs. 1 lit. b FLAG anzusehen und steht daher einem Anspruch auf Familienbeihilfe, sofern die Einkommensgrenzen nach § 6 Abs. 3 FLAG nicht überschritten werden, nicht entgegen.
40 Auch kann der Begriff des Unterhalts im Sinne der §§ 5 Abs. 2 und 6 Abs. 1 lit. b FLAG nach dem Wortlaut dieser Bestimmung („Unterhalt [...] zu leisten ist“) auch nach dem dargestellten systematischen Regelungszusammenhang des FLAG, nur als eine zu Lebzeiten des Unterhaltsverpflichteten zu erbringende Leistung angesehen werden. Daher kann nach dem Wortlaut der § §§ 5 Abs. 2 und 6 Abs. 1 lit. b FLAG die Witwenpension oder Witwerpension nicht als Unterhalt im Sinne dieser Bestimmung angesehen werden.
41 Anzumerken ist zudem, dass zur Hinterbliebenenpension auch die Waisenpension zählt. Die Waisenpension soll einen Ersatz für die Unterhaltsleistungen des verstorbenen Elternteiles bieten (vgl. OGH 18.3.1993, 10 ObS 303/91).
42 Gemäß § 5 Abs. 1 lit. c FLAG verringert die Überschreitung eines Schwellenwertes des zu versteuernden Einkommens (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) des Kindes die Familienbeihilfe und es ist bei dieser Ermittlung die Waisenpension nicht zu berücksichtigen.
43 Aus der Regelung dieser Bestimmung kann abgeleitet werden, dass der Gesetzgeber Ansprüche nach dem ASVG nicht den in § 5 Abs. 2 und in § 6 Abs. 1 lit. b FLAG genannten Unterhaltsansprüchen gleichsetzen wollte. Der Argumentation des Finanzamts folgend müsste auch die Waisenpension als Unterhalt im Sinne des FLAG angesehen werden, was wiederum § 5 Abs. 1 lit. c FLAG obsolet erscheinen ließe.
44 Vor diesem Hintergrund fehlen ‑ entgegen der Revision ‑ für eine echte, durch Analogie zu schließende Regelungslücke hinreichende Anhaltspunkte. Der vom Bundesfinanzgericht vertretenen Rechtsauffassung ist beizupflichten.
45 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
46 Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 25. Februar 2021
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