VwGH Ra 2015/20/0047

VwGHRa 2015/20/004724.5.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck, die Hofräte Mag. Eder und Mag. Straßegger, die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Schwarz als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Ortner, über die Revision des *****, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Jänner 2015, Zl. W144 1407843- 2/21E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005, den Beschluss gefasst:

Normen

ABGB §7;
AsylG 2005 §6 Abs1 Z4;
AsylG 2005 §9 Abs2 Z3;
StGB §17;
VwRallg;
ABGB §7;
AsylG 2005 §6 Abs1 Z4;
AsylG 2005 §9 Abs2 Z3;
StGB §17;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Dem Revisionswerber, einem Staatsangehörigen von Somalia, wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes (BAA, jetzt: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) vom 25. Juni 2009 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Nachdem der Revisionswerber mit Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 5. März 2012, 621 Hv 16/11t, wegen des Verbrechens nach § 114 Abs. 1, Abs. 3 Z 1 und Abs. 4 erster Fall Fremdenpolizeigesetz 2005 sowie wegen des Vergehens nach § 207a Abs. 3 erster und zweiter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten rechtskräftig verurteilt worden war, wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheid des BAA vom 17. Juli 2012 gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 aberkannt. Unter einem stellte die Behörde gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung und Abschiebung des Revisionswerbers nach Somalia unzulässig sei. Das Bundesverwaltungsgericht wies die dagegen erhobene Beschwerde mit dem angefochtenen Erkenntnis gemäß § 9 Abs. 2 Z 3 und Abs. 4 AsylG 2005 als unbegründet ab.

2 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

3 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß Abs. 3 leg. cit. in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

4 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) im Zeitpunkt seiner Entscheidung (vgl. VwGH vom 14. September 2015, Ra 2014/17/0009 und 0010) zu überprüfen.

5 Zur Zulässigkeit der Revision führt der Revisionswerber zunächst aus, das Bundesverwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 abgewichen, wonach bei der Prüfung zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten eine konkrete Einzelfallprüfung der Schwere der Tat unter Bedachtnahme auf die Milderungsgründe, ein Abstellen auf die Gemeingefährlichkeit des Täters und das Abwägen öffentlicher Interessen an der Aufenthaltsbeendigung gegenüber den Interessen am Weiterbestehen des Schutzes durch den Zufluchtsstaat erforderlich sei (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 23. September 2009, 2006/01/0626). Die genannte Bestimmung sei bei der Prüfung zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten analog anzuwenden.

6 In Anbetracht des unzweifelhaft klaren Wortlautes sowie des nunmehr aufgrund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 8. März 2016, G 440/2015-14, unbedenklichen Inhaltes der Bestimmung des § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005, wonach einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen ist, wenn er von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt worden ist, gelingt es dem Revisionswerber nicht eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzuzeigen, zumal die in der Revision zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes einen anderen Sachverhalt, nämlich die Aberkennung des Status des Asylberechtigten betrifft und somit das Bundesverwaltungsgericht nicht von der hg. Rechtsprechung abwich.

7 Voraussetzung für die analoge Anwendung verwandter Rechtsvorschriften ist das Bestehen einer echten Gesetzeslücke; das heißt einer planwidrigen und daher durch Analogie zu schließenden Unvollständigkeit innerhalb des positiven Rechts, gemessen am Maßstab der gesamten geltenden Rechtsordnung. Eine Lücke ist demnach nur dort anzunehmen, wo das Gesetz (gemessen an der mit der seiner Erlassung verfolgten Absicht und seiner immanenten Teleologie) unvollständig, also ergänzungsbedürftig ist und wo seine Ergänzung nicht etwa einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspricht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. September 2014, Ro 2014/12/0008).

8 Da aber § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 eine ausdrückliche Regelung für den hier in Rede stehenden Fall vorsieht, dass einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen ist, wenn er von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt worden ist, fehlt es schon an einer echten Gesetzeslücke für die vom Revisionswerber geforderte analoge Anwendung des § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005.

9 Weiters moniert die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung den Entfall einer mündlichen Verhandlung. Der Sachverhalt sei unvollständig erhoben worden, weil das Bundesverwaltungsgericht das Beschwerdevorbringen, dass vom Revisionswerber keine Gefahr für die Sicherheit oder die Allgemeinheit ausgehe, nicht geklärt habe, sodass es an einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren mangle.

10 Da eine dahingehende Einzelfallprüfung in Richtung Gemeingefährlichkeit vor dem Hintergrund der obigen Überlegungen nicht erforderlich war, erweist sich der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt nicht in dem vom Revisionswerber gewünschten Sinn als ergänzungsbedürftig und es kann eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Verhandlungspflicht nicht erkannt werden (vgl. hierzu etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 2014, Ra 2014/20/0017 und 0018).

11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher unter Abstandnahme von der beantragten mündlichen Verhandlung nach § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 24. Mai 2016

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