VwGH Ro 2016/10/0037

VwGHRo 2016/10/003724.4.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kacic-Löffler, LL.M., über die Revision der K K in S, vertreten durch Dr. Christian Adam, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Sigmund-Haffner-Gasse 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 24. Mai 2016, Zl. LVwG- 9/258/11-2016, betreffend Mindestsicherung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg), den Beschluss gefasst:

Normen

61999CJ0268 Aldona Malgorzata Jany VORAB;
62009CJ0014 Hava Genc VORAB;
62010CJ0337 Neidel VORAB;
62016CJ0143 Abercrombie Fitch Italia VORAB;
B-VG Art133 Abs4;
NAG 2005 §53a;
NAG 2005 §81 Abs4;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RO2016100037.J00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen, im Beschwerdeverfahren ergangenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 24. Mai 2016 wurden die Anträge der Revisionswerberin auf Gewährung von Mindestsicherung für die Monate September und Oktober 2015 gemäß § 4 Salzburger Mindestsicherungsgesetz (Sbg. MSG) abgewiesen. Weiters wurde ausgesprochen, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.

2 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

3 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

4 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

5 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Revisionswerber auch bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeit der Revision (gesondert) darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht, oder er eine andere Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. VwGH 29.9.2017, Ro 2016/10/0012; 11.8.2017, Ro 2015/10/0047; 22.2.2017, Ro 2016/10/0009; 16.12.2015, Ro 2014/10/0125).

6 Die vorliegende Revision enthält unter dem Titel "Revisionszulässigkeit" lediglich eine Wiedergabe der Ausführungen des Verwaltungsgerichtes, sodass von der Revisionswerberin weder die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision ergänzt noch das Vorliegen anderer Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung geltend gemacht wird.

7 Das Verwaltungsgericht begründet seinen Ausspruch nach § 25a Abs. 1 VwGG zunächst damit, es sei im gegenständlichen Verfahren die Frage zu klären gewesen, ob die Revisionswerberin über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht verfüge und somit zum anspruchsbegründenden Personenkreis gemäß § 4 Sbg. MSG zähle. Dieser Rechtsfrage komme grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu, wenngleich sich das Verwaltungsgericht "bei der Beurteilung dieser Rechtsfrage zum Teil auch auf Judikatur des EuGH stützen" habe können. Es fehle jedoch Judikatur dazu, ob ein Unionsbürger "bei bloß fallweiser und teils geringfügiger Beschäftigung" als Sänger die Erwerbstätigeneigenschaft erwerbe und ihm diese erhalten bleibe.

8 Mit diesen Ausführungen wird eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht aufgezeigt:

9 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vor, wenn diese durch ein Urteil des EuGH beantwortet ist (vgl. VwGH 21.11.2017, Ro 2017/16/0005; 17.2.2015, Ra 2014/01/0172; 28.2.2014, Ro 2014/16/0010, VwSlg. 18798 A).

10 Das Verwaltungsgericht stützt seine Beurteilung, dass die gelegentlichen Tätigkeiten der Revisionswerberin als Sängerin keine selbständige Erwerbstätigkeit begründeten, weil diese bloß als völlig untergeordnet und unwesentlich anzusehen seien, auf Rechtsprechung des EuGH (Verweis auf EuGH 20.11.2001, Aldona Malgorzata Jany, C-268/99). Auch die Annahme des Verwaltungsgerichtes, die Revisionswerberin sei zudem nicht als Arbeitnehmerin anzusehen, weil sie keinerlei maßgebliche Tätigkeit im Lohn- und Gehaltsverhältnis aufweise und ihre "gelegentlichen Tätigkeiten in Studentenjobs (als Babysitterin oder Nachhilfelehrerin)" nicht den Anforderungen an eine tatsächliche und echte Tätigkeit entspreche, da diese als völlig untergeordnet und unwesentlich zu werten seien, basiert auf der Rechtsprechung des EuGH, wonach als "Arbeitnehmer" jeder anzusehen ist, der eine tatsächliche und echte Tätigkeit ausübt, wobei Tätigkeiten außer Betracht bleiben, die einen so geringen Umfang haben, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellen (vgl. EuGH 19.7.2017, Abercrombie & Fitch Italia, C-143/16, Rn. 19; 3.5.2012, Neidel, C-337/10 , Rn. 23;

4.2.2010, Genc, C-14/09 , Rn. 19).

11 Es wird daher mit den oben wiedergegebenen Ausführungen des Verwaltungsgerichtes nicht dargelegt, welche für den Revisionsfall relevante Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof im Revisionsfall erstmals zu klären hätte. Die vom Verwaltungsgericht auf Grundlage der genannten Judikatur des EuGH im Einzelfall vorgenommene Beurteilung, ob von einer (selbständigen oder unselbständigen) Erwerbstätigkeit auszugehen ist, stellt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar. Dass diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre, wird von der Revisionswerberin in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision nicht geltend gemacht.

12 Das Verwaltungsgericht begründet seinen Ausspruch nach § 25a Abs. 1 VwGG auch damit, es fehle Judikatur dazu, ob "alleine das Vorliegen einer angenommenen Anmeldebescheinigung auf Grund der Bestimmung des § 81 Abs. 4 NAG" dazu führe, dass der weitere Aufenthalt eines Unionsbürgers in Österreich als rechtmäßig im Sinne des § 53a NAG zu beurteilen sei und diesem daher nach Bestehen eines ununterbrochenen Aufenthalts von zumindest fünf Jahren im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt zukomme bzw. "ob und inwieweit die Behörde im Verfahren betreffend die Zuerkennung von Mitteln aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung an die Feststellung der Niederlassungsbehörde im Sinne des § 53a NAG gebunden" sei.

13 Auf eine Rechtsfrage, die das Verwaltungsgericht bei der Zulassung der ordentlichen Revision als grundsätzlich angesehen hat, ist vom Verwaltungsgerichtshof allerdings nicht einzugehen, wenn diese Rechtsfrage in der Revision nicht angesprochen wird (vgl. VwGH 23.5.2017, Ro 2016/10/0024; 17.3.2017, Ro 2017/17/0005; 24.11.2016, Ro 2014/07/0070; 28.4.2016, Ro 2014/07/0093). Der vorliegenden Revision sind keine Ausführungen zu den wiedergegebenen, vom Verwaltungsgericht als grundsätzlich angesehenen Rechtsfragen zu entnehmen.

14 Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 24. April 2018

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