VwGH Ro 2015/10/0047

VwGHRo 2015/10/004711.8.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision der Salzburger Landesregierung gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 30. Juni 2015, Zl. LVwG- 9/137/12-2015, betreffend Mindestsicherung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau; mitbeteiligte Partei: B B in B), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
MSG Slbg 2010 §10 Abs1 Z2;
MSG Slbg 2010 §10 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom 30. Juni 2015 wurde dem Mitbeteiligten gemäß § 10 Abs. 1 und 3 Salzburger Mindestsicherungsgesetz (Sbg. MSG) bedarfsorientierte Mindestsicherung für den Monat Jänner 2015 in der Höhe von EUR 531,50 zuerkannt (Spruchpunkt I.). Weiters wurde ausgesprochen, dass gemäß § 25a VwGG die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

2 Das Verwaltungsgericht ging im Wesentlichen davon aus, dass der Mitbeteiligte mit seiner Ehefrau und seinen vier minderjährigen Kindern im Jänner 2015 eine Wohnung in B bewohnt habe, deren Gesamtmiete EUR 308,10 betragen habe. Der Mitbeteiligte sei mit seiner Familie am 19. Jänner 2015 in eine neue Wohnung in B übersiedelt; dort belaufe sich der Gesamtmietzins auf EUR 740,31. Im Jänner 2015 seien Mietkosten für beide Wohnungen angefallen, da der Mietvertrag in der alten Wohnung erst mit Ende Jänner 2015 gekündigt worden sei, jener in der neuen Wohnung aber bereits mit 1. Jänner 2015 zu laufen begonnen habe. Der Mitbeteiligte und seine Ehefrau hätten gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 Sbg. MSG Anspruch auf 75 % des Mindeststandards nach Z. 1, dies seien für Jänner 2015 je EUR 620,87 gewesen. Davon seien 25 % (EUR 155,22) pro Person für die Deckung des Wohnbedarfs vorgesehen, insgesamt somit EUR 310,44. Damit seien die Mietkosten der alten Wohnung (EUR 308,10) abgedeckt. Dem Mitbeteiligten sei jedoch der gesamte Wohngrundbetrag (für ihn und seine Ehefrau) in der Höhe von EUR 310,44 zuzuerkennen, da der Wohnbedarf für Jänner 2015 wesentlich höher gewesen sei, "da die Miete auch für die neue Wohnung ... in der Höhe von EUR 740,31 zu begleichen" gewesen sei.

3 Der Verwaltungsgerichtshof habe gegen die Aufteilung von Wohnkosten auf die haushaltszugehörigen Personen zu gleichen Teilen keine Bedenken geäußert (Verweis auf das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 2014, Zl. 2013/10/0125; gemeint ist aber nach den weiteren Ausführungen offenbar das hg. Erkenntnis vom 29. Februar 2012, Zl. 2011/10/0075). Es habe sich dabei aber um einen Fall gehandelt, in dem eine selbsterhaltungsfähige und volljährige Person (Bruder des dortigen Beschwerdeführers) in die Wohnkostenberechnung miteinbezogen worden sei. Gleiches gelte für das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2013, Zl. 2012/10/0203, in dem es um die Frage gegangen sei, ob die volljährige und selbsterhaltungsfähige Tochter des dortigen Beschwerdeführers zu den Wohnkosten beizutragen habe. Zudem beträfen diese Erkenntnisse die hinsichtlich der Berechnung des Wohnbedarfs anderslautende Regelung des Tiroler Mindestsicherungsgesetzes. Die Kinder des Mitbeteiligten seien jedoch minderjährig und nicht selbsterhaltungsfähig. Würde man der Berechnung der belangten Behörde folgen und den Wohnbedarf auf alle Haushaltsangehörigen aufteilen, komme auf die Kinder ein aliquoter Wohnkostenanteil, der allerdings in den Pflichtleistungen nach dem Sbg. MSG für Minderjährige keinen Niederschlag finde, während die den Eltern zustehende Pflichtleistung für "Wohnen" in der Höhe von EUR 155,22 trotz der bestehenden Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern beschnitten würde. Daher könne für den vorliegenden Fall die Berechnung nur so lauten, dass den Eltern der gesamte Wohngrundbetrag als Pflichtleistung zuerkannt werde. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden und dem Mitbeteiligten der gesamte Wohngrundbetrag für sich und seine Ehefrau gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 iVm Abs. 3 Sbg. MSG - zuzüglich zu dem im Verfahren unstrittigen Betrag von EUR 221,06 an Hilfe für den Lebensunterhalt - zuzuerkennen gewesen.

4 Die Revision gegen dieses Erkenntnis ließ das Verwaltungsgericht mit der Begründung zu, dass zur Frage, ob der Wohnbedarf auf Grundlage der §§ 10 und 11 Sbg. MSG "bei der Berechnung auch auf die nicht selbsterhaltungsfähigen und minderjährigen Kinder in einer Bedarfsgemeinschaft aliquot aufzuteilen" sei, keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliege. Die oben genannte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes betreffe das hinsichtlich der Berechnung des Wohnbedarfs anderslautende Tiroler Mindestsicherungsgesetz.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Kontrolle der Entscheidungen der Verwaltungsgerichte nicht nur für den Fall einer außerordentlichen Revision, sondern auch bei ordentlichen Revisionen auf die Wahrnehmung von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne dieser Bestimmung begrenzt. Ein Revisionswerber hat auch bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeit der Revision (gesondert) darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht, oder er eine andere Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. den hg. Beschluss vom 22. Februar 2017, Zl. Ro 2016/10/0009, mwN). Die Zulässigkeit der Revision setzt zudem voraus, dass das Schicksal der Revision von der geltend gemachten Rechtsfrage abhängt (vgl. den hg. Beschluss vom 29. März 2017, Zl. Ro 2016/10/0041, mwN).

9 Die Revision spricht in ihrer Zulässigkeitsbegründung - ausschließlich - die Frage der Aufteilung der Wohnkosten auf die haushaltszugehörigen Personen an, wobei insofern ein Abweichen von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Verweis auf die Erkenntnisse vom 29. Februar 2012, Zl. 2011/10/0075, und vom 24. Juni 2015, Zl. Ro 2014/10/0103) geltend gemacht bzw. Begründungsmängel behauptet werden.

10 Weder das Verwaltungsgericht noch die Revisionswerberin legen allerdings dar, weshalb der Lösung der genannten Rechtsfrage für den hier vorliegenden Fall Relevanz zukommen sollte, geht das Verwaltungsgericht doch - von der Revision unbestritten - davon aus, dass für den maßgeblichen Monat Jänner 2015 der Wohnbedarf der Bedarfsgemeinschaft des Mitbeteiligten die Mietkosten für beide Mietwohnungen umfasst hat. Davon ausgehend führt die von der Revisionswerberin ins Treffen geführte Aufteilung dieser Wohnkosten auf alle haushaltszugehörigen Personen allerdings zu keinem anderen Ergebnis, weil auch in diesem Fall der Wohngrundbetrag für den Mitbeteiligten und seine Ehefrau von je EUR 155,22, der vom Verwaltungsgericht zuerkannt wurde, nicht unterschritten würde.

11 Das Schicksal der Revision hängt somit nicht von der Lösung der aufgeworfenen Rechtsfrage ab. Zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grund von Revisionen aber nicht zuständig (vgl. nochmals den genannten Beschluss vom 29. März 2017, Zl. Ro 2016/10/0041, mwN).

12 Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 11. August 2017

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