VwGH Ro 2014/10/0103

VwGHRo 2014/10/010324.6.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 31. Juli 2014, Zl. LVwG- 2014/41/0786-5, betreffend Mindestsicherung (mitbeteiligte Partei: M T in F), zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
MSG Tir 2010 §15 Abs1;
MSG Tir 2010 §15 Abs7;
MSG Tir 2010 §18 Abs2;
MSG Tir 2010 §18 Abs3;
MSG Tir 2010 §6 Abs1;
MSG Tir 2010 §6;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs1a;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
B-VG Art133 Abs4;
MSG Tir 2010 §15 Abs1;
MSG Tir 2010 §15 Abs7;
MSG Tir 2010 §18 Abs2;
MSG Tir 2010 §18 Abs3;
MSG Tir 2010 §6 Abs1;
MSG Tir 2010 §6;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs1a;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Erkenntnis vom 31. Juli 2014 hat das Landesverwaltungsgericht Tirol der Beschwerde der Mitbeteiligten gegen den Bescheid der Revisionswerberin (der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht) vom 30. Jänner 2014, mit dem der Mindestsicherungsantrag abgewiesen worden war, Folge gegeben und der Mitbeteiligten eine Mindestsicherungsleistung im Ausmaß von EUR 491,70 für Dezember 2013 und EUR 522,60 je Monat für das Jahr 2014 sowie EUR 214,60 als Sonderzahlung für Dezember 2013 und je EUR 219,78 als Sonderzahlung für März, Juni, September und Dezember 2014 zuerkannt.

Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass die Mitbeteiligte mit ihrem Lebensgefährten Martin J. und den beiden gemeinsamen Söhnen, geboren 2006 und 2010, in einer Martin J. gehörenden Eigentumswohnung mit einer Wohnnutzfläche von 80 m2 wohne. Die Mitbeteiligte betreue ihre Kinder und beziehe kein eigenes Einkommen. Die monatlichen Rückzahlungsverpflichtungen für die Eigentumswohnung (Bankdarlehen und Wohnbauförderungsdarlehen) belasteten den Lebensgefährten Martin J. mit monatlich EUR 643,41. Dazu kämen die Betriebskosten in der Höhe von monatlich EUR 145,64. Daraus ergebe sich eine Gesamtbelastung von EUR 789,05 pro Monat. Die durchschnittlichen Mietkosten einer 80 m2 großen Wohnung am Wohnort der Mitbeteiligten würden EUR 575,-- betragen. Inklusive der tatsächlichen Betriebskosten würden sich somit die Wohnkosten bei Zahlung eines ortsüblichen Mietzinses auf monatlich EUR 720,64 belaufen.

Addiere man zu den anzuwendenden Mindestsätzen für die Mitbeteiligte, den Lebensgefährten und die beiden Kinder die unter Berücksichtigung des fiktiven Mietzinses errechneten Wohnkosten so ergebe sich ein Bedarf der gesamten Familie von EUR 2.008,40 für Dezember 2013 und EUR 2.039,30 je Monat für 2014. Demgegenüber betrage das monatliche Einkommen des Lebensgefährten Martin J. inklusive Sonderzahlungen unter Berücksichtigung der Hälfte der ausbezahlten Taggelder durchschnittlich EUR 1.516,70 pro Monat. Die zuerkannten Mindestsicherungsbeträge entsprächen der Differenz zwischen dem Einkommen und dem Bedarf.

Die Mitbeteiligte sei auf das Einkommen ihres im gemeinsamen Haushalt lebenden Lebensgefährten Martin J. angewiesen. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft stelle ein von der Rechtsordnung in einzelnen Bestimmungen anerkanntes und rechtlich geschütztes familienrechtliches Verhältnis dar. Wenn auch keine wechselseitige Unterhaltspflicht zwischen Lebensgefährten bestehe, so sei doch bis zum Beweis des Gegenteils davon auszugehen, dass Lebensgefährten gemeinsam wirtschafteten und ihre Einkünfte miteinander teilten. Vom Einkommen des Martin J. sei sohin jener Teil als den Bedarf (der Mitbeteiligten und der Kinder) mindernd anzusehen, welcher nach Abzug des Wohnkostenanteiles (nach Köpfen) und des für Martin J. anzuwendenden Mindestsatzes verbleibe. Die Mitbeteiligte habe auch zugestanden, von Martin J. unter Berücksichtigung seiner monatlichen Zahlungsverpflichtungen für die gemeinsame Wohnung nach Möglichkeit unterstützt zu werden und von diesem eine monatliche Unterstützung von EUR 100,-- zusätzlich zur Familienbeihilfe zu erhalten.

Zuletzt sei der Mitbeteiligten mit Bescheid der Revisionswerberin vom 26. März 2013 Mindestsicherung gewährt worden. In diesem Bescheid sei sie für den Fall der Beantragung der Weitergewährung der Mindestsicherung über den 1. Oktober 2013 hinaus auf § 15 Abs. 7 und Abs. 8 Tiroler Mindestsicherungsgesetz - TMSG, LGBl. Nr. 99/2010, hingewiesen worden.

Nach der Aktenlage enthält der Spruch dieses Bescheides ua. folgende Hinweise:

"Gemäß § 15 Abs. 7 TMSG ist nach Ablauf einer maximal 6- monatigen Toleranzfrist unbewegliches Vermögen, selbst wenn dieses der Deckung des unmittelbaren Wohnbedarfes dient, grundbücherlich zu besichern.

Im gegenständlichen Fall werden beginnend mit 01.04.2013

Leistungen nach dem TMSG ... bezogen und läuft daher die zitierte

Frist gemäß § 15 Abs. 8 TMSG per 30.09.2013 aus. Wird länger als 6 unmittelbar aufeinander folgende Monate Mindestsicherung bezogen, so besteht für den weiteren Bezug der Mindestsicherung das verpflichtende Erfordernis der Leistungsbesicherung.

Für die Weitergewährung einer Mindestsicherung ab 01.10.2013 ist daher die niederschriftliche Zustimmungserklärung von (Martin J.) zur Besicherung der Liegenschaft ... notwendig, sowie in Folge auch die Unterfertigung der zur grundbücherlichen Besicherung notwendigen Schuld- und Pfandbestellungsurkunde unabdingbar erforderlich.

Sollte die Unterfertigung der zur grundbücherlichen Besicherung notwendigen Schuld- und Pfandbestellungsurkunde nicht erfolgen, so könnten bei einer beantragten Weitergewährung der Mindestsicherung ab 01.10.2013 die das Eigenheim betreffenden Zahlungsverpflichtungen des (Martin J.) nicht mehr berücksichtigt werden."

Das Verwaltungsgericht führte weiter aus, es verkenne in diesem Zusammenhang nicht, dass die gemeinsam bewohnte Eigentumswohnung im Alleineigentum von Martin J. stehe, halte es aber in einer Gesamtschau der relevanten rechtlichen Bestimmungen für gerechtfertigt, im gegenständlichen Fall nicht auf die tatsächlichen Rückzahlungsverpflichtungen für die Wohnung, sondern auf die durchschnittlichen Mietkosten einer derartigen Wohnung abzustellen.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf das Erkenntnis vom 23. Mai 2012, Zl. 2009/22/0168) seien Taggelder regelmäßig zur Hälfte in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen, sofern nicht nachgewiesen werde, dass diese Gelder darüber hinaus der Abdeckung berufsbedingter Mehrausgaben dienten. Die Mitbeteiligte habe sich in ihrer Beschwerde zwar gegen die Berücksichtigung der Taggelder als Einkommen gewendet, jedoch nicht dezidiert vorgebracht, dass die Aufwendungen ihres Lebensgefährten so hoch seien, dass sämtliche Aufwandsentschädigungen verbraucht würden.

Die ordentliche Revision wurde zugelassen, weil eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Auslegung von § 18 Abs. 2 TMSG betreffend die Berücksichtigung des Einkommens der mit einem Mindestsicherungsbezieher in Lebensgemeinschaft lebenden Person fehle.

Über die gegen dieses Erkenntnis gerichtete Revision hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch das Landesverwaltungsgericht Tirol erwogen:

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes über die Zulässigkeit der Revision nicht gebunden.

Auch in einer ordentlichen Revision hat der Revisionswerber von sich aus die maßgeblichen Gründe für die Zulässigkeit der Revision darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 20. Mai 2015, Zl. Ro 2014/10/0086).

Die Revisionswerberin führt zur Zulässigkeit der Revision aus, dass sie zwar nicht in der - ihrer Ansicht nach vom Verwaltungsgericht richtig gelösten - Frage der Auslegung von § 18 Abs. 2 TMSG eine grundsätzliche Rechtsfrage erblicke, sondern die Anwendung des § 15 Abs. 7 und Abs. 8 TMSG im Hinblick auf die Anrechnung von unbeweglichem Vermögen bei Lebensgemeinschaften eine derartige Rechtsfrage darstelle. Dazu fehle Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Das Verwaltungsgericht habe gesetzwidrig "fiktive Mietkosten" in Ansatz gebracht, jedoch auf die Anspruchsvoraussetzung gemäß § 15 Abs. 7 und 8 TMSG nicht Bedacht genommen.

Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision dargetan. Die Revision ist aus folgenden Gründen im Ergebnis auch berechtigt:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Tiroler Mindestsicherungsgesetzes - TMSG, LGBl. Nr. 99/2010, haben (auszugsweise) folgenden Wortlaut:

"§ 2

Begriffsbestimmungen

...

(8) Die Hilfe zur Sicherung des Wohnbedarfes umfasst den für die Gewährleistung einer bedarfsgerechten Wohnsituation tatsächlich regelmäßig wiederkehrenden Aufwand für Miete, Betriebskosten, Heizkosten und Abgaben.

...

§ 5

Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes

(1) Die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes besteht in der Gewährung pauschalierter, monatlicher Geldleistungen (Mindestsätze).

(2) Der Mindestsatz beträgt für

  1. a) Alleinstehende und Alleinerzieher 75 v. H.,
  2. b) Volljährige, die nicht unter lit. a fallen 56,25 v. H.,
  3. c) Minderjährige, für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht 24,75 v. H.

    des Ausgangsbetrages nach § 9 Abs. 1.

    ...

(5) Zusätzlich zum jeweiligen Mindestsatz ist in den Monaten März, Juni, September und Dezember eine Sonderzahlung in der Höhe von 9 v. H. des Ausgangsbetrages nach § 9 Abs. 1 zu gewähren, soweit der Mindestsicherungsbezieher zum Stichtag bereits seit mindestens drei Monaten laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes oder des Wohnbedarfes bezogen hat. Als Stichtag gilt der Erste des jeweiligen Monats.

...

§ 6

Hilfe zur Sicherung des Wohnbedarfes

(1) Die Hilfe zur Sicherung des Wohnbedarfes besteht in der Übernahme der tatsächlich nachgewiesenen Mietkosten, Betriebskosten, Heizkosten und Abgaben für eine Wohnung, sofern diese die ortsüblichen Mietkosten, Betriebskosten, Heizkosten und Abgaben für eine Wohnung mit einer haushaltsbezogenen Höchstnutzfläche nach Abs. 2 nicht übersteigen.

(2) Die Höchstnutzfläche beträgt für einen Einpersonenhaushalt 40 m2 und für einen Zweipersonenhaushalt 60 m2. Bei mehr als zwei Personen in einem Haushalt erhöht sich die Höchstnutzfläche für jede weitere Person um jeweils 10 m2, höchstens jedoch bis zu einer Nutzfläche von insgesamt 110 m2.

...

§ 15

Einsatz der eigenen Mittel

(1) Vor der Gewährung von Mindestsicherung hat der Hilfesuchende seine eigenen Mittel, zu denen sein gesamtes Einkommen und sein Vermögen gehören, einzusetzen.

...

(7) Von der Verpflichtung zur Verwertung von unbeweglichem Vermögen ist vorerst abzusehen, wenn dieses der Deckung des unmittelbaren Wohnbedarfes des Mindestsicherungsbeziehers und der mit ihm in Lebensgemeinschaft lebenden Person oder der mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden und ihm gegenüber unterhaltsberechtigten Personen dient. Wird im Fall der Unzulässigkeit der Verwertung von unbeweglichem Vermögen länger als sechs unmittelbar aufeinander folgende Monate Mindestsicherung bezogen, so hat sich der Mindestsicherungsbezieher zum Ersatz der für ihn aufgewendeten Kosten nach Beseitigung der Notlage zu verpflichten und dafür eine Sicherstellung anzubieten.

(8) Bei der Berechnung der Sechsmonatsfrist nach den Abs. 6 und 7 sind auch frühere ununterbrochene Bezugszeiten von jeweils mindestens zwei Monaten zu berücksichtigen, wenn sie nicht länger als zwei Jahre vor dem neuerlichen Bezugsbeginn liegen.

...

§ 17

Verfolgung von Ansprüchen gegenüber Dritten

(1) Vor der Gewährung von Mindestsicherung hat der Hilfesuchende öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Ansprüche auf bedarfsdeckende oder bedarfsmindernde Leistungen gegen Dritte zu verfolgen, soweit dies nicht offensichtlich aussichtslos oder unzumutbar ist.

(2) Mindestsicherung ist unbeschadet der Verpflichtung nach Abs. 1 als Vorausleistung zu gewähren, wenn der Hilfesuchende bis zur tatsächlichen Durchsetzung seiner Ansprüche anspruchsberechtigt im Sinn dieses Gesetzes ist. Die unmittelbar erforderliche Bedarfsdeckung ist jedenfalls zu gewährleisten.

§ 18

Ausmaß der Mindestsicherung

(1) Das Ausmaß der Leistungen der Mindestsicherung ist im Einzelfall unter Berücksichtigung des Einsatzes der eigenen Mittel und der Bereitschaft des Hilfesuchenden zum Einsatz seiner Arbeitskraft sowie der bedarfsdeckenden oder bedarfsmindernden Leistungen Dritter zu bestimmen.

(2) Zu den bedarfsdeckenden oder bedarfsmindernden Leistungen Dritter zählt neben den Leistungen, auf die der Hilfesuchende einen Anspruch nach § 17 Abs. 1 hat, auch das Einkommen der mit ihm in Lebensgemeinschaft lebenden Person oder der mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden und ihm gegenüber unterhaltsverpflichteten Personen, soweit dieses den Mindestsatz nach § 5 Abs. 2 lit. b zuzüglich des auf diese Person entfallenden Wohnkostenanteiles übersteigt. Von diesem Einkommen sind allfällige Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Dritten in Abzug zu bringen.

(3) Hat der Hilfesuchende auf eine bedarfsdeckende oder bedarfsmindernde Leistung keinen Anspruch nach § 17 Abs. 1, so ist diese bei der Bestimmung des Ausmaßes der Mindestsicherung nur zu berücksichtigen, soweit sie

a) regelmäßig in einem Ausmaß erbracht wird, das wesentlich zur Deckung der Grundbedürfnisse des Hilfesuchenden beiträgt, oder

b) in einem Ausmaß erbracht wird, das wesentlich zur Bewältigung außergewöhnlicher Schwierigkeiten des Hilfesuchenden beiträgt.

..."

Die Revisionswerberin macht geltend, dass es nicht zulässig sei, fiktive Mietkosten als Wohnbedarf anzuerkennen, weil nach § 6 TMSG nur tatsächlich nachgewiesene Kosten zu berücksichtigen seien. Aber auch die Kreditraten für die Eigentumswohnung seien vorliegend nicht als Wohnungsaufwand zu berücksichtigen. Die Gewährung von Mindestsicherung diene nicht der Schaffung von Vermögen. Werde Mindestsicherung in der Dauer von mehr als sechs Monaten gewährt, so könnten derartige Kreditzahlungen nur dann als Wohnungsaufwand anerkannt werden, wenn sich der Mindestsicherungsbezieher gemäß § 15 Abs. 7 TMSG zum Ersatz der für ihn aufgewendeten Kosten nach Beendigung der Notlage verpflichte und dafür eine Sicherstellung anbiete. Im vorliegenden Fall hätten jedoch die Mindestsicherungswerber trotz des ausdrücklichen schriftlichen Hinweises im Bescheid vom 26. März 2013 keine derartige Verpflichtungserklärung abgegeben und keine Sicherstellung angeboten. Daher seien die Kreditraten nicht zu berücksichtigen.

Dazu ist Folgendes auszuführen:

Für die Berechnung des - jeweils eigenen - Mindestsicherungsanspruches der Mitbeteiligten und ihrer Kinder ist u.a. § 18 Abs. 2 TMSG maßgeblich. Nach dieser Bestimmung ist das Einkommen des Lebensgefährten und unterhaltspflichtigen Vaters der Kinder Martin J., soweit es dessen eigenen Mindestsatz samt Wohnkostenanteil übersteigt, als - den Anspruch mindernde - Leistung Dritter zu berücksichtigen. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 29. Februar 2012, Zl. 2011/10/0075, dargelegt hat, führt die im vorliegenden Fall vom Verwaltungsgericht angewendete Berechnungsmethode der Gegenüberstellung der für die vier Personen der Haushaltsgemeinschaft insgesamt maßgeblichen Mindestsätze inklusive der anzurechnenden Wohnkosten mit dem Gesamteinkommen aller Personen im Regelfall zum selben Ergebnis. Der den eigenen Bedarf übersteigende Teil des Einkommens von Martin J. ist ungeachtet des Umstandes anzurechnen, dass gegenüber einer Lebensgefährtin keine Unterhaltspflicht besteht, und auch für den Fall, dass die für die Kinder anzurechnende Leistung die Höhe der Unterhaltspflicht übersteigen sollte. Der keiner Unterhaltspflicht entsprechende Anteil des Einkommens kann jedoch gemäß § 18 Abs. 3 TMSG nur dann angerechnet werden, wenn er tatsächlich regelmäßig für die Mitbeteiligte bzw. für die Kinder zur Verfügung gestellt wird (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 2012, Zl. 2011/10/0201). Dem Verwaltungsgericht ist zuzustimmen, dass dies bei Lebensgefährten - wenn keine konkreten Anhaltspunkte dagegen sprechen - anzunehmen ist.

Wenn für die dargestellte Berechnungsweise auch der Mindestsatz samt Wohnkostenanteil von Martin J. einen wesentlichen Parameter darstellt, so ist Martin J., der ein seinen Bedarf deutlich übersteigendes Einkommen von mehr als EUR 1.500,-- je Monat bezieht, dennoch nicht als Mindestsicherungsbezieher anzusehen, vielmehr schmälert sein Einkommen - wie dargestellt - sogar einen allfälligen Anspruch der Mitbeteiligten und der Kinder.

Da es sich bei Martin J. somit um keinen Mindestsicherungsbezieher handelt, trifft ihn auch nicht die Pflicht, gemäß § 15 Abs. 1 TMSG sein eigenes Vermögen einzusetzen, und somit auch nicht die Pflicht, sich gemäß § 15 Abs. 7 TMSG zum Ersatz der aufgewendeten Kosten zu verpflichten und dafür eine Sicherstellung anzubieten. Da die von der Familie bewohnte Eigentumswohnung im Alleineigentum von Martin J. steht, kann diese Pflicht in Bezug auf die Wohnung auch nicht die Mitbeteiligte treffen.

Zur Höhe der Hilfe zur Sicherung des Wohnbedarfs ist zunächst darauf zu verweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken dagegen hat, die Wohnkosten - wenn keine besonderen Gründe für eine abweichende Aufteilung sprechen - auf alle haushaltszugehörigen Personen, unabhängig davon, ob sie Mindestsicherung beziehen, aufzuteilen (vgl. etwa das bereits zitierte Erkenntnis zur Zl. 2011/10/0075).

Gemäß § 6 Abs. 1 TMSG besteht die Hilfe zur Sicherung des Wohnbedarfs in der Übernahme der tatsächlich nachgewiesenen Mietkosten, Betriebskosten, Heizkosten und Abgaben in maximal ortsüblicher Höhe für eine Wohnung mit maximal der haushaltsbezogenen Höchstnutzfläche. Im vorliegenden Fall entspricht die Wohnung mit einer Nutzfläche von 80 m2 der gemäß § 6 Abs. 2 TMSG für einen Vier-Personen-Haushalt angemessenen Höchstnutzfläche. Anhaltspunkte dafür, dass die zu entrichtenden Betriebskosten das ortsübliche Ausmaß überstiegen, ergeben sich im vorliegenden Fall nicht. Das Verwaltungsgericht hat daher jedenfalls den auf die einzelnen haushaltszugehörigen Personen entfallenden Teilbetrag der in § 6 Abs. 1 TMSG ausdrücklich genannten Betriebskosten für die Eigentumswohnung zu Recht bei der Berechnung der Mindestsicherungsleistung für die Mitbeteiligte und die Kinder als Wohnbedarf berücksichtigt.

Die in der Auflistung des § 6 Abs. 1 TMSG nicht enthaltenen Kreditrückzahlungen sind jedoch - auch wenn der Kredit für die Wohnungsbeschaffung aufgenommen wurde - nicht durch Leistungen zur Deckung des Wohnbedarfs abzugelten. Da die genannte gesetzliche Bestimmung ausdrücklich auf tatsächlich nachgewiesene Kosten abstellt, ist es auch nicht rechtens, tatsächlich nicht geleistete fiktive Mietkosten zu berücksichtigen.

Insofern hat das Verwaltungsgericht die Rechtslage verkannt.

Die von Martin J. getragenen Kreditrückzahlungen für die Wohnung könnten jedoch einen konkreten Anhaltspunkt dafür darstellen, dass Martin J. den Anteil seines Einkommens, der den auf ihn anzuwendenden Mindestsatz samt Wohnkostenanteil übersteigt, nicht tatsächlich seiner Lebensgefährtin und den Kindern zur Verfügung stellt. Dies hätte - wie oben dargestellt - zur Folge, dass der genannte Einkommensteil, soweit ihm kein Unterhaltsanspruch gegenübersteht, nicht bzw. nicht in voller Höhe als bedarfsdeckende Leistung berücksichtigt werden könnte. Inwieweit dies der Fall ist, wird das Verwaltungsgericht im fortgesetzten Verfahren zu prüfen haben.

Entgegen dem weiteren Revisionsvorbringen hat das Verwaltungsgericht die Martin J. gewährten Taggelder - mangels konkreter Anhaltspunkte für eine Anrechnung zu einem größeren bzw. kleineren Teil - zu Recht nur zur Hälfte als Einkommen berücksichtigt. Der Verwaltungsgerichtshof hat im vom Verwaltungsgericht zitierten Erkenntnis vom 23. Mai 2012, Zl. 2009/22/0168, diese ständige Judikatur der ordentlichen Gerichte zum Unterhaltsrecht auf die Frage der Tragfähigkeit einer Haftungserklärung für die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung übertragen. Diese Judikatur ist auch auf die Berechnung von Mindestsicherungsleistungen übertragbar.

Der von der Revisionswerberin ins Treffen geführte Umstand, dass bei früheren Mindestsicherungsgewährungen das Taggeld von Martin J. zur Gänze als Einkommen berücksichtigt und dies nicht angefochten worden sei, kann zu keinem anderen Ergebnis führen.

Die Revisionswerberin verweist zu Recht darauf, dass gemäß § 5 Abs. 5 TMSG eine Sonderzahlung für Dezember 2013 nur unter der Voraussetzung zu gewähren ist, dass davor bereits seit mindestens drei Monaten Mindestsicherungsleistungen bezogen wurden. Mit dem oben wiedergegebenen Bescheid der Revisionswerberin vom 26. März 2013 wurde eine Mindestsicherungsleistung über den 30. September 2013 hinaus nur unter der Voraussetzung gewährt, dass zur Sicherung des Rückforderungsanspruches die Eigentumswohnung mit einem Pfandrecht belastet werde. Aus dem Akteninhalt ergibt sich, dass diese Besicherung nicht erfolgt ist. Eine Sonderzahlung für Dezember 2013 gebührte nur unter der Voraussetzung, dass die Mitbeteiligte und die Kinder dennoch auch in den Monaten Oktober und November 2013 eine Mindestsicherungsleistung bezogen hätten, was vom Verwaltungsgericht nicht geprüft worden ist. Es wird daher auch diese Frage im fortgesetzten Verfahren zu prüfen sein.

Aus den dargestellten Gründen war das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

Wien, am 24. Juni 2015

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