VwGH Ro 2017/16/0005

VwGHRo 2017/16/000521.11.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, in der Revisionssache der S GmbH in M, vertreten durch die Dr. Ewald Lausberger Wirtschaftsprüfer Steuerberater GmbH in 4040 Linz, Ferdinand Markl Straße 22, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 2. November 2016, Zl. RV/5200071/2014, betreffend Eingangsabgaben und Abgabenerhöhung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Zollamt Linz Wels), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RO2017160005.J00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 553,20 € binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 26. November 2009 hatte das Zollamt Linz Wels der revisionswerbenden Gesellschaft mbH (Revisionswerberin) gemäß Art. 220 Abs. 1 des Zollkodex (ZK) nachträglich buchmäßig erfasste Beträge an in den Jahren 2007 und 2008 entstandenen Einfuhrabgaben (Zoll) gemäß Art. 221 Abs. 1 ZK mitgeteilt und der Revisionswerberin gemäß § 108 Abs. 1 ZollR‑DG eine Abgabenerhöhung vorgeschrieben.

2 Das gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B‑VG für die Weiterführung des Verfahrens zuständige Bundesfinanzgericht entschied mit dem angefochtenen Erkenntnisüber die gegen den erwähnten Bescheid des Zollamtes erhobene Beschwerde und berechnete die Einfuhrabgaben (Zoll) und die Abgabenerhöhung neu. Das Bundesfinanzgericht sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG zulässig sei.

3 Nach Schilderung des Verwaltungsgeschehens stellte das Bundesfinanzgericht u.a. fest, die Revisionswerberin habe mit den revisionsgegenständlichen Zollanmeldungen Spritzgussformen zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr angemeldet, welche sie von der SNA mit Sitz in Kanada erworben hätte. Für die mit diesen Spritzgussformen hergestellten und auf den Markt gebrachten Erzeugnisse hätten sowohl die SNA als auch die Revisionswerberin jeweils eine Lizenzgebühr im Ausmaß von 5 % vom Umsatz an den Lizenzgeber FS zu entrichten gehabt. FS habe zum einen mit der SNA als Lizenznehmerin einen Lizenzvertrag vom 1. Jänner 2005 und zum anderen mit der Revisionswerberin als Lizenznehmerin einen Lizenzvertrag vom 10. Dezember 1992 abgeschlossen. Demnach hätten sich die Lizenznehmer verpflichtet, dem Lizenzgeber eine Lizenzgebühr im Ausmaß von 5 % des Umsatzes zu entrichten, der im Zusammenhang mit dem im Lizenzvertrag genannten Patent stehe. FS sei der Inhaber der Patente für die Erzeugung der in Rede stehenden Spitzgussformen.

4 Während die von der SNA entrichteten Lizenzgebühren im Kaufpreis bereits enthalten seien, seien die von der Revisionswerberin an FS entrichteten Lizenzgebühren gemäß Art. 32 Abs. 1 Buchst. c letzter Halbsatz des Zollkodex dem Kaufpreis bei der Zollwertermittlung hinzuzurechnen.

5 Der Lizenzgeber FS habe insofern die Fertigung hinsichtlich der Produktionsstätten kontrolliert, als es dem Hersteller ohne seine Zustimmung nicht erlaubt gewesen sei, die Waren in anderen Ländern als in den USA und Kanada zu erzeugen (Punkt VI des Lizenzvertrages), und der Lizenzgeber habe insofern bestimmt, an wen der Hersteller die Waren verkaufen dürfe, als er Letzterem gestattet habe, die Waren weltweit zu exportieren. Der Lizenzgeber habe insofern das Recht, die Geschäftsbücher des Herstellers zu überprüfen, als ihm jederzeit gestattet sei, zu diesem Zweck auf Kosten des Herstellers durch einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer eine Überprüfung der Buchhaltung des Lizenznehmers vornehmen zu lassen (Punkt III des Lizenzvertrages).

6 Dadurch werde deutlich, dass die Kontrollbefugnisse des Lizenzgebers und seine Einflussnahme auf die strategische Ausrichtung des Unternehmens des Herstellers so weit gingen, dass er sogar über die Möglichkeit allfälliger Produktionsauslagerungen in andere Länder bestimmen dürfe. Nach den Aussagen des Geschäftsführers der Revisionswerberin habe die Revisionswerberin im entscheidungsmaßgeblichen Zeitraum weltweit das faktisch alleinige Vertriebsrecht der von der SNA hergestellten Waren gehabt. Der Vertrieb innerhalb des damals bestehenden Konzerngeflechtes (die Revisionswerberin sei eine 100 %ige Tochter der F Vermögensverwaltung GmbH, die ihrerseits wiederum eine 100 %ige Mutter der O Ltd mit Sitz in Kanada gewesen sei; die O Ltd sei eine 100 %ige Mutter der SNA gewesen) sei dergestalt organisiert gewesen, dass den Intentionen des Lizenzgebers entsprechend ein Verkauf der von der SNA hergestellten Waren ohne Entrichtung von Lizenzgebühren durch die Revisionswerberin an den Lizenzgeber auf Basis des Lizenzvertrages vom 10. Dezember 1992 ausgeschlossen gewesen sei. Die Zahlung dieser Lizenzgebühr stelle eine Bedingung des Kaufgeschäftes über die eingeführten Waren dar.

7 Da dem Verkäufer die mit ihm verbundenen Personen gleich stünden, genüge es bei der Prüfung, ob die Lizenzgebühren nach den Bedingungen des Kaufgeschäftes entrichtet worden seien, wenn die mit dem Verkäufer (hier SNA) verbundene Person (hier der Lizenzgeber FS) die Zahlung der Lizenzgebühren an sich verlange.

8 Die Zulässigkeit der Revision begründete das Bundesfinanzgericht damit, dass zur Rechtsfrage der Einbeziehung von Lizenzgebühren in den Zollwert bei Verbundenheit zwischen Verkäufer und Lizenzgeber keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliege.

9 Die dagegen erhobene Revision legte das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens und einer Revisionsbeantwortung des Zollamtes Linz Wels dem Verwaltungsgerichtshof vor.

10 Die Revisionswerberin erachtet sich u.a. im Recht auf Nichteinrechnung von Lizenzgebühren, die mit dem Kaufgeschäft nicht zusammenhingen, verletzt.

11 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden.

12 Gemäß Art. 29 Abs. 1 der im Revisionsfall noch anzuwendenden Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABl. L 302 vom 19.10.1992, (Zollkodex ‑ ZK) ist der Zollwert eingeführter Waren der Transaktionswert, das heißt der für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis, gegebenenfalls nach Berichtigung gemäß dem Art. 32 und 33 ZK und unter näher angeführten Voraussetzungen.

13 Gemäß § 32 Abs. 1 Buchst. c ZK sind bei der Ermittlung des Zollwertes dem für die eingeführten Waren tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis Lizenzgebühren für die zu bewertenden Waren hinzuzurechnen, die der Käufer entweder unmittelbar oder mittelbar nach den Bedingungen des Kaufgeschäfts für die zu bewertenden Ware zu zahlen hat, soweit diese Lizenzgebühr nicht im tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis enthalten sind.

14 Gemäß Art. 157 Abs. 2 der im Revisionsfall noch anzuwendenden Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABl. L 253 vom 11. 10 1993 (Zollkodex‑Durchführungsverordnung ‑ ZK‑DVO) darf, wenn der Zollwert der eingeführten Waren nach Art. 29 des Zollkodex ermittelt wird, die Lizenzgebühr dem für die eingeführte Ware tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis nur hinzugerechnet werden, wenn diese Zahlung

- sich auf die zu bewertende Ware bezieht und

- nach den Bedingungen des Kaufgeschäfts über diese Ware zu entrichten ist.

15 Zahlt der Käufer eine Lizenzgebühr an einen Dritten, so gelten gemäß Art. 160 ZK‑DVO die Voraussetzungen des Art. 157 Abs. 2 leg. cit. nur dann als erfüllt, wenn der Verkäufer oder eine mit diesen verbundene Person die Zahlung an diese dritte Person vom Käufer verlangt.

16 Gemäß Art. 143 Abs. 1 Buchst. e ZK‑DVO gelten Personen dann als verbunden, wenn eine von ihnen unmittelbar oder mittelbar die andere kontrolliert.

17 Nach Anhang 23 ZK‑DVO (erläuternde Anmerkungen zur Ermittlung des Zollwertes) wird zu Art. 143 Abs. 2 Buchst. e ZK‑DVO angenommen, dass eine Person eine andere kontrolliert, wenn die eine rechtlich oder tatsächlich in der Lage ist, der anderen Beschränkungen aufzuerlegen oder Anweisungen zu erteilen.

18 Zur Zulässigkeit der Revision verweist die Revision lediglich auf die diesbezügliche Begründung im Spruch des bekämpften Erkenntnisses.

19 Die Frage, ob die Voraussetzung des Art. 133 Abs. 4 B‑VG, also eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu beantwortende Rechtsfrage daher in der Rechtsprechung auch nach Einbringung der Revision bereits geklärt, liegt keine Rechtsfrage (mehr) vor, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. etwa VwGH 26.6.2014, Ra 2014/03/0005).

20 Ist eine Rechtsfrage, von deren Antwort die Entscheidung über die Revision abhängt, durch ein Urteil des EuGH beantwortet, liegt eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht vor (vgl. etwa VwGH 28.2.2014, Ro 2014/16/0010, und VwGH 17.2.2015, Ra 2014/01/0172).

21 Der EuGH hat im Urteil vom 9. März 2017, GE Healthcare, C 173/15 , Rn. 58, auf einen Kommentar des Ausschusses für den Zollkodex über die Auswirkungen der Lizenzgebührenzahlungen auf den Zollwert verwiesen, wonach die Bedingung im Sinn des Art. 157 Abs. 2 ZK‑DVO ausdrücklich vereinbart oder stillschweigend angenommen sein könne. In den meisten Fällen werde im Lizenzvertrag festgelegt sein, ob der Verkauf der eingeführten Waren von der Zahlung einer Lizenzgebühr anhängig ist. Es sei jedoch nicht unbedingt erforderlich, dass dies ausdrücklich niedergelegt ist.

22 Weiters hat der EuGH in diesem Urteil (Rn. 70) auf diesen Kommentar verwiesen, wonach dann, wenn Waren bei einer Person gekauft und Lizenzgebühren an eine andere Person gezahlt werden, die Zahlung unter bestimmten Voraussetzungen als eine Bedingung des Kaufgeschäftes angesehen werden könne. Dabei könne der Verkäufer oder eine mit diesem verbundene Person vom Käufer eine solche Zahlung verlangen, zB wenn in einem multinationalen Konzern die Waren von einem Konzernmitglied gekauft werden und die Lizenzgebühr an ein anderes Mitglied desselben Konzerns gezahlt werden soll. Gleiches gelte, wenn der Verkäufer Lizenznehmer des Empfängers der Lizenzgebühr ist und letzterer die Verkaufsbedingungen bestimmt.

23 Das Bundesfinanzgericht ist ausgehend von seinen Feststellungen zum Ergebnis gelangt, dass der Lizenzgeber mit der Verkäuferin, der SNA, im Sinne der dargestellten Rechtslage verbunden gewesen sei und dass an ihn die Lizenzzahlungen erfolgt seien, welche noch nicht im Kaufpreis der SNA enthalten gewesen und daher dem Kaufpreis nach Art. 32 Abs. 1 Buchstabe c ZK hinzuzurechnen seien. Das Bundesfinanzgericht ist damit von dieser Rechtsprechung des EuGH nicht abgewichen.

24 Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG liegt somit nicht (mehr) vor.

25 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

26 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG iVm der VwGH‑AufwErsV.

Wien, am 21. November 2017

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