VwGH Ra 2017/21/0234

VwGHRa 2017/21/023421.12.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Samonig, über die Revision des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13. Oktober 2017, W117 2107425-1/9E, betreffend ersatzlose Behebung eines Bescheides (insbesondere) in Angelegenheiten Rückkehrentscheidung (mitbeteiligte Partei: J X, vertreten durch Dr. Hans Peter Kandler, Rechtsanwalt in 2700 Wiener Neustadt, Grazer Straße 53a/15), zu Recht erkannt:

Normen

32008L0115 Rückführungs-RL Art 6 Abs2;
AsylG 2005 §12a Abs6;
AsylG 2005 §55;
AsylG 2005 §58 Abs2;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
BFA-VG 2014 §21 Abs5;
BFA-VG 2014 §9 Abs1;
BFA-VG 2014 §9 Abs2;
BFA-VG 2014 §9 Abs3;
B-VG Art136 Abs2;
EURallg;
FNG-AnpassungsG 2014;
FrPolG 2005 §52 Abs1 idF 2013/I/068;
FrPolG 2005 §52 Abs1 Z2 idF 2013/I/068;
FrPolG 2005 §52 Abs6 idF 2013/I/068;
FrPolG 2005 §52 Abs8 idF 2013/I/068;
FrPolG 2005 §52;
FrPolG 2005 §57;
NAG 2005 §11 Abs1 Z3 idF 2015/I/070;
VwGVG 2014 §17;
VwGVG 2014 §27;
VwGVG 2014 §28 Abs2;
VwGVG 2014 §9;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1 Der Mitbeteiligte ist chinesischer Staatsangehöriger. Er reiste spätestens am 11. August 2014 aus Spanien kommend - im Besitz eines spanischen Aufenthaltstitels - nach Österreich ein, wo er im Firmenbuch als Mitgesellschafter und Geschäftsführer einer am 26. April 2014 eingetragenen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Chinarestaurant) aufschien.

2 Am 20. November 2014 stellte der Mitbeteiligte einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung. Am 18. März 2015 wurde er im Zuge einer polizeilichen Kontrolle in "seinem" Chinarestaurant angetroffen.

3 In der Folge erging für den 10. April 2015 eine Ladung durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zum Gegenstand "Einvernahme zur Prüfung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme". Bei dieser Einvernahme wurde dem Mitbeteiligten dann zur Kenntnis gebracht, dass er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte und zur unverzüglichen Ausreise verpflichtet sei; hiefür wurde ihm eine Frist bis 14. April 2015 gewährt. Außerdem wurde ihm eine "Information über die Verpflichtung zur Ausreise" ausgefolgt und aufgetragen, dieses Informationsblatt bei Verlassen des Bundesgebietes auf dem Landweg der österreichischen Botschaft in seinem Heimatland persönlich zu übergeben.

4 Der Mitbeteiligte reiste nicht aus und stellte sich - anwaltlich vertreten - erkennbar auf den Standpunkt, es sei in Kürze mit der Erteilung der beantragten Niederlassungsbewilligung zu rechnen. Hierauf sprach das BFA mit Bescheid vom 28. April 2015 aus, dass dem Mitbeteiligten ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt werde; unter einem erließ es gegen den Mitbeteiligten gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG, stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung in die Volksrepublik China zulässig sei und setzte die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

5 Der Mitbeteiligte erhob Beschwerde. Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 13. Oktober 2017 sprach das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) aus, dass der Bescheid des BFA in Erledigung der Beschwerde "gemäß § 52 Abs. 6 FPG idgF, § 55 Abs. 1 AsylG idgF, § 56 Abs. 1 AsylG idgF" ersatzlos aufgehoben werde. Außerdem erklärte das BVwG eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

6 Das BVwG ging davon aus, dass der Mitbeteiligte nach der am 16. Dezember 2016 durchgeführten Beschwerdeverhandlung nach Spanien zurückgekehrt sei. Dass er sich noch nach Beschwerdeerhebung im Bundesgebiet aufgehalten habe, vermöge "im Sinne des (in § 52 Abs. 6 FPG angeführten) Tatbestandsmerkmals der ‚Unverzüglichkeit' nicht zu (seinen) Lasten" zu gehen, weil das BFA im Rahmen seiner Entscheidung einer Beschwerde nicht die aufschiebende Wirkung aberkannt habe. Außerdem habe sich der Mitbeteiligte nicht völlig unberechtigt Hoffnungen machen dürfen, den Ausgang des Titelverfahrens im Inland abwarten zu können. Schließlich sei auf Grund seines Verhaltens die Erlassung einer Rückkehrentscheidung auch nicht "aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich", weshalb "in diesem Sinne" durch die noch vor rechtskräftigem Abschluss des Beschwerdeverfahrens erfolgte Ausreise des Mitbeteiligten einer Rückkehrentscheidung "der Boden entzogen" worden sei.

 

7 Über die gegen dieses Erkenntnis erhobene Revision hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage erwogen:

8 Die Revision ist im Hinblick auf die darin angesprochene Frage, wie der Umstand einer Ausreise eines Drittstaatsangehörigen während offenen Beschwerdeverfahrens gegen eine verhängte Rückkehrentscheidung zu bewerten ist, zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

9 Im vorliegenden Fall geht es primär um eine Rückkehrentscheidung. Die dafür maßgeblichen Regelungen finden sich im § 52 FPG, dessen hier relevante Absätze 1, 6 und 8 - in der Fassung des FNG und des FNG-Anpassungsgesetzes - seit 1. Jänner 2014 wie folgt lauten:

"Rückkehrentscheidung

§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das

Bundesamt mit Bescheid einer Rückkehrentscheidung zu erlassen wenn

er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das

Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

...

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

...

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält."

10 Die Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 1 FPG ist die Reaktion auf den unrechtmäßigen Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen. Dazu sei schon an dieser Stelle angemerkt, dass sie nach Neufassung dieser Bestimmung durch das FNG nicht mehr zwingend an einen aktuellen inländischen Aufenthalt des betreffenden Drittstaatsangehörigen anknüpft. Eine Rückkehrentscheidung ist nämlich gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 FPG seither auch dann anzuordnen, wenn sich der Drittstaatsangehörige bereits außerhalb des Bundesgebietes befindet, sofern er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde. Die in § 52 Abs. 8 erster Satz FPG umschriebene normative Wirkung einer Rückkehrentscheidung (Verpflichtung des Drittstaatsangehörigen zur (unverzüglichen) Ausreise) steht dazu nur scheinbar in einem Spannungsverhältnis. Gemäß § 12a Abs. 6 AsylG 2005 bleiben - u.a. - Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG nämlich 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht (zum Verständnis dieser Anordnung im Detail siehe VwGH 30.7.2015, Ra 2014/22/0131, Punkt 5.5. der Entscheidungsgründe), sodass die angesprochene Wirkung auch bei bereits erfolgter Ausreise - im Falle einer neuerlichen Einreise des Fremden nach Österreich - nicht von vornherein ins Leere geht.

11 Ausweislich der Materialien (ErläutRV 1803 BlgNR 24. GP 64) wurde der Rückkehrentscheidungstatbestand nach § 52 Abs. 1 Z 2 FPG zu dem Zweck geschaffen, dass sich ein Drittstaatsangehöriger nicht durch eine Ausreise der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entziehen können soll. Das betrifft neben der schon erwähnten zeitlichen Komponente einer Rückkehrentscheidung nach § 12a Abs. 6 AsylG 2005 (siehe auch § 11 Abs. 1 Z 3 NAG idF des FrÄG 2015) in erster Linie ein an die Verhängung einer Rückkehrentscheidung anknüpfendes Einreiseverbot, da ein solches ohne Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden darf (VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0151, Rn. 15).

12 Schon im Hinblick auf die ausdrückliche Zielsetzung des Gesetzgebers kann es nicht zweifelhaft sein, dass auch eine erst nach Erlassung einer Rückkehrentscheidung durch das BFA (mit oder ohne Einreiseverbot) während des Verfahrens über eine dagegen erhobene Beschwerde erfolgte Ausreise grundsätzlich unerheblich sein muss. Das zur Entscheidung über die Beschwerde berufene BVwG darf - und muss - den Fall dann seinerseits erstmals unter dem Blickwinkel des § 52 Abs. 1 Z 2 FPG beurteilen und allenfalls die Beschwerde mit Bezugnahme auf diese Bestimmung abweisen. Das stellt angesichts der einheitlichen Wirkungen einer Rückkehrentscheidung keine Überschreitung der Sache des Beschwerdeverfahrens dar (vgl. ähnlich den vom Verwaltungsgerichtshof bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht beanstandeten "Umstieg" von § 52 Abs. 1 Z 1 FPG auf § 52 Abs. 4 Z 4 FPG in VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289, Rn. 7, oder von § 52 Abs. 4 Z 4 FPG auf § 52 Abs. 5 FPG in VwGH 31.8.2017, Ra 2017/21/0120, Rn. 8 (iVm Rn. 3)).

13 Das BVwG hat im vorliegenden Fall maßgeblich mit der Ausreise des Mitbeteiligten während des laufenden Beschwerdeverfahrens argumentiert. Die ersatzlose Behebung der gegen den Mitbeteiligten vom BFA verhängten Rückkehrentscheidung stützte es allerdings - den zuvor angestellten Überlegungen der Sache nach Rechnung tragend - nicht schon auf den nunmehr fehlenden Inlandsaufenthalt bzw. die nicht mehr vorliegende Erfüllung des vom BFA herangezogenen Tatbestandes nach § 52 Abs. 1 Z 1 FPG. Vielmehr ging es davon aus, gegen den unstrittig über einen spanischen Aufenthaltstitel verfügenden Mitbeteiligten dürfe im Grunde des § 52 Abs. 6 FPG - diese Bestimmung knüpft die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen Drittstaatsangehörige, die sich im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates befinden, an zusätzliche Voraussetzungen - keine Rückkehrentscheidung ergehen. Er sei nämlich, so das BVwG im Ergebnis, im Sinn der genannten Bestimmung ohnehin unverzüglich ausgereist, habe also seiner Ausreiseverpflichtung entsprochen, und eine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit sei nicht erforderlich gewesen.

14 In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, dass § 52 Abs. 6 FPG vor dem Hintergrund von Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2008/115/EG zu lesen ist. Dort wird angeordnet, dass ein nicht rechtmäßig aufhältiger Drittstaatsangehöriger mit einem Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaates zunächst zu verpflichten ist, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses anderen Mitgliedstaates zu begeben. Nur wenn dieser Verpflichtung nicht entsprochen wird, hat es zu einer Rückkehrentscheidung zu kommen. Demnach bedarf es also vor Erlassung einer Rückkehrentscheidung einer "Verpflichtung" des Drittstaatsangehörigen, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses anderen Mitgliedstaates zu begeben (VwGH 10.4.2014, 2013/22/0310). Die Frage der "Unverzüglichkeit" stellt sich dann in Bezug auf die Zeitspanne, die seit Ausspruch der "Verpflichtung" ergangen ist. Wird ihr "unverzüglich" entsprochen, hat eine Rückkehrentscheidung zu unterbleiben, andernfalls ist sie zu verhängen.

15 Im vorliegenden Fall war - wie noch ergänzend klarzustellen ist - der Aufenthalt des Mitbeteiligten nach Ablauf von drei Monaten nach seiner Einreise unrechtmäßig (vgl. § 31 Abs. 1 Z 3 FPG). Das zieht auch das BVwG nicht in Zweifel, und insbesondere kann daran auch das anhängige Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels nichts ändern. Der Mitbeteiligte war sodann aufzufordern, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet jenes Mitgliedstaates zu begeben, von dem der ihm erteilte Aufenthaltstitel stammt (hier: Spanien). Das hat das BFA indes nicht getan. Der Mitbeteiligte wurde zwar im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme am 10. April 2015 zur unverzüglichen Ausreise aus Österreich aufgefordert. Diese Ausreiseaufforderung erfolgte jedoch nicht in Bezug auf Spanien, sondern - nur so konnte sie angesichts der Aufforderung, das ihm ausgehändigte Informationsblatt bei der österreichischen Botschaft seines Heimatlandes persönlich zu übergeben, verstanden werden - in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Volksrepublik China. Die ausgesprochene Ausreiseverpflichtung war demnach von ihrer Zielrichtung her verfehlt, weshalb sie auch nicht die Konsequenz nach sich ziehen konnte, dass nunmehr eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei.

16 Damit erweist sich die ersatzlose Behebung der Rückkehrentscheidung und der mit ihr verbundenen Aussprüche im Ergebnis als zutreffend.

17 In Ergänzung zu den oben unter Rn. 12 erstatteten Ausführungen bedarf es allerdings noch folgenden Hinweises: Es entspricht allgemeinen Grundsätzen, dass das BVwG im Beschwerdeverfahren bei Erlassung seines Erkenntnisses von der im Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszugehen hat (siehe nur VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076, VwSlg. 18.953A, Punkt IV. B. 5.1. der Entscheidungsgründe; siehe aus jüngerer Zeit, auf das genannte Erkenntnis verweisend, auch VwGH 19.9.2017, Ra 2016/18/0381, Rn. 9).

18 § 52 Abs. 8 zweiter Satz FPG sieht das ausdrücklich "auch" für den Fall einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung vor, wenn sich der Drittstaatsangehörige zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält; auch dann sei nämlich § 28 Abs. 2 VwGVG anzuwenden, was hier nur in dem eben erwähnten Sinn (Maßgeblichkeit der Sach- und Rechtslage zum Entscheidungszeitpunkt) verstanden werden kann.

19 Die Sinnhaftigkeit dieser auf den ersten Blick ohnehin nur Selbstverständliches anordnenden Regelung erschließt sich mit Blick auf § 21 Abs. 5 BFA-VG. Darin wird angeordnet:

"(5) Wird gegen eine aufenthaltsbeendende Maßnahme Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht erhoben und hält sich der Fremde zum Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet auf, so hat das Bundesverwaltungsgericht festzustellen, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme zum Zeitpunkt der Erlassung rechtmäßig war. War die aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht rechtmäßig, ist die Wiedereinreise unter einem zu gestatten."

20 Damit wird für Fälle, in denen sich der Fremde zum Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält, eine verfahrensrechtliche Ausnahme konstituiert. Nicht die Sach- und Rechtslage zum Entscheidungszeitpunkt des BVwG soll maßgeblich sein, sondern jene, die bei Bescheiderlassung seitens des BFA vorlag; die Prüfungskompetenz des BVwG wird also auf eine vergangenheitsbezogene Rechtmäßigkeitskontrolle beschränkt.

21 Telos dieser dem Wortlaut nach alle aufenthaltsbeendenden Maßnahmen erfassenden Anordnung ist es, dem Fremden die Möglichkeit zu nehmen, diese Maßnahmen (bzw. die daran anknüpfenden Wirkungen) letztlich dadurch zu konterkarieren, dass er durch ein bloßes Verlassen des Bundesgebietes die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen ihrer Erlassung beseitigt (in diesem Sinn ausdrücklich die ErläutRV zur ersten Vorgängerregelung, nämlich zu § 57 FPG in der Stammfassung, 952 BlgNR 22. GP  99; siehe zu nachfolgenden Vorgängerregelungen auch zusammenfassend VwGH 28.2.2013, 2012/21/0127, Punkte 4.2.3. und 4.3.2. der Entscheidungsgründe). Im hier maßgeblichen Zusammenhang bedarf es einer dieses Ergebnis sicherstellenden verfahrensrechtlichen Sonderregelung aber nicht. Es wird nämlich ohnehin durch den Rückkehrentscheidungstatbestand nach § 52 Abs. 1 Z 2 FPG erreicht, dessen Schaffung auch ausdrücklich diesem Zweck diente (siehe oben Rn. 11). Von daher verbietet sich schon aus verfassungsrechtlichen Gründen (Art. 136 Abs. 2 B-VG) eine Erstreckung der Anordnung des § 21 Abs. 5 BFA-VG auf Entscheidungen über Beschwerden gegen eine Rückkehrentscheidung (jedenfalls nach § 52 Abs. 1 FPG). Die genannte Vorschrift ist daher trotz ihres demnach überschießenden Wortlauts, indem sie alle aufenthaltsbeendenden Maßnahmen erfasst, eingeschränkt zu verstehen, was dann auch durch die Anordnung des § 52 Abs. 8 zweiter Satz FPG zum Ausdruck gebracht wird. In diesem Sinne bleibt es also trotz § 21 Abs. 5 BFA-VG in einem Fall wie dem vorliegenden dabei, dass das BVwG entsprechend allgemeinen Grundsätzen "in der Sache selbst", auf Grundlage der im Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Sach- und Rechtslage, über die gegen die Rückkehrentscheidung erhobene Beschwerde zu erkennen hat. Dem hat das BVwG hier, wie schon erwähnt, entsprochen.

22 Das BFA hat nicht nur eine Rückkehrentscheidung erlassen. Es hat auch - vorweg - ausgesprochen, dass dem Mitbeteiligten ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungwürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt werde.

23 Der Ausspruch in Bezug auf § 57 AsylG 2005 hatte seine Grundlage in § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005, wonach das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen hat, wenn sich ein Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des sechsten Hauptstückes des FPG fällt. Im - maßgeblichen (siehe eben) - Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG über die gegen den Bescheid des BFA erhobene Beschwerde befand sich der Mitbeteiligte allerdings nicht mehr im Bundesgebiet. Damit war die Voraussetzung für die amtswegige Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 weggefallen, weshalb sich auch die insoweit vorgenommene ersatzlose Behebung - dass das BVwG in diesem Zusammenhang, offensichtlich nur versehentlich, § 56 AsylG 2005 anführte, ist ohne Belang - als rechtmäßig erweist.

24 Der vom BFA überdies getroffene Abspruch über die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 war angesichts der unter einem erlassenen Rückkehrentscheidung von vornherein verfehlt (siehe VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101, Punkt 3.4.2. der Entscheidungsgründe). Das BVwG hat die Rückkehrentscheidung zwar beseitigt. Es hat aber, ausgehend von seiner im Ergebnis letztlich zutreffenden Rechtsansicht, keine Beurteilung nach § 9 BFA-VG vorgenommen und insbesondere nicht erklärt, eine Rückkehrentscheidung sei auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig. Nur in diesem Fall wäre jedoch gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen "zu prüfen" gewesen. Lag diese Prüfungsverpflichtung nicht vor, steht aber schließlich auch die ersatzlose Behebung des Ausspruches über die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 mit dem Gesetz in Einklang.

25 Die Revision war daher zur Gänze, weil ihr Inhalt erkennen lässt, dass die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 21. Dezember 2017

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