Normen
AVG §8;
B-VG Art133 Abs4 idF 2012/I/051;
VwGbk-ÜG 2013 §4 Abs3;
VwGbk-ÜG 2013 §4 Abs5;
VwGG §26 Abs2 idF 2013/I/033;
VwRallg;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die revisionswerbende Partei hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 1. Mit Bescheid vom 24. Mai 2013 genehmigte die Agrarbezirksbehörde für Steiermark (ABB) u.a. einen von der verpflichteten Partei (13.-mitbeteiligte Partei) vorgelegten Waldwirtschaftsplan für die Jahre 2011 bis 2020 unter verschiedenen Auflagen.
2 Auf Grund der dagegen von mehreren Einforstungsberechtigten erhobenen Berufung änderte die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom 30. Oktober 2013 den Bescheid der ABB in einem bestimmten Spruchpunkt ab.
3 In seiner Eingabe an das Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG) vom 10. März 2014 teilte der Revisionswerber mit, er sei auf Grund des Kaufvertrages vom 7. Juni 2013 grundbücherlicher Eigentümer der Liegenschaft EZ 68 KG Neuhaus (mit der Einforstungsrechte verbunden seien), welcher Umstand mit Aktenvermerk vom 22. August 2013 der ABB bekanntgegeben worden sei. Dessen ungeachtet sei der Bescheid der belangten Behörde vom 30. Oktober 2013 an ihn nie nachweislich zugestellt worden, zumal er in der Zustellverfügung nicht aufscheine und dort nur die Voreigentümer A.S. und E.S. enthalten seien. Der Bescheid vom 30. Oktober 2013 sei daher noch nicht rechtskräftig. Er ersuche um Zustellung des Bescheides an ihn zu Handen seiner Rechtsvertretung.
4 Gegen den angefochtenen Bescheid richtet sich die vorliegende Revision. Im Revisionssachverhalt wird
u. a. ausgeführt, der angefochtene Bescheid sei dem Revisionswerber am 24. März 2014 ohne jegliches Begleitschreiben oder Korrektur der Zustellverfügung der Rechtsvertreterin des Revisionswerbers zugestellt worden.
5 Nach Einleitung des Vorverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof legte das LVwG die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu als unbegründet abzuweisen, und Aufwandersatz zuzuerkennen.
6 Auch mehrere mitbeteiligte Parteien brachten mit einem gemeinsamen Schriftsatz eine Gegenschrift ein.
7 2. Zunächst ist festzuhalten, dass nach den die Zulässigkeitsbegründung einleitenden Ausführungen in der vorliegenden Revision die Zustellung des angefochtenen Bescheides an den Revisionswerber "durch das Landesverwaltungsgericht" erfolgt sei. Ob dies zutrifft, kann an Hand der dem Verwaltungsgerichtshof übermittelten Verwaltungsakten nicht einwandfrei beurteilt werden. In den Akten liegt lediglich der Ausdruck einer E-Mail des LVwG vom 18. März 2014 auf, in der ausgeführt wurde, dass dem Ersuchen der Rechtsvertreterin um Bescheidzustellung die Steiermärkische Landesregierung als nun sachlich in Betracht kommende Oberbehörde der Agrarbezirksbehörde nachkommen könne, und auf der ein - jedoch nicht eindeutig zuzuordnender - Aktenvermerk vom 21. März 2014 ersichtlich ist, gemäß dem ersucht wurde, den Bescheid der (damaligen) Rechtsvertreterin des Revisionswerbers zuzustellen. Da dem in Rede stehenden Revisionsvorbringen in der Gegenschrift des LVwG nicht entgegengetreten wird, legt auch der Verwaltungsgerichtshof seiner Beurteilung zugrunde, dass die im März 2014 an den Revisionswerber erfolgte Übermittlung des angefochtenen Bescheides durch das LVwG erfolgte.
8 3. Eine Revision nach § 4 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG), welche sich gegen einen Bescheid einer Behörde gemäß Art. 20 Abs. 2 Z 3 B-VG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung (etwa - wie im vorliegenden Fall - eines Landesagrarsenates) richtet, ist gemäß § 4 Abs. 5 zweiter Satz VwGbk-ÜG unzulässig, wenn die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen.
9 Gemäß Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG (in der Fassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51) ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Entsprechend § 4 Abs. 5 dritter Satz VwGbk-ÜG hat der Revisionswerber im vorliegenden Fall gesondert die Gründe ausgeführt, warum nach seinem Dafürhalten die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG vorlägen.
11 Ob die vorliegende Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, ist gemäß § 4 Abs. 5 vierter Satz VwGbk-ÜG vom Verwaltungsgerichtshof zu beurteilen. Diese Beurteilung hat im Rahmen der für eine Zulässigkeit nach Art. 133 Abs. 4 B-VG in der Revision vorgebrachten Gründe zu erfolgen (vgl. den hg. Beschluss vom 23. April 2014, Ro 2014/07/0008).
12 Die Frage, ob die Voraussetzung des Art 133 Abs. 4 B-VG, also eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage daher in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - auch nach Einbringung der Revision - bereits geklärt, liegt keine Rechtsfrage (mehr) vor, der im Sinne des Art 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. den Beschluss vom 17. Dezember 2015, Ra 2014/07/0032, mwN).
13 4. In der vorliegenden Revision wird das Vorliegen der Voraussetzung des Art. 133 Abs. 4 B-VG wie folgt begründet (Pkt. 4.2.2. der Revision; Hervorhebungen im Original):
"Es mangelt an Rechtsprechung zum VwGbk-ÜG, insbesondere zu § 2 und § 4 VwGbk-ÜG. So ist ungeklärt, ob eine mit Ablauf des 31.12.2013 von Verfassung wegen aufgelöste Verwaltungsbehörde auf Grundlage von § 2 Abs 1 VwGbk-ÜG (oder auf irgendeiner anderen rechtlichen Grundlage) nach Ablauf des 31.12.2013 noch Amtshandlungen nachholen kann.
In diesem Zusammenhang ist auch ungeklärt, wer für solche aufgelösten (kollegialen) Verwaltungsbehörden ab dem 01.01.2014 handlungsbefugt ist.
Ebenso ist ungeklärt, ob ein Verwaltungsgericht, das aufgrund von Art. 151 Abs 51 Z 8 B-VG zur Weiterführung von mit Ablauf des 31.12.2013 bei solchen aufgelösten Behörden anhängigen Verfahren zuständig ist, auch einen Bescheid der aufgelösten Behörde ohne äußerliche oder inhaltliche Abänderung gegenüber Parteien nachträglich erlassen kann, die weder im Spruch noch in der Begründung noch in der Zustellverfügung des Bescheids genannt werden; dies vor allem dann, wenn die Zustellung nicht vor 31.12.2013 von der sonstigen unabhängigen Verwaltungsbehörde veranlasst wurde.
Diese Rechtsfragen sind von grundsätzlicher Bedeutung, da sie sich bei allen übergangenen Parteien in Verfahren von Verwaltungsbehörden stellen, die durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 abgeschafft wurden. Die Revision ist somit zulässig."
14 5. Soweit der Revisionswerber im ersten Absatz seiner oben zitierten Zulässigkeitsbegründung auf "Amtshandlungen" einer "aufgelöste(n) Verwaltungsbehörde" abstellt, entfernt er sich von seinem eigenen Vorbringen, wonach die Zustellung des angefochtenen Bescheides im März 2014 "durch das (nicht zuständige) Landesverwaltungsgericht" erfolgt sei.
15 Um Missverständnisse zu vermeiden, ist an dieser Stelle ferner klarzustellen, dass sich die vorliegende Revision - ungeachtet des in ihrer Zulässigkeitsbegründung im Fokus stehenden Zustellvorganges vom März 2014 - gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 30. Oktober 2013 und nicht gegen ein "Vorgehen" oder eine "Entscheidung" des LVwG richtet.
16 Damit von einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG gesprochen werden kann, muss sie sich inhaltlich auf eine durch die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichtes (hier: der belangten Behörde) mögliche Rechtsverletzung beziehen und sich daher innerhalb der Sache des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht (der belangten Behörde) bewegen (vgl. erneut den hg. Beschluss vom 23. April 2014, Ro 2014/07/0008). Ferner muss die Rechtsfrage für die Entscheidung über die Revision präjudiziell und nach dem Vorbringen des Revisionswerbers vom Verwaltungsgericht (von der belangten Behörde) unrichtig gelöst worden sein (vgl. dazu auch den Beschluss vom 24. März 2015, Ro 2014/05/0089, mwN). Erweist sich dieses Vorbringen als zutreffend, so ist die Revision im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
17 Die oben zitierte Zulässigkeitsbegründung stellt - bezogen auf den vorliegenden Revisionsfall - im Ergebnis auf das Fehlen von Rechtsprechung zur Frage ab, ob die (erst) im März 2014 vom LVwG veranlasste Zustellung des angefochtenen Bescheides der zu diesem Zeitpunkt bereits aufgelösten belangten Behörde vom 30. Oktober 2013 an den Revisionswerber als rechtswirksam zu beurteilen ist oder nicht.
18 Diese Frage stellt jedoch keine den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde in der Sache betreffende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar. Es geht dabei vielmehr um eine eigene weitere Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Revision, nämlich die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Entscheidung über eine Revision (vgl. dazu auch den bereits zitierten Beschluss Ro 2014/05/0089).
19 Ausgehend vom Vorbringen des Revisionswerbers, es sei ihm der angefochtene Bescheid der belangten Behörde im Jahr 2013 nicht zugestellt worden und er habe erstmalig mit 24. März 2014 Kenntnis vom Inhalt des angefochtenen Bescheides erlangt, kann der Gerichtshof vom Revisionswerber im vorliegenden Fall nur dann zulässigerweise mit Revision gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 30. Oktober 2013 angerufen werden, wenn der Bescheid gegenüber dem Revisionswerber im März 2014 rechtswirksam erlassen wurde oder - sollte eine rechtswirksame Zustellung nicht erfolgt sein - dem Revisionswerber aus anderen Gründen, etwa nach den Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetzes (VwGbk-ÜG; vgl. insbesondere dessen § 4 Abs. 3) oder gegebenenfalls bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 26 Abs. 2 VwGG (vgl. zu dieser Bestimmung vor und in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2013 den hg. Beschluss vom 25. Juni 2015, Ra 2015/07/0006) das Recht auf Revision zukommt.
20 In jedem Fall erweist sich die vorliegende Revision jedoch als unzulässig.
21 Liegt keine rechtswirksame Zustellung des angefochtenen Bescheides an den Revisionswerber vor und kommt ihm auch sonst kein Recht auf Revision zu, ist die Revision bereits aus diesem Grund zurückzuweisen (zur Zurückweisung einer Revision mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 26 Abs. 2 VwGG vgl. nochmals den hg. Beschluss Ra 2015/07/0006).
22 Nimmt man hingegen an, dass der angefochtene Bescheid der belangten Behörde gegenüber dem Revisionswerber rechtswirksam (im Sinne des § 4 Abs. 3 VwGbk-ÜG) nach Ablauf des 31. Dezember 2013 "erlassen" wurde oder der Revisionswerber aus sonstigen Gründen im gegenständlichen Mehrparteienverfahren das Recht hat, Revision beim Verwaltungsgerichtshof zu erheben, erweist sich die vorliegende Revision ebenso als unzulässig.
In der Revisionsbegründung wird nämlich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG dargelegt, weil sich das in Rede stehende, vom Revisionswerber erstattete Vorbringen zur Begründung der Zulässigkeit der Revision inhaltlich nicht (auch) auf eine durch den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde mögliche Rechtsverletzung bezieht, sondern sich ausschließlich in Ausführungen zu dem durch das LVwG im Jahr 2014 durchgeführten Zustellvorgang bzw. zur Frage der rechtswirksamen Erlassung des angefochtenen Bescheides gegenüber dem Revisionswerber erschöpft. Damit wird aber - wie bereits dargelegt - lediglich eine weitere Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Revision angesprochen. Die in der Zulässigkeitsbegründung aufgeworfenen Rechtsfragen allein sind für die Entscheidung über die Revision nicht präjudiziell.
23 Davon geht offenkundig auch der Revisionswerber selbst aus, hielt er doch in seiner Stellungnahme vom 26. Jänner 2015 zur Gegenschrift der belangten Behörde und zur Gegenschrift mehrerer mitbeteiligter Parteien u.a. fest, dass die von ihm in der Revision angeführten Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung "nicht bzw. nicht unmittelbar die Zulässigkeit der Revision" beträfen, sondern die Frage, "ob die belangte Behörde und das Landesverwaltungsgericht Steiermark mit dem (vom Landesverwaltungsgericht unbestritten gebliebenen) Faktum, dass ich im Berufungsverfahren vollständig übergangen und mir der Bescheid nicht zugestellt wurde, rechtskonform umgegangen sind".
24 Die Revision war aus den genannten Gründen zurückzuweisen. 25 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 51 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr. 455 (vgl. § 79 Abs. 11 VwGG sowie § 3 und § 4 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr. 518/2013 idF BGBl II Nr. 8/2014). Von den mitbeteiligten Parteien wurde kein Kostenzuspruch begehrt.
26 Abschließend ist auf Folgendes hinzuweisen:
Mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Dezember 2014, Ra 2014/07/0083, wurde die Revision des dortigen Revisionswerbers (verpflichtete Partei) gegen den Beschluss des LVwG vom 11. August 2014 betreffend die Zurückweisung eines Fortsetzungsantrages als unbegründet abgewiesen. Diesem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes lag die Sachverhaltsannahme zugrunde, dass der - im hier gegenständlichen Revisionsverfahren angefochtene - Bescheid der belangten Behörde vom 30. Oktober 2013 gemäß § 2 Abs. 3 VwGbk-ÜG mit Wirkung gegenüber sämtlichen Parteien außer Kraft getreten sei, weil es nach den Angaben des dortigen Revisionswerbers an diesen (als eine von zahlreichen Verfahrensparteien) bis zum 30. Juni 2014 zu keiner dem Zustellgesetz entsprechenden Zustellung des Bescheides gekommen sei.
Diese dem zitierten Erkenntnis zugrunde liegende Annahme eines (in der Zwischenzeit erfolgten) Außerkrafttretens des angefochtenen Bescheides vom 30. Oktober 2013 konnte bei der hier gegenständlichen Entscheidung jedoch deswegen nicht berücksichtigt werden, weil es sich dabei um Sachverhaltsannahmen des Revisionswerbers im Verfahren zur Zl. Ra 2014/07/0083 handelte, die der Verwaltungsgerichtshof seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde legte, ohne sie einer näheren Überprüfung auf ihre Richtigkeit zu unterziehen (vgl. Pkt. 3.2. des zitierten Erkenntnisses).
Wien, am 24. November 2016
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