VwGH Ra 2015/12/0013

VwGHRa 2015/12/001316.11.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok, die Hofräte Dr. Zens und Dr. Pfiel sowie die Hofrätinnen Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Artmann, über die außerordentliche Revision des Mag. RP in W, vertreten durch Mag. Thomas Breite, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 17/16, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20. Jänner 2015, Zl. W 213 2008955-1/7E, betreffend Zurückweisung eines Antrages i.A. Vorrückungsstichtag sowie eines Antrages auf Zuspruch von Kosten einer Säumnisbeschwerde (vor dem Bundesverwaltungsgericht belangte Behörde: Präsident des Rechnungshofes),

Normen

12010P/TXT Grundrechte Charta Art47;
32000L0078 Gleichbehandlungs-RL Beschäftigung Beruf Art2;
32000L0078 Gleichbehandlungs-RL Beschäftigung Beruf;
61997CJ0224 Ciola VORAB;
62008CJ0088 Hütter VORAB;
62013CJ0417 Starjakob VORAB;
62013CJ0530 Schmitzer VORAB;
AVG §13 Abs1;
AVG §68 Abs1;
EURallg;
GehG 1956 §113 Abs10 idF 2010/I/082;
GehG 1956 §113 Abs11 Z1 idF 2010/I/082;
GehG 1956 §113 Abs12 idF 2010/I/082;
GehG 1956 §12 Abs1;
GehG 1956 §12 Abs9 idF 2010/I/082;
GehG 1956 §12 Abs9;
GehG 1956 §12 idF 2010/I/082;
GehG 1956 §175 Abs66 idF 2010/I/082;
GehG 1956 §175 Abs79 Z2 idF 2015/I/032;
GehG 1956 §175 Abs79 Z3 idF 2015/I/032;
GehG 1956 §8 Abs1 idF 2010/I/082;
GehG 1956 §8 idF 2010/I/082;
GehG 1956 §8;
MRK Art6 Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §39 Abs2 Z6;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §28;
VwRallg;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2015:RA2015120013.L00

 

Spruch:

I. den Beschluss gefasst:

Soweit sich die Revision gegen Spruchpunkt A) 2. des angefochtenen Erkenntnisses richtet, wird sie zurückgewiesen.

II. zu Recht erkannt:

Das angefochtene Erkenntnis wird in seinem Spruchpunkt A) 1. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Revisionswerber steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

Mit Bescheid seiner (damaligen) Dienstbehörde, des (damaligen) Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst vom 28. Mai 1996 wurde für den Revisionswerber der 30. August 1991 als Vorrückungsstichtag festgesetzt.

Mit einer an seine nunmehrige Dienstbehörde, den Präsidenten des Rechnungshofes, gerichteten Eingabe vom 4. Juni 2010 machte er geltend, dass er vor seinem 18. Lebensjahr grundsätzlich anrechenbare Zeiten zurückgelegt habe, welche mit dem vorzitierten Bescheid vom 28. Mai 1996 nur deshalb nicht angerechnet worden seien, weil sie vor der Vollendung seines 18. Lebensjahres gelegen waren. Unter Berufung auf die Urteile des EuGH vom 22. November 2005, C-144/04 , Mangold, und vom 18. Juni 2009, C-88/08 , Hütter, beantragte er "die rückwirkende Anrechnung seiner oben angeführten Zeiten" und ersuchte um Auszahlung daraus resultierender Differenzbeträge.

Nach (zwischenzeitiger) Herausgabe des BGBl. I Nr. 82/2010 forderte ihn die Dienstbehörde am 22. Oktober 2010 auf, den Antrag vom 4. Juni 2010 unter Verwendung des in § 113 Abs. 12 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54 (im Folgenden: GehG) idF BGBl. I Nr. 82/2010, vorgesehenen Formulares zu verbessern.

Hierauf reagierte der Revisionswerber mit Eingabe vom 28. November 2010 wie folgt:

"I. Antrag auf Richtigstellung des Vorrückungsstichtages

Am 4. Juni 2010 habe ich die Anrechnung von Zeiten vor dem 18. Lebensjahr beantragt und um Auszahlung allenfalls daraus resultierender Differenzbeträge ersucht. Mit Schreiben vom 22. Oktober 2010, GZ. 550.022/104-1A2/10, ersuchte mich die Dienstbehörde diesen Antrag unter Verwendung eines bestimmten Formulars erneut einzubringen, weil der Antrag sonst als mangelhaft zurück gewiesen werden würde. § 113 Abs. 11 Gehaltsgesetz 1956 lautet: 'Auf Personen, die keinen korrekten Antrag nach Abs. 10 und 12 stellen ..., sind die §§ 8 und 12 Abs. 1 weiterhin in der am 31. Dezember 2003 geltenden Fassung anzuwenden'. Auf der Grundlage dieser Gesetzesstelle bestehe ich darauf, dass der am 4. Juni 2010 ohne Formular gestellte Antrag behandelt wird und sehe einer baldigen Erledigung entgegen.

Wie der EuGH am 18.6.2009, C-88/08 Fall Hütter urteilte, stand die Regelung des § 12 Abs. 1 Gehaltsgesetz 1956, wonach vor Vollendung des 18. Lebensjahres liegende Zeiten bei der Ermittlung des Vorrückungsstichtages auszuschließen seien, nicht im Einklang mit dem europäischen Recht. Die beanstandete Regelung darf daher von der Dienstbehörde nicht mehr angewendet werden. Weiters ist nach dem Urteil vom 22.11.2005, C-144/04 Fall Mangold davon auszugehen, dass die beanstandete Regelung nicht erst seit der RL 2000/78/EG , sondern auch davor schon mit EU-Recht nicht zu vereinbaren war. Aus diesem Grund hätte die Regelung auch vor 2004 schon nicht mehr angewendet werden dürfen. Es wäre daher der Vorrückungsstichtag rückwirkend bis zu jenem Tag, an dem der Vorrückungsstichtag mit Bescheid vom 28.5.1996 des BMWVK, Pr.Zl. 1005/3-1-1996, erstmalig festgesetzt wurde, richtig zu stellen."

Gleichzeitig stellte der Revisionswerber unter Verwendung des in § 113 Abs. 12 GehG vorgesehenen Formulares einen ausdrücklich als "Eventualbegehren" bezeichneten Antrag auf Neufestsetzung seines Vorrückungsstichtages und der daraus resultierenden besoldungsrechtlichen Stellung gemäß § 113 Abs. 10 GehG.

Mit einer an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Säumnisbeschwerde vom 29. August 2013 machte der Revisionswerber die Verletzung der Entscheidungspflicht der Dienstbehörde in Ansehung dieses Antrages geltend.

Am 7. Jänner 2014 trat der Verwaltungsgerichtshof diese Säumnisbeschwerde gemäß § 5 Abs. 2 VwGbk-ÜG dem Bundesverwaltungsgericht ab.

Mit Bescheid des Präsidenten des Rechnungshofes vom 9. April 2014 wurde Folgendes verfügt:

"Ihr Antrag vom 4. Juni 2010, ergänzt durch Ihr Schreiben vom 28. November 2010, betreffend Richtigstellung des Vorrückungsstichtages, wird gemäß § 113 Abs. 12 des Gehaltsgesetzes in der Fassung BGBl. I Nr. 82/2010 i.V.m. § 13 Abs. 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG), BGBl. Nr. 51, i.d.F. BGBl. I Nr. 5/2008 zurückgewiesen."

In der Begründung dieses (noch vor Erlassung des Urteiles des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 11. November 2014 in der Rechtssache C-530/13 , Schmitzer ergangenen) Bescheides vertrat die Dienstbehörde mit umfangreicher Argumentation die Rechtsauffassung, wonach die durch die Novelle BGBl. I Nr. 82/2010 bewirkte österreichische Rechtslage betreffend die Gestaltung des Vorrückungsstichtages und der Möglichkeit seiner Neufestsetzung durch den in § 113 Abs. 10 GehG vorgesehenen Antrag mit Art. 2 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (im Folgenden: RL) im Einklang stehe.

Sodann heißt es in der Begründung dieses Bescheides:

"Der Rechnungshof vertritt, wie dargelegt, die Ansicht, dass durch die Novelle BGBl. I Nr. 82/2010 eine dem Gemeinschaftsrecht entsprechende und daher anwendbare Neuregelung betreffend die Anrechnung von Dienstzeiten getroffen wurde. Es ist somit kein plausibler Grund ersichtlich, warum diese Neuregelung samt der darin vorgesehenen Antragstellung und den Formerfordernissen nicht anwendbar sein sollte.

Nimmt man darüber hinaus ein allgemeines EU-rechtliches Verbot der Diskriminierung wegen des Alters an, so könnte das allenfalls zur Folge haben, dass eine über den 1. Jänner 2004 hinausgehende Rückwirkung der Neuregelung anzunehmen wäre.

Hingegen ist keine Grundlage für die vom Antragsteller gewünschte Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages auf Grundlage der alten, bis 31. Dezember 2003 geltenden Rechtslage und ohne Verwendung des in BGBl. I Nr. 82/2010 vorgesehenen Formulars erkennbar. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass nach der 'alten Rechtslage' (bis 31. Dezember 2003) keine Möglichkeit für die gewünschte Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages besteht; vielmehr hat der Antragsteller nur die Wahl, den alten Stichtag beizubehalten oder eine Neuberechnung nach der neuen Rechtslage (gemäß BGBl. I Nr. 82/2010) zu beantragen.

Der Antragsteller hat mit Schreiben vom 4. Juni 2010, ergänzt durch sein Schreiben vom 28. November 2010, die Anrechnung von Zeiten vor dem (vollendeten) 18. Lebensjahr bzw. die Neufestsetzung seines Vorrückungsstichtages unter Berücksichtigung dieser Zeiten beantragt.

Derartige Anträge sind nach § 113 Abs. 12 GehG unter Verwendung eines vom Bundeskanzler mit Verordnung festgelegten Formulars zu stellen. Wird ein Antrag ohne Verwendung des Formulars gestellt oder nicht unter Verwendung des Formulars neu eingebracht, ist § 13 Abs. 3 AVG sinngemäß anzuwenden.

Nach § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Zur Verbesserung dieses Mangels wurde der Antragsteller daher mit Schreiben vom 22. Oktober 2010, GZ 550.022/104-1A2/10, ersucht, seinen ursprünglichen Antrag innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieses Schreibens (die Zustellung erfolgte am 25. Oktober 2010) unter Verwendung des beigelegten Formulars erneut im Dienstweg einzubringen.

Da der Antragsteller diesem Verbesserungsauftrag nicht nachgekommen ist - er beharrte vielmehr auf der Behandlung des ursprünglich ohne Formular gestellten Antrages vom 4. Juni 2010 - , ist der ursprüngliche Antrag als mangelhaft zurückzuweisen.

Da im Übrigen gemäß ständiger Rechtsprechung des VwGH eine Entscheidungspflicht der belangten Behörde über einen Eventualantrag so lange nicht entstehen kann, als der Primärantrag nicht rechtskräftig 'abgewiesen' worden ist (vgl. VwGH, GZ 2003/12/0097), war gegenständlich auf die gestellten Eventualbegehren des Antragstellers nicht einzugehen."

Auf Grund der Erlassung dieses Bescheides stellte das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 6. Mai 2014 das Verfahren über die ihm abgetretene Säumnisbeschwerde ein und sprach aus, dass ein Zuspruch von Aufwandersatz an den Revisionswerber nicht stattfinde.

Letzterer erhob gegen den Bescheid der Dienstbehörde vom 9. April 2014 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, in welcher er im Wesentlichen sein Vorbringen in der Eingabe vom 28. November 2010 aufrecht erhielt. Unter Punkt 2. seiner Beschwerdeanträge begehrte der Revisionswerber u.a., das Bundesverwaltungsgericht möge ihm die Kosten der vom Verwaltungsgerichtshof gemäß § 5 Abs. 2 VwGbk-ÜG abgetretenen Säumnisbeschwerde zuerkennen.

Mit Spruchpunkt A) 1. des angefochtenen Erkenntnisses wurde die Beschwerde gegen den Bescheid der Dienstbehörde vom 9. April 2014, dessen Betreff im Vorspruch als "Zurückweisung eines Antrages auf Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages" bezeichnet wird, als unbegründet abgewiesen.

Mit Spruchpunkt A) 2. des angefochtenen Erkenntnisses wurde erkennbar der unter Punkt 2. der Beschwerdeanträge des Revisionswerbers geltend gemachte Antrag auf Ersatz der Kosten des Säumnisbeschwerdeverfahrens als unzulässig zurückgewiesen.

Schließlich sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

Zu Spruchpunkt A) 1. seines Erkenntnisses führte das Bundesverwaltungsgericht in der Begründung Folgendes aus:

"Im vorliegenden Fall vermeint der Beschwerdeführer, dass ein allfälliger Formmangel von Amts wegen ohne Mitwirkung des Beschwerdeführers zu beseitigen gewesen wäre, indem die belangte Behörde einfach die bekannt gegebenen Zeiten in das Formular übernommen hätte. Entscheidend sei nämlich nicht die damit verbundene (Neu‑) Datierung des Antrags, sondern das tatsächliche Einlangen des Antrags bei der belangten Behörde, das bereits vor Inkrafttreten der Novelle BGBl. I Nr. 82/2010 gewesen sei. Zudem sehe das Materiengesetz in § 113 Abs. 1 Z. 1 GehG vor, dass auf Personen, die keinen korrekten Antrag nach Abs. 10 und 12 stellen, die §§ 8 und 12 Abs. 1 GehG weiterhin in der am 31.12.2003 geltenden Fassung anzuwenden seien. Über den Antrag sei daher auf Basis der alten Rechtslage vor der Novelle zu entscheiden, dies jedoch unter Berücksichtigung des Anwendungsvorranges des Unionsrechts.

Der Beschwerdeführer verkennt in diesem Zusammenhang, dass gemäß § 175 Abs. 66 GehG 1956 idF des Art. 2 Z 5 der Novelle BGBl. I Nr. 82/2010 (unter anderem) § 113 Abs. 10 und 12 bis 14 GehG 1956 rückwirkend mit 1. Jänner 2004 in Kraft getreten ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 16.09.2013, GZ. 2012/12/0164). Daraus folgt, dass eine auf die Neufestsetzung des Vorrückungsstichtags gerichtete Antragstellung jedenfalls unter Verwendung des in § 113 Abs. 12 GehG vorgesehenen Formulares - und damit unter Einhaltung dieser gesetzlichen Formvorschrift - zu erfolgen hatte. Die Einhaltung der Formvorschriften obliegt dem Einschreiter. Eine 'amtswegige' Verbesserung, wie sie der Beschwerdeführer fordert, findet im Gesetz keine Deckung.

Die belangte Behörde hat daher zu Recht den Antrag des Beschwerdeführers vom 04.06.2010 (ergänzt durch Punkt I. des Antrags vom 28.11.2010) wegen Nichteinhaltung gesetzlicher Formerfordernisse zurückgewiesen."

Im Übrigen teilte das Bundesverwaltungsgericht die Rechtsauffassung der Dienstbehörde, wonach vor einer wirksamen Entscheidung über den Hauptantrag des Revisionswerbers der unter Verwendung des Formulares gemäß § 113 Abs. 12 GehG eingebrachte Eventualantrag als "noch nicht gestellt" gelte.

Das Begehren auf Ersatz der Kosten der Säumnisbeschwerde sei zurückzuweisen gewesen, zumal über die Frage der Gebührlichkeit eines Kostenersatzanspruches bereits mit dem vorzitierten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 6. Mai 2014 abgesprochen worden sei.

Die Revision sei unzulässig, weil die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweiche, noch es an einer solchen Rechtsprechung fehle; weiters sei die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage lägen nicht vor. Die Rechtsfrage betreffend die Einhaltung von gesetzlichen Formerfordernissen bzw. der zeitlichen Abfolge der Entscheidung über den Haupt- bzw. den Eventualantrag seien auf Grund der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes klargestellt.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Der Revisionswerber erklärt ausdrücklich das angefochtene Erkenntnis seinem gesamten Umfang nach anzufechten (vgl. Seite 12 der Revision).

Im Rahmen der Begründung der Zulässigkeit der Revision wird jedoch auf Rechtsfragen, welche den Spruchpunkt A) 2. des angefochtenen Erkenntnisses betreffen, nicht eingegangen.

Als (ausschließlich den Spruchpunkt A) 1. betreffende) grundsätzliche Rechtsfrage wird vom Revisionswerber u.a. jene ins Treffen geführt, ob ein Antrag auf Festsetzung des Vorrückungsstichtages ohne Benützung des in § 113 Abs. 12 GehG erwähnten Formulars (und somit ohne Optieren in das gemäß der Entscheidung des EuGH C-530/13 unionswidrig eingeführte "Neurecht" nach BGBl. I Nr. 82/2010), in welchem sich der Antragsteller auf seine unionswidrige Diskriminierung im Bereich des Altrechtes beruft, zurückzuweisen ist oder darüber inhaltlich zu entscheiden ist.

Der Revisionswerber macht Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes, Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Erkenntnisses sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Er begehrt primär, der Verwaltungsgerichtshof möge in der Sache selbst im Sinne der Stattgebung seines Antrages vom 4. Juni 2010 erkennen. Hilfsweise wird die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses aus den vom Revisionswerber geltend gemachten Revisionsgründen beantragt.

I. Zur Revision, soweit sie sich gegen den Spruchpunkt A) 2. des angefochtenen Erkenntnisses richtet:

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision hat der Verwaltungsgerichtshof nur im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

Da der Revisionswerber - wiewohl er erklärte, das angefochtene Erkenntnis in seinem gesamten Umfang anzufechten - keine auf den Spruchpunkt A) 2. desselben bezogene Zulässigkeitsgründe ins Treffen geführt hat, erweist sich die Revision gegen diesen Spruchpunkt jedenfalls schon aus dem Grunde des Art. 133 Abs. 4 B-VG als unzulässig, weshalb sie in einem nach § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in diesem Umfang zurückzuweisen war.

II. Zur Revision gegen Spruchpunkt A) 1. des angefochtenen Erkenntnisses:

Entgegen der den Verwaltungsgerichtshof nicht bindenden Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichtes und der Revisionsbeantwortung des Präsidenten des Rechnungshofes zeigt der Revisionswerber mit seinem oben wiedergegebenen Vorbringen gemäß § 28 Abs. 3 VwGG die Zulässigkeit seiner Revision, soweit sie sich gegen den vorzitierten Spruchpunkt richtet, auf. Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der vom Revisionswerber umschriebenen Rechtsfrage besteht nämlich nicht. Entgegen der Auffassung des Präsidenten des Rechnungshofes in seiner Revisionsbeantwortung kann - wie in der folgenden inhaltlichen Behandlung der Revision dargelegt werden wird - auch keinesfalls davon ausgegangen werden, dass die vom Bundesverwaltungsgericht vertretene Rechtsauffassung klar richtig wäre; sie erweist sich vielmehr als unrichtig.

 

Zur inhaltlichen Behandlung der Revision hat der Verwaltungsgerichtshof Folgendes erwogen:

§ 113 Abs. 10, 11 und 12 GehG in der im Zeitpunkt der Zustellung des angefochtenen Erkenntnisses (23. Jänner 2015) in Kraft gestandenen Fassung dieser Absätze nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 82/2010 lauteten:

"(10) Eine Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages und der daraus resultierenden besoldungsrechtlichen Stellung aufgrund der §§ 8 und 12 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 82/2010 erfolgt nur auf Antrag und nur in denjenigen Fällen, in denen die bestehende besoldungsrechtliche Stellung durch den Vorrückungsstichtag bestimmt wird. Antragsberechtigt sind auch Empfängerinnen und Empfänger von wiederkehrenden Leistungen nach dem Pensionsgesetz 1965.

(11) Auf Personen, die keinen korrekten Antrag nach Abs. 10 und 12 stellen oder für die gemäß Abs. 10 eine Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages nicht zu erfolgen hat,

1. sind die §§ 8 und 12 Abs. 1 weiterhin in der am 31. Dezember 2003 geltenden Fassung anzuwenden und

2. ist § 12 Abs. 1a nicht anzuwenden.

...

(12) Anträge gemäß Abs. 10 sind unter Verwendung eines vom Bundeskanzler mit Verordnung festzulegenden Formulars zu stellen. Antragsberechtigte, die vor dem Tag der Kundmachung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 82/2010 die Neufestsetzung ihres Vorrückungsstichtages oder ihrer besoldungsrechtlichen Stellung aufgrund von Vordienstzeiten vor dem Tag der Vollendung des 18. Lebensjahrs oder die Nachzahlung von Bezügen aus diesem Anlass beantragt haben, ist aufzutragen, den Antrag unter Verwendung des Formulars erneut einzubringen. Wird ein Antrag ohne Verwendung des Formulars gestellt oder nicht unter Verwendung des Formulars neu eingebracht, ist § 13 Abs. 3 AVG sinngemäß anzuwenden. Bei korrekter Antragstellung gilt der Antrag als ursprünglich richtig eingebracht."

Aus dem Grunde des § 175 Abs. 66 GehG idF BGBl. I Nr. 82/2010 sind die oben wiedergegebenen Gesetzesbestimmungen rückwirkend mit 1. Jänner 2004 in Kraft getreten.

Im Übrigen wird in Ansehung der in den wiedergegebenen Bestimmungen verwiesenen Fassungen der §§ 8 und 12 GehG auf deren ausführliche Wiedergabe im hg. Beschluss (Vorabentscheidungsersuchen) vom 16. September 2013, Zl. 2013/12/0076, verwiesen.

Die dort wiedergegebene Rechtslage war die bei Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses vom 20. Jänner 2015 maßgebliche. Sie bildet - jedenfalls insoweit der Verwaltungsgerichtshof von seiner Befugnis, in der Sache selbst zu entscheiden, nicht Gebrauch macht - den Prüfungsmaßstab für die nachprüfende Kontrolle eines bei ihm angefochtenen Erkenntnisses. Wenn der Gesetzgeber zwischen der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses und der Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof das Gesetz rückwirkend ändert, hat dies für das verwaltungsgerichtliche Verfahren unbeachtlich zu bleiben. Vor diesem Hintergrund spielen die durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 32/2015, welches am 11. Februar 2015 herausgegeben wurde, getroffenen Neuregelungen für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des hier angefochtenen Erkenntnisses im Rahmen der hier durchzuführenden nachprüfenden Kontrolle keine Rolle. An diesem Ergebnis ändert auch die Übergangsbestimmung des § 175 Abs. 79 Z. 2 und 3 GehG in der Fassung des zuletzt zitierten Bundesgesetzes - unbeschadet der Frage ihrer sonstigen Auslegung - schon deshalb nichts, weil das hier zu beurteilende "Verfahren" im Zeitpunkt der Herausgabe dieses Bundesgesetzes rechtskräftig abgeschlossen war und daher (jedenfalls bis zur Aufhebung des Erkenntnisses durch den Verwaltungsgerichtshof) weder ein "laufendes" noch ein "künftiges" Verfahren im Verständnis dieser Übergangsbestimmung darstellt (vgl. zur entsprechenden Situation für die nachprüfende Kontrolle von Bescheiden das hg. Erkenntnis vom 18. Februar 2015, Zl. 2014/12/0004).

Im Zuge der inhaltlichen Behandlung der in Rede stehenden Revision ist zunächst auf die dort geltend gemachte Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes einzugehen. Eine solche erblickt der Revisionswerber darin, dass er am 4. Juni 2010 die "Anrechnung von Zeiten vor Vollendung des 18. Lebensjahres" beantragt habe, während die Dienstbehörde über die "Richtigstellung des Vorrückungsstichtages" abgesprochen habe. Im angefochtenen Erkenntnis habe das Bundesverwaltungsgericht schließlich über die "Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages" abgesprochen.

Mit diesem Vorbringen wird keine Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes aufgezeigt:

Zwar hat der Revisionswerber in seinem Antrag vom 4. Juni 2010 die "rückwirkende Anrechnung" näher genannter Zeiten begehrt. In seinem Verbesserungsschriftsatz vom 28. November 2010 hat er jedoch selbst seinen Hauptantrag als solchen auf "Richtigstellung des Vorrückungsstichtages" bezeichnet und auch ausdrücklich einen in diese Richtung gehenden Antrag gestellt.

Über eben diesen Hauptantrag hat die Dienstbehörde in ihrem Bescheid vom 9. April 2014 im Sinne einer Zurückweisung wegen Formmangels abgesprochen.

Durch Abweisung der dagegen gerichteten Beschwerde des Revisionswerbers, in welcher er sich im Übrigen gegen die Deutung seines Antrages durch die Dienstbehörde auch nicht ausgesprochen hat, hat das Bundesverwaltungsgericht in der bei ihm anhängigen "Sache" der Zurückweisung des Antrages eine mit dem Spruch der Dienstbehörde idente (zurückweisende) Entscheidung getroffen. Daran vermag der Umstand, wonach der Antrag des Revisionswerbers im Vorspruch dieses Erkenntnisses als solcher "auf Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages" bezeichnet wird, nichts zu ändern.

Die Deutung des Antrages des Revisionswerbers als solchen auf (rückwirkende) Festsetzung seines Vorrückungsstichtages in Abweichung von der im Bescheid vom 28. Mai 1996 vorgenommenen Festsetzung erweist sich jedenfalls als gesetzeskonform, zumal "Sache" des in § 12 Abs. 9 GehG angeordneten Verwaltungsverfahrens die "Feststellung des Vorrückungsstichtages" ist. Lediglich diese kann Gegenstand des der Rechtskraft fähigen Spruches eines gemäß § 12 Abs. 9 GehG erlassenen Bescheides sein (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2014, Zl. 2012/12/0047, dessen Aussagen insofern auch auf den Bereich des "Altrechtes", wie es vor Erlassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 82/2010 in Kraft stand, zu übertragen sind).

Wie sich im Übrigen aus dem Bescheid vom 9. April 2014 im Zusammenhang des Spruches mit der Begründung ergibt, hat die Dienstbehörde über den vom Revisionswerber unter Verwendung des Formulars gemäß § 113 Abs. 12 GehG gestellten Eventualantrag nicht abgesprochen. Entsprechendes gilt auch für das angefochtene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes.

Vor diesem Hintergrund ist eine Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes dergestalt, dass es die "Sache" des Verwaltungsverfahrens überschritten oder ausgetauscht hätte, hier nicht gegeben.

Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses macht der Revisionswerber u.a. geltend, dass er nicht verpflichtet gewesen sei, den Hauptantrag unter Zuhilfenahme des gemäß § 113 Abs. 12 GehG vorgesehenen Formulares zu stellen, womit er aus folgenden Erwägungen eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses aufzeigt:

Aus dem Grunde des § 113 Abs. 12 erster Satz GehG sind lediglich "Anträge gemäß Abs. 10" unter Verwendung des in der erstgenannten Bestimmung umschriebenen Formulares zu stellen. Der in § 113 Abs. 10 GehG beschriebene Antrag ist ein solcher auf "Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages und der daraus resultierenden besoldungsrechtlichen Stellung auf Grund der §§ 8 und 12 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 82/2010". Gerade auf die Anwendung dieser Gesetzesbestimmungen war der Hauptantrag des Revisionswerbers unter Berücksichtigung des am 28. November 2010 erstatteten Vorbringens aber nicht gerichtet. Jedenfalls für Anträge, die nach der Kundmachung des zuletzt zitierten Bundesgesetzes gestellt wurden und keine Neufestsetzung nach den vorzitierten Regeln anstrebten galten die Formvorschriften des § 113 Abs. 12 GehG somit nicht. Vor diesem Hintergrund ist aber die Regelung des zweiten Satzes leg. cit., soweit sie sich auf vor Kundmachung des zitierten Bundesgesetzes gestellte Altanträge bezieht, bei verständiger Würdigung und in unionsrechtskonformer Auslegung (vgl. hiezu die tiefer stehenden Ausführungen zur Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union) einschränkend dahingehend zu lesen, dass die dafür festgelegten Formvorschriften nur dann heranzuziehen sind, wenn der Beamte in der Verbesserung seines Altantrages klarstellt, nunmehr die Anwendung des Neurechtes zu begehren. Erklärt er demgegenüber - wie hier der Revisionswerber - Gegenteiliges, so ist der solcherart klargestellte Altantrag wie ein gleichlautender, nicht auf die Anwendung der §§ 8 und 12 GehG idF BGBl. I Nr. 82/2010 gerichteter Antrag, welcher den Formvorschriften des § 113 Abs. 12 GehG nicht unterliegt, zu behandeln.

Aus diesen Gründen durfte das Bundesverwaltungsgericht die Zurückweisung des Hauptantrages des Revisionswerbers nicht auf einen unverbesserten Formmangel stützen.

Davon ausgehend könnte sich die Unzulässigkeit des nicht auf § 113 Abs. 10 GehG gestützten gegenständlichen Antrages ausschließlich auf die Rechtskraft des Bescheides vom 28. Mai 1996 und somit auf § 68 Abs. 1 AVG stützen. Hiezu ist Folgendes zu erwägen:

Wie schon erwähnt wurde der unter Verwendung des in § 113 Abs. 12 GehG gestellte Antrag des Revisionswerbers als Eventualantrag formuliert. Ein solcher gilt erst im Falle der wirksamen Nichtstattgebung des Hauptantrages als gestellt. Im Hinblick auf die der Beschwerde gegen den Bescheid der Dienstbehörde vom 9. April 2014 zukommende aufschiebende Wirkung war im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses somit davon auszugehen, dass der Revisionswerber keinen korrekten Antrag nach § 113 Abs. 10 und 12 GehG gestellt hat. Aus diesem Grunde waren für ihn gemäß § 113 Abs. 11 Z. 1 GehG die §§ 8 und 12 Abs. 1 leg. cit. weiterhin in der am 31. Dezember 2003 geltenden Fassung anzuwenden. Nun mag es durchaus zutreffen, dass sich bei bloßer Betrachtung der innerstaatlichen Rechtslage in Ansehung der hier strittigen, vor Vollendung des 18. Lebensjahres des Revisionswerbers gelegenen Zeiten eine relevante Änderung der Rechtslage zwischen der Erlassung des Bescheides vom 28. Mai 1996 und dem 31. Dezember 2003 nicht ergeben hat.

Damit ist aber für die Zulässigkeit der Zurückweisung des Hauptantrages des Revisionswerbers nichts gewonnen, weil auch die Anordnung des § 113 Abs. 11 Z. 1 GehG nur vorbehaltlich des Anwendungsvorranges des unionsrechtlichen Verbotes der Altersdiskriminierung nach der RL zu vollziehen ist.

Der nach der in § 113 Abs. 11 Z. 1 GehG verwiesenen Rechtslage bestehende generelle Ausschluss von Zeiten vor der Vollendung des 18. Lebensjahres für die Anrechnung war aber, wie sich bereits aus dem Urteil des EuGH vom 18. Juni 2009, C-88/08 , Hütter, ergibt, mit dem Unionsrecht unvereinbar. Aus dem Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 11. November 2014, C-530/13 , Schmitzer, folgt wiederum, dass die mit der Novelle BGBl. I Nr. 82/2010 geschaffene Optionsmöglichkeit nicht geeignet war, die schon im Altrecht bestehende Diskriminierung zwischen Altbeamten zu beseitigen. In dem - in Umsetzung des vorzitierten Urteils des Gerichtshofes der Europäischen Union ergangenen - Erkenntnis vom 18. Februar 2015, Zl. 2014/12/0004, ging der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass zur gebotenen Herstellung der Gleichbehandlung nach dem Alter zwischen im Altsystem privilegierten nichtoptierenden "Altbeamten" und im Altsystem diskriminierten "Altbeamten", die gemäß § 113 Abs. 10 GehG in das sie gleichermaßen diskriminierende Neusystem optiert hatten, die Vorrückungsregel des § 8 Abs. 1 zweiter Satz GehG idF BGBl. I Nr. 82/2010 insoweit verdrängt wird, als sie die oben zweitgenannte Gruppe gegenüber der oben erstgenannten Gruppe weiterhin benachteiligt.

War aber nach der vorzitierten Rechtsprechung schon eine Diskriminierung zwischen "Altbeamten", die nicht optiert hatten, und solchen, die optiert hatten, nach der RL verboten, so gilt dies umso mehr für Diskriminierungen von nichtoptierenden Altbeamten gegenüber anderen nichtoptierenden Altbeamten, zumal für diese - umso mehr - gilt, dass sie sich in derselben Situation befinden. In Ansehung diskriminierter "Altbeamter", welche nicht optiert haben, gilt, dass die sie diskriminierende Wortfolge "unter Ausschluss der vor der Vollendung des 18. Lebensjahres liegenden Zeiten" in § 12 Abs. 1 GehG in der am 31. Dezember 2003 geltenden Fassung insoweit unangewendet zu bleiben hat, als sie sich diskriminierend auswirkt.

Dies entspricht auch dem vom Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 28. Jänner 2015, Rs C-417/13 , Starjakob, Rz 57f, entwickelten Grundsatz, wonach ein diskriminierter Arbeitnehmer nicht verpflichtet ist, vor einer unmittelbaren Geltendmachung seiner Ansprüche aus der Diskriminierung an Verfahren mitzuwirken, die seiner Überleitung in ein gleichfalls diskriminierendes System dienen sollen.

Aus diesen Erwägungen ist mit Ablauf der Umsetzungsfrist der RL und dem damit verbundenen Inkrafttreten des unionsrechtlichen Diskriminierungsverbotes aus dem Grunde des Alters gemäß Art. 2 RL eine gegenüber dem Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 28. Mai 1996 relevante, die Rechtskraft dieses Bescheides durchbrechende Änderung der Rechtslage auch für nichtoptierende Altbeamte eingetreten (vgl. zu ähnlichen Fragen im Zusammenhang mit der Anrechnung von Ruhegenussvordienstzeiten den hg. Beschluss vom 16. September 2013, Zl. 2012/12/0051, wenn auch mit abweichendem materiellen Ausgang nach dem hg. Erkenntnis vom 18. Februar 2015, Zl. 2015/12/0001, sowie den hg. Beschluss vom 25. März 2015, Zl. 2015/12/0002, mit Hinweis auf das Urteil des EuGH vom 29. April 1999, C-224/97 , Ciola). Diese Rechtskraftsdurchbrechung gilt freilich nur in Ansehung von Bemessungszeiträumen, die nach Ende der Umsetzungsfrist der RL gelegen sind.

Hingegen ist in Ansehung von Gehaltsperioden bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist der RL keine Durchbrechung der Rechtskraft des Bescheides vom 28. Mai 1996 nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen des Unionsrechtes eingetreten (vgl. zu deren Tragweite das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2006, Zl. 2005/12/0099, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird). Wäre demgegenüber ein allgemeiner Rechtsgrundsatz des Unionsrechts der Beschränkung der Anrechnung von Vordienstzeiten vor der Vollendung des 18. Lebensjahres entgegengestanden, wäre auch schon der Bescheid vom 28. Mai 1996 als unionsrechtswidrig zu qualifizieren gewesen, was der Revisionswerber dann schon mit Beschwerde gegen diesen Bescheid hätte geltend machen müssen.

Nach dem Vorgesagten stand zwar die Rechtskraft des Bescheides vom 28. Mai 1996 einer Neufestsetzung des Vorrückungsstichtags mit Wirkung für Bemessungsperioden vor Ablauf der Umsetzungsfrist der RL entgegen, nicht aber einer Neufestsetzung desselben mit Wirkung für Bemessungsperioden danach.

Eine Neufestsetzung im zuletzt aufgezeigten Sinn ist als "Minus" in dem vom Revisionswerber gestellten Hauptantrag enthalten.

Die undifferenzierte Zurückweisung dieses Hauptantrages erweist sich daher als inhaltlich rechtswidrig.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich zu einer Entscheidung in der Sache selbst nicht veranlasst. Eine Entscheidung im Sinne des Hauptantrages des Revisionswerbers durch den Verwaltungsgerichtshof wäre auch schon deshalb ausgeschlossen, weil "Sache" des angefochtenen Erkenntnisses ausschließlich die Zurückweisung des Antrages des Revisionswerbers, nicht aber eine inhaltliche Entscheidung über diesen Antrag gewesen ist.

Da der Spruchpunkt A) 1. des angefochtenen Erkenntnisses bzw. der diesem zu Grunde liegende Bescheid der Dienstbehörde vom 9. April 2014 unteilbar formuliert ist und nicht hinsichtlich von Gehaltsperioden vor und nach Ablauf der Umsetzungsfrist der RL differenziert, war das angefochtene Erkenntnis in diesem Spruchpunkt gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zur Gänze wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung wurde aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen, weil die Schriftsätze der Parteien und die Akten des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Art. 6 Abs. 1 MRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen dem schon deshalb nicht entgegen, weil es dem Revisionswerber freigestanden wäre, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung schon in seiner Beschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht zu beantragen. Im Übrigen betrifft die vorliegende Entscheidung lediglich die prozessuale Zulässigkeit und nicht die meritorische Berechtigung seines Antrages.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf den § 50 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013.

Wien, am 16. November 2015

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte