VfGH A2/10

VfGHA2/1020.9.2010

Zurückweisung einer Staatshaftungsklage und eines Feststellungsbegehrens eines Anbieters von Finanzdienstleistungen wegen behaupteter mangelhafter Umsetzung der Marktmissbrauchsrichtlinie mangels Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes; Zuständigkeit der Amtshaftungsgerichte auch im Fall einer behaupteten Vorherbestimmung der schadenskausalen Handlung der Vollziehung durch ein gemeinschaftswidriges Gesetz

Normen

B-VG Art137 / ord Rechtsweg
BankwesenG §1, §4 Abs7
Marktmissbrauchsrichtlinie 2003/6/EG
VfGG §38
VfGG §41
B-VG Art137 / ord Rechtsweg
BankwesenG §1, §4 Abs7
Marktmissbrauchsrichtlinie 2003/6/EG
VfGG §38
VfGG §41

 

Spruch:

Die Klage wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

1. Mit ihrer auf Art137 B-VG gestützten Klage begehrt die klagende Partei, der Verfassungsgerichtshof möge den Bund zur Zahlung von € 1.800.000,-- s.A. schuldig erkennen.

Die klagende Partei bringt vor, dass "zum hier dargelegten

Sachverhalt ... zu GZ 33 Cg 3/09t eine Amtshaftungsklage und

Staatshaftungsklage beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien anhängig" sei. Der Streitwert in diesem Verfahren betrage ebenfalls € 1.800.000,00. Der der Klage zugrunde liegende Sachverhalt sei dem Verfassungsgerichtshof bereits aufgrund der Verfahren B1914/07, B587/08, G164/08 und A8/08 im Wesentlichen bekannt. Die klagende Partei sei aufgrund der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zu A8/08 von einer Zuständigkeit des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien für die Anspruchsgrundlage der Staatshaftung ausgegangen. Im Unterschied zum Verfahren A8/08 werde die genannte Staatshaftungsklage beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien nicht nur auf die Richtlinien 2003/6/EG, 2003/124/EG und 2003/125/EG gestützt, sondern insbesondere auf die Artikel 56 und58 EGV sowie auf "die einen integralen Bestandteil der genannten Richtlinien darstellende Charta der Grundrechte der EU". In dem beim LG ZRS Wien anhängigen Verfahren habe die (dort) beklagte Partei die offenkundige Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofs für diesen Fall der Staatshaftungsklage vorgebracht. Da sich die Frage der Zuständigkeit mangels klarer gesetzlicher Normierung nicht mit hinreichender Sicherheit klären lasse, erfolge inhaltsgleich zum Verfahren 33 Cg 3/09t die Einbringung der vorliegenden Klage auch beim Verfassungsgerichtshof.

2. Die vorliegende Klage unterscheidet sich in den für die Frage der Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes relevanten Belangen nicht von der dem Beschluss zu VfSlg. 18.600/2008 zugrunde liegenden Klage: So werden auch hier als unmittelbar schadensauslösende Ereignisse (näher bezeichnete) Handlungen oder Unterlassungen der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) bezeichnet, somit eines Verwaltungsorgans, dessen Handlungen und Unterlassungen im Fall der Verursachung eines Vermögensschadens zum Gegenstand einer Klage bei den - hiefür nach §1 Abs1 AHG zuständigen - ordentlichen Gerichten gemacht werden können. Der Verfassungsgerichtshof ist zur Entscheidung über eine solche Klage nicht zuständig. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die (geltend gemachte) Rechtswidrigkeit der behaupteten schädigenden Handlungen (oder Unterlassungen) dieses Vollziehungsorgans nunmehr auch mit Normen des primären Unionsrechts begründet wird. Ebensowenig ändert sich daran etwas durch den Umstand, dass die innerstaatlichen Normen, die das (angeblich schadenskausale) Vorgehen der FMA mitbegründet haben, (angeblich) unionsrechts- oder verfassungswidrig waren (oder sind). Damit wird kein ausschließliches (unmittelbar und allein kausales) legistisches Fehlverhalten dargetan. Zur näheren Begründung wird auf die Ausführungen im Beschluss VfSlg. 18.600/2008 verwiesen.

3. Die Klage ist daher ohne weiteres Verfahren wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zurückzuweisen (§19 Abs3 Z2 lita VfGG).

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