VwGH Ra 2015/04/0005

VwGHRa 2015/04/000518.3.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek, die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Mayr, die Hofrätin Mag. Hainz-Sator sowie den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Revision des Magistrats der Stadt Wien, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 19. November 2014, Zl. VGW- 221/051/23153/2014/A-14, betreffend Feststellung der individuellen Befähigung gemäß § 19 GewO 1994 (mitbeteiligte Partei: Ing. H S in B), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §45 Abs2;
AVG §52;
AVG §56;
AVG §57;
B-VG Art130 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
BVwAbgV 1983 §3 Abs1;
BVwAbgV 1983 §3 Abs2;
GewO 1994 §18 Abs1;
GewO 1994 §19;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §17;
VwRallg;
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
AVG §56;
AVG §57;
B-VG Art130 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
BVwAbgV 1983 §3 Abs1;
BVwAbgV 1983 §3 Abs2;
GewO 1994 §18 Abs1;
GewO 1994 §19;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §17;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

Das Verwaltungsgericht Wien hat mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 19. November 2014 der Beschwerde der mitbeteiligten Partei Folge gegeben und gemäß § 19 GewO 1994 festgestellt, dass die mitbeteiligte Partei über die individuelle Befähigung für das Gewerbe Mechatroniker für Elektromaschinenbau und Automatisierung verfügt.

Hat das Verwaltungsgericht - wie im gegenständlichen Fall - ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

In der vorliegenden außerordentlichen Amtsrevision wird als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung behauptet, es sei durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht geklärt, "ob in Fällen, in welchen sämtliche Tatbestände der betreffenden Zugangsverordnung (abgesehen von der auch die praktischen Fähigkeiten/Fertigkeiten umfassenden Meisterprüfung) den Nachweis einer fachlichen Tätigkeit bestimmter Dauer im Sinne des § 18 Abs. 3 GewO 1994 fordern, die positive Erledigung eines Verfahrens nach § 19 GewO 1994 auch dann in Betracht komme, wenn in diesem Verfahren keinerlei einschlägige Tätigkeit (durch Zeugnisse, Bestätigungen etc.) nachgewiesen werden kann, d.h. ob ein anderer Nachweis einschlägiger praktischer Fähigkeiten auf gleichem Niveau denkbar ist".

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird beim "individuellen Befähigungsnachweis" im Sinne des § 19 GewO 1994 der gemäß § 18 Abs. 1 GewO 1994 vorgeschriebene Befähigungsnachweis durch sonstige Nachweise ersetzt, die jene Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen belegen, die für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes erforderlich sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 2014, 2013/04/0180, mwN). Die Beurteilung, ob durch diese (sonstigen) Nachweise die erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen belegt werden, hat daher am Maßstab der den Befähigungsnachweis im Sinne des § 18 Abs. 1 GewO 1994 festlegenden Vorschriften (Zugangsvoraussetzungen) zu erfolgen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 2011, 2008/04/0031).

Entgegen dem Revisionsvorbringen hat der Verwaltungsgerichtshof auch bereits ausgesprochen, dass der Antragsteller in einem Verfahren gemäß § 19 GewO 1994 eine Tätigkeit nachweisen muss, die der in der betreffenden Zugangsverordnung geforderten einschlägigen Tätigkeit "gleichwertig" ist und dass die Behörde hier auf ein "Äquivalent" zu dem Erfordernis der Verordnung nach § 18 GewO 1994 abzustellen hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 2. Februar 2012, 2010/04/0048, und vom 26. September 2012, 2012/04/0018).

Im vorliegenden Fall hat sich das Verwaltungsgericht bei dieser Prüfung auch zu Recht auf § 150 Abs. 8 und 9 GewO 1994 gestützt, demzufolge Gewerbetreibende, die das verbundene Handwerk Heizungstechnik und Lüftungstechnik ausüben, auch zur Ausübung der Tätigkeiten des Gewerbes der Kälte- und Klimatechniker berechtigt sind und Kälte- und Klimatechniker unter anderem auch Tätigkeiten der Mechatroniker für Elektromaschinenbau und Automatisierung ausüben dürfen.

Soweit in der Revision vorgebracht wird, es sei bis dato nicht geklärt, ob die Feststellung der Befähigung im Verfahren nach § 19 GewO 1994 - insbesondere hinsichtlich der praktischen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen - alleine auf eine Parteienvernehmung bzw. auf von einem Gutachter "bestätigte" Behauptungen im Rahmen eines Fachgespräches gestützt werden könne, ist festzuhalten, dass die Erläuterungen zur Regierungsvorlage der Gewerberechtsnovelle 2002 (BGBl. I Nr. 111/2002) in dieser Frage den Grundsatz der freien Beweiswürdigung betonen und ausdrücklich auf die Möglichkeit der Behörde hinweisen, ein Gutachten der zuständigen Wirtschaftskammergliederung "zur Frage der Erbringung des Befähigungsnachweises einzuholen" (RV 1117 BlgNR 21. GP , 88). Zudem wird in den Erläuterungen ausgeführt, dass im Fall der Vorlage eines positiven Gutachtens "die Schlüssigkeit des Gutachtens und die Vollständigkeit der hiefür herangezogenen Unterlagen und Belege zu prüfen" sei (RV 1117 BlgNR 21. GP , 77). Diese Vorgaben hat der Verwaltungsgerichtshof seiner bisherigen Rechtsprechung bereits zugrunde gelegt (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis 2010/04/0048).

Entgegen dem Revisionsvorbringen wird auch mit dem Hinweis auf die fehlende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der - im vorliegenden Fall vom Verwaltungsgericht unterlassenen - Vorschreibung der Verwaltungsabgabe gemäß § 3 Abs. 1 der Bundesverwaltungsabgabenverordnung 1983 (BVwAbgV) keine grundsätzliche Rechtsfrage aufgezeigt.

Das Fehlen einer Rechtsprechung zu einer bestimmten Norm führt nämlich nicht automatisch zur Zulässigkeit der Revision. Das ist etwa nicht der Fall, wenn die Rechtslage eindeutig ist und daher (trotz fehlender Rechtsprechung) keiner Klärung durch den Verwaltungsgerichtshof bedarf (vgl. den hg. Beschluss vom 18. Februar 2015, Ra 2015/04/0009, sowie die Nachweise bei Nedwed, Die Zulässigkeit der Revision an den Verwaltungsgerichtshof, ÖJZ 2014, 1041 (1042)).

Gemäß § 3 Abs. 1 BVwAbgV ist die Vorschreibung der Verwaltungsabgabe, wenn in Zusammenhang mit der Amtshandlung, für die sie zu entrichten ist, ein Bescheid nach § 56 oder § 57 AVG ergeht, in dessen Spruch aufzunehmen. Dies gilt auch für Bescheide der Berufungsbehörden, wenn der Anlass für die Entrichtung der Verwaltungsabgabe erst durch ihren Bescheid gegeben wird (§ 3 Abs. 1 zweiter Satz BVwAbgV). Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass die Vorschreibung von Verwaltungsabgaben nicht auch mit gesondertem Bescheid erfolgen darf (vgl. VwSlg. 16.632 A/1988 sowie Hengstschläger/Leeb, AVG (2009) § 78 Rz. 30). Liegt der Fall des § 3 Abs. 1 BVwAbgV nämlich nicht vor, so ist die Verwaltungsabgabe auf Grund der ausdrücklichen Anordnung in § 3 Abs. 2 BVwAbgV durch einen abgesonderten Bescheid nach § 57 AVG vorzuschreiben.

Durch den Verweis in § 17 VwGVG, wonach die Kostenbestimmungen des AVG auch auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG sinngemäß anzuwenden sind, gilt diese Rechtslage auch für Verwaltungsgerichte, die abgabenpflichtige Amtshandlungen im oben beschriebenen Sinn - etwa im Rahmen einer reformatorischen Entscheidung über eine Bescheidbeschwerde - vornehmen (vgl. zB Fister, Gebühren und Ersatz der Aufwendungen, in: Holoubek/Lang (Hrsg.), Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Bundesfinanzgericht (2014) 301 (312)). Daraus folgt zum einen, dass in solchen Fällen das Verwaltungsgericht grundsätzlich in seinem Erkenntnis die Verwaltungsabgabe vorzuschreiben hat. Zum anderem steht aber auch die Möglichkeit der gesonderten Vorschreibung im Sinne des § 3 Abs. 2 BVwAbgV offen.

In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 18. März 2015

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