VwGH 2008/04/0031

VwGH2008/04/003125.1.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des X in Y, vertreten durch Dr. Heinz Gert Neuner, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Hietzinger Kai 5/18, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 14. Jänner 2008, Zl. M63/009111/2007, betreffend Feststellung des Vorliegens der individuellen Befähigung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
GewO 1994 §18 Abs1;
GewO 1994 §19;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
GewO 1994 §18 Abs1;
GewO 1994 §19;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte mit seinem beim Magistrat der Stadt Wien am 30. August 2007 eingelangten Schreiben die Feststellung der individuellen Befähigung für das Gewerbe des Baumeisters und schränkte diesen Antrag in weiterer Folge auf "ausführende Tätigkeiten" ein.

Mit Bescheid vom 21. November 2007 stellte der Magistrat der Stadt Wien gemäß § 19 GewO 1994 fest, dass der Beschwerdeführer die individuelle Befähigung für das Gewerbe: Baumeister, eingeschränkt auf ausführende Tätigkeiten, nicht besitzt.

In der Begründung führte die Erstbehörde (zusammengefasst) aus, der Beschwerdeführer verfüge über keine einschlägige Ausbildung im angestrebten Gewerbe. Der Arbeitsbescheinigung der W Bau KEG komme - ungeachtet ihres Inhaltes - insofern keine Beweiskraft zu, als diese Bestätigung vom Beschwerdeführer als deren persönlich haftendem Gesellschafter selbst unterfertigt worden sei. In der Bestätigung der M W GesmbH, die ausschließlich die Gewerbe "Dachdecker" und "Maler- und Anstreicher" angemeldet habe, würden dem Beschwerdeführer ebenso wie in der Bestätigung der H Bau- und HandelsgmbH keine fachlichen Tätigkeiten im ausführenden Baumeistergewerbe konstatiert. Die nachgereichte Bestätigung des Baumeisters Ing. G sei - ungeachtet der Tatsache, dass fachliche Tätigkeiten grundsätzlich durch vom gewerberechtlichen Geschäftsführer unterfertigte Dienstzeugnisse nachzuweisen seien - nicht beweiskräftig, weil daraus weder die konkrete Dauer noch der genaue Inhalt der angeblich durchgeführten Projekte hervorgehe. Es sei Sache des Beschwerdeführers gewesen, geeignete Nachweise zu erbringen.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 14. Jänner 2008 bestätigte die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid und führte zur Begründung aus, der Beschwerdeführer scheine seit 15. Dezember 1998 bis dato als Kommanditist der W Bau KEG auf. Diese Gesellschaft sei nach dem offenen Gewerberegister seit 23. Februar 1999 zur Ausübung des Gewerbes "Baumeister" berechtigt. Als gewerberechtlicher Geschäftsführer der W Bau KEG scheine im Gewerberegister für den Zeitraum 23. Februar 1999 bis 25. Jänner 2003 H N auf. Die Angabe des Beschwerdeführers in der von ihm selbst unterfertigten Arbeitsbescheinigung der W Bau KEG vom 7. August 2007, er führe Tätigkeiten als "gewerberechtlicher Geschäftsführer" aus, stehe damit im Widerspruch zum angeführten Gewerberegisterstand. Dem letzten gewerberechtlichen Geschäftsführer sei die Ausstellung eines Dienstzeugnisses nur für den Zeitraum seiner Bestellung vom 23. Februar 1999 bis 25. Jänner 2003 möglich gewesen.

Die im vorliegenden Fall hinsichtlich des Nachweises der erforderlichen fachlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen im Sinne des § 19 GewO 1994 noch am ehesten als Vergleichsmaßstab heranzuziehende Bestimmung des § 2 Abs. 1 Z. 4 der Baumeister-Verordnung fordere zur Erlangung der "formellen" Befähigung für das angestrebte Gewerbe u.a. eine ununterbrochene fünfjährige fachspezifische Tätigkeit in leitender Stellung, davon eine mindestens dreijährige Tätigkeit mit technischen Aufgaben und mit der Verantwortung für mindestens eine Abteilung des Unternehmens, wenn für die betreffende Tätigkeit eine mindestens dreijährige vorherige Ausbildung nachgewiesen wird, die durch ein staatlich anerkanntes Zeugnis bestätigt oder von einer zuständigen Berufs- oder Handelsinstitution als vollwertig anerkannt ist. Schon daraus sei ersichtlich, dass bloß eine fachliche Tätigkeit ohne irgendeine vergleichbare Ausbildung für die Erlangung der Befähigung für das gegenständliche besonders sensible Gewerbe (im Sinne auch der §§ 18 Abs. 4 und 95 GewO 1994) nicht ausreiche. Die Angabe in der Bestätigung des Ing. G vom 10. September 2007, der Beschwerdeführer habe von 1999 bis dato bei der W Bau KEG die Agenden eines gewerberechtlichen Geschäftsführers wahrgenommen, sei durch den Gewerberegisterstand widerlegt. Aus den übrigen vorgelegten Unterlagen, insbesondere den Bestätigungen der M W GesmbH vom 12. Juli 1996 und der H Bau- und HandelsgmbH vom 4. Dezember 1998, lasse sich bezüglich einer "leitenden Stellung" des Beschwerdeführers nichts gewinnen. Dem Beschwerdeführer sei nicht gelungen darzulegen, über welche fachliche Ausbildung er verfüge.

Es sei nicht Aufgabe der Behörde den maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen festzustellen, sondern müssten die für die jeweilige Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse durch beigebrachte Beweismittel nachgewiesen werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, er sei bei Antragstellung seit fast 15 Jahren im Baugewerbe tätig gewesen und habe laufend Tätigkeiten ausgeübt, die (sonst) einem gewerberechtlichen Geschäftsführer zukämen. Die fachlichen Qualifikationen könnten auch anders als durch die in der Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Zugangsvoraussetzungen für das reglementierte Gewerbe der Baumeister, BGBl. II Nr. 30/2003 (idF BGBl. II Nr. 160/2004), dargelegten Voraussetzungen nachgewiesen werden. Wenn der nach § 18 GewO 1994 vorgeschriebene Befähigungsnachweis nicht erbracht werden könne, so habe die Behörde das Vorliegen der individuellen Befähigung festzustellen, wenn durch die beigebrachten Beweismittel (dieser Begriff sei weiter als jener der "Belege" iSd § 18 Abs. 2) die für die jeweilige Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen nachgewiesen werden. Der Beschwerdeführer habe die erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen nachgewiesen, dies sogar nach den strengeren Bestimmungen des § 18 Abs. 2 GewO 1994 und umso mehr nach den wesentlich geringeren Anspruchsvoraussetzungen nach § 19 GewO 1994. Des Weiteren führt der Beschwerdeführer aus, aus der von ihm selbst in seiner Rolle als Kommanditist und nicht in Vertretung der Komplementärin A W ausgestellten Arbeitsbescheinigung der W Bau KEG vom 7. August 2007 in Verbindung mit der Bescheinigung des Ing. G vom 10. September 2007 ergebe sich, dass er Tätigkeiten eines Selbständigen verrichtet habe und bei der W Bau KEG zumindest als Betriebsleiter anzusehen sei. Dass er die Bestätigung vom 7. August 2007 selbst geschrieben habe, indiziere nicht, dass diese unrichtig sei. De facto leite er den Betrieb der W Bau KG nicht nur seit sechs, sondern tatsächlich seit fast 10 Jahren iSd § 2 Abs. 1 Z. 1 der Verordnung BGBl. II Nr. 30/2003 idgF, wobei es darauf bei der Regelung des § 19 GewO 1994 nicht einmal ankomme.

Voraussetzung für die Ausübung von reglementierten Gewerben - zu denen gemäß § 94 Z. 5 GewO 1994 auch das Baumeistergewerbe gehört - ist gemäß § 16 Abs. 1 erster Satz GewO 1994 der Nachweis der Befähigung.

Unter Befähigungsnachweis ist gemäß § 16 Abs. 2 GewO 1994 der Nachweis zu verstehen, dass der Einschreiter die fachlichen einschließlich der kaufmännischen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen besitzt, um die dem betreffenden Gewerbe eigentümlichen Tätigkeiten selbständig ausführen zu können.

Gemäß § 18 Abs. 1 erster Satz GewO 1994 hat der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit für jedes reglementierte Gewerbe durch Verordnung festzulegen, durch welche Belege - für sich allein oder in entsprechender Verbindung untereinander - die Zugangsvoraussetzungen zum betreffenden Gewerbe, gegebenenfalls für dessen eingeschränkte Ausübung, im Hinblick auf die hiefür erforderliche fachliche Befähigung jedenfalls als erfüllt anzusehen sind.

Gemäß § 2 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Zugangsvoraussetzungen für das reglementierte Gewerbe der Baumeister, BGBl. II Nr. 30/2003 idF BGBl. II Nr. 160/2004 (Baumeister-Verordnung), ist die fachliche Qualifikation für das Baumeistergewerbe hinsichtlich der ausführenden Tätigkeiten durch die im Folgenden angeführten Belege als erfüllt anzusehen:

"1. ununterbrochene sechsjährige einschlägige Tätigkeit als Selbstständiger

oder als Betriebsleiter oder

2. ununterbrochene dreijährige einschlägige Tätigkeit als Selbstständiger oder als Betriebsleiter, wenn für die betreffende Tätigkeit eine mindestens dreijährige vorherige Ausbildung nachgewiesen wird, die durch ein staatlich anerkanntes Zeugnis bestätigt oder von einer zuständigen Berufs-oder Handelsinstitution als vollwertig anerkannt ist, oder

3. ununterbrochene dreijährige einschlägige Tätigkeit als Selbstständiger, wenn für die betreffende Tätigkeit eine mindestens fünfjährige einschlägige Tätigkeit als Unselbstständiger nachgewiesen wird, oder

4. ununterbrochene fünfjährige fachspezifische Tätigkeit in leitender Stellung, davon eine mindestens dreijährige Tätigkeit mit technischen Aufgaben und mit der Verantwortung für mindestens eine Abteilung des Unternehmens, wenn für die betreffende Tätigkeit eine mindestens dreijährige vorherige Ausbildung nachgewiesen wird, die durch ein staatlich anerkanntes Zeugnis bestätigt oder von einer zuständigen Berufs- oder Handelsinstitution als vollwertig anerkannt ist."

Kann der gemäß § 18 Abs. 1 GewO 1994 vorgeschriebene Befähigungsnachweis nicht erbracht werden, so hat die Behörde gemäß § 19 leg. cit. das Vorliegen der individuellen Befähigung festzustellen, wenn durch die beigebrachten Beweismittel die für die jeweilige Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen nachgewiesen werden. Die Behörde hat das Vorliegen der individuellen Befähigung mit der Beschränkung auf Teiltätigkeiten des betreffenden Gewerbes auszusprechen, wenn die Befähigung nur in diesem Umfang vorliegt.

Beim "individuellen Befähigungsnachweis" im Sinn des § 19 GewO 1994 wird der gemäß § 18 Abs. 1 leg. cit. vorgeschriebene Befähigungsnachweis durch sonstige Nachweise ersetzt, die jene Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen belegen, die für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes erforderlich sind. Die Beurteilung, ob durch diese (sonstigen) Nachweise die erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen belegt werden, hat daher am Maßstab der den Befähigungsnachweis im Sinn des § 18 Abs. 1 GewO 1994 festlegenden Vorschriften (Zugangsvoraussetzungen) zu erfolgen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. September 2010, Zl. 2008/04/0113, vom 30. April 2008, Zl. 2007/04/0140, und vom 6. April 2005, Zl. 2004/04/0047). Im Beschwerdefall ist daher diesbezüglich, wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, die wiedergegebene Baumeister-Verordnung, BGBl. II Nr. 30/2003 idF BGBl. II Nr. 160/2004, maßgebend.

Die Auffassung der belangten Behörde, die vom Beschwerdeführer beigebrachten Beweismittel (wie eingangs dargelegt, die Bestätigungen der W Bau KEG, der M W GesmbH, der H Bau- und HandelsgmbH und des Ing. G) seien nicht geeignet, die erforderliche fachliche Befähigung für die Feststellung der individuellen Befähigung für das angestrebte Gewerbe nachzuweisen, ist nach Ausweis der im vorliegenden Verwaltungsakt befindlichen Unterlagen nicht als unschlüssig zu beanstanden. Entgegen dem Beschwerdevorbringen ergibt sich aus den vorgelegten Bescheinigungen nicht das Vorliegen einer Tätigkeit, die gemessen am Maßstab des § 2 Abs. 1 der genannten Baumeister-Verordnung, als ausreichend anzusehen ist, weil weder eine Tätigkeit als Selbständiger noch als Betriebsleiter ersichtlich ist und auch keine einschlägige Ausbildung vorliegt, die im Zusammenhang mit einer "leitenden Stellung" zu einem Befähigungsnachweis führen könnte. Insbesondere ist der belangten Behörde nicht entgegen zu treten, wenn sie die Ansicht vertreten hat, der vom Beschwerdeführer selbst ausgestellten Bescheinigung der W Bau KEG komme kein aussagekräftiger Beweischarakter zu. Daran vermag auch das Vorbringen, der Beschwerdeführer habe diese Bestätigung als Kommanditist der W Bau KEG unterschrieben, nichts zu ändern, ist doch der Kommanditist als solcher nicht befugt, die Gesellschaft zu vertreten (§ 170 UGB). Die belangte Behörde ist auch mit ihrer Ansicht im Recht, dass die Bescheinigung des Ing. G vom 10. September 2007 den Tätigkeitsbereich des Beschwerdeführers nicht darlegt, wozu noch kommt, dass Ing. G nur ein außenstehender Konsulent ist bzw. nur die Firmen, in denen der Beschwerdeführer tätig war, subbeauftragt hat.

In Anbetracht der Wortfolge "wenn ... nachgewiesen werden" in § 19 erster Satz GewO 1994 ist es Sache des Antragstellers, die für die jeweilige Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen initiativ nachzuweisen, sodass die Behörde in diesem Zusammenhang keine Ermittlungspflicht trifft (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. September 2010, Zl. 2008/04/0113, vom 15. Dezember 2006, Zl. 2005/04/0149, und vom 30. November 2006, Zl. 2005/04/0163). Es liegt demnach in erster Linie bei der Partei, Beweismittel für das Vorliegen der beruflichen Qualifikation vorzulegen. Es wäre dem Beschwerdeführer frei gestanden, einen Nachweis über ein Fachgespräch oder eine Arbeitsprobe bei der zuständigen Fachorganisation der Wirtschaftskammer zu erbringen. Auch mit dem Vorbringen, die belangte Behörde habe die zeugenschaftliche Einvernahme bestimmter Personen sowie die Einvernahme des Beschwerdeführers nicht durchgeführt, wird mangels genauer Bezeichnung des jeweiligen Beweisthemas ein relevanter Verfahrensmangel nicht dargetan.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 25. Jänner 2011

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