Normen
ASVG §434 Abs1;
AVG §1;
AVG §18 Abs2;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
B-VG Art83 Abs2;
ASVG §434 Abs1;
AVG §1;
AVG §18 Abs2;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
B-VG Art83 Abs2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird in seinem Spruchpunkt I wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit einem von Mag. D. T. im Namen der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse durch Unterschrift (mit dem Zusatz "Meldungen und Beiträge") genehmigten Bescheid vom 16. August 2010 wurde festgestellt, dass die Erstmitbeteiligte auf Grund ihrer Tätigkeit als Dienstnehmerin für die beschwerdeführende Partei in näher bezeichneten Zeiträumen gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit a AlVG der Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung (Vollversicherung) nach dem ASVG und der Arbeitslosenversicherung nach dem AlVG unterliege. Der beschwerdeführenden Partei wurden Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von EUR 38.163,88 vorgeschrieben.
In dem gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch brachte die beschwerdeführende Partei unter anderem vor, der Bescheid sei von Mag. D. T., einem Sachbearbeiter, unterschrieben. Es hätte der Behördenleiter oder der ermächtigte Organwalter angeführt werden müssen. Ein erstinstanzlicher Bescheid liege nicht vor.
In ihrer Stellungnahme zum Einspruch vom 16. November 2010 verwies die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse betreffend die mangelnde Bescheidqualität der erstinstanzlichen Erledigung auf das hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 2001, Zl 97/08/0078, sowie auf § 16 Abs. 1 Z 4 ihrer Satzung. Mag. D. T. sei "daher jedenfalls dazu berechtigt den Bescheid zu unterzeichnen und liegt diesbezüglich kein Mangel des Bescheides vor".
Die beschwerdeführende Partei replizierte mit Schriftsatz vom 10. Juni 2011. Mit der Satzung werde nur der Personenkreis potentiell zur Genehmigung Berufener festgelegt. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse habe weder behauptet noch dargelegt, ob und wann Mag. T. konkret mündlich oder schriftlich Vollmacht erteilt worden sei. Die allgemeine Ermächtigung nach § 16 Abs. 1 der Satzung sei nicht mit einer konkreten Vollmachterteilung zu verwechseln. Es falle auf, dass die Äußerung zum Einspruch vom Direktor der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse unterschrieben worden sei.
Mit Bescheid vom 25. Oktober 2011 hat der Landeshauptmann von Burgenland den Erstbescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass sich die Pflichtversicherung auch auf § 6 Abs. 1 BMSVG stütze. Der erstinstanzliche Bescheid sei wirksam erlassen worden. Er sei mit der Bezeichnung der ausstellenden Behörde, dem Datum der Genehmigung sowie dem Namen des Genehmigenden versehen. Gemäß § 16 Abs. 1 (Z 4) der Satzung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse seien zur Unterzeichnung schriftlicher Ausfertigungen der Kasse "andere Bedienstete, die vom Direktor oder einem Abteilungsleiter für einen bestimmten Sachbereich bzw für einen bestimmten Fall ermächtigt worden sind", ermächtigt. Die Erteilung der Approbationsbefugnis innerhalb eines Organs sei grundsätzlich an keine Form gebunden. Sie könne auch mündlich erfolgen. Einem Außenstehenden müsse nicht bekannt gemacht werden, auf Grund welcher Umstände der die Erledigung Genehmigende zu dieser Genehmigung befugt gewesen sei. Aus dem Auszug einer Beschreibung der inneren Organisation und der jeweils zuständigen Mitarbeiter des Büros der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse (die sich allerdings nicht in den vorgelegten Verwaltungsakten befindet) ergebe sich die Zuständigkeit des den erstinstanzlichen Bescheid genehmigenden Sachbearbeiters.
Die beschwerdeführende Partei erhob Berufung. Ihr sei kein Auszug aus der Beschreibung der inneren Organsation und der jeweils zuständigen Mitarbeiter des Büros der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse übermittelt worden. Es werde davon ausgegangen, dass es diesbezüglich kein Aktenstück gebe. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse habe nicht vorgebracht, wann, durch wen und in welcher Form eine konkrete Ermächtigung oder Vollmacht erteilt worden sei. Sie habe insbesondere nicht behauptet, dass Mag. D. T. ermächtigt und bevollmächtigt worden sei, für sie eine schriftliche Ausfertigung zu unterzeichnen. Daher könne auch nicht von einer Ermächtigung ausgegangen werden. Auch fehle es an einem entsprechenden Hinweis, etwa durch die Wendung "i.A." (im Auftrag) oder "i.V." (in Vertretung). Der Landeshauptmann habe zur Frage der Wirksamkeit des erstinstanzlichen Bescheides nur auf die Satzung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse verwiesen. Mit einer Satzung werde aber nur der Personenkreis der möglicherweise zur Genehmigung Berufenen festgelegt.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid hat die belangte Behörde den Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland - soweit sich die Berufung gegen die Feststellung der Pflichtversicherung der erstmitbeteiligten Partei gemäß § 4 Abs 1 iVm Abs 2 ASVG wende - bestätigt (Spruchpunkt I). Soweit sich die Berufung gegen die Feststellung der Höhe der Sozialversicherungsbeiträge wende, werde sie gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkt II).
Zur Bescheidqualität der erstinstanzlichen Erledigung führte sie aus, die beschwerdeführende Partei werde "auf die treffende Stellungnahme" der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 16. November 2010 verwiesen. Ihr Vorstand sei nach § 434 Abs. 1 zweiter Satz ASVG befugt, einzelne seiner Obliegenheiten dem Obmann bzw. dem Vorsitzenden eines Landesstellenausschusses und die Besorgung bestimmter laufender Angelegenheiten dem Büro des Versicherungsträgers zu übertragen. Zur Form rechtsverbindlicher Akte bestimme § 8 Abs. 4 der Satzung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse, dass schriftliche Ausfertigungen der Kasse in allen Angelegenheiten, in denen der Vorstand die Besorgung bestimmter laufender Angelegenheiten dem Büro der Kasse übertragen habe, zu ihrer Rechtsverbindlichkeit vom leitenden Angestellten oder von einem von diesem beauftragten anderen Angestellten unterzeichnet sein müssten. Der Leiter des Büros sei wie jeder Vorstand einer monokratischen Behörde berechtigt, Befugnisse an ihm untergebene Bedienstete zu delegieren, die diese nach seinen Weisungen auszuüben hätten. Die Regelung der Approbation sei eine Angelegenheit der inneren Organisation. Die Erteilung der Approbationsbefugnis innerhalb eines Organs sei grundsätzlich an keine Form gebunden. Sie könne auch mündlich erfolgen und es müsse dem Außenstehenden auch nicht bekannt gemacht werden, auf Grund welcher Umstände der die Erledigung gemäß § 18 Abs. 4 AVG Genehmigende zu dieser Genehmigung befugt gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der nach ihrem gesamten Vorbringen nur der Spruchpunkt I, nicht jedoch Spruchpunkt II (Zurückweisung der gegen die Beitragshöhe gerichteten, gemäß § 415 ASVG unzulässigen Berufung) bekämpft wird. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse hat eine Gegenschrift erstattet. Die belangte Behörde hat ebenso wie die mitbeteiligte Unfallversicherungsanstalt auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die beschwerdeführende Partei bringt vor, dem erstinstanzlichen Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse fehle die nötige Unterschrift. In der Satzung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse sei nur der Personenkreis potentiell zur Genehmigung Berufener festgelegt worden. Es sei weder behauptet noch dargelegt worden, ob und wann Mag. T. konkret Vollmacht erteilt worden sei. Die Ermächtigung nach § 16 Abs. 1 der Satzung sei somit nicht konkretisiert worden. Eine Vollmachtserteilung sei von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse niemals behauptet oder gar nachgewiesen worden.
Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse hat in ihrer Gegenschrift auf ihr bisheriges Vorbringen verwiesen.
Die vorgelegten Verwaltungsakten enthalten keine weiteren Hinweise, aus denen die Erteilung einer Approbationsbefugnis an Mag. D. T. abgeleitet werden könnte.
Ein von einem nicht approbationsbefugten Bediensteten unterschriebener Bescheid wird der Behörde, der der Bedienstete dient, nicht zugerechnet; der Bescheid ist - anders als bei der bloßen Überschreitung einer erteilten Approbationsbefugnis - absolut nichtig (vgl. dem hg. Beschluss vom 29. Jänner 1988, Zl. 87/17/0245).
Die Regelung der Approbation ist eine Angelegenheit der inneren Organisation; die Zuständigkeit und damit das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird dadurch nicht berührt. Die Erteilung der Approbationsbefugnis innerhalb eines Organs ist grundsätzlich an keine Form gebunden, sie kann daher auch mündlich erfolgen und es muss dem Außenstehenden auch nicht bekannt gemacht werden, auf Grund welcher Umstände der die Erledigung gemäß § 18 Abs. 4 AVG Genehmigende zu dieser Genehmigung befugt war (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 4. Oktober 2001, Zl. 97/08/0078, und vom 18. März 2003, Zl. 2000/21/0173). Anders als in den Fällen, die den hg. Erkenntnissen vom 21. Juni 2000, Zl 98/08/0351, vom 18. Oktober 2000, Zl 98/08/0340, und vom 29. März 2001, Zl. 99/06/0012, zu Grunde lagen, ist im vorliegenden Fall aber strittig, dass dem Genehmigenden Mag. D. T. (irgend)eine Approbationsbefugnis (für die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse) erteilt worden ist.
Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse und ihr folgend die Behörden zweiter und dritter Instanz haben das Bestehen einer solchen Approbationsbefugnis aus § 16 Abs. 1 Z 4 der Satzung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse abzuleiten versucht, die jedoch ihrerseits die Ermächtigung zur Unterzeichnung schriftlicher Ausfertigungen der Kasse davon abhängig macht, dass die dort genannten "anderen Bediensteten" vom Direktor oder einem Abteilungsleiter dazu ermächtigt worden sind.
Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse hat kein Vorbringen zur konkreten Erteilung der besagten Ermächtigung erstattet und keine Nachweise dafür vorgelegt. Dessen ungeachtet hätte die belangte Behörde Ermittlungen vornehmen und Feststellungen über eine Approbationsbefugnis des Mag. T treffen müssen, weil anders die Erlassung eines erstinstanzlichen Bescheides und damit die Rechtmäßigkeit des zweitinstanzlichen Bescheides nicht beurteilt werden kann.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Zuerkennung von Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl II Nr 455/2008. Ein Ersatz für Eingabengebühren war wegen der sachlichen Abgabenfreiheit (vgl. § 110 ASVG) nicht zuzusprechen.
Wien, am 25. Juni 2013
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