VwGH 87/17/0245

VwGH87/17/024529.1.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Wetzel, Dr. Puck und Dr. Gruber als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hadaier, über die Beschwerden der R-Ges.m.b.H. in Wien, vertreten durch DDr. Rene Laurer Rechtsanwalt in Wien I, Wollzeile 6-8, gegen die Österreichische Nationalbank, betreffend Verletzung der Entscheidungspflicht i.A. Devisenhändlergenehmigung (hg. Zl. 87/17/0245) und devisenrechtliche Bewilligungen (Zl. 87/17/0246), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §18 Abs4;
AVG §58 Abs3;
AVG §73 Abs1;
DevG Präambel;
DevG;
NBG 1984 §21 Z4;
NBG 1984 §32;
NBG 1984 §35;
NBG 1984 §5 Abs2;
NBG 1984 §5 Abs3;
NBG 1984 §5;
NBG 1984 §7;
VwGG §27;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §36 Abs2;
VwGG §47 Abs5;
VwGG §55 Abs3;
AVG §18 Abs4;
AVG §58 Abs3;
AVG §73 Abs1;
DevG Präambel;
DevG;
NBG 1984 §21 Z4;
NBG 1984 §32;
NBG 1984 §35;
NBG 1984 §5 Abs2;
NBG 1984 §5 Abs3;
NBG 1984 §5;
NBG 1984 §7;
VwGG §27;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §36 Abs2;
VwGG §47 Abs5;
VwGG §55 Abs3;

 

Spruch:

Das Verfahren wird eingestellt.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 4.905,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren der Beschwerdeführerin sowie das Kostenersatzbegehren der belangten Behörde werden abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin stellte am 15. August 1986 an die belangte Behörde den Antrag auf Erteilung der devisenrechtlichen Bewilligung zum Verkauf und zum Ankauf von Auszahlungen in freikonvertierbaren Fremdwährungen. Mit weiterem Antrag vom 4. Dezember 1986 (bei der belangten Behörde unbestrittenermaßen eingelangt am 9. Dezember 1986) suchte sie um die Erteilung einer Devisenhändlerermächtigung an.

Mit ihren beiden je am 10. Juni 1987 hg. eingelangten Säumnisbeschwerden machte die Beschwerdeführerin die Verletzung der Entscheidungspflicht der belangten Behörde hinsichtlich dieser beiden Anträge geltend. Über diese beiden Säumnisbeschwerden wurden mit Berichterverfügung je vom 23. Juni 1987 das Vorverfahren eingeleitet. Diese Verfügungen wurden der belangten Behörde am 10. Juli 1987 zugestellt.

Bereits am 17. Juni 1987 war dem Vertreter der Beschwerdeführerin der ihre beiden Anträge vom 10. August und vom 4. Dezember 1986 abweisende Bescheid der belangten Behörde vom 9. Juni 1987 zugestellt worden.

Mit den beiden wörtlich übereinstimmenden Schriftsätzen vom 5. August 1987, hg. eingelangt am 6. August 1987, legte die belangte Behörde den erwähnten Bescheid vom 9. Juni 1987 in Kopie vor und brachte hiezu vor, die Verzögerung der Entscheidung sei ausschließlich auf ein Verschulden der Beschwerdeführerin zurückzuführen. Der Antrag vom 4. Dezember 1986 umfasse auch alle im Antrag vom 15. August 1986 enthaltenen Geschäfte, gehe jedoch über diesen Rahmen noch weit hinaus. Aus diesem Antrag habe geschlossen werden können, daß hiemit auf eine Entscheidung über den seinerzeitigen Antrag verzichtet worden sei. Was die Überschreitung der "zweiten Frist" um einige wenige Tage betreffe, so sei dazu festzustellen, daß die Beschwerdeführerin am letzten Tag der Frist mitgeteilt habe, der Devisenhändler TN. sei nun bei ihrem Unternehmen beschäftigt. Diese Behauptung, die wesentlich für die Sachentscheidung gewesen sei, habe durch die belangte Behörde nochmals überprüft werden müssen und habe sich als unrichtig herausgestellt. Durch dieses Vorbringen am letzten Tag der Entscheidungsfrist sei die Verzögerung zustandegekommen. Es erscheine verwunderlich, daß am 9. Juni 1987 bei der belangten Behörde ein Vorbringen erstattet werde, das noch zu überprüfen sei, und bereits am nächsten Tag, dem 10. Juni 1987, Säumnisbeschwerde eingebracht werde. Es werde daher beantragt, gemäß § 55 Abs. 3 VwGG der Beschwerdeführerin keinen Aufwandersatz zuzuerkennen, sondern vielmehr einen solchen der belangten Behörde zuzusprechen.

In den hiezu erstatteten Äußerungen je vom 17. September 1987 brachte die Beschwerdeführerin vor, das ihr am 17. Juni 1987 zugestellte Schriftstück weise keinen Bescheidcharakter auf. Dieses Schriftstück sei von zwei Personen namens Mag. K und Dr. L unterschrieben, die jedoch nicht dem Direktorium der Oesterreichischen Nationalbank angehörten und daher nicht zu ihrer Vertretung befugt seien. Zu den oben wiedergegebenen Ausführungen der belangten Behörde in ihren Schriftsätzen vom 5. August 1987 erstattete die Beschwerdeführerin kein Vorbringen.

In ihren auftragsgemäß erstatteten Gegenäußerungen vom 6. November 1987 legte die belangte Behörde je eine Kopie der von Generaldirektor Dr. M und Direktor O am 1. Juni 1987 unterfertigten und in den Geschäftsräumen angeschlagenen Bekanntmachung vor. Danach sind unter anderem Vorstand-Stellvertreter Mag. RK und Dr. HL gemeinsam für die Oesterreichische Nationalbank, Prüfungsstelle für den Zahlungsverkehr mit dem Auslande, zeichnungsberechtigt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerden zur Zl. 87/17/0245 und Zl. 87/17/0246 zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und hierüber erwogen:

Zur Frage der Zulässigkeit von Säumnisbeschwerden bei Verletzung der Entscheidungspflicht durch die Oesterreichische Nationalbank wird gemäß § 43 Abs. 2 und 8 VwGG auf den hg. Beschluß vom 18. April 1986, Zl. 85/17/0162, verwiesen.

Daß im Antrag vom 4. Dezember 1986 kein Verzicht auf die Entscheidung über den Antrag vom 15. August 1986 zu erblicken ist, wie die belangte Behörde meint, wird weiter unten noch näher begründet werden.

Wird im Falle einer Säumnisbeschwerde der versäumte Bescheid nach Einbringung der Beschwerde, aber vor Einleitung des Vorverfahrens zugestellt, dann ist das Verfahren nicht nach § 36 Abs. 2 letzter Satz, sondern nach § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen (vgl. die Beschlüsse vom 10. Juli 1985, Zl. 85/17/0067, und vom 19. Februar 1987, Zl. 86/16/0248, sowie die dort jeweils angeführte weitere Rechtsprechung).

Die Beschwerdeführerin bestreitet den Bescheidcharakter der ihr zugegangenen Erledigung, dies jedoch zu Unrecht.

Nach der Präambel des Devisengesetzes 1946, BGBl. Nr. 162, idgF wird zur Durchführung dieses Gesetzes die Oesterreichische Nationalbank, die satzungsgemäß für die Aufrechterhaltung und Sicherung der Währung zu sorgen hat, als Beauftragte des Bundes herangezogen. Ihr kommt daher, soweit sie mit der Durchführung des Devisengesetzes betraut ist, Behördencharakter zu (sogenanntes "beliehenes Unternehmen"; vgl. VfSlg. 1946/1950, 5729/1968, sowie Erkenntnis vom 1. März 1980, B 639/78-18; weiters Walter-Mayer, Grundriß des Besonderen Verwaltungsrechts2, Seite 368; Öhlinger, Verfassungsrechtliche Probleme der Nationalbank, in FS Wenger Seite 683; Koja, Die Erfüllung hoheitlicher Verwaltungsaufgaben durch Private, in: Allgemeines Verwaltungsrecht, herausgegeben von Felix Ermacora u.a., Seite 443: Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht, Seite 369; kritisch Puck in: Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Privatrechtssubjekte, Seite 34 ff).

Gemäß § 7 Abs. 1 des Nationalbankgesetzes 1984, BGBl. Nr. 50/1984 (NBG) ist, soweit die Oesterreichische Nationalbank mit Aufgaben der Vollziehung in Angelegenheiten des Geld-, Kredit- und Bankwesens betraut ist, das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz anzuwenden. Gemäß § 58 Abs. 3 AVG 1950 gelten auch für Bescheide die Vorschriften des § 18 Abs. 4 leg. cit. Nach dem ersten Satz dieser Gesetzesstelle müssen alle schriftlichen Ausfertigungen die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum und mit der unter leserlicher Beifügung des Namens abgegebenen Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung

genehmigt hat .... Das Fehlen der ordnungsgemäßen Unterfertigung

ist hiebei als wesentlicher Fehler anzusehen, der zur absoluten Nichtigkeit eines (erlassenen) "Bescheides" führt (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts4, Seite 160).

Gemäß § 32 Abs. 1 NBG leitet das Direktorium den gesamten Dienstbetrieb und führt die Geschäfte der Bank nach diesem Bundesgesetz und den vom Generalrat aufgestellten Richtlinien. Es trifft in allen Angelegenheiten des Betriebes und der Geschäftsführung, die nicht der Beschlußfassung des Generalrates vorbehalten sind (§ 21), selbständig die Entscheidung. Nach Abs. 4 dieser Gesetzesstelle vertritt das Direktorium die Bank gerichtlich und außergerichtlich.

Gemäß § 35 Abs. 1 leg. cit. werden die Geschäfte des Direktoriums in einzelne Geschäftszweige geteilt, an deren Spitze je ein Direktor steht. Den einzelnen Direktoren obliegt nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle die selbständige Behandlung und Erledigung jener Geschäfte, deren Führung ihnen durch die Geschäftsordnung für das Direktorium, durch Beschluß des Direktoriums oder durch Verfügung des Generaldirektors übertragen worden ist. Soweit die Oesterreichische Nationalbank behördliche Aufgaben zu erfüllen hat, ist sie sohin nach dem Ressort- (Ministerial)System organisiert, wobei das einzelne Mitglied des Direktoriums als monokratisches Organ anzusehen ist. Wie jeder Vorstand einer monokratischen Verwaltungsbehörde ist daher auch der einzelne Direktor berechtigt, Befugnisse an ihm untergebene Bedienstete zu delegieren, die sie nach seinen allgemeinen oder besonderen Weisungen auszuüben haben. Es ist daher auch zulässig, daß die Approbationsbefugnis intern geregelt wird und daß Bescheide der Oesterreichischen Nationalbank im Auftrag eines Direktors von anderen Bediensteten erlassen werden; nach außen hin wird damit immer der Wille des Behördenchefs bekundet (vgl. VfSlg. 6717/1972, 10.338/1985, Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Dezember 1948, Slg. Nr. 628/A, vom 27. Juni 1953, Slg. Nr. 3050/A, und vom 13. Juni 1972, Zl. 194/72).

Im Beschwerdefall ist daher entscheidend, ob Mag. K und Dr. L zur Unterfertigung des vorliegenden Bescheides vom 9. Juni 1987 ermächtigt waren. Handelt nämlich eine Person, die nicht zur Bescheiderlassung - zumindest abstrakt - ermächtigt ist, für die Behörde Bescheide zu erlassen, sind solche Akte als Bescheide absolut nichtig. Der von einem solcherart nichtapprobationsbefugten Bediensteten unterschriebene Bescheid wird der Behörde, der der Bedienstete dient, nicht zugerechnet. Besitzt hingegen ein Organwalter Approbationsbefugnis für einen bestimmten Bereich, so ist bei einer Überschreitung ein entsprechend gefertigtes Schriftstück jedenfalls der Behörde zuzurechnen, der der approbationsbefugte Organwalter zuzuzählen ist, gleichgültig für welchen Kompetenzbereich die Approbationsbefugnis ursprünglich erteilt wurde (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes4, Seite 160; W. Pichler, Die Approbationsbefugnis als Problem der Verwaltungsreform, in ZfV 1978, Seite 12).

Die Zeichnungsbefugnis für die Vertreter der Oesterreichischen Nationalbank ist im § 5 NBG geregelt. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:

"§ 5. (1) Die Banknoten und die Aktien der Oesterreichischen Nationalbank werden so gezeichnet, daß dem Firmenwortlaut 'Oesterreichische Nationalbank' der Präsident, ein Generalrat und der Generaldirektor ihre Unterschrift beifügen. Falls der Präsident oder der Generaldirektor verhindert sind, zeichnen ihre Stellvertreter.

(2) In folgenden Fällen wird die Firma der Bank vom Präsidenten und einem weiteren Mitglied des Generalrates gezeichnet:

  1. 1. Stellungnahme zu Gesetzentwürfen (§ 21 Z 1);
  2. 2. Verlautbarungen betreffend die Festsetzung des Zinsfußes im Eskont- und Darlehensgeschäft (§ 21 Z 2);
  3. 3. Mindestreserve-Kundmachungen (§ 21 Z 4);
  4. 4. Verlautbarungen im Zusammenhang mit der Ausgabe oder Einziehung von Banknoten (§ 21 Z 9);

    5. Ernennung, Pensionierung, Kündigung oder Entlassung der in § 21 Z 14 genannten Funktionäre.

(3) In allen übrigen Fällen wird die Firma der Bank mit dem Zusatz 'Direktorium' von zwei Mitgliedern des Direktoriums gezeichnet. Durch diese Firmenzeichnung wird die Bank auch dann verpflichtet, wenn die Gesetze eine Spezialvollmacht erfordern.

(4) Das Direktorium bestimmt, in welchen Fällen und in welcher Form Firmierungen für die Bankanstalten und Geschäftsabteilungen eine Verpflichtung der Bank begründen und macht dies durch öffentlichen Anschlag in den Geschäftsräumen der Bank bekannt.

..."

Diese Vorschriften stellen gewiß zunächst auf die Zeichnung der Bank im privatrechtlichen Bereich ab. Gemäß § 17 HGB ist nämlich die Firma eines Kaufmanns der Name, unter dem er im Handel seine Geschäfte betreibt und die Unterschrift abgibt. In ähnlicher Weise bestimmte schon Art. 2 der Satzungen der Oesterreichischen Nationalbank, BGBl. Nr. 823/1922 (diese Bestimmungen sollten nach den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage betreffend das Nationalbankgesetz 1955, 602 BlNr. VII. GP., Seite 15, durch dieses Gesetz im wesentlichen übernommen werden):

"Die Bank betreibt ihr Geschäft unter der Firma 'Oesterreichische Nationalbank' ...."

Daß das Wort "Firma" im § 5 NBG jedoch nicht nur im engen handelsrechtlichen Sinn aufzufassen ist, geht schon aus Abs. 1 dieser Gesetzesstelle hervor, wo vom "Firmenwortlaut" im Zusammenhang mit den Banknoten und Aktien der Oesterreichischen Nationalbank die Rede ist. Weiters enthält Abs. 2 des § 5 NBG idF BGBl. Nr. 47/1981 unter anderem die Bestimmungen über die Zeichnung von Mindestreserve-Kundmachungen (§ 21 Z. 4 leg. cit.), die als Verordnungen zu qualifizieren sind (vgl. Krottenmüller, Die Oesterreichische Nationalbank, S. 108).

Was nun die Erlassung von Bescheiden anlangt, ist zu bedenken, daß es in der Natur der Betrauung eines Unternehmens mit behördlichen Aufgaben ("beliehenes Unternehmen") liegt, sich der Organisationsformen dieses Unternehmens, mögen diese auch zunächst nur für den privatrechtlichen Bereich Gültigkeit haben, auch für den öffentlich-rechtlichen Bereich zu bedienen. Aus den im § 5 Abs. 3 NBG verwendeten Worten "... in welchen Fällen und welcher

Form Firmierungen ... eine Verpflichtung der Bank

begründen", kann daher nicht etwa einschränkend gefolgert werden, daß sich diese Regelung nur auf den privatrechtlichen Bereich beziehe. Es kommt daher auch nicht darauf an, daß - wie die belangte Behörde in ihrer Äußerung vom 6. November 1987 meint - durch die Erlassung eines Bescheides eine "öffentlich-rechtliche Verpflichtung" der Bank entstünde.

Da kein Grund zur Annahme besteht, daß die Behauptung der belangten Behörde, die Bekanntmachung vom 1. Juni 1987 sei in den Geschäftsräumen angeschlagen worden, unrichtig ist, ist damit die Zeichnungsberechtigung des Mag. RK und des Dr. HL für die Oesterreichische Nationalbank hinreichend dargetan.

Dem Schriftstück vom 9. Juni 1987 kommt daher entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin Bescheidcharakter zu, weshalb das Verfahren über die beiden vorliegenden Säumnisbeschwerden im Sinne obiger Ausführungen gemäß § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen war.

Der Ausspruch über die Kosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auch auf § 55 Abs. 1 und 3 leg. cit. in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243. Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich der Auffassung der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin habe durch ihren Antrag vom 4. Dezember 1986 auf eine Entscheidung über den seinerzeitigen Antrag vom 15. August 1986 verzichtet, nicht anzuschließen. Einen solchen Verzicht auf das Recht auf Sachentscheidung über den ursprünglichen Antrag hat der Verwaltungsgerichtshof nur dann angenommen, wenn dieser ursprüngliche Antrag eingeschränkt (Erkenntnis vom 23. Jänner 1951, Slg. Nr. 1889/A) oder abgeändert (Erkenntnis vom 26. April 1972, Slg. Nr. 8222/A) wurde. Im vorliegenden Fall handelte es sich jedoch nach dem eigenen Vorbringen der belangten Behörde um eine Erweiterung des ursprünglichen Antrages die belangte Behörde ausschließlich auf Grund eines Verschuldens der Beschwerdeführerin nicht imstande gewesen wäre, über diesen ersten Antrag innerhalb der Sechsmonatsfrist des § 27 VwGG zu entscheiden, hat sie nicht behauptet.

Hingegen geht aus dem von der Beschwerdeführerin unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der belangten Behörde, wonach die Beschwerdeführerin am letzten Tag der Sechsmonatsfrist -

nämlich am 9. Juni 1987 - ein ergänzendes, überprüfungsbedürftiges Vorbringen erstattete, mit hinreichender Deutlichkeit hervor, daß die Verzögerung in der Entscheidung über den Antrag vom 4. Dezember 1986 ausschließlich auf das Verschulden der Beschwerdeführerin zurückzuführen war. Ihr gebührte daher lediglich der Aufwandersatz für die zu Zl. 87/17/0246 eingebrachte Säumnisbeschwerde, während das Mehrbegehren (Aufwandersatz zu Zl. 87/17/0245) abzuweisen war. Stempelgebühren waren nur im gesetzlichen Ausmaß zuzusprechen. Zum Aufwandersatz war der Bund zu verpflichten (vgl. auch hiezu den hg. Beschluß vom 18. April 1986, Zl. 85/17/0162, mwN).

Aber auch der belangten Behörde konnte Aufwandersatz nicht zugesprochen werden. Gemäß § 55 Abs. 3 ist Abs. 1 dieser Gesetzesstelle unter den dort genannten Voraussetzungen nicht anzuwenden, d.h., daß dem Beschwerdeführer in diesem Fall kein Aufwandersatz zusteht. Das Verlangen der belangten Behörde, in einem so gelagerten Fall umgekehrt ihr Aufwandersatz zuzusprechen, ist hingegen im Gesetz nicht begründet. Ihr gebührt vielmehr Aufwandersatz gemäß § 47 Abs. 2 Z. 2 VwGG lediglich im Falle der Abweisung der Beschwerde; ansonsten gilt auch hiefür § 58 leg. cit., wonach, soweit die §§ 47 bis 56 nicht anderes bestimmen, jede Partei den ihr im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erwachsenden Aufwand selbst zu tragen hat.

Wien, am 29. Jänner 1988

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