Normen
AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §56;
AMSG 1994 §16;
AMSG 1994 §17;
AMSG 1994 §24;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
AVG §58 Abs3;
AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §56;
AMSG 1994 §16;
AMSG 1994 §17;
AMSG 1994 §24;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
AVG §58 Abs3;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Am 27. Mai 1998 nahm die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Korneuburg mit der in Hagenbrunn wohnhaften, im Bezug der Notstandshilfe stehenden Beschwerdeführerin eine Niederschrift über das Nichtzustandekommen einer ihr am 17. April 1998 zugewiesenen Beschäftigung als Küchengehilfin beim Dienstgeber E. in 1220 Wien mit dem vorgesehenen Arbeitsantritt am 4. Mai 1998 auf.
Die Beschwerdeführerin gab an, die Mitarbeiterin des zugewiesenen Dienstgebers, mit der sie eine telefonische Terminvereinbarung habe treffen sollen, habe ihr im Telefongespräch am 24. April 1998 gesagt, sie würde für die Fahrt zu viel Benzin verbrauchen, weil die Firma (gemeint: vom Wohnort der Beschwerdeführerin) zu weit weg sei. So viel würde die Beschwerdeführerin bei der Firma dann gar nicht verdienen.
Mit Bescheid vom 9. Juni 1998 sprach die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Korneuburg aus, die Beschwerdeführerin habe den Anspruch auf Notstandshilfe für den Zeitraum vom 4. Mai 1998 bis zum 14. Juni 1998 verloren und eine Nachsicht werde nicht erteilt. Diese Entscheidung gründete sich auf folgenden als erwiesen angenommenen Sachverhalt:
"Sie haben die vom Arbeitsmarktservice zugewiesene zumutbare Beschäftigung bei der Fa. E. aus Ihrem Verschulden nicht aufgenommen. Berücksichtigungswürdige Umstände für eine Nachsicht liegen nicht vor."
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin mit einem am 23. Juni 1998 überreichten Schreiben folgende Berufung (Hervorhebung im Original):
"Sie sperren mir das Geld mit dem Vermerk, ich hätte die Arbeit verweigert. Das stimmt nicht! Ich hatte auf den Zettel draufgeschrieben, dass die Dame gesagt hat, ich brauche nicht zu kommen, denn da verfahre ich mehr Benzin als ich verdiene, also - warum soll ich dann noch hinfahren, nur wegen dem Stempel - SCHWACHSINN. Da ich privat auch sehr viel herumschaue, kann es schon mal passieren, dass ich einen Termin nicht am Tag genau einhalten kann. Mit der Hoffnung auf Ihre Einsicht und Ihr Verständnis ..."
Am 25. Juni 1998 wurde bei der Behörde erster Instanz ein Aktenmerk über ein Telefonat mit der Mitarbeiterin der Firma E., die das Telefonat am 24. April 1998 geführt hatte, angelegt. Danach frage diese immer nur, ob ein Arbeitsbeginn um 7 Uhr möglich sei. Wie hoch der Benzinverbrauch sei, sei ihr egal, man müsse nur pünktlich zur Arbeit kommen.
Dieser Aktenvermerk wurde der Beschwerdeführerin am 8. Juli 1998 zur Kenntnis gebracht. Sie gab dazu niederschriftlich an, die Angaben der Firma seien nicht richtig ("Das schwöre ich beim Leben meines Sohnes"), und verwies zum Ablauf des Gespräches auf die Darstellung in der Berufung.
In einem an die belangte Behörde gerichteten Schreiben vom 28. Juli 1998 bekräftigte die Mitarbeiterin der Firma E., die das Telefonat mit der Beschwerdeführerin geführt hatte, dass sie sicher nicht gesagt habe, die Beschwerdeführerin brauche sich nicht vorzustellen. Bei der Firma seien auch Kollegen aus dem Burgenland tätig, die täglich zur Arbeit nach Wien führen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Nach einer Darstellung des Inhalts anzuwendender Rechtsvorschriften und des Verfahrensganges führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin sei alleinstehend und zuletzt 1995 in einem längeren Beschäftigungsverhältnis gestanden. Sie wohne in Hagenbrunn und habe einen Pkw zu ihrer Verfügung. Am 17. April 1998 sei ihr eine Beschäftigung als Küchengehilfin bei der Firma E. in Wien bei zumindest kollektivvertraglicher Entlohnung angeboten worden. Nach Ansicht der belangten Behörde entspreche es nicht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass ein Dienstgeber von einem Vorstellungsgespräch absehe, weil die Benzinkosten zu hoch sein könnten. Den Behauptungen der Beschwerdeführerin, denen die gegenteilige Darstellung der Mitarbeiterin der Firma E., mit der die Beschwerdeführerin das Telefongespräch geführt habe, entgegenstehe, könne daher nicht gefolgt werden. Durch die Nichtvereinbarung eines persönlichen Vorstellungsgespräches habe die Beschwerdeführerin das Zustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses vereitelt. Ein "weiteres Indiz für die mangelnde Arbeitswilligkeit" der Beschwerdeführerin sei auch der Umstand, dass sie mit einem zweiten ihr ebenfalls am 17. April 1998 zugewiesenen Dienstgeber erst am 28. April 1998 telefonisch Kontakt aufgenommen habe, als diese Stelle schon besetzt gewesen sei. Berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht lägen nicht vor.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Zu der - vom Berichter im Vorverfahren relevierten - Frage der für die Fertigung des Bescheides gewählten Form kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das Erkenntnis vom 21. Juni 2000, Zl. 98/08/0351, verwiesen werden. Das Fehlen des - wünschenswerten - Hinweises auf die Ermächtigung durch den Landesgeschäftsführer belastet den angefochtenen Bescheid danach nicht mit einer zu seiner Aufhebung führenden Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 9 Abs. 1 AlVG ist arbeitswillig, wer (unter anderem) bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte zumutbare Beschäftigung anzunehmen.
Nach § 10 Abs. 1 AlVG verliert ein Arbeitsloser, der sich weigert, eine ihm von der regionalen Geschäftsstelle zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, für die Dauer der Weigerung, jedenfalls aber für die Dauer der auf die Weigerung folgenden sechs (unter näher umschriebenen Voraussetzungen: acht) Wochen den Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Diese Bestimmungen sind Ausdruck der dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zugrunde liegenden Gesetzeszwecke, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung einer ihm zumutbaren Beschäftigung in den Arbeitsmarkt einzugliedern und ihn so wieder in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich daher darauf einstellen, eine ihm angebotene, zumutbare Beschäftigung auch anzunehmen, d.h. bezogen auf eben diesen Arbeitsplatz arbeitswillig zu sein (vgl. in diesem Sinn schon das Erkenntnis vom 16. Oktober 1990, Zl. 89/08/0141, Slg. Nr. 13.286/A, und die dort angeführte Vorjudikatur).
Um sich in Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte, zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten, unverzüglich zu entfaltenden aktiven Handelns des Arbeitslosen und andererseits auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines die Arbeitslosigkeit beendenden zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen - abgesehen vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen - somit auf zwei Wegen verschuldet, die Annahme der Beschäftigung also auf zwei Wegen vereitelt werden: Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (etwa durch Unterlassen der Vereinbarung eines Vorstellungstermines oder Nichtantritt der Arbeit), oder dadurch, dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichte macht (so - ausgehend von dem hg. Erkenntnis vom 24. November 1992, Zl. 92/08/0132 - etwa das Erkenntnis vom 27. April 1993, Zl. 92/08/0219, und zahlreiche weitere Erkenntnisse).
Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Vermittelten im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG als Vereitelung zu qualifizieren ist, kommt es zunächst darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Ist die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vermittelten und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob der Vermittelte vorsätzlich gehandelt hat, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt. Ein bloß fahrlässiges Handeln, also die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, reicht zur Verwirklichung des Tatbestandes nicht hin (vgl. dazu schon die Erkenntnisse vom 20. Oktober 1992, Zl. 92/08/0042, Slg.
Nr. 13.722/A, und vom 5. September 1995, Zl. 94/08/0050).
§§ 9 und 10 AlVG sind gemäß § 38 AlVG auf die Notstandshilfe
sinngemäß anzuwenden.
Vor diesem rechtlichen Hintergrund kommt es im vorliegenden
Fall nur darauf an, ob die Behauptung der Beschwerdeführerin, ihr sei am Telefon gesagt worden, sie brauche sich wegen ihres zu erwartenden Benzinverbrauches nicht vorzustellen, der Wahrheit entspricht. Die belangte Behörde ist unter Hinweis auf die allgemeine Lebenserfahrung der gegenteiligen Darstellung der Mitarbeiterin der Firma E., mit der die Beschwerdeführerin das Telefongespräch geführt hatte, gefolgt.
Die Beweiswürdigung der Behörde unterliegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur hinsichtlich ihrer Schlüssigkeit bzw. ihrer Übereinstimmung mit den Denkgesetzen und allgemeinem menschlichem Erfahrungsgut der nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof (vgl. dazu im Einzelnen die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, 684 ff, angeführten Entscheidungen). Im vorliegenden Fall genügt die Beweiswürdigung der belangten Behörde diesen Anforderungen.
In der Beschwerde wird auch nicht versucht, Gegenteiliges darzutun. Geltend gemacht wird vielmehr unter dem Gesichtspunkt der behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, die Annahme des Arbeitsplatzes bei der Firma E. wäre für die Beschwerdeführerin "in keiner Weise nach ökonomischen Gesichtspunkten zu vertreten gewesen". Dies bestätigt indirekt die Beweiswürdigung der belangten Behörde, in der davon ausgegangen wird, die Beschwerdeführerin habe die Beschäftigung nicht annehmen wollen, und ist der Sache nach als Bestreitung der Zuweisungstauglichkeit der (nicht am Wohnort der Beschwerdeführerin gelegenen) Beschäftigung aufzufassen, wobei die in der Beschwerde formulierte Schlussfolgerung, eine objektive Betrachtung des Sachverhaltes dürfe nicht dazu führen, dass die vorliegende Situation nicht als Arbeitsunwilligkeit gedeutet werde, wohl im gegenteiligen Sinn gemeint sein muss.
In Bezug auf die - der Sache nach - behauptete Unzumutbarkeit der zugewiesenen Beschäftigung unter dem Gesichtspunkt des die Zumutbarkeit von Beschäftigungen außerhalb des Wohn- oder Aufenthaltsortes des Arbeitslosen regelnden § 9 Abs. 3 AlVG wird in der Beschwerde aber nur vorgetragen, der angebotene Arbeitsplatz habe "eine beträchtliche Entfernung" zum Wohnort der Beschwerdeführerin aufgewiesen. Dass im Sinne der genannten Gesetzesstelle keine tägliche Rückkehr an den Wohnort der Beschwerdeführerin möglich gewesen wäre, wird damit nicht dargetan, weshalb es auch nicht mehr darauf ankommt, dass einem erst in der Beschwerde unternommenen Versuch, anstelle des bisher bloß behaupteten Verlaufes des Telefongespräches am 24. April 1998 ein näheres Vorbringen über konkrete Gründe für eine objektive Unzumutbarkeit der zugewiesenen Beschäftigung zu erstatten, das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 41 Abs. 1 VwGG geltende Neuerungsverbot entgegenstünde.
Zu den in der Beschwerde noch enthaltenen Ausführungen über das Nichtzustandekommen der zweiten der Beschwerdeführerin am 17. April 1998 zugewiesenen Beschäftigung ist darauf hinzuweisen, dass dies - wie in der Gegenschrift zutreffend dargelegt wird - nicht der Grund für den im Verwaltungsverfahren ausgesprochenen befristeten Ausschluss vom Bezug der Leistung war, sondern nur in der Form eines Hilfsargumentes als "weiteres Indiz" für die mangelnde Arbeitswilligkeit der Beschwerdeführerin herangezogen wurde.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 18. Oktober 2000
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