Normen
ALSAG 1989 §10 idF 1996/201;
ALSAG 1989 §10;
AVG §13 Abs3 impl;
AVG §13 Abs3;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §52 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 12. März 2009 begehrte die beschwerdeführende Partei unter Bezugnahme auf § 10 Abs. 1 Z. 1 und 3 des Altlastensanierungsgesetzes (AlSAG) festzustellen,
"a) ob der abzutragende Humus Abfall im Sinne des § 2 Abs. 4 AlSAG iVm § 2 Abs. 1-3 AWG 2002 darstellt,
b) ob der für die Geländeanpassung verwendete Bodenaushub zum Zeitpunkt der Verfüllung des Grundstückes Nr. 356 KG O Nr. 68244 Abfall im Sinne des § 2 Abs. 4 AlSAG iVm § 2 Abs. 1-3 AWG 2002 darstellen wird
c) ob für die von der Antragstellerin verwendeten Stoffe (Humus, Bodenaushub) keine Entledigungsabsicht und auch keine Entledigungsverpflichtung bestanden hat und die eingesetzten Materialien daher nicht als Abfall im Sinne des AWG und des AlSAG zu werten sind
in eventu
d) ob diese Bodenverbesserung und Geländeanpassung zulässigerweise durchgeführt wird und damit dem Ausnahmetatbestand des § 3 Abs. 1a Z. 4 AlSAG unterliegt."
Einleitend führte die beschwerdeführende Partei in ihrem Antrag begründend aus, dass sie von näher bezeichneten Grundstücken der Firma S., die seit jeher Wiese seien, den dort bestehenden Humus abtragen und in jenen Bereichen das Bodenaushubmaterial ausheben werde, in denen Fundamente für die neue Betriebsstätte der Firma S. errichtet würden. Die Humusschicht dieser Fläche betrage etwa 1 m. Der Abtrag werde durchgeführt, weil die Firma S. auf Teilen dieser Grundstücke ein neues "Schneidewerk" errichte. Dieses Material werde sodann im Auftrag des Grundstückseigentümers des Grst. Nr. 356 KG O. von der beschwerdeführenden Partei auf dieses Grundstück verbracht und dort aufgebracht. Grund dafür sei, dass der bestehende Acker zum einen eine starke Inklination aufweise und zum anderen der Boden von minderer Qualität und sehr steinig sei. Damit könne dieser derzeit nur eingeschränkt als landwirtschaftliche Nutzfläche verwendet werden. Der auf den Grundstücken der Firma S. abzutragende Humus sei in seiner Bodengüte "ungleich besser" als das auf diesem Acker befindliche Bodenmaterial, auf dem die Geländekorrektur durchgeführt werden solle.
Das Grst. Nr. 356 KG. O. sei als landwirtschaftliche Nutzfläche im Flächenwidmungsplan ausgewiesen und befinde sich im Freiland. Es liege weder in einem Wasserschutzgebiet noch in einem Naturschutzgebiet. Die Maßnahme zur Bodenverbesserung unterliege keiner gesonderten Genehmigungsverpflichtung. Sie werde daher im Sinne des AlSAG "erlaubterweise" durchgeführt. Die beschwerdeführende Partei werde den Bodenaushub beproben und die Arbeiten fotodokumentarisch festhalten.
Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft W (BH) vom 11. November 2009 wurde die beschwerdeführende Partei aufgefordert, bis längstens 4. Dezember 2009 fehlende Unterlagen dem Antrag anzuschließen. Ansonsten würde die BH das Ansuchen zurückweisen. Folgende Unterlagen und Informationen sollten vorgelegt werden:
- In Bezug auf die zulässige Verwendung bzw. Eignung des Materials ist die Einhaltung der Qualitätskriterien des Bundesabfallwirtschaftsplanes 2006 vor Beginn der Aushubtätigkeit nachzuweisen.
- Eine Angabe darüber, wann die Maßnahme durchgeführt wurde oder wird (maßgeblich für die anzuwendende Rechtslage, siehe VwGH 20.03.2003, Zl. 2001/07/0110).
- Vorlage von fachkundig durchgeführten Untersuchungen des für die Verwertung vorgesehenen Materials unter Berücksichtigung der Vorgaben des Bundesabfallwirtschaftsplanes 2006 (Fremduntersuchung!).
- Aussage eines Fachkundigen für den Bereich Boden und Landwirtschaft, in dem die tatsächliche Verbesserung der landwirtschaftlichen Nutzfläche bzw. der Zweck der Verwertungsmaßnahme nachgewiesen wird.
- Sämtliche Nachweise über die Zusammensetzung des Materials.
- Angaben, wem das Grundstück Nr. 356 der KG O. gehört, auf welchem das Material aufgebracht wurde (Nachweis der Grundstücksverhältnisse)."
Mit Stellungnahme vom 25. November 2009 erstattete die beschwerdeführende Partei ein Vorbringen, das sich im Wesentlichen auf die mangelnde Normativität des Bundesabfallwirtschaftsplanes sowie Qualitäten des gegenständlichen Materials beschränkte. Während keine Aussage zu den Eigentumsverhältnissen an der Liegenschaft Grst. Nr. 356 KG O. gemacht wurde, wurde zum Zeitpunkt der Vornahme der Maßnahmen ausgeführt, dass diese nach dem 1. Jänner 2006 durchgeführt worden seien.
Zusammen mit dieser Stellungnahme legte die beschwerdeführende Partei eine Fotodokumentation und Prüfberichte für jene Materialien vor, die auf dem Acker Grst. Nr. 356 KG O. für Rekultivierungs- und Geländeanpassungsmaßnahmen verwendet worden seien.
Mit Bescheid der BH vom 10. Dezember 2009 wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei vom 12. März 2009 auf Erlassung eines Feststellungsbescheides gemäß § 10 Abs. 1 AlSAG nach § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen.
Begründend führte die BH aus, dass innerhalb der mit ihrem Schreiben vom 11. November 2009 gesetzten Frist die Mängel nicht behoben worden seien. Im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG sei daher der Antrag der beschwerdeführenden Partei vom 12. März 2009 zurückzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Berufung an die belangte Behörde.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 3. August 2010 wurde diese Berufung als unbegründet abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe von § 13 Abs. 3 und § 66 Abs. 4 AVG aus, dass in der Stellungnahme der beschwerdeführenden Partei vom 25. November 2009 zur Frage, wann die Maßnahme durchgeführt worden sei oder werde, lapidar angegeben werde, dass die Maßnahmen nach dem 1. Jänner 2006 durchgeführt worden seien. Eine Konkretisierung sei hingegen unterblieben. Die Beantwortung dieser Frage sei jedoch entscheidend für die Feststellung der maßgebenden Rechtslage durch die Behörde. Es ergebe sich aus dem Anbringen nicht, ob die Maßnahme bereits durchgeführt worden sei oder erst in Zukunft durchgeführt werden solle. Lediglich aus dem Schreiben zum Verbesserungsauftrag ergebe sich, dass die Maßnahme offenbar bereits durchgeführt worden sei.
Ebenso wenig seien fachkundig durchgeführte Fremduntersuchungen des gegenständlichen Materials vorgelegt worden. Bei den vorgelegten Prüfberichten handle es sich um Bodenproben, welche von der beschwerdeführenden Partei der Prüfanstalt per Post zugestellt worden seien. Es handle sich damit um Bodenproben, für welche die Herkunft nur von der beschwerdeführenden Partei, nicht jedoch von der Prüfanstalt bestätigt werden könne. Eine eindeutige Zuordnung zu einem Grundstück sei nicht möglich gewesen. Es liege somit keine Fremduntersuchung im Sinne einschlägiger ÖNORMEN (vgl. etwa die ÖNORM S 2121) oder der Deponieverordnung 2008 vor.
Nicht vorgelegt worden seien weiters Aussagen von Fachkundigen für den Bereich Boden und Landwirtschaft, in denen die tatsächliche Verbesserung der landwirtschaftlichen Nutzfläche bzw. der Zweck der Verwertungsmaßnahmen nachgewiesen worden sei. Dies gelte auch für Nachweise über die Zusammensetzung des Materials, welches über die genannten Beprobungen hinausginge. Damit hätte nämlich nachgewiesen werden können, ob es durch den aufgebrachten Bodenaushub zu einer Bodenverbesserung gekommen sei bzw. kommen werde und ob die Aufbringung nur in Entledigungsabsicht erfolgt sei oder erfolgen solle.
Auch seien Nachweise der "Grundstücksverhältnisse" am Grst. Nr. 356, KG. O. - etwa ein aktueller Grundbuchsauszug - zur allfälligen Einvernahme des Grundstückseigentümers zu den Motiven einer beabsichtigten oder erfolgten Geländeveränderung nicht vorgelegt worden.
Mit den fehlenden Unterlagen hätte die Behörde auf die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Geländeveränderung bzw. der Entledigungsabsicht oder die Absicht, die landwirtschaftliche Nutzung zu verbessern, schließen können.
Trotz fehlender ausführlicher Begründung des in Berufung gezogenen Bescheides sei auf Grund der Nichtvorlage der für die Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes notwendigen Unterlagen der Antrag zurückzuweisen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Stellungnahme, mit welcher sie ebenfalls die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrte.
Zur Gegenschrift der belangten Behörde erstattete die beschwerdeführende Partei eine Replik.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde hat die von ihr vorgenommene Antragszurückweisung auf § 13 Abs. 3 AVG gestützt. Danach ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung, sondern sie hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Ob ein Mangel des Anbringens vorliegt, der im Falle seiner Nichtverbesserung die Zurückweisung des Anbringens rechtfertigt, ist in erster Linie nach den in Betracht kommenden Verwaltungsvorschriften zu beurteilen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. Jänner 1997, Zl. 96/07/0184, und vom 25. Juni 2009, Zl. 2007/07/0032).
Gemäß § 10 Abs. 1 AlSAG hat die Behörde (§ 21) in begründeten Zweifelsfällen auf Antrag des in Betracht kommenden Beitragschuldners oder des Bundes, vertreten durch das Zollamt, durch Bescheid festzustellen,
- 1. ob eine Sache Abfall ist,
- 2. ob ein Abfall dem Altlastenbeitrag unterliegt,
- 3. ob eine beitragspflichtige Tätigkeit vorliegt,
- 4. welche Abfallkategorie gemäß § 6 Abs. 1 vorliegt,
- 5. ob die Voraussetzungen vorliegen, die Zuschläge gemäß § 6 Abs. 2 oder 3 nicht anzuwenden,
6. welche Deponie(unter)klasse gemäß § 6 Abs. 4 vorliegt.
Die Spezifizierung der Sache, auf welche sich der Feststellungsantrag bezieht, ist Sache desjenigen, der die Feststellung nach § 10 AlSAG von der Behörde begehrt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 2002, Zl. 98/07/0166).
Die beschwerdeführende Partei ist diesen sie nach § 10 Abs. 1 AlSAG treffenden Verpflichtungen in ihrem Antrag vom 12. März 2009 nachgekommen.
So ist klar, dass es sich im vorliegenden Fall um Humus und Bodenaushubmaterial einer Wiese handelt. Dieses Material wird von der beschwerdeführenden Partei verbracht und auf einen näher bestimmten Acker aufgebracht. Zweck der Maßnahme ist eine Bodenverbesserung und Geländekorrektur.
In ihrer Stellungnahme vom 25. November 2009 hat die beschwerdeführende Partei auch klargestellt, dass die Maßnahme bereits vorgenommen wurde, sodass sich Überlegungen darüber erübrigen, ob und unter welchen Voraussetzungen - unter Beibringung welcher Unterlagen - ein Antrag auf eine Feststellung für erst zukünftig geplante Maßnahmen zulässig ist.
Von den AlSAG-Behörden wäre somit der rechtserhebliche Sachverhalt gemäß § 39 Abs. 2 AVG von Amts wegen zu ermitteln gewesen, wobei sie nach § 45 Abs. 2 AVG unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen gehabt hätten, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Dabei hätte sich allenfalls auch die Notwendigkeit der Aufnahme eines Beweises durch einen Sachverständigen im Sinne des § 52 Abs. 1 AVG ergeben können (vgl. wiederum das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 2002, Zl. 98/07/0166). Dabei trifft die beschwerdeführende Partei unter Umständen eine entsprechende Mitwirkungspflicht im Verfahren nach § 10 AlSAG, wenn sie ihrer Nähe zur Sache wegen näher am Beweis ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 2002, Zl. 98/07/0159).
Die von der BH in ihrem Schreiben vom 11. November 2009 angeführten Punkte stellen keine gesetzlich erforderlichen Bestandteile eines Antrages gemäß § 10 AlSAG dar. Dementsprechend können sie auch keinen Gegenstand eines Verbesserungsauftrages darstellen. Die Nichtvorlage der geforderten Unterlagen kann daher keinen Mangel begründen, der eine Zurückweisung des Antrages gemäß § 13 Abs. 3 AVG - und damit eine Abweisung der Berufung der beschwerdeführenden Partei durch die belangte Behörde - rechtfertigt.
Ob die von den Behörden geforderten Unterlagen unter dem Titel "Mitwirkung der Partei an der Feststellung des Sachverhaltes" verlangt werden durften, braucht nicht näher geprüft zu werden. Selbst wenn dies zu bejahen wäre, hätte die allfällige Nichtbefolgung einer solchen Aufforderung nämlich nicht mit einer Zurückweisung enden dürfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. April 2004, Zl. 2003/01/0032).
Mit BGBl. I Nr. 40/2008 (AlSAG-Novelle 2008) wurde dem § 3 Abs. 1a AlSAG folgender Schlussteil angefügt, der mit 1. April 2008 in Kraft trat:
"Wer eine Ausnahme von der Beitragspflicht gemäß diesem Absatz in Anspruch nimmt, hat auf Verlangen dem Zollamt oder im Rahmen eines Feststellungsverfahrens der Behörde (§ 21) nachzuweisen, dass die Voraussetzungen für die Ausnahme vorliegen."
Es muss nicht geprüft werden, ob dieser Schlussteil des § 3 Abs. 1a AlSAG im vorliegenden Zusammenhang eine Rolle spielt. Die belangte Behörde hat sich nämlich darauf nicht gestützt. Zudem war jener Teil des Antrages, der sich auf die Beitragspflicht bezieht, nur ein Eventualantrag, sodass die zitierte Bestimmung für die Hauptanträge nicht in Betracht kam (zum Eventualantrag vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. November 2012, Zl. 2009/07/0186).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 26. April 2013
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