Normen
ALSAG 1989 §10 Abs1 Z1;
ALSAG 1989 §10;
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z1 litc;
ALSAG 1989 §3 Abs1a Z6;
AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
ALSAG 1989 §10 Abs1 Z1;
ALSAG 1989 §10;
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z1 litc;
ALSAG 1989 §3 Abs1a Z6;
AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die im Rahmen eines Abbruchs von Gebäuden auf dem Grst. Nr. 974/17, KG L., entstandenen Gruben und Vertiefungen wurden von der beschwerdeführenden Partei wieder verfüllt. Für diese Verfüllung wurden für die tiefergelegenen Grundstücksteile (ehemalige Kellerräumlichkeiten, unterirdische Verbindungsgänge) in der Größe von rund 4.000 m2 bis zu einer Sohlhöhe von im Schnitt rund 50 cm unter Geländeoberkante Bodenaushub und für das gesamte Grundstück für die restlichen 50 cm bis zur ursprünglichen Geländeoberkante aufbereitete Baurestmassen verwendet.
Im Zusammenhang mit diesen Baurestmassen beantragte die beschwerdeführende Partei mit Eingabe vom 28. Jänner 2008 gemäß § 10 Abs. 1 Altlastensanierungsgesetz (AlSAG) die Feststellungen, dass
"a) das verwendete qualitätsgesichert aufbereitete Baurestmassenmaterial zum Zeitpunkt des Einbringens in das Grundstück keinen Abfall mehr dargestellt hat, in eventu,
b) das Verfüllen mit den recyclierten Baurestmassen zulässig war und daher den Ausnahmebestimmungen des § 3 Abs. 1a Z 6 iVm § 3 Abs. 1 Z 1 lit. c AlSAG unterliegt".
Mit einer weiteren Eingabe vom 7. Februar 2008 ergänzte die beschwerdeführende Partei ihren Feststellungsantrag insoweit, als festgestellt werden möge, dass
"c) für die von der Antragstellerin verwendeten Baurestmassen keine Entledigungsabsicht und auch keine Entledigungsverpflichtung bestanden hat und die eingesetzten Materialien daher nicht als Abfall im Sinne des AWG und des AlSAG zu werten sind".
Mit Bescheid vom 15. Juli 2008 stellte der Bürgermeister der Landeshauptstadt Graz fest, dass die als Oberflächenschüttung auf der Liegenschaft Grst. Nr. 974/17, KG L., "aufgebrachten Materialien nicht im Zusammenhang mit einer Baumaßnahme verwendet worden sind und demgemäß auch nicht von der Altlastenbeitragspflicht ausgenommen sind".
Begründend führte der Bürgermeister unter anderem aus, dass im Ergebnis die Feststellung begehrt werde, ob die verfahrensgegenständliche "Verfüllung zulässigerweise im Zusammenhang mit einer Baumaßnahme im unbedingt erforderlichen Ausmaß durchgeführt worden sei und damit dem Ausnahmetatbestand des § 3 Abs. 1a Z 6 AlSAG unterliege".
Dagegen erhob die beschwerdeführende Partei Berufung.
Die beschwerdeführende Partei begehrte, die Berufungsbehörde möge ihrem Berufungsantrag stattgeben und
"a) den erstinstanzlichen Bescheid aufheben und feststellen, dass das verwendete qualitätsgesichert aufbereitete Baurestmaterial zum Zeitpunkt des Einbringens in das Grundstück keinen Abfall mehr dargestellt hat, in eventu
das Verfüllen mit den recycleten Baurestmassen zulässig war und daher den Ausnahmebestimmungen des § 3 Abs. 1a Z 6 iVm § 3 Abs. 1 Z 1 lit. c AlSAG unterliegt, in eventu
für die von der Antragstellerin verwendeten Baurestmassen keine Entledigungsabsicht und auch keine Entledigungsverpflichtung bestanden hat und die eingesetzten Materialien daher nicht als Abfall im Sinne des AWG und des AlSAG zu werten sind in eventu
b) die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die erste Instanz zurückverweisen".
Die im Devolutionsweg zuständig gewordene belangte Behörde gab mit dem angefochtenen Bescheid dieser Berufung keine Folge und änderte den Spruch des Erstbescheides wie folgt ab:
"Gemäß der §§ 10 Abs. 1, 3 Abs. 1 und 21 des Altlastsanierungsgesetzes BGBl. 1998/299 idF BGBl. I 2004/136 wird festgestellt, dass die als Oberflächenschüttung auf der Liegenschaft … Grst. Nr. 974/17 … aufgebrachten Materialien Abfälle sind und der Altlastenbeitragspflicht unterliegen."
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die beschwerdeführende Partei führt unter anderem aus, dass die Erstbehörde nicht über die Frage der Abfalleigenschaft der verfahrensgegenständlichen Materialien entschieden habe.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift.
Zu diesen Gegenschriften der belangten Behörde und der mitbeteiligten Partei replizierte die beschwerdeführende Partei.
Schließlich brachte die beschwerdeführende Partei noch eine Ergänzung zu ihrer Replik ein.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die maßgeblichen Bestimmungen der §§ 2 Abs. 1 und 2, 3 Abs. 1 Z 1 lit. c, Abs. 1a Z 6 und 10 Abs. 1 AlSAG samt Überschriften lauten wie folgt:
"Begriffsbestimmungen
§ 2. (1) Altlasten sind Altablagerungen und Altstandorte sowie durch diese kontaminierte Böden und Grundwasserkörper, von denen - nach den Ergebnissen einer Gefährdungsabschätzung - erhebliche Gefahren für die Gesundheit des Menschen oder die Umwelt ausgehen. Kontaminationen, die durch Emissionen in die Luft verursacht werden, unterliegen nicht dem Geltungsbereich des Gesetzes.
(2) Altablagerungen sind Ablagerungen von Abfällen, die befugt oder unbefugt durchgeführt wurden.
…
Gegenstand des Beitrags
§ 3. (1) Dem Altlastenbeitrag unterliegen
1. das Ablagern von Abfällen oberhalb oder unterhalb (dh. unter Tage) der Erde; als Ablagern im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt auch
…
c) das Verfüllen von Geländeunebenheiten (ua. das Verfüllen von Baugruben oder Künetten) oder das Vornehmen von Geländeanpassungen (ua. die Errichtung von Dämmen oder Unterbauten von Straßen, Gleisanlagen oder Fundamenten) oder der Bergversatz mit Abfällen,
…
(1a) Von der Beitragspflicht ausgenommen sind
…
6. mineralische Baurestmassen, wie Asphaltgranulat, Betongranulat, Asphalt/Beton-Mischgranulat, Granulat aus natürlichem Gestein, Mischgranulat aus Beton oder Asphalt oder natürlichem Gestein oder gebrochene mineralische Hochbaurestmassen, sofern durch ein Qualitätssicherungssystem gewährleistet wird, dass eine gleichbleibende Qualität gegeben ist, und diese Abfälle im Zusammenhang mit einer Baumaßnahme im unbedingt erforderlichen Ausmaß zulässigerweise für eine Tätigkeit gemäß Abs. 1 Z 1 lit. c verwendet werden,
…
Feststellungsbescheid
§ 10. (1) Die Behörde (§ 21) hat in begründeten Zweifelsfällen auf Antrag des in Betracht kommenden Beitragsschuldners oder des Bundes, vertreten durch das Zollamt, durch Bescheid festzustellen,
- 1. ob eine Sache Abfall ist,
- 2. ob ein Abfall dem Altlastenbeitrag unterliegt,
- 3. ob eine beitragspflichtige Tätigkeit vorliegt,
- 4. welche Abfallkategorie gemäß § 6 Abs. 1 vorliegt,
- 5. ob die Voraussetzungen vorliegen, die Zuschläge gemäß § 6 Abs. 2 oder 3 nicht anzuwenden,
6. welche Deponie(unter)klasse gemäß § 6 Abs. 4 vorliegt."
Wie sich aus der Wiedergabe des Bescheides des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 15. Juli 2008 ergibt, hat dieser lediglich über den Eventualantrag der beschwerdeführenden Partei nach § 3 Abs. 1 Z 1 lit. c iVm § 3 Abs. 1a Z 6 AlSAG entschieden. Allein der Eventualantrag war somit Gegenstand des Erstbescheides.
Das Wesen eines Eventualantrages liegt darin, dass er unter der aufschiebenden Bedingung gestellt wird, dass der Primärantrag erfolglos bleibt. Wird ein Eventualantrag vor dem Eintritt des Eventualfalls erledigt, belastet dies die Erledigung mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit. Eine solche Unzuständigkeit des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz hätte die belangte Behörde von Amts wegen aufzugreifen gehabt. Der erstinstanzliche Bescheid wäre von der belangten Behörde ersatzlos zu beheben gewesen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. November 2009, Zl. 2009/07/0136, mwN). Zwar enthält eine Feststellung des Inhalts, dass eine Sache dem Altlastenbeitrag unterliegt, implizit auch die Aussage, dass diese Sache Abfall ist. § 10 AlSAG sieht aber in Z. 1 auf entsprechenden Antrag eine ausdrückliche Feststellung im Spruch des Bescheides vor, ob eine Sache Abfall ist. Im Fall eines Antrages, der als Hauptantrag auf die Feststellung gerichtet ist, dass eine Sache nicht Abfall ist, erübrigt sich ein eigener Abspruch über die Abfalleigenschaft auch dann nicht, wenn die Beitragspflicht bejaht und damit implizit auch die Abfalleigenschaft bejaht wird. Das hat die belangte Behörde auch zutreffend erkannt. Es war ihr aber verwehrt, diesen Ausspruch nachzuholen, da sie damit die Sache des Berufungsverfahrens im Sinn des § 66 Abs. 4 AVG überschritten hat.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG - in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008 BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 21. November 2012
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