VwGH 2009/06/0088

VwGH2009/06/008821.10.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des X in Y, vertreten durch Dr. Alexander Singer, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Brockmanngasse 91/I, gegen den Bescheid der Vollzugskammer beim Oberlandesgericht Wien vom 20. Februar 2009, 2 Vk 127/08, betreffend eine Angelegenheit nach dem Strafvollzugsgesetz (weitere Partei: Bundesministerin für Justiz), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §7 Abs1;
AVG §7;
JN §19;
EMRK Art6;
StVG §107 Abs1 Z10;
StVG §107 Abs1 Z2;
StVG §11a Abs4;
StVG §11g;
StVG §21 Abs1;
StVG §26 Abs2;
StVG §96a;
AVG §7 Abs1;
AVG §7;
JN §19;
EMRK Art6;
StVG §107 Abs1 Z10;
StVG §107 Abs1 Z2;
StVG §11a Abs4;
StVG §11g;
StVG §21 Abs1;
StVG §26 Abs2;
StVG §96a;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer verbüßt nunmehr in der Justizanstalt Y eine Freiheitsstrafe, das Beschwerdeverfahren bezieht sich auf einen Zeitraum, in dem sich der Beschwerdeführer in der Justizanstalt B befand (im Anschluss daran wurde er in die Justizanstalt C verlegt).

Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis (Ordnungsstraferkenntnis) des Leiters der Justizanstalt (JA) B vom 6. August 2008 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe in dieser JA, und zwar

1. am 9. Juni 2008 vorsätzlich gegen die Bestimmungen des § 26 Abs. 2 StVG (zu ergänzen: gehandelt), wonach die Strafgefangenen alles zu unterlassen hätten, was die Sicherheit und Ordnung in der Anstalt gefährden könnte, indem der Beschwerdeführer falsche Angaben im "Ansuchen Form. Nr. 11" gemacht habe;

2. am 9. Juni 2008 vorsätzlich entgegen den Bestimmungen des § 21 Abs. 1 StVG und § 26 Abs. 2 StVG (zu ergänzen: gehandelt), wonach Strafgefangene mit Personen außerhalb der Anstalt nicht verkehren dürften und die Strafgefangenen alles zu unterlassen hätten, was die Sicherheit und Ordnung in der Anstalt gefährden könnte, indem der Beschwerdeführer nachweislich zweimal unerlaubt mit dem Strafgefangenen R. D. telefoniert habe.

Er habe dadurch Ordnungswidrigkeiten zu 1. nach § 107 Abs. 1 Z 10 StVG iVm § 26 Abs. 2 StVG und zu 2. nach § 107 Abs. 1 Z 2 StVG iVm § 21 Abs. 1 StVG und § 26 Abs. 2 StVG begangen und werde hiefür jeweils mit einer Ordnungsstrafe von EUR 30,-- (zusammen daher EUR 60,--) bestraft, wobei die Geldbuße in vier Raten zu je EUR 15,-- eingehoben werde. Weiters wurde der Beschwerdeführer zum Ersatz der Kosten des Verfahrens verpflichtet (in Höhe von EUR 6,--).

Zur Begründung heißt es nach Wiedergabe von Meldungen des Justizwachebeamten (JWB) E. H. vom 9. Juni 2008, auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens (aufgezählt werden die verschiedenen Beweismittel) werde als erwiesen angenommen, dass der Beschwerdeführer am 9. Juni 2008,

1. indem er den JWB E. H. unter Angabe der falschen Tatsachen, er müsse seinen Bruder in einem näher bezeichneten Unternehmen kontaktieren, weil er sonst nicht erreichbar wäre, ein Ansuchen Form. Nr. 11 vorgelegt habe, gegen die Sicherheit und Ordnung in der Anstalt verstoßen habe,

2. mit dem Strafgefangenen R. D., der in diesem Unternehmen als Freigänger beschäftigt gewesen sei, zweimal unerlaubt Kontakt aufgenommen habe.

Der Beschwerdeführer habe in seiner Beschuldigtenvernehmung angegeben, er habe die Begründung des Ansuchens vom 8. Juni 2008 ohne nachzudenken und ohne Hintergedanken geschrieben, dann den Strafgefangenen R. D. in diesem Unternehmen telefonisch kontaktiert und ihm mitgeteilt, dass er nicht auf eine bestimmte Frist vergessen solle, wobei nur ein Gespräch stattgefunden und dieses nur ca. zwei Minuten angedauert habe. Beim zweiten Anruf hätte er R. D. nicht erreicht.

Der Strafgefangene R. D. habe bei seiner Einvernahme am 12. Juni 2008 sinngemäß angegeben, der Beschwerdeführer habe ihn am 9. Juni 2008 um ca. 8.40 Uhr zum ersten Mal angerufen und mitgeteilt, dass er die Telefonnummer des Unternehmens als wichtige Telefonnummer einer Kanzlei angegeben habe, und dies erst die Kontaktaufnahme mit ihm möglich gemacht hätte. Weiters habe ihm der Beschwerdeführer den Auftrag erteilt, bestimmten "Mitinsassen" (ua. F.) auszurichten, dass alles in Ordnung sei und sich eine näher bezeichnete Frau um alles kümmern werde. Dieses Gespräch habe mit Sicherheit fünf bis sieben Minuten gedauert. Beim zweiten Anruf ca. 30 Minuten später habe der Beschwerdeführer gefragt, ob er den F. schon angerufen und den Inhalt des vorangegangenen Gespräches mitgeteilt habe. Auch dieses Gespräch habe ca. sieben Minuten gedauert.

Dem Beschwerdeführer sei diese Aussage vorgehalten worden, er sei bei seiner Darstellung geblieben und habe noch zusätzlich angegeben, dass er für den Strafgefangenen R. D. einen Antrag auf Abänderung des Entziehungsbescheides seines Führerscheines beim Verkehrsamt Wien gestellt habe.

Den Angaben des R. D., heißt es im erstinstanzlichen Bescheid weiter, könne zur Gänze gefolgt werden, insbesondere betreffend den zweiten Anruf des Beschwerdeführers, weil die getätigten Anrufe von Insassen aus der JA durch die Telefonanlage hinsichtlich Datum, Uhrzeit, der gewählten Telefonnummer und der Dauer des Anrufes aufgezeichnet würden. Die Angaben des Beschwerdeführers bezüglich des Ansuchens Form Nr. 11 und des zweiten Anrufes seien als offensichtliche bloße Schutzbehauptungen unglaubwürdig.

Damit habe der Beschwerdeführer gegen § 107 Abs. 1 Z 10 iVm § 26 Abs. 2 StVG bzw. gegen § 107 Abs. 1 Z 2 StVG iVm § 21 Abs. 1 und § 26 Abs. 2 StVG verstoßen.

Bei der Strafzumessung seien erschwerend die negativen Beispielsfolgen für Mitinsassen, die teilweise Uneinsichtigkeit, die Angaben falscher Tatsachen im Ansuchen, sowie die mangelnde Kooperationsbereitschaft gewesen, mildernd hingegen das teilweise Geständnis.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an die belangte Behörde und lehnte zu Beginn des Schriftsatzes zwei Mitglieder dieser Vollzugskammer, nämlich W. und D. ab. Betreffend W. führte er aus, dass dieses Mitglied früher am 3. Oktober 2002 in der Justizanstalt Wien-Josefstadt (für den Anstaltsleiter) ein Straferkenntnis gefällt und unterzeichnet habe, welches in zweiter Instanz bestätigt, jedoch vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 30. September 2004, Zl. "2001/20/0126" (richtig: /0128), aufgehoben worden sei. Im zweiten Rechtsgang sei mit Bescheid der belangten Behörde vom 18. August 2005 der Beschwerde Folge gegeben worden. Der Beschwerdeführer habe im Hinblick hierauf ein Amtshaftungsverfahren beim LG für ZRS Wien "wegen Schadenersatz aus Schmerzengeld (psychische und seelische Grausamkeiten)" anhängig gemacht, W. werde "als Zeugin jedenfalls herangezogen (vorgeladen) werden". Es sei daher gemäß seiner Auffassung nicht davon auszugehen bzw. nicht zu erwarten, dass W. auch in diesem Ordnungsstrafverfahren keine Rechtswidrigkeiten setze, zumal der Verwaltungsgerichtshof in seinem genannten Erkenntnis "aufs Schärfste die Vorgangsweise und Verhaltensweise" von W. "verurteilt" habe.

Hinsichtlich des zweitabgelehnten Mitgliedes (D.) sei darauf hinzuweisen, dass dieses Mitglied einst für den Bundesminister für Justiz im Jahr 2001 in einer Strafvollzugssache betreffend den Beschwerdeführer einen Aussetzungsbescheid nach § 38 AVG rechtswidrig erlassen habe, welcher ebenfalls vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben worden sei (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 30. September 2004, Zl. 2001/20/0462; anzumerken ist dazu, dass diesem Erkenntnis zwar ein von D. für den Bundesminister gefertigter Bescheid zu Grunde lag, es dabei aber nicht um eine Aussetzung nach § 38 AVG ging).

Die aufgezeigten Umstände seien bei lebensnaher Betrachtung geeignet, die volle Unbefangenheit dieser Mitglieder in Zweifel zu ziehen.

Anschließend folgten Ausführungen zur Sache; zusammengefasst rügte der Beschwerdeführer, dass der Sachverhalt unzureichend ermittelt und ihm auch entgegen seinen Anträgen keine Möglichkeit zur Akteneinsicht eingeräumt worden sei und somit seine Verteidigungsrechte beeinträchtigt worden seien; eine Bestrafung hätte nicht erfolgen dürfen; allenfalls sei die Strafe herabzusetzen. In der Folge richtete der Beschwerdeführer weitere Schriftsätze an die belangte Behörde.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Beschwerde mit der Maßgabe nicht Folge gegeben, dass der Spruch der Entscheidung wie folgt zu lauten habe:

Der Beschwerdeführer habe am 9. Juni 2008 in der JA Hirtenberg

1. entgegen den Bestimmungen des § 96a StVG vorsätzlich mit einem anderen Strafgefangenen dadurch verkehrt, dass er zweimal mit dem als Freigänger bei einem näher bezeichneten Unternehmen beschäftigten R. D. telefoniert habe, sowie

2. entgegen den Bestimmungen des § 26 Abs. 2 StVG vorsätzlich den allgemeinen Pflichten der Strafgefangenen zuwider gehandelt, indem er vorgegeben habe, dringend mit seinem Bruder in diesem Unternehmen telefonieren zu müssen und dadurch eine Freischaltung der Telefonnummer des genannten Unternehmens bewirkt habe.

Er habe hiedurch Ordnungswidrigkeiten nach § 107 Abs. 1 Z 2 StVG iVm § 96a StVG (zu Punkt 1.) und (zu Punkt 2.) nach § 107 Abs. 1 Z 10 StVG iVm § 26 Abs. 2 StVG begangen und werde hiefür gemäß § 109 Z 4 und § 113 StVG mit einer Ordnungsstrafe in der Höhe von jeweils EUR 30,-- bestraft. Die Geldbußen würden in vier Raten zu je EUR 15,-- eingehoben. Weiters wurde der Beschwerdeführer zum Ersatz der Kosten des erstinstanzlichen und des zweitinstanzlichen Verfahrens verhalten.

Zur Begründung heißt es zusammenfassend, am 9. Juni 2008 habe der Beschwerdeführer den Justizwachebeamten E. H. mittels Ansuchens "Bittrapport" um die Telefonnummer des genannten Unternehmens ersucht, weil dort sein Bruder, den er dringend erreichen müsse, arbeite. Der Beamte habe das Ansuchen bewilligt, dem Beschwerdeführer die gewünschte Telefonnummer mitgeteilt und habe diese in der Telefonanlage für den Beschwerdeführer freigegeben. Der Beschwerdeführer habe laut Aufzeichnungen der Anlage zwei Gespräche unter dieser Nummer getätigt, nämlich um

8.42 Uhr in der Dauer von 11.47 Minuten und um 9.14 Uhr in der Dauer von 11.39 Minuten. Gesprächspartner sei in beiden Fällen allerdings nicht der Bruder des Beschwerdeführers, sondern der als Freigänger im Unternehmen beschäftigte Strafgefangene R. D. gewesen.

Nach weiterer Darstellung des Verfahrensganges führte die belangte Behörde weiter aus, der Beschwerde komme mit der spruchgemäßen Maßgabe keine Berechtigung zu. Zur Ablehnung der beiden Mitglieder der Vollzugskammer W. und D. sei festzuhalten, dass Verwaltungsorgane sich der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen hätten, wenn ein Befangenheitstatbestand gemäß § 7 AVG vorliege. Diese Bestimmung begründe Pflichten der Verwaltungsorgane, ein Recht auf Ablehnung von Amtspersonen werde den Parteien, von Sondervorschriften abgesehen, nicht eingeräumt und es könne die Rechtswidrigkeit der Mitwirkung eines befangenen Organs nur mit dem Rechtsmittel gegen den die Sache erledigenden Bescheid geltend gemacht werden.

Habe der Leiter der JA prinzipiell zutreffend erkannt, dass den inkriminierten Verhalten zwei Ordnungsstrafbestände zugrundegelegen seien, so sei der Spruch der Entscheidung neu zu fassen gewesen.

Der Beschwerdeführer habe, was von ihm auch nicht behauptet werde, für die Telefongespräche mit D. keine Genehmigung gehabt. Seine Angaben, er habe lediglich aus Unbesonnenheit gesagt, mit seinem Bruder dringend telefonieren zu müssen, sei völlig unglaubwürdig; vielmehr habe er einen nahen Angehörigen vorgeschoben, weil ihm bewusst gewesen sei, mit dem ehemaligen Mithäftling in einer anderen Außenstelle, von der er wegen des Verdachtes, für diverse "Anwaltsarbeiten" Gebühren und Geld von Mitinsassen verlangt und kassiert zu haben (Hinweis auf die beiden Entscheidungen der belangten Behörde vom 5. September 2008, 2 Vk 91/08 und 2 Vk 98, 99/08), abgelöst und in die Hauptanstalt zurücküberstellt worden sei, keine Telefonbewilligung erhalten zu können.

Die Behauptung des Beschwerdeführers, ihm sei jegliche Akteneinsicht, und es seien ihm auch Aktenabschriften sowie Kopien verweigert worden, sei schon deshalb falsch, weil die Stellung eines diesbezüglichen Ansuchens nicht "fassbar" sei.

Die Verletzung des Parteiengehörs (der Beschwerdeführer bemängle insoweit, dass der Meldungsleger im Ermittlungsverfahren nicht einvernommen worden sei) begründe nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, wenn die belangte Behörde bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Um dies beurteilen zu können, müsse der Beschwerdeführer in der Beschwerde jene entscheidenden Tatsachen bekannt geben, die der Behörde wegen dieser Unterlassung unbekannt geblieben seien; derartige Tatsachen seien von ihm jedoch nicht angeführt worden.

Zu den Strafzumessungsgründen sei anzuführen, dass Uneinsichtigkeit und mangelnde Kooperationsbereitschaft keine Erschwerungsgründe darstellten, die negative Beispielsfolge einer Ordnungswidrigkeit für andere Mitinsassen nur dann gegeben sei, wenn sie vor anderen begangen werden oder Mitinsassen zur Kenntnis komme, und die Angabe falscher Tatsachen beim Ansuchen das inkriminierte Verhalten nach § 107 Abs. 1 Z 10 StVG darstelle. Weiters sei noch zu erwähnen, dass im Ordnungsstraferkenntnis der Milderungsgrund der disziplinären Unbescholtenheit Berücksichtigung hätte finden müssen.

Gemäß § 113 StVG sei als Strafe für Ordnungswidrigkeiten eine EUR 200,-- nicht übersteigende Geldstrafe zulässig. Die Bemessung der Geldstrafe in der Höhe von 15 % der Höchststrafe für jede der beiden Ordnungswidrigkeiten erweise sich als derart moderat, dass die belangte Behörde auch unter Berücksichtigung der richtig zu stellenden Strafbemessungsgründe zu dem Ergebnis gelange, die von der ersten Instanz bemessenen Strafen aus spezialpräventiven Erwägungen nicht zu mildern.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

In einem weiteren Schriftsatz legte der Beschwerdeführer ein Berufungsurteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 20. April 2009 vor und führte dazu aus, dass mit diesem in einem Amtshaftungsverfahren ergangenen Urteil einem auf Schmerzengeld gerichteten Klagebegehren des Beschwerdeführers teilweise Folge gegeben worden sei, wobei dem Verfahren das Straferkenntnis vom 3. Oktober 2002 zu Grunde gelegen sei, für welches das Mitglied der belangten Behörde W. verantwortlich zeichne. Wie sich aus diesem Berufungsurteil ergebe, sei von einem an Willkür grenzenden unvertretbaren Amtshandlung auszugehen. Bereits vor diesem Hintergrund sei die nunmehrige Befangenheit des Senatsmitgliedes W. eklatant.

In Bezug auf das Straferkenntnis des Anstaltsleiters vom 3. Oktober 2002 wird in diesem Berufungsurteil ausgeführt, den Kläger unter den näher beschriebenen Umständen zu bestrafen, sei eine an Willkür grenzende unvertretbare Amtshandlung gewesen; auf Seite 13 des Berufungsurteiles heißt es, es sei festzuhalten, dass der Beschwerdeführer auf Grund eines unvertretbar rechtswidrigen Bescheides zwei Tage lang in Hausarrest genommen worden sei und ihm dafür ein Ersatzanspruch nach dem Amtshaftungsgesetz dem Grunde nach zustehe. Das Berufungsgericht vertrat die Auffassung, der Höhe nach sei die Entschädigung mit EUR 100,-- (von den begehrten EUR 500,--) zu bemessen.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und keine Gegenschrift erstattet. Kostenersatz wird nicht angesprochen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist das Strafvollzugsgesetz, BGBl. Nr. 144/1969 (StVG), idF BGBl. I Nr. 109/2007 anzuwenden. Die im Beschwerdefall insbesondere maßgeblichen Bestimmungen lauten (zT. auszugsweise; anzumerken ist, dass die §§ 107 bis 118 StVG nähere Bestimmungen zu Ordnungswidrigkeiten und zu deren Ahndung treffen):

"Vollzugskammern

§ 11a. (1) ...

(4) Mitglieder der Vollzugskammer sind von der Entscheidung im Beschwerdeverfahren ausgeschlossen, wenn

1. sie an der in Beschwerde gezogenen Entscheidung oder Anordnung mitgewirkt haben;

2. andere Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu setzen."

"§ 11g. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, haben die Vollzugskammern die Verwaltungsverfahrensgesetze sinngemäß anzuwenden, und zwar

1. im Beschwerdeverfahren außer dem Fall der Z 2 das AVG mit Ausnahme der §§ 2 bis 4, 12, 38, 40 bis 44g, 51, 55, 57, 63 bis 66 Abs. 1 und Abs. 3, 67a bis 67g, 73 Abs. 2 und 3 und 75 bis 80,

2. im Beschwerdeverfahren wegen eines Ordnungsstraferkenntnisses das AVG in dem in Z 1 genannten Umfang mit Ausnahme des § 11, sowie die §§ 1 bis 8, 19, 19a, 22, 25, 31, 32, 38, 44a Z 1 bis 3 und 5, 51 Abs. 6, 52 und 64 bis 66 VStG."

"Abschließung

§ 21. (1) Die Strafgefangenen dürfen, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, die Anstalt zum Vollzug von Freiheitsstrafen bis zu ihrer Entlassung nicht verlassen, Außenarbeiten nur unter Aufsicht verrichten und mit Personen außerhalb der Anstalt nicht verkehren.

(2) Art und Ausmaß des Verkehrs zwischen den im Strafvollzug tätigen Personen, den sonst für die Anstalt tätigen Personen sowie den Bediensteten der öffentlichen Verwaltung, Unternehmern, anderen privaten Auftraggebern (§ 45 Abs. 2) und deren Bediensteten einerseits und den Strafgefangenen anderseits haben sich nach den Zwecken des Strafvollzuges zu richten."

"Allgemeine Pflichten der Strafgefangenen"

§ 26. (1) Die Strafgefangenen haben den Anordnungen der im Strafvollzug tätigen Personen Folge zu leisten. Sie dürfen die Befolgung von Anordnungen nur ablehnen, wenn die Anordnung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstößt oder die Befolgung dagegen verstoßen oder offensichtlich die Menschenwürde verletzen würde.

(2) Die Strafgefangenen haben alles zu unterlassen, was die Sicherheit und Ordnung in der Anstalt oder sonst die Verwirklichung der Grundsätze des Strafvollzuges gefährden könnte. Sie haben sich so zu benehmen, wie es der Anstand gebietet.

(3) Die Strafgefangenen dürfen nicht eigenmächtig die ihnen zum Aufenthalt angewiesenen Räume verlassen oder die ihnen bei der Arbeit, bei der Bewegung im Freien, im gemeinsamen Schlafraum oder sonst zugewiesenen Plätze wechseln. Sie haben sich an die Tageseinteilung zu halten.

(4) Die Strafgefangenen haben die auf die Vermittlung einer rechtschaffenen Lebenseinstellung und auf ihre Wiedereingliederung in das Gemeinschaftsleben gerichteten Bemühungen nach Kräften zu unterstützen."

"Telefongespräche

§ 96a. Aus berücksichtigungswürdigen Gründen sind Strafgefangenen Telefongespräche, insbesondere mit Angehörigen, Sachwaltern und sozialen Einrichtungen sowie mit öffentlichen Stellen, Rechtsbeiständen und Betreuungsstellen (§ 90b Abs. 4 bis 6), zu ermöglichen. (...)"

"Begriffbestimmungen

§ 107. (1) Eine Ordnungswidrigkeit begeht der Strafgefangene, der entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes vorsätzlich

  1. 1. ...
  2. 2. mit einer Person außerhalb der Anstalt, einer im Strafvollzuge oder sonst für die Anstalt tätigen Person, einem Bediensteten der öffentlichen Verwaltung, einem Unternehmer, anderen privaten Auftraggeber (§ 45 Abs. 2) oder einem seiner Bediensteten, einem Besucher oder mit einem anderen Strafgefangenen verkehrt;
  3. 3. ...
  4. 9. ... oder
  5. 10. sonst den allgemeinen Pflichten der Strafgefangenen nach § 26 zuwiderhandelt."

    "Ahndung von Ordnungswidrigkeiten

§ 108. (1) Begeht ein Strafgefangener eine Ordnungswidrigkeit, so ist er in jedem Fall durch den Aufsicht führenden Strafvollzugsbediensteten abzumahnen.

(2) Ist die Schuld des Strafgefangenen gering, hat die Ordnungswidrigkeit keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen und scheint die Bestrafung auch nicht geboten, um den Strafgefangenen von künftigen Verfehlungen abzuhalten, so hat es bei der Abmahnung sein Bewenden. Andernfalls ist gegen den Strafgefangenen eine Strafe zu verhängen.

(3) Der Aufsicht führende Strafvollzugsbedienstete hat die Begehung einer Ordnungswidrigkeit dem Anstaltsleiter zu melden, wenn er der Ansicht ist, dass nach Abs. 2 eine Strafe zu verhängen sei, oder wenn er dies zumindest für möglich hält."

"Strafen für Ordnungswidrigkeiten

§ 109. Als Strafen für Ordnungswidrigkeiten kommen nur eine oder mehrere der folgenden Maßnahmen in Betracht:

  1. 1. der Verweis;
  2. 2. die Beschränkung oder Entziehung von Vergünstigungen;
  3. 3. die Beschränkung oder Entziehung der Rechte auf Verfügung über das Hausgeld (§ 54), Fernsehempfang (§ 58), Briefverkehr (§ 87), Besuchsempfang (§ 93) oder Telefongespräche (§ 96a);
  4. 4. die Geldbuße;
  5. 5. der Hausarrest."

    "Geldbuße

§ 113. Die Geldbuße darf den Betrag von 200 Euro nicht übersteigen. Sie ist vom Hausgeld in angemessenen Teilbeträgen einzubehalten."

Soweit der Beschwerdeführer die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte geltend macht, ist hiefür der Verfassungsgerichtshof und nicht der Verwaltungsgerichtshof zuständig.

Der Beschwerdeführer verweist darauf, er habe zwei Mitglieder der belangten Behörde abgelehnt, die dessen ungeachtet an der Entscheidung mitgewirkt hätten. Daraus sei zwar zu schließen, dass sie sich nicht für befangen gehalten hätten, dies wäre jedoch zu begründen gewesen (Hinweis auf hg. Judikatur). Das habe die belangte Behörde aber unterlassen. In Wahrheit sei jedoch davon auszugehen, dass diese beiden Senatsmitglieder aus den von ihm vorgetragenen Gründen befangen gewesen seien.

Dem ist Folgendes zu entgegnen: § 11a Abs. 4 StVG trifft nähere Regelungen für jene Fälle, in denen Mitglieder der Vollzugskammer von der Ausübung ihres Amtes "ausgeschlossen" sind, darunter auch aus dem Grund der Befangenheit. Diese Vorschriften sind im Verhältnis zu § 7 AVG die spezielleren Normen und daher im Beschwerdefall maßgeblich. Festzuhalten ist, dass im StVG ein Recht auf Ablehnung von Mitgliedern der belangten Behörde durch Parteien nicht vorgesehen ist; im Hinblick auf § 11g StVG (Verweis auf das AVG, wobei § 7 AVG nicht ausgenommen ist) hat daher auch im Anwendungsbereich des § 11a Abs. 4 StVG sinngemäß das zu gelten, was im Anwendungsbereich des § 7 AVG gilt.

Richtig hat die belangte Behörde hervorgehoben, dass § 7 AVG der Partei eines Verwaltungsverfahrens zwar kein Recht auf Ablehnung von Amtspersonen einräumt, es der Partei jedoch unbenommen bleibt, die ihrer Auffassung nach unzulässige Mitwirkung des nach ihrer Meinung befangenen Organes als Mangelhaftigkeit des Verfahrens in der (hier) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof geltend zu machen (siehe die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, bei E 17 zu § 7 AVG wiedergegebene hg. Judikatur).

Der Beschwerdeführer verweist darauf, dass der Umstand, wonach der Partei kein Recht auf Ablehnung zukommt, nicht bedeutet, dass sich die Behörde keinesfalls mit dem diesbezüglichen Vorbringen der Partei auseinanderzusetzen hätte:

Wird seitens einer Partei Befangenheit geltend gemacht, die nicht von vornherein auszuschließen ist, hat sich (hier) die belangte Behörde damit im angefochtenen Bescheid zu befassen (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1991, Zl. 88/07/0079, mwN; vgl. auch die in Walter/Thienel, aaO, bei E 19 zu § 7 AVG wiedergegebene hg. Judikatur im Zusammenhang mit der Ablehnung von Amtssachverständigen).

Zu prüfen ist daher, ob diese unterlassene Auseinandersetzung im Beschwerdefall einen wesentlichen Verfahrensmangel begründete.

Das ist zu verneinen:

Das Wesen der Befangenheit liegt darin, dass die unparteiische Entscheidung durch unsachliche psychologische Motive gehemmt wird (siehe dazu beispielsweise die in Walter/Thienel, aaO, bei E 10 zu § 7 AVG wiedergegebene hg. Judikatur).

Der Umstand, dass eine Entscheidung eines Verwaltungsorganes im Rechtsmittelweg (oder auch von einem Gerichtshof des öffentlichen Rechts) aufgehoben wird, ist für sich allein (also grundsätzlich, nämlich ohne Hinzutreten weiterer Gründe) noch kein Grund, dieses Verwaltungsorgan als befangen anzusehen. Auch der Umstand, dass aus einer Entscheidung eines Verwaltungsorganes Amtshaftungsansprüche abgeleitet werden, begründet für sich allein (dh., ohne Hinzutreten weiterer Gründe) ebenfalls noch keine Befangenheit dieses Verwaltungsorganes im fortgesetzten Verfahren (vgl. hiezu auch die Judikatur des Obersten Gerichtshofes zu § 19 JN, so beispielsweise seinen Beschluss vom 12. Dezember 2007, 7 Ob 252/07w, mwN.).

Solche besonderen Gründe, die auf einen Mangel an objektiver Einstellung des abgelehnten Senatsmitgliedes D. schließen ließen, lassen sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht ableiten und sind auch nicht hervorgekommen. Gleiches gilt für das andere, ebenfalls abgelehnte Senatsmitglied W.: Der Umstand, dass die frühere, von der Berufungsbehörde bestätigte Entscheidung dieses Senatsmitgliedes als mit wesentlichen Mängeln behaftet qualifiziert wurde (und hieraus erfolgreich Amtshaftungsansprüche abgeleitet wurden), bedeutet im damaligen Fall eine mangelhafte Verfahrensführung, woraus aber noch nicht ein Mangel an objektiver Einstellung gegenüber dem Beschwerdeführer im nunmehrigen Verwaltungsverfahren abzuleiten ist. Eine Befangenheit dieser beiden Senatsmitglieder im gegenständlichen Fall ist daher nicht anzunehmen.

Ginge man daher davon aus, dass die belangte Behörde (im Sinne der oa. Judikatur) verhalten gewesen wäre, das Nichtvorliegen der Befangenheit näher zu begründen, würde das Unterbleiben dieser Begründung zwar einen Begründungsmangel darstellen, jedoch keinen wesentlichen Verfahrensmangel.

Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, im Beschwerdefall sei Art. 6 EMRK anwendbar. § 11g Z 2 StVG, wonach im gegenständlichen Verfahren vor der belangten Behörde § 67d AVG (mündliche Verhandlung) unanwendbar sei, sei daher verfassungswidrig.

Dem ist zu entgegnen, dass es sich bei der vorliegenden Ordnungsstrafsache nach dem StVG um keine Angelegenheit im Sinne des Art. 6 EMRK handelt.

Es ist ständige Rechtsprechung des EGMR, dass es in Verfahren betreffend die disziplinäre Ahndung von Ordnungswidrigkeiten in einer Haftanstalt wie im vorliegenden Fall (also auch unter Bedachtnahme auf die Schwere der Sanktion) nicht um eine strafrechtliche Anklage im Sinne des Art. 6 geht. Die strafrechtliche Seite des Art. 6 EMRK ist daher in einem solchen Fall nicht betroffen (vgl. etwa die Urteile des EGMR in den Fällen Ezeh and Connors v. the United Kingdom (GC), nos. 39665/98 and 40086/98, § 82, ECHR 2003-X; Štitic v. Croatia, no. 29660/03, §§ 51-63, 8. November 2007, und Gülmez v. Turkey, no. 16330/02, § 26).

Die in Art. 6 EMRK hinsichtlich Verfahren betreffend zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen gewährleisteten Verfahrensgarantien wären im vorliegenden Fall dann anzuwenden, wenn das gegenständliche Verfahren betreffend die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Ordnungswidrigkeiten einen zivilrechtlichen Anspruch oder eine zivilrechtliche Verpflichtung im Sinne dieser Bestimmung zum Gegenstand hätte. Dies ist aber nicht der Fall. Die hier angefochtene Entscheidung der Vollzugskammer hat nämlich weder Auswirkungen auf die zivilrechtliche Stellung des Beschwerdeführers, die öffentlichrechtlichen Aspekte der Streitigkeit (es geht um die Aufrechterhaltung der Ordnung in einer Haftanstalt) überwiegen die privatrechtlichen Aspekte, und letztlich hat das streitgegenständliche Recht auch keine vermögenswerte Natur, weil die Sanktionsaspekte im Vordergrund stehen (vgl. zu Art. 6 EMRK näher: Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 3. Auflage 2008, 312f,).

Zwar besteht im Verfahren vor der belangten Behörde kein Verbot, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, etwa zur Einvernahme des Beschuldigten und/oder von Zeugen; eine solche Verhandlung (auch "Sitzung" genannt) wird, worauf der Beschwerdeführer zutreffend verweist, in der Verordnung des Bundesministers für Justiz, mit der eine Geschäftsordnung der Vollzugskammern erlassen wird, BGBl. II Nr. 276/2002, implizit als zulässig vorausgesetzt (siehe insbesondere § 2 Abs. 2, § 4 Abs. 2 - Verhandlungsschrift - dieser Verordnung). Darin, dass die belangte Behörde nicht von Amts wegen eine Verhandlung unter Beiziehung des Beschwerdeführers anberaumt hatte (einen diesbezüglichen Antrag gab es nicht), kann im Beschwerdefall aber keine Rechtswidrigkeit erblickt werden (siehe dazu auch im Folgenden zur behaupteten Verletzung des Parteiengehörs). Die Wesentlichkeit dieses behaupteten Verfahrensmangels wurde vom Beschwerdeführer jedenfalls nicht dargetan.

Der Beschwerdeführer rügt weiters die Verletzung des rechtlichen Gehörs. Es sei ihm nicht hinreichend Gelegenheit gegeben worden, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis zu erlangen und hiezu Stellung zu nehmen. Er sei von der belangten Behörde weder jemals vernommen noch angehört worden. Er verweist in diesem Zusammenhang auch darauf, dass bei ordnungsgemäßer Besetzung durch nicht befangene Mitglieder, bei "Durchführung umfassender amtswegiger Ermittlungen", der gebotenen Einräumung des rechtlichen Gehörs und der Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung ein "wesentlich günstigerer Sachverhalt als der angenommene festzustellen gewesen und auf dessen Grundlage meiner Beschwerde Folge zu geben gewesen wäre".

Er rügt in diesem Zusammenhang auch die Unrichtigkeit der Ausführungen der belangten Behörde, die behauptete Verletzung des Rechtes auf Akteneinsicht und der Herstellung von Aktenabschriften wäre deswegen unzutreffend gewesen, weil die Stellung diesbezüglicher Ansuchen nicht fassbar sei. Vielmehr sei richtig, dass er solche Anträge gestellt habe, er habe auch einen Beweisantrag an die belangte Behörde um Beischaffung des Rechtsmittel- und Fristenbuches der JA C für die von ihm behaupteten Antragstellungen gestellt und darüber hinaus eine Kopie der Eintragungen aus diesem Geschäftsbehelf vorgelegt.

Er macht weiters geltend, die belangte Behörde führe ins Treffen, dass er für diverse Anwaltsarbeiten Gebühren und Geld von Mietinsassen verlangt und kassiert hätte, was nicht nur eine verfahrensrechtliche Rechtswidrigkeit (Verletzung des Parteiengehörs) darstelle, sondern auch die Unschuldsvermutung verletze.

Richtig ist, dass der Beschwerdeführer mit Eingabe an die belangte Behörde vom 9. Dezember 2008 (Eingangsvermerk vom 10. Dezember 2008) die Beischaffung des Rechtsmittel- und Fristenbuches der JA C zum Beweis dafür beantragt hatte, dass er den Leiter der JA B mit Schreiben vom 18. Juli, 31. Juli und 22. Juli 2008 um Akteneinsicht in dieser Verwaltungsangelegenheit ersucht habe. In einer weiteren Eingabe vom 28. Dezember 2008 (Eingangsvermerk vom 30. Dezember 2008) an die belangte Behörde verwies er auf seine Eingabe vom 9. Dezember 2008 und übermittelte auszugsweise Ablichtungen aus dem (wie behauptet) Rechtsmittel- und Fristenbuch. Richtig ist weiters, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid hierauf nicht eingegangen ist (die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, ein solches Ansuchen sei nicht "fassbar", beruhten gemäß den vorgelegten Verwaltungsakten sichtlich auf einer Auskunft der JA B). Zu prüfen ist, ob in diesem Zusammenhang ein wesentlicher Verfahrensmangel gegeben ist.

Die der belangten Behörde vom Leiter der JA B (mit dem Bericht zur Beschwerde) vorgelegten Akten erster Instanz bestehen aus Ablichtungen der Meldung vom 9. Juni 2008 (die im erstinstanzlichen Straferkenntnis wiedergegeben ist), des Ansuchens des Beschwerdeführers vom 8. Juni 2008 (Aufnahme einer bestimmten Rufnummer "Arbeitsplatz meines Bruders" in seine Rufnummernkartei sowie auch - dies ist nicht verfahrensgegenständlich - der Telefonnummer einer Rechtsanwältin), aus einer diesbezüglichen Liste mit Telefonnummern, aus den Niederschriften über die Einvernahme des Beschwerdeführers am 10. Juni 2008, des Zeugen R. D. am 12. Juni 2008 (inhaltlich wiedergegeben im erstinstanzlichen Straferkenntnis) und der neuerlichen Einvernahme des Beschwerdeführers am 21. Juli 2008 (Vorhalt der mit dem R. D. aufgenommenen Niederschrift und Äußerung des Beschwerdeführers hiezu), sowie aus dem Straferkenntnis erster Instanz.

Es handelt sich daher (mit Ausnahme der Liste mit den Telefonnummern) um Unterlagen, die entweder aus der Hand des Beschwerdeführers selbst stammen (zugrundeliegendes Ansuchen), oder unter Mitwirkung des Beschwerdeführers zu Stande kamen (Niederschriften), ihm vorgehalten wurden (Zeugenaussage) bzw. im Straferkenntnis inhaltlich wiedergegeben werden (Meldung vom 9. Juni, Zeugenaussage) oder ihm (Straferkenntnis) zugestellt wurden.

Die belangte Behörde hat sodann im angefochtenen Bescheid die dort ersichtlichen Sachverhaltsfeststellungen getroffen. Zu Unrecht nimmt der Beschwerdeführer an, die belangte Behörde hätte ihm im angefochtenen Bescheid vorgeworfen, für diverse "Anwaltsarbeiten" Gebühren und Geld von Mitinsassen verlangt und kassiert zu haben, vielmehr heißt es dort, er sei von der Außenstelle wegen des Verdachtes abgezogen worden, für diverse "Anwaltsarbeiten" Gebühren und Geld von Mitinsassen verlangt und kassiert zu haben (die von der belangten Behörde in diesem Zusammenhang genannten beiden eigenen Entscheidungen vom 5. September 2008, 2 Vk 91/08 und 2 Vk 98, 99/08, sind dem Verwaltungsgerichtshof bekannt, weil sie vom Beschwerdeführer im hg. Verfahren Zl. VH 2008/06/0042 vorgelegt wurden). Die Frage, ob ein solcher Verdacht bestand, ist von der Frage zu unterscheiden, ob der Verdacht gerechtfertigt war oder nicht; zu Letzterem hat sich die belangte Behörde aber nicht geäußert, vielmehr ist sie bloß davon ausgegangen, dass eine solche Verdachtslage bestanden habe. Das - Bestehen einer Verdachtslage - wird vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten. Der Beschwerdeführer bestreitet auch nicht die Feststellungen der belangten Behörde zur vorgeworfenen Tat, nämlich, dass er mit der unrichtigen Behauptung im Antrag, mit seinem Bruder telefonieren zu müssen, die Freischaltung dieser Telefonnummer bewirkt und tatsächlich zweimal mit R. D. telefoniert hatte.

Die belangte Behörde hat dem Argument des Beschwerdeführers (in seiner Beschwerde an die belangte Behörde), er habe lediglich aus Unbesonnenheit behauptet, dringend mit seinem Bruder telefonieren zu müssen, entgegengehalten, dies sei völlig unglaubwürdig; vielmehr habe er einen nahen Angehörigen vorgeschoben, weil ihm bewusst gewesen sei, mit dem ehemaligen Mithäftling R. D. in jener Außenstelle, von der er wegen des zuvor umschriebenen Verdachtes abgezogen worden sei, keine Telefonbewilligung erhalten zu können. Diese Beweiswürdigung ist plausibel, zu einer Unschlüssigkeit dieser Beweiswürdigung führt der Beschwerdeführer nichts Konkretes aus.

Auch sonst führt der Beschwerdeführer nicht aus, welche Auswirkung die behaupteten Verfahrensmängel nun konkret gehabt haben sollen, insbesondere, dass der für die rechtliche Beurteilung maßgebliche Sachverhalt unzutreffend angenommen worden wäre. Es bleibt vielmehr bei ganz allgemein gehaltenen Behauptungen. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass das Parteiengehör und das Recht auf Akteneinsicht nicht reiner (gleichsam inhaltsleerer) Selbstzweck sind, vielmehr dienen diese Rechte der verfahrensrechtlichen Durchsetzung der Position der Partei im Verfahren (hier des Beschwerdeführers). In diesem Sinne zeigt der Beschwerdeführer die Relevanz der von ihm behaupteten Verfahrensmängel (Begründungsmängel) nicht auf.

Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, der angefochtene Bescheid lasse nicht erkennen, inwiefern das ihm im Tatvorwurf zu Punkt 2. (unrichtige Behauptung, dringend mit seinem Bruder telefonieren zu müssen und dadurch eine Freischaltung der Telefonnummer des betroffenen Unternehmens bewirkt zu haben) zur Last gelegte Verhalten geeignet gewesen sei, die Sicherheit und Ordnung in der Anstalt oder die Verwirklichung der Grundsätze des Strafvollzuges zu gefährden oder als anstandswidriges Verhalten ausgelegt werden könne (der Beschwerdeführer zieht damit sichtlich auf die Bestimmung des § 26 Abs. 2 StVG ab). Dem ist zu entgegnen, dass eine solche unrichtige Behauptung, die es letztlich ermöglicht, mit jemandem anderen, als angegeben, außerhalb der Anstalt zu telefonieren, geeignet sein kann (auf das "Können" kommt es nach § 26 Abs. 2 StVG an), sei es die Sicherheit und Ordnung in der Anstalt oder aber auch sonst die Verwirklichung der Grundsätze des Strafvollzuges zu gefährden, weil Telefongespräche gemäß § 96a StVG nicht uneingeschränkt, sondern nur aus besonderen Gründen zu ermöglichen sind.

Schließlich bekämpft der Beschwerdeführer auch die vorgenommene Strafbemessung; es hätte bei einem Verweis im Sinne des § 110 StVG sein Bewenden haben müssen, dies schon im Hinblick darauf, dass er grundsätzlich bei entsprechender Kontrolle lediglich von vornherein nur mit einer Abmahnung im Sinne des § 108 Abs. 1 StVG konfrontiert worden wäre.

Zu Letzterem bezieht sich der Beschwerdeführer erkennbar auf ein Vorbringen in der Beschwerde an die belangte Behörde, wonach er den Justizwachebeamten mangelnde Aufsicht vorwirft. Dies ist aber nicht geeignet, das Maß seines Verschuldens zu verringern. Auch sonst kann in der Strafzumessung angesichts eines Strafrahmens bis zu EUR 200,-- unter Bedachtnahme auf die konkreten Umstände des Falles in der vorgenommenen Strafzumessung keine Rechtswidrigkeit zu Lasten des Beschwerdeführers erblickt werden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Die Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG unterbleiben (wie dargelegt, handelt es sich hier nicht um eine Angelegenheit im Sinne des Art. 6 EMRK).

Eine Kostenentscheidung entfällt, weil die belangte Behörde keinen Kostenersatz angesprochen hat.

Wien, am 21. Oktober 2009

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