Normen
AVG §39 Abs2
AVG §45 Abs2
AVG §45 Abs3
AVG §46
AVG §52
AVG §54
BauRallg
BGdAG 1967 §7 Abs5
B-VG Art119a Abs5
GewO 1973 §198 Abs5
GewO 1973 §74
GewO 1973 §74 Abs3 implizit
GewO 1973 §77 Abs1
VStG §24
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1990:1990040058.X00
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.770,‑‑ binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Stadtrates der Stadt Bludenz vom 9. Dezember 1987 (ausgefertigt am 17. Dezember 1987) wurde der Beschwerdeführerin für das im Hause B, etablierte „B ‑ M“ „wegen wiederholter Lärmbelästigung der Nachbarschaft und ernsthafter Gefährdung der Gesundheit der im Nachbarhaus (R) wohnhaften Anrainer, bedingt durch die Auslösung von Stör‑ und Schreckreizen durch diskontinuierliche und informationstransportierende Lärmsituationen, wie Musik oder Menschenstimmen, aber besonders durch hoch frequentierte Geräusche beim Aufprallen der Holz‑ und Plastikbälle, vorerst einmal für die Spielräume im 2. und 3. Obergeschoß, bis auf weiteres eine frühere Sperrstunde, täglich auf 22.00 Uhr, vorgeschrieben“. Zur Begründung wurde ausgeführt, nach § 198 Abs. 5 GewO 1973 habe die Gemeinde, wenn die Nachbarschaft wiederholt durch die Ausübung eines Gastgewerbes ungebührlich belästigt worden sei, eine frühere Sperrstunde vorzuschreiben. Die Bewohner der Nachbarschaft hätten mehrfach, schriftlich und mündlich, beim Amt der Stadt Bludenz und bei der Bezirkshauptmannschaft Bludenz auf derartige Belästigungen hingewiesen. Durch das ruhestörende Verhalten der Gäste im Umfeld des Gastbetriebes, durch laute Unterhaltung, Laufenlassen der überaus lärmintensiven Moped‑ und Motorradmotoren, Zuschlagen der Autotüren bei der An‑ und Abfahrt mit dem Pkw, würden die in der Nachbarschaft wohnhaften Personen ungebührlich belästigt. Der gemäß § 198 Abs. 5 GewO 1973 rechtserhebliche Zusammenhang der Gewerbeausübung und der Belästigungen sei auch dann anzunehmen, wenn das Verhalten der Gäste unmittelbar vor oder nach dem Lokalbesuch zu einer Beeinträchtigung der Nachbarschaft führe. Es könne nicht von rechtlicher Bedeutung sein, daß die Belästigung außerhalb des Einflußbereiches und der Verantwortlichkeit des Gewerbetreibenden lägen. Zudem habe der gesundheitspolizeiliche Amtssachverständige der Bezirkshauptmannschaft Bludenz im Zuge der gewerbepolizeilichen Verhandlung zur Genehmigung des Gastgewerbebetriebes am 14. Juli 1987 folgendes festgestellt: Auf Grund der Beschwerden, die beim Amtsarzt eingegangen seien, sowie auf Grund der gemessenen Schallpegel sei zu bemerken, daß auf Grund der internationalen Vereinigung gegen Lärm „AICB“ der erwachsene Mensch durchschnittlich 8 bis 9 Stunden Schlaf benötige, insbesondere bei intensiver Arbeitsleistung, wie z.B. Einsatz im Schichtbetrieb. Das Überschreiten eines Schallpegels in Schlafräumen von 25 dB(A) sei nicht ohne Auswirkung einer Schlafstörung möglich. Eine besondere Auslösung von Stör‑ und Schreckreizen werde durch diskontinuierliche und informationstransportierende Lärmsituationen wie Musik oder Menschenstimmen oder durch besonders hoch frequentierte Geräusche, wie Aufprallen von Holz‑ und Plastikbällen, hervorgerufen. Ferner werde festgestellt, daß ein chronischer Schlafentzug bekanntermaßen zu einer ernsthaften Gefährdung der Gesundheit und auch der allgemeinen Leistungsfähigkeit und damit der wirtschaftlichen Existenz führe. Auf der Basis einer geschwächten psychophysischen Widerstandskraft könnten sich außerdem sekundär andere Krankheiten leichter entwickeln. Die Schichtarbeit von Frau S sei zwar keine ausgesprochene Nachtarbeit, bedinge aber immerhin durch den frühzeitigen Arbeitsbeginn die Notwendigkeit, auch am Tage zu schlafen, d.h. nach Beendigung der Tagschicht nach 14 Uhr. Auch diese Schlafperiode sei durch den Betriebsbeginn des Unternehmens ab 12.00 Uhr gestört. Nach Meinung des Sachverständigen sei die Vorschreibung und Durchführung von geeigneten lärmdämmenden Maßnahmen nach einem schalltechnischen Fachgutachten im Bereich der aneinandergrenzenden Wandbereiche zwischen den Wohnungen der beschwerdeführenden Nachbarn, der anderen Bewohner und dem Betrieb erforderlich, die bewirkten, daß vor allem in den Schlafräumen rund um die Uhr keine größeren Schallpegel als 25 dB(A) aufträten, erforderlich. Sollte trotz Maßnahmen der Lärmdämmung ein höherer Pegel entstehen, müßte der Betriebsschluß für die Spielräume mit 22.00 Uhr täglich vorgeschrieben werden, um vor allem vor Mitternacht einen ausreichenden und ungestörten tiefen Schlaf der Anrainer zu gewährleisten. Fenster müßten geschlossen gehalten werden. Vom gewerbetechnischen Amtssachverständigen des Amtes der Vorarlberger Landesregierung seien in den an den gegenständlichen Betrieb unmittelbar angrenzenden Schlafzimmern der I und der I S vom 20. bis 22. Februar 1987 jeweils in der Zeit von 20.00 Uhr bis 2.00 Uhr Schallpegelmessungen vorgenommen worden. Aus dem Gutachten gehe hervor, daß die Grenze der zumutbaren Störung im Durchschnitt um 3 bis 5 dB überschritten werde. Um die Lärmauswirkungen auf ein zumutbares Ausmaß zu senken, müßten die Lärmimmissionen um mindestens 10 dB reduziert werden. Dazu wären verschiedene bauliche und räumliche Maßnahmen notwendig, darunter auch die Vorverlegung der Sperrstunde für den Spielbetrieb im zweiten und dritten Obergeschoß auf 22.00 Uhr. Die vorstehenden Gutachten seien in der Verhandlungsschrift der Bezirkshauptmannschaft Bludenz vom 14. Juli 1987, die der Vertreterin der Beschwerdeführerin zugestellt worden sei, enthalten. In einem Schreiben des Amtes der Stadt Bludenz vom 18. November 1987 an die Beschwerdeführerin sei nochmals auf die Lärmauswirkung für die Nachbarn aufmerksam gemacht und auf die dagegen zu treffenden Maßnahmen, 1. Verlegung der Tischfußballgeräte im zweiten Obergeschoß (Abrücken von der Wohnungstrennwand) oder in den Keller, 2. räumliche Trennung des Billardspielraumes und des Raumes für Tischfußball, 3. räumliche Trennung der Cafeteria von den Spielräumen im zweiten und dritten Obergeschoß, 4. Erhöhung der Schalldämmung der Wohnungstrennwände durch Anbringen einer Vorsatzschale, und 5. die Sperrstunde für den Spielbetrieb im zweiten und dritten Obergeschoß auf 22.00 Uhr vorzuverlegen, hingewiesen worden. In diesem Schreiben sei ersucht worden, zu den vorstehenden Vorschlägen bis 5. Dezember 1987 Stellung zu nehmen. Weiters sei darauf hingewiesen worden, daß beabsichtigt sei, allenfalls nicht die Rechtskraft einer gewerbebehördlichen Vorschreibung abzuwarten, mit welcher schalldämmende Maßnahmen aufgetragen würden, um den berechtigten Interessen der Anrainer zu genügen, sondern eine frühere Sperrstunde für die Spielräume im zweiten und dritten Obergeschoß mit 22.00 Uhr vorzuschreiben. Bei Kontrollen sei festgestellt worden, daß keine der vorgeschlagenen Maßnahmen getroffen worden seien und es sei auch eine Stellungnahme der Beschwerdeführerin nicht eingelangt. Nach § 198 Abs. 5 GewO 1973 sei daher, vorläufig beschränkt auf die Spielräume im zweiten und dritten Obergeschoß, eine frühere Sperrstunde vorzuschreiben gewesen.
Einer dagegen erhobenen Berufung gab die Stadtvertretung mit Bescheid vom 18. Februar 1988 (ausgefertigt am 3.März 1988) keine Folge und bestätigte den erstbehördlichen Bescheid. Dieser Ausspruch wurde damit begründet, daß unzumutbare Lärmemissionen aufträten und dadurch die unmittelbaren Anrainer der gesundheitlichen Gefährdung ausgesetzt seien, sei vom gewerbetechnischen Sachverständigen und vom Amtsarzt erhoben worden.
Die von beiden Sachverständigen abgegebenen Gutachten seien schlüssig und im Bescheid erschöpfend angeführt. Aus dem Gutachten des Amtsarztes gehe hervor, daß die Nachbarn besonders durch Stör‑ und Schreckreize und durch Musik sowie Menschenstimmen, aber auch durch hochfrequente Geräusche, wie sie durch den Betrieb von Spielapparaten mit Holz‑ und Plastikbällen entstünden, belästigt würden. Alle diese akustischen Beeinträchtigungen gingen insbesondere von den Spielräumlichkeiten im zweiten und dritten Obergeschoß aus, wodurch die Nachbarschaft ungebührlich belästigt werde.
Über eine seitens der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung vom 18. März 1988 erkannte die Bezirkshauptmannschaft Bludenz ‑ nach erfolgter Aufhebung des Vorstellungsbescheides vom 19. Dezember 1988 durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Juni 1989, Zl. 89/04/0017, wegen Unzuständigkeit der in diesem Verfahren belangten Behörde ‑ gemäß § 3 Abs. 1 des Bundes‑Gemeindeaufsichtsgesetzes, BGBl. Nr. 123/1967, in Verbindung mit § 1 der Verordnung des Landeshauptmannes von Vorarlberg über die Ermächtigung der Bezirkshauptmannschaften zur Ausübung des Aufsichtsrechtes des Bundes über die Gemeinden, LGBl. Nr. 66/1976, namens des Landeshauptmannes von Vorarlberg dahin, daß der Vorstellung gemäß § 7 Abs. 5 des Bundes‑Gemeindeaufsichtsgesetzes, BGBl. Nr. 123/1976, keine Folge gegeben werde. Zur Begründung wurde ausgeführt, in der Vorstellung werde im wesentlichen vorgebracht, schon der erstbehördliche Bescheid sei grob mangelhaft gewesen. Es hätten in diesem Bescheid die Feststellungen gefehlt, ob überhaupt Lärmimmissionen vorlägen bzw. wenn solche vorlägen, daß diese Gegebenheiten durch einen technischen Sachverständigen und bei gesundheitlichen Schäden durch einen ärztlichen Sachverständigen aufgezeigt würden. Der gesundheitspolizeiliche Amtssachverständigen habe keine Befundaufnahme und somit auch keine Feststellungen getroffen, sondern lediglich Vermutungen ausgesprochen. Im Verfahren sei kein Beweisergebnis hervorgekommen und es seien auch keine Feststellungen getroffen worden, wonach gesundheitliche Schäden bei den Anrainern aufträten. Da sich schon der Bescheid erster Instanz auf einen mangelhaften Sachverhalt gestützt habe, der nicht im Rahmen des Verfahrens über die Vorverlegung der Sperrstunde erhoben worden sei, andererseits aber die Beweise nicht ordnungsgemäß gewürdigt worden seien und der Bescheid nicht auf Grund objektiver Sachverhaltsfeststellungen erlassen worden sei, seien sowohl das Verfahren bis zur Erlassung des Bescheides erster Instanz als auch das Verfahren zweiter Instanz mangelhaft geblieben; darüber hinaus sei der Sachverhalt auch unrichtig rechtlich beurteilt worden. Für die Beschwerdeführerin sei nicht einsehbar, warum Lärmemissionen zurückgehen würden, wenn Teile des Lokales, wie ursprünglich, bis 24.00 Uhr offengehalten werden könnten. Aus der Zweiteilung der Sperrstundenverfügung sei schon ersichtlich, daß die Behörde für die Vorverlegung keine durchschlagende Begründung anzuführen in der Lage sei. Hiezu sei auszuführen, daß gemäß § 198 Abs. 5 GewO 1973 in der zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung geltenden Fassung die Gemeinde, wenn die Nachbarschaft wiederholt durch die Ausübung eines Gastgewerbes ungebührlich belästigt worden sei oder wenn sicherheitspolizeiliche Bedenken bestünden, eine frühere Sperrstunde vorzuschreiben habe. Diese Vorschreibung sei zu widerrufen, wenn angenommen werden könne, daß der für die Vorschreibung maßgebende Grund nicht mehr gegeben sein werde. Über die durch den Betrieb der gegenständlichen Anlage verursachten Lärmimmissionen in der Nachbarschaft seien vom gewerbetechnischen Amtssachverständigen des Amtes der Vorarlberger Landesregierung im Rahmen eines bei der Bezirkshauptmannschaft anhängigen gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens in der Zeit vom 20. bis 22. Februar 1987 Lärmmessungen durchgeführt und anschließend ein Gutachten erstattet worden. Danach überschreite der beim Betrieb der Spielräume ermittelte Beurteilungspegel von 28 dB die Grenze der zumutbaren Störung um 3 bis 5 dB. Nach diesem Gutachten vom 30. April 1987 sei es, um die Lärmauswirkungen in der Nachbarschaft auf ein zumutbares Maß zu senken, notwendig, die Lärmimmissionen um mindestens 10 dB zu reduzieren. Nach Vorliegen dieses Gutachtens sei es Aufgabe des ärztlichen Sachverständigen gewesen, die Auswirkung der festgestellten Immissionen auf die Nachbarn zu beurteilen. Hiebei sei es nicht erforderlich, daß auch der ärztliche Sachverständige an Ort und Stelle einen Befund aufnehme und ein Gutachten erstatte. Welche Auswirkungen die durch die Schallpegelmessung festgestellten Immissionen aus medizinischer Sicht auf die Nachbarn hätten, sei vom Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft Bludenz in seinem Gutachten bei der gewerbebehördlichen Verhandlung vom 14. Juli 1987 ausführlich vorgetragen worden. Daraus sei im gesamten zu entnehmen, daß bei einem Schallpegel von mehr als 25 dB in den angrenzenden Wohnräumen, insbesondere in den Schlafräumen der Nachbarn, eine Gesundheitsgefährdung bestehe. In dem nach § 198 Abs. 5 GewO 1973 durchgeführten Verfahren hätten im Rahmen der freien Beweiswürdigung von den entscheidenden Behörden sehr wohl die bereits vorliegenden Sachverständigenbeweise (im Betriebsanlagenverfahren der Bezirkshauptmannschaft Bludenz) zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes herangezogen werden können. In ihrer Begründung sei die Berufungsbehörde im übrigen auch auf die Schlüssigkeit des vorliegenden medizinischen Gutachtens eingegangen. Zur Auslegung des unbestimmten Begriffes „ungebührlich“ im Sinne des § 198 Abs. 5 GewO 1973 seien vornehmlich die allgemein den Schutz der Nachbarn vor Belästigungen durch von Betriebsanlagen bewirkten Immissionen regelnden Bestimmungen der §§ 74 und 75 sowie des § 84 GewO 1973 in Betracht zu ziehen. Danach ergebe sich als objektives Kriterium der Umstand, daß die jeweiligen Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen auf ein „zumutbares Maß“ zu beschränken seien, bzw. “unzumutbare Belästigungen“ der Nachbarn durch geeignete Auflagen abzustellen oder solchen überhaupt vorzubeugen sei. Eine unter diesen Gesichtspunkten anzunehmende „Unzumutbarkeit“ sei aber jedenfalls auch immer dann gegeben, wenn eine derartige Störung gleichzeitig als gesundheitsgefährdend zu qualifizieren sei (Verwaltungsgerichtshof Slg. Nr. 9481/A, 1978 ). Schlafstörungen, die durch den Spiellärm verursacht würden, seien nach dem vorliegenden amtsärztlichen Gutachten gesundheitsgefährdend, weshalb unter Berücksichtigung der gegebenen örtlichen Verhältnisse richtigerweise von einer ungebührlichen Belästigung der Nachbarn ausgegangen worden sei und die Sperrstunde daher vorzuverlegen gewesen sei. Auch darauf sei die Berufungsbehörde in der Bescheidbegründung eingegangen und habe sich mit dieser Rechtsfrage auseinandergesetzt. Ebenso sei die Festsetzung der Sperrstunde für das zweite und dritte Obergeschoß auf 22.00 Uhr nach dem vorliegenden Gutachten eine geeignete Maßnahme, die Lärmimmissionen durch die Ausübung des Gastgewerbes so zu reduzieren, daß unzumutbare und somit ungebührliche Belästigungen der Nachbarschaft vermieden würden. Auch mit dieser Rechtsfrage habe sich die Berufungsbehörde befaßt, wenn sie von einer geringeren Zahl von Gästen ab 22.00 Uhr und damit zusammenhängend von einem Zurückgehen der Belästigungen im Vorfeld des Gastgewerbes ausgehe. Durch die Einstellung des Spielbetriebes im zweiten und dritten Obergeschoß entfielen jedoch jedenfalls die von dort ausgehenden Stör‑ und Schreckreize, die insbesondere durch den Betrieb der Spielapparate mit Holz‑ und Plastikbällen in den vorgenannten Betriebsräumen entstünden. Im übrigen sei festzuhalten, daß die in Rede stehende Betriebsanlage zum Zeitpunkt der gemeindebehördlichen Entscheidungen über die Vorschreibung einer früheren Sperrstunde ohne gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung betrieben worden sei. Das diesbezügliche, bei der Bezirkshauptmannschaft Bludenz als Gewerbebehörde anhängige Verfahren habe erst mit Bescheid vom 17. November 1989 abgeschlossen werden können. In der damit erteilten Betriebsanlagengenehmigung sei auf Grund entsprechender Gutachten (neben Auflagen für bauliche Schallschutzaufnahmen) auch vorgeschrieben worden, daß der Betrieb von Sonntag bis Donnerstag jeweils ab 22.00 Uhr, am Freitag und Samstag ab 24.00 Uhr zu schließen sei. Gegen diesen Betriebsanlagengenehmigungsbescheid, insbesondere gegen die festgesetzten Schließungszeiten, habe die Beschwerdeführerin das Rechtsmittel der Berufung eingebracht, worüber noch nicht entschieden worden sei. Zu den in der Vorstellung gestellten Anträgen sei auszuführen, daß die Vorstellungsbehörde nicht in der Sache selbst entscheiden dürfe, sondern den von der Vorstellung betroffenen Bescheid nur beheben oder bestätigen könne. Zusammenfassend komme die Aufsichtsbehörde zur Auffassung, daß die Stadtvertretung Bludenz als Berufungsbehörde den Sachverhalt rechtlich richtig beurteilt habe und eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht vorliege.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Ihrem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht auf Unterbleiben der Vorschreibung einer früheren Sperrstunde verletzt. Sie bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften u.a. vor, die belangte Behörde beziehe sich unrichtigerweise auf die Bestimmung des § 158 (offenbar richtig: 198) Abs. 5 GewO 1973. Sie betreibe im angeführten Standort das Gastgewerbe im Sinne des § 189 GewO 1973. Räumlich beschränke sich dieses vorwiegend auf das erste Obergeschoß der Betriebsstätte. Im zweiten und dritten Obergeschoß befänden sich lediglich Tischfußballspiele und Billardtische. Diese beiden erlaubten Spiele seien nicht als Nebenrecht im Sinn des § 191 Abs. 4 GewO 1973 anzusehen. Sie stünden im Vordergrund und böten eine Haupteinnahmsquelle des gewerblichen Betriebes. Hiezu bestehe auch eine Gewerbeberechtigung. Darüber habe aber die belangte Behörde weder Erhebungen geführt noch Feststellungen getroffen. Selbst wenn der von der belangten Behörde angenommene Sachverhalt richtig wäre, hätte somit die Sperrstundenvorverlegung nicht auf § 198 Abs. 5 GewO 1973 gestützt werden dürfen, da die festgestellten Belästigungen nicht vom Gastgewerbebetrieb, sondern vom Betrieb der erwähnten Spieltische ausgingen. Die belangte Behörde stützte sich auf die Messungen des Amtssachverständigen des Amtes der Vorarlberger Landesregierung in der Zeit vom 20. bis 22. Februar 1987. Abgesehen davon, daß das Ergebnis dieser Messungen im gesamten Verfahren bestritten geblieben sei, werde bemängelt, daß vor Erlassung des angefochtenen Bescheides keine ergänzenden Messungen mehr durchgeführt worden seien. Nach der Bestimmung des § 198 Abs. 5 GewO 1973 sei die Vorschreibung einer früheren Sperrstunde zu widerrufen, wenn angenommen werden könne, daß der für die Vorschreibung maßgebende Grund nicht mehr gegeben sei. Zwischenzeitig seien mehr als drei Jahre vergangen und der Betrieb sei nicht mehr so wie früher frequentiert. Es hätten sich die grundsätzlichen Voraussetzungen geändert, die von der Behörde von Amts wegen zu berücksichtigen gewesen wären. Die Behörde übersehe es sogar, die zwischenzeitlich im gewerberechtlichen Verfahren eingeholten weiteren Gutachten zu berücksichtigen. Immerhin habe die Bezirkshauptmannschaft Bludenz mit Schreiben vom 25. August 1989 mitgeteilt, daß auf Grund der gegebenen geänderten Verhältnisse zufolge des Gutachtens des Sachverständigen Dr. L vom 1. August 1989 eine Betriebszeit während der gesamten Woche bis 24.00 Uhr „vorgesehen“ sei. Es bedeute einen gravierenden Verfahrensmangel, wenn lediglich auf die für sie negativen Messungs‑ und Verfahrensergebnisse Bezug genommen werde. Abgesehen davon bleibe der Inhalt des zitierten Sachverständigengutachtens auch weiterhin bestritten. Es könne keinesfalls von einem städtischen Grundgeräuschpegel von 12 bis 15 dB ausgegangen werden. Ausgehend von den ÖAL‑Richtlinien Nr. 3, 5. Ausgabe, Dezember 1986, sei der Richtwert für Grundgeräuschpegel nachts bei geschlossenem Fenster im städtischen Wohngebiet mit 20 dB anzusetzen. Die Ausführungen des Sachverständigen seien somit völlig unrealistisch. Der vom Amtssachverständigen gemessene Grundgeräuschpegel werde selbst in einer Villenlage nicht erreicht und es sei somit durch dieses Gutachten eine irreale Ausgangssituation geschaffen worden. Demnach könne von einer Überschreitung durch die betrieblichen Lärmimmissionen in Höhe von 9 bis 10 dB nicht gesprochen werden. Zudem sei das Gutachten in sich widersprüchlich. Wenn der ermittelte Beurteilungspegel von 28 dB die Grenze der zumutbaren Störung um 3 bis 5 dB überschreite, so sei nicht einzusehen, wenn im selben Gutachten gefordert werde, daß die Lärmimmissionen um mindestens 10 dB zu reduzieren seien. Dazu komme, daß nach den Ergebnissen der bauakustischen Messung vom 20. März 1987 im Schlafzimmer der Nachbarwohnung Schmid eine Normalschallpegeldifferenz von 67 dB gemessen worden sei. Die ÖNORM B 8115 verlange einen Mindestschallschutz für Gebäudetrennwände und Feuermauern von 52 dB. Die gemessene Normalschallpegeldifferenz von 67 dB liege daher weit höher als der von der ÖNORM vorgeschriebene Mindestschallschutz. Auch aus diesem Grund sei nicht einsichtig, warum ein erhöhter Schallschutz und eine Senkung der Lärmimmission um 10 dB verlangt werde. Damit sei das vorliegende, im parallel durchgeführten Betriebsanlagenverfahren eingeholte Gutachten für eine seriöse Beurteilung des Sachverhaltes unzureichend und es hätte durch die Behörde für die Beurteilung dieser Verwaltungssache nicht herangezogen werden dürfen. Der angefochtene Bescheid enthalte auch keinerlei Feststellungen, ob nunmehr die in den gemeindebehördlichen Bescheiden als geeignet angeführten Maßnahmen durch die Beschwerdeführerin getroffen worden seien oder nicht, was eine weitere Mangelhaftigkeit des Verfahrens bedeute. Weiterhin sei nicht festgestellt worden, ob die angeführten Veränderungen erst kumulativ eine Verbesserung der Lärmsituation bedeuteten oder jede einzelne hievon bereits ausreichend sei. Jedenfalls sei bereits auf Grund der Feststellungen der belangten Behörde gesichert, daß die räumliche Trennung des Cafes von den Spielräumen gegeben sei. Selbst der angefochtene Bescheid beziehe sich in Ansehung der Spielräume lediglich auf das zweite und dritte Obergeschoß. Es möge zutreffen, daß nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nach Vorliegen einer Amtssachverständigenlärmmessung der Sachverständige nicht gehalten sei, Befund und Gutachten an Ort und Stelle zu erstatten. Im Zusammenhalt mit der vorliegenden Verwaltungssache sei jedoch einiges unbeachtet geblieben. So werde bemängelt, daß sie von den Messungen in der Nachbarwohnung nicht verständigt worden sei. Dadurch sei das Parteiengehör verletzt worden. Bei derartigen Messungen handle es sich um Befundaufnahmen und somit um Teile des Verfahrens, die ihr keinesfalls hätten vorenthalten werden dürfen. Es wäre denkbar, daß die vom Meßtermin naturgemäß informierten Anrainer ein paar besonders lebhafte Billärd‑ oder Tischfußballspieler organisiert hätten, die zur bekannten Zeit der Messung die Betriebsanlage aufgesucht und dort für einen besonders lautstarken Spielbetrieb gesorgt hätten. Wenn es sich dabei auch lediglich um eine Spekulation handeln möge, so sei eine solche Vorgangsweise allerdings in Anbetracht der ambitionierten Bemühungen, ihren Betrieb einzuschränken, nicht undenkbar. Weiters hätten auch die gegebenen örtlichen Verhältnisse berücksichtigt werden müssen. Es sei verfehlt, lediglich auf ihren Betrieb abzustellen und den weiteren Bereich der gesamten Bludenzer Innenstadt zu vernachlässigen. Insbesondere sei es unterlassen worden, Messungen in der Umgebung des Betriebes vorzunehmen. In der unmittelbaren Nachbarschaft befände sich ein Cafehausbetrieb, welcher berechtigt sei, bis 1.00 Uhr offen zu halten. Die davon ausgehenden Lärmimmissionen, insbesondere auch die dadurch gegebene Erhöhung des Grundgeräuschpegels, seien völlig unberücksichtigt geblieben. Es bleibe zu klären, ob nicht überhaupt Messungen am Ruhetag dieses sonst weit stärker frequentierten Nachbarbetriebes zu erfolgen gehabt hätten. Im Interesse einer objektiven Gutachtenserstattung wäre es zweckmäßig gewesen, daß der Amtssachverständige sein Gutachten nicht „am grünen Tisch“ erstattet, sondern selbst die tatsächlichen Verhältnisse erhoben hätte. Vor allem stützten sich die gemeindebehördlichen Bescheide im wesentlichen lediglich auf die „Querelen“ der Anrainerin S. Der angefochtene Bescheid gehe mit keinem Wort darauf ein, ob es sich bei der Genannten nicht um eine überempfindliche Person handle, deren subjektive Beschwerden von anderen „normal empfindenden Erwachsenen“ nicht beklagt würden. In den Anrainerbeschwerden klinge mehr oder weniger deutlich durch, daß nicht nur die Lärmsituation, sondern auch der Status, der den Spielsalon der Beschwerdeführerin frequentierenden Jugendlichen und deren Auftreten, Anlaß zum Anstoß gebe, was keinesfalls zu ihren Lasten gehen könne. Schließlich werde der Standpunkt vertreten, daß die Behörde auch verpflichtet gewesen wäre, eine gewisse Güterabwägung vorzunehmen. Sollte es bei der vorverlegten Sperrstunde bleiben, so sei ihre wirtschaftliche Existenz gefährdet. Auf der anderen Seite liege eigentlich nur eine Beschwerde vor, die zu den getroffenen Maßnahmen keinesfalls berechtige, zumal sich alle anderen Anrainer ihres Gewerbebetriebes zu irgendwelchen Beschwerden nicht veranlaßt gesehen hätten.
Nach § 7 Abs. 5 des Bundes‑Gemeindeaufsichtsgesetzes, BGBl. Nr. 123/1967, hat die Aufsichtsbehörde, sofern die Vorstellung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, den Bescheid (der letzten gemeindebehördlichen Instanz), wenn Rechte des Einschreiters durch ihn verletzt werden, aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zu verweisen. Die Gemeinde ist bei der neuerlichen Entscheidung an die Rechtsansicht der Aufsichtsbehörde gebunden.
Die belangte Behörde hatte daher unter dem Blickwinkel einer Verletzung der Rechte der Beschwerdeführerin zu prüfen, ob der im Wege der Vorstellung angefochtene Bescheid zu Recht auf die den Bescheidabspruch tragende Gesetzesgrundlage gestützt wurde. Hiebei kann die Sachentscheidung der Vorstellungsbehörde ‑ anders als die Entscheidungen der Berufungsbehörde nach dem AVG ‑ nur in der Kassation des Bescheides oder in einer Abweisung der Vorstellung bestehen. Danach ist aber für eine Sachentscheidung der Vorstellungsbehörde jene Sach‑ und Rechtslage maßgeblich, die zum Zeitpunkt des letztinstanzlichen gemeindebehördlichen Bescheides bestanden hat (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1989, Zl. 89/04/0036, und die dort zitierte weitere hg. Rechtsprechung).
Ausgehend davon war aber im Beschwerdefall im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des letztinstanzlichen Berufungsbescheides die Bestimmung des § 198 Abs. 5 GewO 1973 in ihrer Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1988 für die Entscheidung als maßgeblich anzusehen. Danach hat aber die Gemeinde, wenn die Nachbarschaft wiederholt durch die Ausübung eines Gastgewerbes ungebührlich belästigt wurde, oder wenn sicherheitspolizeiliche Bedenken bestehen, eine spätere Aufsperrstunde oder eine frühere Sperrstunde vorzuschreiben. Diese Vorschreibung ist zu widerrufen, wenn angenommen werden kann, daß der für die Vorschreibung maßgebende Grund nicht mehr gegeben sein wird. In Orten, in denen Bundespolizeibehörden bestehen, haben die Gemeinden vor einer Entscheidung diese Behörden zu hören.
Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, daß dem Begriff der „ungebührlichen Belästigung“ im Sinne des § 198 Abs. 5 GewO 1973 keine im wesentlichen andere Bedeutung beigelegt werden kann, als dem Begriff der unzumutbaren Belästigung im Sinne der für die Betriebsanlagen geltenden Vorschriften (§ 77 Abs. 1 und § 84 GewO 1973), wobei die Frage der Zumutbarkeit einer durch die Ausübung eines Gastgewerbes bewirkten Störung der Nachbarschaft mangels einer weiteren gesetzlichen Determinierung ausschließlich unter Bedachtnahme auf die gegebenen örtlichen Verhältnisse zu beantworten ist. Eine unter diesem Gesichtspunkt anzunehmende „Unzumutbarkeit“ ist jedenfalls immer dann gegeben, wenn eine derartige Störung als gesundheitsgefährdend zu qualifizieren ist. Eine derartige, durch die Ausübung des Gastgewerbes verursachte ungebührliche Belästigung der Nachbarschaft ist weiters nicht nur in Fällen gegeben, in welchen die Emissionen auf Vorgänge in den (genehmigten) Betriebsräumen und allfälligen sonstigen Betriebsflächen zurückzuführen sind, sondern es ist vielmehr die gemäß dem § 198 Abs. 5 GewO 1973 rechtserhebliche Kausalität der Gewerbeausübung für die Belästigung jedenfalls auch dann anzunehmen, wenn das Verhalten der Gäste unmittelbar vor und nach dem Lokalbesuch zu einer Beeinträchtigung der Nachbarschaft führt (vgl. hiezu das hg Erkenntnis vom 25. Februar 1986, Zlen. 84/04/0240 und 241, und die dort zitierte weitere hg. Rechtsprechung).
Der Gemeindevertretung oblag es daher, in dem von ihr durchgeführten Verwaltungsverfahren festzustellen, ob ein Sachverhalt vorliegt, der dem Tatbestand einer wiederholten ungebührlichen Belästigung der Nachbarschaft im Sinne des § 198 Abs. 5 GewO 1973 entspricht. Wird die Aufnahme eines Beweises durch Sachverständige notwendig, so sind nach § 52 Abs. 1 AVG 1950 die der Behörde beigebenen oder zur Verfügung stehenden amtlichen Sachverständigen (Amtssachverständigen) beizuziehen. Grundlage für die Beurteilung einer Störung durch Lärm ist der Grundgeräuschpegel. Für die Anwendung des § 198 Abs. 5 GewO 1973 ist, wenn eine Störung durch Lärm in Frage steht, ferner zu ermitteln, in welcher Weise ein auf die Ausübung eines Gastgewerbes zurückzuführender Lärm eine Störwirkung entfaltet hat. Diese von der Behörde in einem Bescheid nach § 198 Abs. 5 GewO 1973 zu treffenden Feststellungen erfordern ‑ vom Fall der Offenkundigkeit der betreffenden Tatsachen im Sinne des § 45 Abs. 1 AVG 1950 abgesehen ‑ grundsätzlich, d.h. sofern nicht andere geeignete und zweckdienliche Beweismittel im Sinne des § 46 AVG 1950 zur Verfügung stehen, eine den technischen Wissenschaften entsprechende Ermittlung des Grundgeräuschpegels und des durch die Ausübung des Gastgewerbes verursachten Lärms, und sie erfordern ferner die Ermittlung der Auswirkungen des betreffenden Lärms auf das Wohlbefinden eines gesunden, normal empfindenden Menschen Das heißt, daß in einem Verfahren nach § 198 Abs. 5 GewO 1973 di Aufnahme sowohl eines Beweises durch einen technischen als auch eines Beweises durch einen medizinischen Sachverständigen notwendig wird. Außerdem sind die entsprechenden Ermittlungen an Ort und Stelle, d.h. bei der im Immissionsbereich liegenden Nachbarschaft vorzunehmen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 1980, Zl. 903/79).
Hiebei ist es zulässig, in einem derartigen Verfahren die Ergebnisse eines anderen Verfahrens zu verwerten, zumal dem Verwaltungsverfahren der Grundsatz der unmittelbaren Beweisaufnahme fremd ist (vgl. hiezu u das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 1986, Zl. 84/17/0218). Es muß auch der Sachverständige den seinem Gutachten zugrundeliegenden Befund nicht selbst erheben, es genügt, wenn sich aus dem Gutachten die Grundlagen und die Art ihrer Beschaffung ergeben (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 23. März 1983, Zl. 81/09/0059, u.a.).
Was in diesem Zusammenhang die Frage von Lärmbelästigungen betrifft, so sind exakte Messungen durchzuführen und es darf der Befund des Sachverständigen nicht allein auf Annahmen und Erfahrungswerten beruhen (vgl. hiezu u.a. das hg. Erkenntnis vom 12. Oktober 1986, Slg. N.F. Nr. 9147)A ‑ nur Rechtssatz).
Der Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit im Sinne des § 37 AVG 1950 bedeutet, daß die Behörden von sich aus, ohne an das Parteienvorbringen gebunden zu sein, den Sachverhalt durch die Aufnahme der nötigen Beweise festzustellen hat, wobei gemäß § 46 AVG 1950 als Beweismittel alles in Betracht kommt, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach der Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. Das Verwaltungsverfahren wird demnach vom Grundsatz der Unbeschränktheit der Beweismittel beherrscht, dem zufolge die in den §§ 47 bis 55 AVG 1950 besonders behandelten Beweismittel keine erschöpfende Aufzählung darstellen. Somit war es der belangten Behörde unbenommen, wenn sie ‑ im übrigen durchaus im Einklang mit § 55 Abs. 1 AVG 1950 ‑ die Ergebnisse der Vornahme eines unangesagten Lokalaugenscheines ohne Beiziehung der Parteien verwertete. Die Beschwerdeführerin verkennt auch die Rechtslage, wenn sie darin, daß sie einer derartigen Beweisaufnahme nicht zugezogen worden sei, einen Verfahrensmangel erblickt, weil die Vorschrift der Wahrung des Parteiengehörs nicht mit dem Anspruch auf persönliche Anwesenheit bei einer Beweisaufnahme gleichzusetzen ist (vgl. hiezu u.a. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1978, Zl. 2135/76).
Der Beschwerde kommt aber insofern Berechtigung zu, als sie mangelnde ausreichende Feststellungen und Erörterungen in dem dem Vorstellungsverfahren zugrundeliegenden verwaltungsbehördlichen Verfahren rügt. Dies trifft nämlich entsprechend den obigen Darlegungen insbesondere in Ansehung des von den Gemeindebehörden herangezogenen gewerbetechnischen Amtssachverständigengutachtens zu, wozu lediglich dargelegt wird, aus dem Gutachten gehe hervor, die Messungen hätten ergeben, daß die Grenze der zumutbaren Störung im Durchschnitt um 3 bis 5 dB überschritten werde, und daß die Lärmauswirkungen nur dann auf ein zumutbares Ausmaß zu senken seien, wenn die Lärmimmissionen um mindestens 10 dB reduziert würden.
Abgesehen davon, daß die Frage der „unzumutbaren Belästigung“ im oben dargestellten Sinn im Rechtsbereich von der entscheidenden Behörde vorzunehmen ist, fehlt in diesem Zusammenhang eine dem § 60 AVG 1950 entsprechende Bescheidbegründung, die eine Prüfung der Schlüssigkeit des gewerbetechnischen Amtssachverständigengutachtens zuließe. Da die belangte Behörde diesen Umstand im Rahmen der ihr im Sinne der obigen Darstellung obliegenden Prüfungsbefugnisse nicht wahrnahm, belastete sie den angefochtenen Bescheid schon im Hinblick darauf mit einer Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu seiner Aufhebung zu führen hatte, ohne daß es einer weiteren Erörterung des Beschwerdevorbringens bedurfte.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Wien, 25. September 1990
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)