BVwG W168 2249162-1

BVwGW168 2249162-118.1.2023

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2023:W168.2249162.1.00

 

Spruch:

 

W168 2249162-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Dr. Bernhard MACALKA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Usbekistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.10.2021, Zl. 1258412208/210175323, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.10.2022, zu Recht:

A)Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein usbekischer Staatsbürger, stellte am 08.02.2021 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Am selben Tag fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des BF statt.

Zu seinem Fluchtgrund befragt gab er an, dass sein Leben in Usbekistan in Gefahr gewesen sei, weshalb er das Land verlassen habe müssen, da er vom Staat verfolgt worden sei. Dies stelle den einzigen Fluchtgrund dar und er würde auf Nachfrage auch weitere Fragen beantworten. Bei einer Rückkehr habe er Angst um sein Leben, da er festgenommen oder umgebracht werden könnte. Seine gesamte Familie, einschließlich seiner Ehefrau und seiner beiden Töchter, seien in Usbekistan aufhältig, in Österreich habe der BF keine Familienangehörigen.

Zu seinen persönlichen Umständen befragt erklärte der BF, dass er im Herkunftsstaat einen Universitätsabschluss absolviert habe und zuletzt als Firmendirektor tätig gewesen sei.

3. Am 26.04.2021 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich zu seinem Antrag auf internationalen Schutz einvernommen und führte an, dass seine Muttersprache Tadschikisch sei und er auch die usbekische, russische und die englische Sprache beherrsche. Auf Vorhalt, dass er bereits am 21.01.2020 den ersten Antrag auf internationalen Schutz eingebracht habe und dieser ohne in die Sache einzutreten als unzulässig zurückgewiesen worden sei, da für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß Art. 12 Abs. 3 der Dublin III Verordnung Lettland zuständig gewesen sei und die Entscheidung am 09.03.2020 in Rechtskraft erwachsen sei und er in weiterer Folge Österreich am 21.08.2020 in die Ukraine verlassen habe, wo er bis 07.02.2021 aufhältig gewesen sei, um am 07.02.2021 erneut in das österreichische Bundesgebiet einzureisen, um einen Folgeantrag zu stellen, brachte der BF vor, dass er diese Angaben bestätigen könne. Er habe in der Ukraine keinen Asylantrag stellen können, da dieses Land mit Usbekistan ein Abkommen geschlossen habe, was das Land berechtige, usbekische Staatsbürger wieder in den Herkunftsstaat rückführen zu können. Überdies habe er dort Angst vor diskriminierenden Handlungen Rechtsextremer. Da Lettland Usbekistan vertrauliche Informationen übermittelt habe, habe er diesem Land nicht mehr vertrauen können. Zum weiteren Vorhalt, dass er im Zuge des ersten Asylverfahrens ein Reisedokument in Vorlage gebracht habe und nunmehr ohne Reisedokumente ins Bundesgebiet zurückgekehrt sei, erwiderte der BF, dass die Behörden den Reisepass an einen Bekannten übergeben hätten, der jedoch nicht mehr in der EU aufhältig sei. Die Frage, ob er eine prominente Persönlichkeit in Usbekistan sei oder einen bestimmten Bekanntheitsgrad in Usbekistan erlangt habe, wurde vom BF verneint. Er sei nicht in Behandlung und nehme keine Medikamente ein bzw. leide nicht an einer lebensbedrohlichen Erkrankung. Bezüglich Beweismittel könne er Ausdrucke einer Nachrichtenagentur und ein Schreiben bzw. Antwortschreiben von der Staatsanwaltschaft vorlegen. Überdies wolle er Schreiben vorlegen, die belegen könnten, dass man ihm Steuerhinterziehung und Unterschlagung unterstelle, um einen Festnahmegrund zu kreieren. Er gehöre der Volksgruppe der Tadschiken an und habe sich im Herkunftsstaat nicht religiös oder politisch betätigt. Die Fragen, ob er im Bundesgebiet eine Moschee besuche oder jemals Kontakt zu extremistischen Gruppierungen gehabt habe, wurde vom BF verneint. Befragt, über welche Ausbildung er verfüge, führte der BF an, dass er nach Abschluss der Grundschule in Russland Diplomatie studiert und absolviert habe und sich anschließend in England aufgehalten habe, wo er Business sowie Management studiert habe. Er habe einen Master Titel. Auf Aufforderung, seinen Lebenslauf anzugeben, erklärte der BF, dass er im Jahr 2013 das Geschäft seines Vaters übernommen habe und immer noch als Direktor dieser Firma tätig sei. Sein Einkommen habe ungefähr 5.000-6.000,- Euro betragen. Zur Frage, wie hoch sein aktuelles Vermögen sei, replizierte der BF, dass er eine Wohnung und ein Auto habe, seine Bankkonten jedoch eingefroren worden seien. Der Kauf einer Wohnung in Wien sei ihm verweigert worden. Er habe aktuell ungefähr 2000-3000 Euro auf dem Konto, wenn er jedoch Geld benötige, würde ihm dieses von seiner Familie überwiesen werden. Er sei verheiratet und habe zwei Töchter, die er allesamt zuletzt am 16.09.2019 gesehen habe, die er aber einmal in der Woche kontaktiere. Auf Nachfrage, wieso es seiner Ehefrau und seinen Kindern weiterhin möglich sei, in Usbekistan zu leben, führte der BF an, dass sie aktuell keine Probleme in Usbekistan hätten, seine Töchter jedoch nicht in einem Kindergarten aufgenommen worden seien. Seine Eltern und Geschwister seien ebenfalls nach wie vor in Usbekistan wohnhaft, in Österreich habe er keine Verwandte. Er würde gerne als Handelsvertreter für Medizinprodukte in Tadschikistan tätig sein. Die Frage, ob er einer Beschäftigung nachgehe oder in Vereinen oder Organisationen in Österreich tätig sei, wurde vom BF verneint. Er versuche selbstständig Deutsch zu lernen. Seinen Lebensunterhalt könne er durch Unterstützungsleistungen seiner Mutter sowie seiner Schwester decken. Die Frage, ob er im Herkunftsstaat Strafrechtsdelikte begangen habe, Probleme mit der Polizei oder anderen Stellen gehabt habe oder er Mitglied einer Partei oder einer terroristischen Organisation sei, wurde vom BF verneint. Es sei gegen ihn jedoch ein Gerichtsverfahren wegen den zuvor erwähnten Paragraphen anhängig. Sein Bruder sei zwar von 2016-2017 in einer Jugendpartei in Usbekistan Mitglied gewesen, der neue Präsident habe solche Aktivitäten jedoch verboten. Die Fragen, ob er im Herkunftsstaat gefoltert, geschlagen oder persönlich bedroht worden sei, wurden vom BF bejaht. Er könne individuell-konkrete Fluchtgründe darlegen.

Zum Fluchtgrund befragt, gab der BF an, dass er nach seinem Studium das Geschäft seines Vaters übernommen habe und dieses Geschäft floriert sei, es sei nach dem Tod des Präsidenten jedoch zu einem Machtwechsel gekommen und es sei eine neue Verordnung bezüglich der Rekonstruierung der Stadt Samarkand erlassen worden, die eine Erneuerung der Fassaden vorgesehen habe. Sein eigenes Geschäft sei auch von einem Befehl betroffen gewesen, der einen Abriss des Gebäudes vorgesehen habe. Der BF habe nach Erhalt des Bescheides seitens des Bürgermeisters Beschwerde eingebracht, diese sei jedoch zurückgewiesen worden, woraufhin er den Instanzenweg ausgeschöpft habe, da der Abriss sowohl die usbekische Verfassung als auch ein einfaches Bundesgesetz verletze, indem die Maßnahmen nicht mit den Eigentümern besprochen worden seien, um eine einvernehmliche Entscheidung über den Abriss zu treffen. Der BF sei nicht einmal über den drohenden Abriss seines Geschäftes informiert worden und er habe überdies auch keine Entschädigungssumme erhalten. Im Zuge einer Versammlung habe der örtliche Landeshauptmann seine Mitarbeiter beauftragt, das erwähnte Gebäude des BF schnellstmöglich abzureißen. Da Beschwerden in allen Instanzen nicht erfolgsversprechend gewesen seien, habe er den Chefredakteur einer bekannten Onlinezeitung getroffen und diesem seine Schwierigkeiten dargelegt. Mithilfe mehrerer, vom BF vorgelegter Unterlagen habe dieser Mann in weiterer Folge einen Artikel veröffentlicht. Am 16.09.2019 habe der BF eine weitere Beschwerde beim Präsidentenamt einlegen wollen, sei jedoch auf dem Weg von drei Männern in ein Auto gezerrt und entführt worden. Anschließend sei er in einem Keller eines Sicherheitsdienstes von zwei Männern geschlagen und gefoltert worden. Der dritte Mann habe ihn wenig später aufgefordert, seine bereits eingebrachte Beschwerde zurückzuziehen und die Bescheide zu akzeptieren. Überdies habe er vom BF verlangt, die bereits veröffentlichen Anschuldigungen zurückzuziehen. Sie hätten ihn letztendlich freigelassen, woraufhin der BF ein Krankenhaus aufgesucht und seinen Fuß versorgt habe. Nachdem der BF seinem Vater über den Vorfall berichtet habe, habe dieser in weiterer Folge einen Bekannten verständigt, bei dem sich der BF verstecken habe können. Am 23.09.2019 habe es sowohl in seinem Haus als auch in seiner Firma eine Durchsuchung gegeben und die Behörden hätten ihm die bereits zuvor erwähnten Paragraphen unterstellt. Sein Computer sowie Harddiscs seien beschlagnahmt worden. Nachgefragt, was nun der ausschlaggebende Punkt gewesen sei, aufgrund dessen er den Antrag eingebracht habe, entgegnete der BF, dass er nunmehr erfahren habe, dass das Gebäude abgerissen werde und fast nichts übriggeblieben sei. Sein Bekannter habe ihm dazu geraten, nicht zurückzukehren, da ihm nach wie vor zwei Strafdelikte unterstellt werden würden, aufgrund derer er inhaftiert werden könnte. Er sei zwar bis dato nicht verurteilt worden, es gebe jedoch einen Festnahmeauftrag. Seinem Rechtsanwalt sei die Akteneinsicht verweigert worden. Befragt, ob die Enteignungen nur ihn selbst betroffen hätten oder ob auch andere Geschäftsleute beeinträchtigt worden seien, erwiderte der BF, dass sich die anderen Personen eine Einigung mit den Behörden erzielt hätten. Er selbst habe die ihm vorgelegten Unterlagen jedoch nicht unterschreiben wollen, da er für seine Grundrechte als usbekischer Staatsbürger eintreten habe wollen und daher alle Instanzen auszuschöpfen versucht habe. Nachgefragt, was sich aktuell an diesem Ort befinde, erwiderte der BF, dass nur mehr ein kleiner Teil des Geschäftes bestehe und der Rest abgerissen worden sei, da ein großer Wohnkomplex errichtet werden soll. Der Abriss sei jedoch nicht rechtmäßig erfolgt, da für die getroffenen Vorgänge kein Bescheid erlassen worden sei. Auf Nachfrage, wieso man wissen könne, dass er keine Abfindung erhalten habe und der Komplex nicht ordnungsgemäß abgerissen worden sei, erklärte der BF, dass er ansonsten nicht geflohen wäre. Er habe die Erlaubnis für einen Abriss nicht unterschrieben und es sei dennoch unerlaubt auf seinem Grundstück gebaut worden. Wer nunmehr der Eigentümer des Grundstücks sei, wisse er nicht. Zur Frage, wieso es ihm gerade jetzt nicht möglich sei, nach Hause zurückzukehren, brachte der BF vor, dass er Angst vor unrichtigen Vorhaltungen und gefälschten Beweismittel habe, die ihn ins Gefängnis bringen könnten. Es bestehe für ihn derzeit auch keine Möglichkeit, die Anschuldigungen zu widerlegen. Auf die Frage, was geschehen müsste, damit er nach Usbekistan zurückkehren könnte, replizierte der BF, dass aufgrund der Veröffentlichung des Artikels zahlreiche Personen verärgert gewesen seien. Nur ein Regierungswechsel könne die Probleme des BF beseitigen.

Auf Aufforderung, konkrete Angaben zu den Geschehnissen rund um seine geschilderte Entführung zu machen, gab der BF zu Protokoll, dass ihn die Männer seitlich gepackt und ins Auto gezerrt hätten. Anschließend sei er in einem Keller gewesen. Auf Vorhalt, seine Angaben konkreter auszuführen, erklärte der BF, dass im Keller zwei andere Männer anwesend gewesen seien, die ihre Ärmel hochgekrempelt hätten. Auf die Bitte, dies konkret zu beschreiben, entgegnete der BF, dass diese ihn beschimpft und auf den Kopf geschlagen hätten. Anschließend sei er auf den Boden gelegt worden und am Fuß mit einem Schlagstock zugerichtet worden. In der Früh sei er entführt worden und am Abend bereits in ein Krankenhaus gebracht worden. Als er mehrere Male ohnmächtig geworden sei, habe ihn der dritte Mann beschimpft und aufgefordert, dass er die Beschwerden gegen die Behörden einstellen müsse. Letztendlich habe er vom BF auch verlangt, den Artikel zurückzunehmen. Zur Frage, welche Verletzungen er davongetragen habe, entgegnete der BF, dass er auf den Kopf, die Nieren und auf die Füße geschlagen worden sei. Zum weiteren Vorhalt, dass er nur oberflächliche Angaben mache und konkreter werden sollte, führte der BF an, dass er überdies auch mit Füßen und Händen aufgehängt worden sei und im Zuge dessen sein Knie verletzt worden sei und ihm deshalb im Spital ein Verband angelegt worden sei. Zur Frage, ob er den Keller beschreiben könne, replizierte der BF, dass eine Eisentreppe in den Keller geführt habe und das Gebäude insgesamt feucht und alt gewesen sei. Die gelben Fliesen seien aus den Zeiten der Sowjets gewesen und es habe keine Fenster und nur eine Tür gegeben. Neben einem Stuhl und einem Tisch habe es keine weiteren Möbel gegeben. Es habe im Raum nach Chlor und Schimmel gerochen. Befragt, ob er die Personen beschreiben könne, die ihn entführt hätten, entgegnete der BF, dass er den Mann beschreiben könne, den ihn aus dem Raum entlassen habe. Dieser habe einen kleinen Bauch, kurze Haare sowie eine ernste Miene gehabt und eine Lederjacke getragen. Auf die Frage, wie es nach seiner Freilassung weitergegangen sei, erklärte der BF, dass ihn die Leute dann in weiterer Folge in ein Krankenhaus gebracht hätten. Er wisse nicht, weshalb er ins Spital gekommen sei. Nach dem Aufenthalt habe er sich mit seinem Vater getroffen, um seine Ausreise zu planen. Die Fragen, ob er je beim Militär oder anderen staatlichen Stellen gewesen sei oder aktiv an bewaffneten Konflikten teilgenommen habe, wurden vom BF verneint. Befragt, ob er die Möglichkeit gehabt habe, in seiner Heimat Schutz zu beantragen oder Schutz zu finden, gab der BF an, dass er um Hilfe gebeten habe, aber entführt worden sei. Nachgefragt, woher er wisse, dass es sich bei den Entführern um staatliche Behörden handle, erwiderte der BF, dass allgemein bekannt sei, wie usbekische Behörden agieren würden. Er habe keine konkreten Feinde, sei jedoch vom Staat bestraft worden, da er sich gegen rechtswidrige Handlungen zur Wehr gesetzt habe. Auf Vorhalt, wieso er nicht zumindest kurzfristig in Taschkent unterkommen könnte, entgegnete der BF, dass dies nur für kurze Zeit möglich wäre, bis man ihn finden würde. Die Frage, ob er Steuern hinterzogen habe oder sonstige Delikte begangen habe, wurde vom BF verneint. Dieser Vorwurf sei lediglich aufgrund seiner eingebrachten Beschwerde gegen ihn erhoben worden.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme wurden vom BF mehrere Zeitungsartikel in usbekischer Sprache, eine Bestätigung über eine Einstellung für die Position des Direktors vom 30.12.2013 in usbekischer Sprache und in deutscher Übersetzung, ein Beschluss des Vollzugskomitees über die Nutzung der Bodenfläche eines Kleinunternehmens „NUR“ vom 28.02.1991 in usbekischer Sprache und in deutscher Übersetzung, ein Auszug aus dem Staatskataster der Republik Usbekistan von 2004 in usbekischer Sprache und in deutscher Übersetzung, eine Bestätigung über die Abgabe zum Benutzen der fertiggebauten Gebäude und über die Vermietung der Bodenfläche vom 20.04.2004 in deutscher Übersetzung sowie im Original, eine Eingabe über das dauerhafte Nutzungsrecht an einer Bodenfläche vom 23.06.2007 in usbekischer Sprache und in deutscher Übersetzung, eine Anspruchserklärung der Republik Usbekistan vom 22.06.2020 über ein Entschädigungsangebot an das Unternehmen „NUR“, das jedoch abgelehnt worden sei (in usbekischer Sprache und in deutscher Übersetzung), Beschwerde Anwendung vom 07.07.2020 in usbekischer Sprache und in deutscher Übersetzung, Entschließungsbeschluss eines Verwaltungsgerichts über die teilweise Ungültigkeitserklärung des Antrages des Kleinunternehmens „NUR“, eine Beschwerde des Unternehmens „NUR“ vom 02.09.2020, die Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichtes teilweise für ungültig zu erklären, eine Entscheidung eines regionalen usbekischen Administrativgerichts vom 14.12.2020 über die Bestätigung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts der Stadt Sarmakand vom 23.07.2020 und der Zurückweisung der Berufung des BF, ein Ausweis über die Aufnahme mehrerer Geschäftseinheiten in das Einzelstaatregister vom 27.12.2018 in usbekischer Sprache und in deutscher Übersetzung, eine Bescheinigung über die Registrierung eines Kredits bei einer Bank vom 15.05.2021 in deutscher Übersetzung sowie im Original, eine Bescheinigung vom 30.04.2021 über die Registrierung des privaten Kleinunternehmens „NUR“ in der staatlichen Steuerinspektion ohne Steuerschulden im Original sowie in deutscher Übersetzung, Information vom 24.12.2020 in deutscher Übersetzung sowie im Original, dass sich das Gebäude des Kleinunternehmens „NUR“ in der Pufferzone der architektonischen Ausstellung befinden würden, die in der UNESCO Welterbeliste enthalten seien, eine Heiratsurkunde vom 10.12.2016 in deutscher Übersetzung sowie im Original, eine Bescheinigung über eine Fahndung wegen Art 167 sowie Art. 184 des Strafgesetzes der Republik Usbekistan sowie ein Urteil über die Abweisung der Beschwerde gegen einen Bescheid der Stadtverwaltung vom 08.07.2019, ein vom 08.05.2014 bis zum 07.05.2024 gültiger usbekischer Reisepass und mehrere Visa und Zeitungsartikel in Vorlage gebracht.

4. Mit dem gegenständlichen, im Spruch angeführten, angefochtenen Bescheid vom 21.10.2021 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Usbekistan abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß § 57 Asylgesetz nicht erteilt. (Spruchpunkt III.) Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Usbekistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Begründend wurde ausgeführt, dass der BF zusammengefasst angegeben habe, wegen staatlichen Grundstücksenteignungen seines Kleinunternehmens verlassen habe, da auch ein gerichtliches Verfahren zu seinen Ungunsten entschieden worden sei. Weiters sei er mit den bevorstehenden Grundstücksenteignungen an die Medien herangetreten und sei nach medialer Veröffentlichung von Personen überfallen, entführt und gefoltert worden. Mit den von ihm vorgebrachten Angaben zu den Gründen der Ausreise habe der BF eine individuelle und konkrete Verfolgungsgefahr in seiner Heimat nicht glaubhaft darlegen können. Seine Behauptung einer konkreten Verfolgung in der Heimat könne nur als eine in den Raum gestellte Behauptung gewertet werden, der aufgrund der mangelnden Plausibilität und Nachvollziehbarkeit keine Glaubwürdigkeit geschenkt werden könne. Seine Ausführungen seien nur als teilweise glaubhaft einzustufen. Der BF habe im Verfahren Beweismittel vorgelegt und diese würden rechtsstaatlich geführte Verfahren bezüglich Grundstücksenteignungen aufweisen. Dem BF seien auch Entschädigungssummen angeboten worden, diese habe er aus sentimentalen Gründen jedoch nicht angenommen und habe stattdessen den Rechtsweg eingeschlagen. Der BF sei bei der Einvernahme nicht in der Lage gewesen, die Rahmenumstände und die Fluchtgründe konkret und detailliert zu schildern, die Darlegung des BF habe sich jedoch lediglich auf einige Eckpunkte einer Rahmengeschichte beschränkt, ohne diese durch die Präsentation spezifischer detaillierter Angaben anzureichern. Selbst auf Nachfrage der Behörde im Zuge der Einvernahme habe er die Ausführungen nicht lebensnahe und somit auch nicht nachvollziehbar glaubhaft machen können. Er habe dem BFA vermitteln wollen, dass die Akteure für den Staat gehandelt hätten, es dürfe an dieser Stelle jedoch in Erinnerung gerufen werden, dass alle Beschwerdeverfahren, auch nach dem behaupteten Vorfall, zum Abschluss gebracht worden seien und sohin auch für die Behörden nichts gewonnen wäre, selbst wenn man tatsächlich Leute an den BF angesetzt hätte. Zu den Folterhandlungen dürfe ergänzt werden, dass er diese nur vage und unkonkret dargelegt habe. Weiters habe er im Zuge seiner Schilderung sein Vorbringen gesteigert. Es wäre aufgrund seiner davon auszugehen, dass im erwähnten Krankenhaus zumindest ein längeres Monitoring stattgefunden hätte, was jedoch nicht der Fall gewesen sei. Überdies habe der BF vor Schilderung seiner Fluchtgründe etwaige Probleme mit Polizei und anderen staatlichen Stellen im Herkunftsstaat verneint. Auf Nachfrage und Konfrontation, dass die Angaben des BF äußerst vage und unkonkret seien, habe der BF erneut nur oberflächliche Angaben gemacht. Auf die Einsicht und die Abgabe einer Stellungnahme habe er im Verfahren verzichtet. Die Behauptung, dass Freunde seines Vaters an einer Rücknahme des vom BF initiierten Zeitungsartikels oder an einer eingebrachten Beschwerde interessiert wären, sei nicht nachvollziehbar, da die vom BF eingebrachte Beschwerde ohnehin abgewiesen worden sei. Es müsse daher angeführt werden, dass bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Bestehen einer asylrelevanten Gefahr für seine Person festgestellt worden seien. 5. Gegen diesen Bescheid erhob der BF am 19.11.2021 wegen eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens durch unrichtige Feststellungen fristgerecht in vollen Umfang Beschwerde. Die belangte Behörde habe bei Erlassung des gegenständlichen Bescheides ein willkürliches Verhalten gesetzt, das in die Verfassungssphäre des BF eingreife, indem sie in entscheidenden Punkten unterlassen habe, konkrete Ermittlungen anzustellen. Der BF sei der Meinung, dass sich die Behörde nur oberflächlich mit seinem Vorbringen auseinandergesetzt habe. Zudem habe es die belangte Behörde unterlassen, konkrete Länderfeststellungen zum Vorbringen des BF einzuholen und diese dem Fall entsprechend zu beurteilen. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde sei vollkommen unzureichend und zeige, dass sich die Behörde nicht ausreichend mit dem Vorbringen des BF auseinandergesetzt habe. Die belangte Behörde stelle in dem angefochtenen Bescheid fest, dass der BF keine konkrete Bedrohung für sich glaubhaft habe machen können, was einerseits aktenwidrig sei, weil der BF eine konkrete Verfolgungssituation dargelegt habe, andererseits würden sie auf einer mangelhaften Sachverhaltsermittlung sowie einer unschlüssigen Beweiswürdigung beruhen und daher § 60 AVG verletzen. Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.

6. Im Zuge einer Beschwerdeergänzung vom 14.10.2022 wurde vorgebracht, dass es dem BF im bisherigen Verfahren nicht möglich gewesen sei, Umstände vorzubringen, die Eingriffe in seine sexuelle Selbstbestimmung betreffen würden. Der BF sei in seinem Heimatland aufgrund der bereits vorgebrachten Vorfälle drei Tage lang gefoltert worden. Der BF sei erst von zwei Personen gefoltert worden, später sei noch eine weitere Person hinzugekommen, um dem BF Elektroschocks zu versetzen. Schließlich hätten sie dem BF gedroht, ihn mit einer Flasche zu vergewaltigen. Sie hätten vom BF verlangt, zur Zeitungsredaktion, die den bereits vorgelegten Zeitungsartikel veröffentlicht habe, zu gehen, um seine Vorwürfe öffentlich zurückzuziehen sowie zu den Behörden zu gehen, um seine Immobilien zu überschreiben. Dieses Vorbringen habe der BF bis zur Verhandlung vom 11.08.2022 nicht erstatten können, weil bei den Erstbefragungen bzw. Einvernahmen und zuletzt auch bei der Rechtsberatung durch den Verein Menschenrechte Österreich auch Frauen involviert bzw. vor Ort gewesen seien. Dem BF sei es aus Scham nicht möglich, diese Vergewaltigungsandrohungen in Anwesenheit von Frauen zu erstatten. Nachdem die Familie des BF anfangs noch keine Probleme im Heimatland gehabt habe, sei es inzwischen aufgrund der Flucht des BF weder für seine Ehefrau noch für seine Mutter möglich, eine Arbeit aufzunehmen. Seine Kinder würden nicht den Kindergarten wollen. Bis zuletzt hätten Beamte die Familie nach dem BF gefragt. Aufgrund der Vorfälle hätten auch der Vater sowie der Bruder des BF Ende 2020 das Land verlassen. Der BF habe gegen das Vorgehen der usbekischen Behörde verschiedene innerstaatliche Rechtswege in Usbekistan angestrengt. Allerdings fasse die usbekische Regierung die Rechtsverfolgung des BF ganz offensichtlich als Akt politischen Widerstands auf.

7. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 18.10.2022 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Russisch, sowie des Rechtsvertreters des BF eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Hierbei wurde dem BF die Gelegenheit eingeräumt, sämtliche Gründe für die Stellung des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz, als auch der Erhebung der Beschwerde gegen den verfahrensgegenständlichen Bescheid des BFA darzulegen. Dem BF wurde konkret die Möglichkeit geboten, durch ergänzende Ausführungen das Vorliegen einer ihn unmittelbar und konkret betreffenden, bzw. allgemeinen Gefährdung bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat glaubhaft zu machen.

Dem BF wurde im Zuge dieser Verhandlung vor dem BVwG insbesondere die Möglichkeit geboten, umfassend sämtliche Befürchtungen betreffend einer ihn persönlich und konkret mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit betreffenden asylrelevanten Gefährdung in Usbekistan konkretisiert darzulegen und das Vorliegen von solcherart Bedrohungen glaubhaft zu machen. Weites wurde der BF wurde unter Vorhalt der aktuellen Länderfeststellungen zu Usbekistan und bezogen auf die allgemeine Situation betreffend seiner Rückkehrbefürchtungen befragt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

 

1.1. Zur Person des BF:

 

Der BF ist Staatsangehöriger Usbekistans und seine Identität steht fest. Der BF gehört der Volksgruppe der Tadschiken und der sunnitischen Glaubensrichtung an.

 

Er stellte am 08.02.2021 nach unberechtigter Einreise in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz, nachdem er zuvor bereits am 21.01.2020 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hatte, der aufgrund der Zuständigkeit des Staates Lettland als unzulässig zurückgewiesen wurde.

 

Der Beschwerdeführer beherrscht die usbekische, tadschikische, russische sowie die englische Sprache. Der BF hat nach Abschluss der Schulpflicht in Usbekistan anschließend in Russland seinen Angaben zu Folge Diplomatie studiert und in England die Studienrichtung „Business Management“ abgeschlossen. Nach Absolvierung dieser Studien hat der Beschwerdeführer angegeben im Geschäft seines Vaters als Direktor tätig gewesen zu sein und mit dieser Anstellung monatlich zwischen 5.000-6.000 US-Dollar verdient zu haben.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF im Bereich im Bereich Großhandel und Arzneibedarf selbstständig war und 12 Medizinniederlassungen betrieben hat.

 

Die Ehefrau und die zwei Töchter des BF sind nach wie vor in Usbekistan wohnhaft. Mit diesen Personen steht der BF regelmäßig, etwa einmal in der Woche in Kontakt. Die Mutter und die beiden Schwestern des BF sind ebenfalls nach wie vor im Herkunftsstaat aufhältig, der Vater und der Bruder des BF sind in der Türkei wohnhaft. Die Ehefrau des BF lebt bei ihren Eltern. Der BF wird von seiner Familie durch Geldleistungen unterstützt.

 

Der BF leidet an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung.

 

Der BF ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

 

Der BF hat keine Verwandten in Österreich. Der BF ist nicht Mitglied in einem Verein oder in einer sonstigen Gruppierung. Der BF weist keine fortgeschrittenen Kenntnisse der deutschen Sprache auf. Das Vorliegen einer im gegenständlichen Verfahren besonders zu berücksichtigenden Integration konnte der BF insgesamt ausreichend glaubhaft nicht darlegen.

 

Der BF war in Österreich nicht erwerbstätig.

 

1.2. Zum Fluchtvorbringen und zur Rückkehrsituation:

 

Es kann nicht festgestellt werden, bzw. hat der BF es nicht glaubhaft machen können, dass dieser den behaupteten willkürlichen Gefährdungen durch staatliche Stellen ausgesetzt gewesen ist. Ebenso konnte der BF es nicht glaubhaft machen, dass dieser aufgrund vorangehenden Enteignungen bzw. den Unterstellungen seitens Behörden, zwei Straftaten begangen zu haben, ausgesetzt war bzw. im Falle einer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer ihn unmittelbar konkret betreffenden willkürlichen Gefährdung durch staatliche Stellen oder einzelne Personen aus asylrelevanten Gründen ausgesetzt wäre.

 

Festgestellt wird, dass der BF ausreichend glaubhaft nicht darlegen konnte, dass die im gegenständlichen Verfahren vorgebrachte Enteignung des BF in Usbekistan unrechtmäßig erfolgte, bzw. diese im gegenständlichen Fall Asylrelevanz entfalten könnte.

 

Insbesondere kann insgesamt nicht festgestellt werden, dass der BF einer asylrelevanten Verfolgung aufgrund einem in der Genfer Flüchtlingskonvention verankerten Grund ausgesetzt war oder ihm aus diesem Grund im Fall einer Rückkehr nach Usbekistan eine solche asylrelevante Verfolgung drohen würde.

 

Es kann nicht festgestellt werden, bzw. hat es der BF nicht glaubhaft gemacht, dass er vor seiner Ausreise aus seinem Herkunftsstaat einer konkreten individuellen Gefährdung oder psychischer und/oder physischer Gewalt in seinem Herkunftsstaat durch staatliche Organe oder durch Dritte aus asylrelevanten Gründen ausgesetzt war oder er im Falle einer Rückkehr dorthin einer solchen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt wäre.

 

Es kann nicht festgestellt werden, bzw. hat der BF es nicht glaubhaft machen können, dass dieser im Falle einer Rückkehr in seinem Herkunftsstaat die Todesstrafe oder einer sonstigen asylrelevanten Bedrohung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt wäre.

 

Ebenso kann keine anderweitige individuelle Gefährdung des BF festgestellt werden, insbesondere im Hinblick auf eine im Herkunftsstaat drohende unmenschliche Behandlung, Folter oder Strafe sowie im Hinblick auf kriegerische Ereignisse, extremistische Anschläge oder organisierte kriminelle Handlungen.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF vor seiner Ausreise in seinem Herkunftsstaat von einer existentiellen Notlage betroffen war oder einer solchen im Falle seiner Rückkehr ausgesetzt sein würde.

 

Der BF ist aufgrund seiner persönlichen Eigenschaften, sowie auch der angegebenen Ausbildungen grundsätzlich als erwerbsfähig zu qualifizieren.

 

Die Aufnahme einer für den BF entsprechenden Arbeit zur Bestreitung der notwendigen Lebenserhaltungskosten ist dem BF als jungen arbeitsfähigen Mann auch weiterhin im Herkunftsstaat möglich und zumutbar. Der BF verfügt über mehrere familiäre Anknüpfungspunkte zu Familienmitgliedern in seinem Herkunftsstaat.

 

Bei einer Rückkehr des BF in seinen Herkunftssaat ist dieser aufgrund der dort aktuell herrschenden Versorgungs – und Sicherheitslage nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer verfahrensrelevanten allgemeinen Bedrohung gem. Art. 8 AsylG ausgesetzt.

 

Es wird festgestellt, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des BF nach Usbekistan keine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.

 

Der BF war seit seiner Antragstellung durchgehend ausschließlich nur auf Grund des vorläufigen Aufenthaltsrechts während des Asylverfahrens rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.

 

Der BF verfügt in Österreich über keine relevanten familiären Anknüpfungspunkte. Ein besonders zu berücksichtigendes Nahe- bzw. Abhängigkeitsverhältnisses zu Personen im Bundesgebiet ist begründet insgesamt nicht dargelegt worden.

 

Eine Rückkehr des BF in den Herkunftsstaat stellt insgesamt keinen unzulässigen Eingriff in besonders durch Art. 3 EMRK oder Art. 8 EMRK geschützte Rechte dar.

 

Der BF erfüllt nicht die Voraussetzungen hinsichtlich der Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen.

 

Das Bestehen von besonderen Gründen, die für ein Verbleiben des BF im Bundesgebiet sprechen, bzw. das Vorliegen einer insgesamt besonders berücksichtigungswürdigen Integration in Österreich, kann in casu nicht festgestellt werden.

 

Wesentliche sonstige Gründe, die gegen eine Rückkehr des BF sprechen, sind dem vorliegenden Verwaltungsakt insgesamt nicht zu entnehmen, bzw. hat der BF das Vorliegen solcher im gegenständlichen Verfahren nicht ausreichend glaubhaft aufzeigen können.

 

1.3. Zur Situation im Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:

 

Die wesentlichen Feststellungen zum Herkunftsstaat lauten (Zusammengefasst und gekürzt durch das BVwG).

 

 Covid-19-Situation

Usbekistan ist von Covid-19 stark betroffen, wobei von einer hohen Dunkelziffer bei den Infektionszahlen auszugehen ist (AA 29.10.2021). Es gilt Maskenpflicht grundsätzlich in öffentlichen Bereichen und im öffentlichen Verkehr. Örtliche Hygiene- und Abstandsvorschriften können sich kurzfristig ändern (BMEIA 11.10.2021). Schutzmaßnahmen gelten im ganzen Land und können im Anlassfall in betroffenen Regionen auch verschärft werden. Aktuell sind landesweit fast alle öffentlichen Einrichtungen, Unternehmen, Hotels, Restaurants und Geschäfte geöffnet (WKO 3.11.2021). Das Abhalten von Massenveranstaltungen ist unter Einhaltung der Maskenpflicht usw. wieder erlaubt (GM 20.9.2021). Die Verpflichtung zur Verwendung von Schutzmasken, Abstandhalten und persönlicher Hygiene besteht weiterhin und wird auch wieder stärker kontrolliert (WKO 3.11.2021). Derzeit sind die meisten einschränkenden Maßnahmen aufgehoben. Bei Verstößen gegen die Hygienevorschriften können hohe Geldstrafen verhängt werden (AA 29.10.2021).

 

Usbekistan startete am 1.4.2021 mit der Massenimpfung gegen COVID-19 (WKO 3.11.2021). Unternehmen und Organisationen werden landesweit durch die Gesundheitsbehörden angehalten, ihre Mitarbeiter zu impfen. Arbeitgeber sind berechtigt, Covid-Impfverweigerer zu entlassen. Für einzelne Bevölkerungsgruppen gilt eine Impfpflicht. Folgende Impfstoffe kommen in Usbekistan zur Anwendung: ZF-UZ-VAC2001, AstraZeneca, Sputnik V, Moderna, Biontech. Mit Stand 30.6.2021 waren 4% der Bevölkerung vollständig geimpft (ZA 1.8.2021; vgl. ZA 1.10.2021, SR 4.8.2021). Covid-Impfungen sind kostenlos (GM o.D.). Es gibt zahlreiche Covid-Testlabors, und das Ergebnis ist rasch erhältlich (WKO 3.11.2021).

 

Die Einreise nach Usbekistan wird nur nach Vorlage eines negativen PCR-Tests gestattet, welcher nicht älter als 72 Stunden sein darf (WKO 3.11.2021; vgl. AA 29.10.2021). Es gibt keine Einreiseerleichterungen für Geimpfte und Genesene. Die Flughäfen in Usbekistan sind geöffnet, und sowohl internationale als auch nationale Flüge mit verschiedenen internationalen Fluglinien finden statt (WKO 3.11.2021). Der Grenzübergang zu Lande ist erfahrungsgemäß nicht immer möglich. Die usbekische Regierung gibt Änderungen von Regelungen zur Einreise sowie zur Eindämmung der Pandemie mitunter sehr kurzfristig bekannt, zum Teil nur über soziale Medien (AA 29.10.2021).

 

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (29.10.2021): Usbekistan: Reise- und Sicherheitshinweise (COVID-19-bedingte Reisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/usbekistansicherheit/206790 , Zugriff 10.11.2021

- BMEIA – Bundesministerium für Europäische und Internationale Angelegenheiten [Österreich] (11.10.2021): Reiseinformation: Usbekistan, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/usbekistan/ , Zugriff 10.11.2021, ua.

 

 Politische Lage

Usbekistans politisches System zählt zu den autoritären Systemen (HRW 13.1.2021; vgl. FH 28.4.2021, BS 2020, SWP 7.2020, ÖB 9.2020). Die Legislative und die Justiz sind der Exekutive untergeordnet. Innerhalb der Exekutive verfügt der Präsident über die meisten Machtbefugnisse. Der Präsident wird für maximal zwei Amtszeiten von jeweils fünf Jahren direkt gewählt (FH 3.3.2021; vgl. BS 2020, KAS 16.1.2020, SWP 7.2020, AA 9.3.2021a, AA 9.3.2021b). Gegenseitige Kontrollmechanismen innerhalb der Regierung fehlen (FH 6.5.2020). Der Präsident ernennt und entlässt unter anderem den Ministerpräsidenten, Minister, die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs und des Obersten Gerichtshofs sowie die Gouverneure der Gebietsverwaltungen. Der Präsident ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte (GIZ 12.2020a; vgl. CIA 26.10.2021, BAMF 8.2021). Der Einsetzung eines neuen Ministerkabinetts durch den Präsidenten muss seit 2019 das Parlament zustimmen (SWP 7.2020).

 

Im Zuge der Präsidentenwahl vom 24.10.2021 erfolgte die Wiederwahl von Schawkat Miromonowitsch Mirsijojew als Staatspräsident für eine zweite Amtsperiode mit einem Stimmenanteil von 80,1%. Insgesamt traten 5 Kandidaten, darunter eine Frau, zur Wahl an. Die Wahlbeobachtungsmission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) stellte fehlenden Pluralismus und Unregelmäßigkeiten beim Wahlverfahren fest. Mitglieder der Opposition waren von der Wahl ausgeschlossen. Die Wahlbeteiligung betrug 80,8% (OSZE 25.10.2021; vgl. BAMF 8.11.2021, ZWK 25.10.2021). Schlüsselpositionen sind von Mitgliedern der Familie des Präsidenten besetzt (FH 3.3.2021; vgl. SWP 7.2020).

 

Usbekistan hat ein Zweikammer-Parlament (Olij Maschlis), dessen Abgeordnete für fünf Jahre gewählt werden. Das Unterhaus umfasst 150 Sitze und wird direkt gewählt. Das Oberhaus, der Senat, besteht aus 100 Abgeordneten. 84 Abgeordnete werden von Regionalräten gewählt, und 16 Abgeordnete werden vom Präsidenten ernannt (FH 3.3.2021; vgl. FH 6.5.2020, AA 9.3.2021b).

 

Die letzten Parlamentswahlen (Wahl des Unterhauses) fanden im Dezember 2019 statt (Stichwahl 5.1.2020) (USDOS 30.3.2021; vgl. EN 6.1.2020, AI 16.4.2020). Die Wahlbeteiligung betrug im ersten Wahlgang 71,1% und im zweiten Wahlgang 62,8% (ZA 31.1.2020). Die Wahlbeobachtungsmission der OSZE stellte fest, dass sich zwar die gesetzlichen Vorgaben gebessert haben und unabhängige Stimmen auf mehr Toleranz stießen, dass jedoch ein echter Wettbewerb nicht stattgefunden hat und die Verfahrensregeln am Wahltag nicht gänzlich eingehalten wurden. Es kam unter anderem zu mehrfachen Stimmabgaben. OSZE-Wahlbeobachter zeigten sich wegen des Fehlens unabhängiger Oppositionsparteien besorgt. Auch waren keine unabhängigen Kandidaten zugelassen. Es wurde eine Frauenquote von 30% für das Parlament eingeführt (OSZE 13.5.2020; vgl. USDOS 30.3.2021, AI 16.4.2020, HRW 13.1.2021, FH 3.3.2021, BS 2020). Im Zuge der letzten Parlamentswahl kam die Präsidentenpartei, die Liberaldemokraten, auf 53 Sitze (35%). Die Demokratische Partei Millij Tiklanisch (Nationale Wiedergeburt) kam auf 36 Sitze (24%), die Sozialdemokratische Partei Adolat (Gerechtigkeit) auf 24 Sitze (16%), und die Volksdemokratische Partei kam auf 22 Sitze (15%). Die Ökologische Partei Usbekistans kam auf 15 Sitze (10%). Alle diese Parteien sind regierungsfreundlich (OSZE 13.5.2020; vgl. KAS 16.1.2020, FH 3.3.2021).

 

Mahallas (Nachbarschaftskomitees) sind gemäß der Verfassung lokale Selbstverwaltungskörper. Seit 1992 sind sie in den Staatsapparat eingegliedert. Dadurch wurden die Mahallas zu Einrichtungen, welche vom Staat strikt kontrolliert werden (FH 28.4.2021; vgl. GIZ 12.2020a, USDOS 30.3.2021).

 

Mit der Europäischen Union hat Usbekistan ein Partnerschafts- und Kooperationsabkommen abgeschlossen, welches 1999 in Kraft trat (AA 9.3.2021b; vgl. EEAS 17.11.2020).

 

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.3.2021a): Usbekistan: Steckbrief, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/steckbrief/206788?openAccordionId=item-206802-1-panel , Zugriff 10.11.2021

- AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.3.2021b): Usbekistan: Politisches Porträt, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/politisches-portrait/206826 , Zugriff 10.11.2021,

- AI – Amnesty International (16.4.2020): Human Rights in Eastern Europe and Central Asia - Review of 2019 - Uzbekistan [EUR 01/1355/2020], https://www.ecoi.net/de/dokument/2028175.html , Zugriff 10.11.2021

- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (8.11.2021): Briefing Notes, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/BriefingNotes/2021/briefingnotes-kw45-2021.pdf?__blob=publicationFile&v=3 , Zugriff 16.11.2021, ua.

 

 Sicherheitslage

Landesweit, aber insbesondere in den Grenzregionen zu Afghanistan und in den Grenzgebieten zu Tadschikistan und Kirgisistan, ist von einer latenten Gefährdung durch islamistisch orientierte extremistische Gruppen auszugehen (AA 29.10.2021). Derzeit ist die Landgrenze zu Afghanistan geschlossen (BMEIA 11.10.2021). Die usbekischen Vollzugsbehörden unterhalten eine Terroristen-Watchlist (USDOS 24.6.2020a). Laut usbekischen Behörden schlossen sich in den vergangenen Jahren tausende usbekische Bürger verschiedenen islamistischen militanten Gruppierungen in Syrien und Irak an (RFE/RL 19.2.2020). Usbekische Staatsangehörige stellen einen nicht geringen Teil von Foreign Terrorist Fighters (FTF) (ÖB 9.2020). Im April 2021 wurden 24 Frauen und 69 Kinder (Familien von IS-Kämpfern) aus Syrien repatriiert. Bisher repatriierte Usbekistan 438 Frauen und Kinder aus Syrien, Irak und Afghanistan (Reuters 30.4.2021; vgl. ÖB 9.2020).

 

Die Islamische Bewegung Usbekistans verfolgt das Ziel eines Regierungsumsturzes und der Schaffung eines islamischen Staats. Die Bewegung ist vor allem in Afghanistan aktiv. Die Islamische Bewegung Usbekistans unterhält seit einem Jahrzehnt Beziehungen zur El Kaida und den Taliban. 2015 legte die Islamische Bewegung Usbekistans den Treueeid auf ISIS ab. Die zahlenmäßige Stärke der Islamischen Bewegung Usbekistans ist unbekannt (USDOS 24.6.2020b).

 

Immer wieder kommt es zu ethnischen Unruhen im Raum des Ferganatals – dem Dreiländereck, wo sich die Landesgrenzen von Usbekistan, Kirgisien und Tadschikistan treffen (RFE/RL 5.6.2020). Das Ferganatal ist von zum Teil strittigen Grenzverläufen betroffen (BMEIA 11.10.2021). Im Nahbereich des Ferganatals befinden sich zahlreiche Exklaven, beispielsweise die Exklave Sokh. Diese Exklave gehört zu Usbekistan, ist mit ethnischen Tadschiken besiedelt, immer wieder ein Unruheherd und befindet sich in Kirgisien [ca. 20 Kilometer von der nächstgelegenen usbekischen Stadt, Rishtan, auf dem Festland entfernt] (RFE/RL 5.6.2020). Im März 2021 einigten sich die Ministerpräsidenten von Usbekistan und Kirgistan auf einen Vertrag zur Beendigung der Grenzstreitigkeiten, beispielsweise in Bezug auf die 85.000 Einwohner umfassende Exklave Sokh. Der Vertrag sieht unter anderem die Öffnung zahlreicher Grenzübergänge vor und eine Einigung über umstrittene Gebietsteile, darunter Zugang zu Bewässerungsinfrastrukturen (EN 26.3.2021).

 

Außenpolitisch bekennt sich die Regierung zur Neutralität (SWP 7.2020; vgl. ÖB 9.2020).

 

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (29.10.2021): Usbekistan: Reise- und Sicherheitshinweise (COVID-19-bedingte Reisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/usbekistansicherheit/206790 , Zugriff 10.11.2021

- BMEIA – Bundesministerium für Europäische und Internationale Angelegenheiten [Österreich] (11.10.2021): Reiseinformation: Usbekistan, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/usbekistan/ , Zugriff 10.11.2021

- EN – Eurasianet (26.3.2021): Kyrgyzstan, Uzbekistan sign deal to end border disputes, https://www.ecoi.net/de/dokument/2047906.html , Zugriff 10.11.2021

- ÖB – Österreichische Botschaft Usbekistan [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht Usbekistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2063649/USBE_%C3%96B-Bericht_2020_09.pdf , Zugriff 10.11.2021, ua.

 

Rechtsschutz / Justizwesen

In der Praxis ist die Justiz weder unabhängig noch unparteilich, obwohl dies von der Verfassung garantiert ist (USDOS 30.3.2021; vgl. UNHRCC 20.4.2020, ÖB 9.2020). Die Justiz ist politischem Druck durch die Exekutive und Legislative ausgesetzt (FH 3.3.2021; vgl. BS 2020, UNHRCC 20.4.2020, ÖB 9.2020).

 

Richter werden vom Obersten Justizrat nach Zustimmung des Senats für eine verlängerbare Amtszeit von fünf Jahren ernannt und können vom Obersten Justizrat entlassen werden (USDOS 30.3.2021; vgl. BAMF 8.2021). Die Richter der Höchstgerichte werden vom Präsidenten nominiert und vom Senat bestätigt (CIA 26.10.2021; vgl. UNHRCC 20.4.2020). Der Präsident spielt eine gewichtige Rolle bei der Ernennung von Mitgliedern des Obersten Justizrats (UNHRCC 20.4.2020). Experten berichten über einen Mangel an qualifiziertem Personal in der Justiz, über Korruption und die dominierende Rolle von Staatsanwälten im Justizsystem. In Usbekistan gibt es nur wenige Rechtsanwälte, vor allem außerhalb der Hauptstadt (FH 6.5.2020; vgl. UNHRCC 20.4.2020).

 

Gesetzlich ist das Recht auf ein faires und öffentliches Gerichtsverfahren garantiert, jedoch wird dieses Recht in der Praxis nicht immer respektiert (USDOS 30.3.2021; vgl. FH 3.3.2021, FH 28.4.2021). Obwohl gemäß dem usbekischen Strafgesetzbuch die Unschuldsvermutung gilt, folgen Richter für gewöhnlich den Empfehlungen der Staatsanwälte. Angeklagte haben unter anderem das Recht, an Gerichtsverfahren teilzunehmen und Beweismittel vorzulegen. Jedoch lehnen Richter Anträge der Verteidigung häufig ab und verweigern damit die Ladung zusätzlicher Zeugen sowie die Aufnahme entlastender Beweismittel. Bei Bedarf werden ein Rechtsbeistand und Dolmetscher kostenlos zur Verfügung gestellt. Glaubhaften Berichten zufolge handeln staatlich bestellte Verteidiger jedoch routinemäßig im Interesse der Regierung und nicht ihrer Mandanten (USDOS 30.3.2021).

 

Die Generalstaatsanwaltschaft und Gesetzesvollzugsbehörden setzen gelegentlich Mitglieder der Justiz unter Druck, um so die Urteilsfindung zu beeinflussen. Richter stützen ihre Urteile oft ausschließlich auf Geständnisse und Zeugenaussagen, welche in manchen Fällen durch Misshandlungen, Bedrohung Familienangehöriger oder anderweitig durch Zwang gewonnen wurden. Diese Methoden wenden Behörden üblicherweise vor allem in Fällen von religiösem Extremismus an. Gesetzlich ist es verboten, im Rahmen von Gerichtsverfahren Beweismaterial zu verwerten, welches durch Folter gewonnen wurde. Es gibt ein Recht auf Berufung. Zwar führen Berufungen selten zur Aufhebung eines Urteils, doch kann in manchen Fällen eine Verringerung oder Aussetzung von Strafen erwirkt werden (USDOS 30.3.2021).

 

Bürger können bei Zivilgerichten wegen behaupteter Menschenrechtsverletzungen durch Beamte (mit Ausnahme von Ermittlern, Staatsanwälten und Richtern) Klage erheben. Es wird berichtet, dass Bestechungsgelder für Richter Gerichtsentscheidungen beeinflussen (USDOS 30.3.2021).

 

Quellen:

- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (8.2021): Länderreport 42: Usbekistan (Allgemeine Länderkunde und Menschenrechtslage in ausgewählten Themenfeldern), https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/Laenderreporte/2021/laenderreport-42-Usbekistan.pdf?__blob=publicationFile&v=2 , Zugriff 10.11.2021

- BS – Bertelsmann Stiftung (2020): Uzbekistan Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029522/country_report_2020_UZB.pdf , Zugriff 10.11.2021

- CIA – Central Intelligence Agency [USA] (26.10.2021): The World Factbook: Uzbekistan, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/uzbekistan/ , Zugriff 2.11.2021

- FH – Freedom House (28.4.2021): Nations in Transit 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2050464.html , Zugriff 10.11.2021, ua.

 

 Sicherheitsbehörden

Zivilbehörden üben im Allgemeinen eine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte aus, jedoch sind die Strukturen der zivilen Behörden von den Sicherheitsdiensten durchdrungen (USDOS 30.3.2021). Usbekistans Sicherheitsdienste verfügen über weitreichende Befugnisse (HRW 13.1.2021). Es gibt Berichte, dass die Regierung bzw. Regierungsvertreter rechtswidrige und willkürliche Tötungen begangen haben. Straffreiheit ist ein allgegenwärtiges Problem. Es kam zu einer leichten Steigerung von Strafverfolgungen von Beamten, welche beschuldigt wurden, Missbrauchsdelikte begangen zu haben (USDOS 30.3.2021; vgl. AI 16.4.2020).

 

Die Regierung benutzt die geschätzt 12.000 Nachbarschaftskomitees (Mahallas) als Informationsquelle über potenzielle „Extremisten“. Diese Komitees bieten verschiedene soziale Unterstützungsfunktionen an, fungieren aber auch als Informanten für die Regierung und Gesetzesvollzugsbehörden und geben Auskunft über Mitglieder der Ortsgemeinschaft. Mahallas in ländlichen Gebieten sind tendenziell einflussreicher als in Städten (USDOS 30.3.2021).

 

Usbekistans Streitkräfte setzen sich aus der Armee, Luftstreitkräften, Luftabwehrkräften, der Nationalgarde und den internen Sicherheitstruppen des Innenministeriums zusammen. Die Gesamttruppenstärke der Streitkräfte sowie der Sicherheitsdienste beträgt gemäß Schätzungen aus dem Jahr 2021 zwischen 50.000 und 60.000 (CIA 26.10.2021). Seit September 1994 ist Usbekistan Mitglied von Interpol (Interpol o.D.).

 

Usbekistan verfügt über vier Institutionen zur Untersuchung krimineller Aktivitäten. Für Strafverfolgung, die Aufrechterhaltung der Ordnung und Untersuchung allgemeiner Straftaten ist die dem Innenministerium unterstellte Polizei zuständig. Der Nationale Sicherheitsdienst, dessen Vorsitzender direkt dem Präsidenten gegenüber berichtspflichtig ist, befasst sich mit Fragen der nationalen Sicherheit und nachrichtendienstlichen Themen, einschließlich Terrorismus, Korruption, organisiertem Verbrechen, Grenzkontrollen und Suchtgift. Die Generalstaatsanwaltschaft ist für die Strafverfolgung und die Untersuchung von Straftaten zuständig (USDOS 30.3.2021). Die Nationalgarde ist für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit verantwortlich. Sie widmet sich unter anderem der Terrorismusbekämpfung und leitet die Untersuchung von Straftaten ein. Die Nationalgarde hat polizeiliche Aufgaben, z.B. Schutz der öffentlichen Ordnung bei Versammlungen und Demonstrationen, Fahndungseinsätze und Ermittlungen in Strafsachen sowie Kontrolle der Einfuhr, Verbreitung und Ausfuhr von Waffen. Die umfangreichen Kompetenzen der Nationalgarde machen diese zu einem militarisierten Gesetzesvollzugsorgan (FH 6.5.2020; vgl. USDOS 30.3.2021, SWP 7.2020).

 

 

Quellen:

- AI – Amnesty International (16.4.2020): Human Rights in Eastern Europe and Central Asia - Review of 2019 - Uzbekistan [EUR 01/1355/2020], https://www.ecoi.net/de/dokument/2028175.html , Zugriff 10.11.2021

- CIA – Central Intelligence Agency [USA] (26.10.2021): The World Factbook: Uzbekistan, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/uzbekistan/ , Zugriff 2.11.2021

- FH – Freedom House (6.5.2020): Nations in Transit 2020 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2029667.html , Zugriff 10.11.2021

- HRW – Human Rights Watch (13.1.2021): World report 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043741.html , Zugriff 10.11.2021, ua.

 

 

 Folter und unmenschliche Behandlung

Gemäß dem Anti-Folter-Komitee der Vereinten Nationen sind Folter und Misshandlungen zur Erlangung von Geständnissen, zur Informationsbeschaffung und als Strafmaßnahme für Verdächtige und Inhaftierte weiterhin verbreitet. Gesetzlich ist die Anwendung von Folter sowie unmenschliche und erniedrigende Behandlung im Land verboten. Im November 2019 rief Usbekistan einen Nationalen Anti-Folter-Präventionsmechanismus ins Leben. Am 10. August 2020 unterzeichnete der Präsident ein Dekret, welches zur Bekämpfung von Folter von Gefangenen unter anderem die Anwesenheit eines Verteidigers während Zeugenbefragungen vorsieht. Usbekistan hat den Internationalen Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte und das Übereinkommen gegen Folter ratifiziert. Das Fakultativprotokoll der Anti-Folter-Konvention der Vereinten Nationen ratifizierte Usbekistan nicht (USDOS 30.3.2021; vgl. AI 16.4.2020, AI 7.4.2021, HRW 13.1.2021, FH 3.3.2021, AA 9.3.2021b, UNCAT 14.1.2020). Ehemalige politische Häftlinge berichten, geschlagen und gefoltert worden zu sein. Gemäß der Ombudsperson ereignen sich 80 bis 90% der Folterfälle bzw. -beschwerden in Untersuchungshaftanstalten (USDOS 30.3.2021). Es kam in manchen Fällen zu Entlassungen und Strafverfolgung von Beamten, welche in Missbrauchsfälle involviert gewesen waren (FH 3.3.2021).

 

Gerichten ist es untersagt, Beweise zu verwenden, welche durch Folter gewonnen wurden (FH 3.3.2021; vgl. ÖB 9.2020). Der UN-Menschenrechtsausschuss zeigt sich besorgt über die zu restriktive Definition des Folterbegriffs im Strafgesetzbuch. Demnach kommen als mögliche Folteropfer nur Beteiligte an Strafverfahren und ihre nahen Angehörigen in Frage (UNHRC 1.5.2020; vgl. ÖB 9.2020). Auch der Täter-Typus ist eingegrenzt. Der UN-Menschenrechtsausschuss kritisiert, dass in den Genuss von Amnestien auch Personen kommen, welche wegen Folter oder Misshandlungen verurteilt wurden (UNHRC 1.5.2020). Das Anti-Folter-Komitee der Vereinten Nationen zeigt sich besorgt, dass Folterdelikte mit nur höchstens zehn Jahren Freiheitsstrafe bedroht sind (UNCAT 14.1.2020).

 

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.3.2021b): Usbekistan: Politisches Porträt, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/politisches-portrait/206826 , Zugriff 10.11.2021

- AI – Amnesty International (7.4.2021): Amnesty International Report 2020/21; The State of the World’s Human Rights; Uzbekistan 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048789.html , Zugriff 10.11.2021

- AI – Amnesty International (16.4.2020): Human Rights in Eastern Europe and Central Asia - Review of 2019 - Uzbekistan [EUR 01/1355/2020], https://www.ecoi.net/de/dokument/2028175.html , Zugriff 10.11.2021, ua.

 

 Korruption

Korruption ist weit verbreitet (FH 3.3.2021; vgl. ÖB 9.2020, BAMF 8.2021). Von Korruption betroffen sind unter anderem der Bildungssektor, das Gesundheitswesen (FH 6.5.2020; vgl. BS 2020) und die Justiz (USDOS 30.3.2021). Bestechungen unter Beamten der unteren und mittleren Ebenen sind gebräuchlich und finden teilweise nicht einmal verdeckt statt (FH 3.3.2021). Es ist gelungen, die Kleinkorruption von Beamten der unteren Ebenen einzudämmen, doch verschließen die Behörden ihre Augen vor Korruption, Nepotismus und anderen Formen von Machtmissbrauch der regierenden Eliten (FH 6.5.2020).

 

Anti-Korruptionsmechanismen sind schwer umsetzbar (BS 2020). Korruption durch Beamte ist strafbar, jedoch setzt die Regierung die gesetzlichen Vorgaben nicht effektiv um. Beamte, welche in korrupte Aktivitäten verwickelt sind, bleiben häufig straffrei (USDOS 30.3.2021). Entgegen internationalen Standards sind nicht alle Formen von Korruption unter Strafe gestellt (UNHRC 1.5.2020). 2020 wurde durch ein präsidentielles Dekret die Anti-Korruptionsagentur geschaffen. Zu ihren Aufgaben gehört die Untersuchung von Korruptionsdelikten. Die Anti-Korruptionsagentur ist dem Präsidenten unterstellt und hat Berichtspflichten gegenüber dem Parlament (USDOS 30.3.2021; vgl. ÖB 9.2020). Es existiert eine zwischenbehördliche Anti-Korruptionskommission (BS 2020).

 

Gemäß dem Corruption Perceptions Index 2020 von Transparency International wird Usbekistan mit 26 von 100 Punkten bewertet (0=sehr korrupt, 100=sehr wenig korrupt). Usbekistan liegt auf Rang 146 von 180 untersuchten Staaten, gleichauf mit Bangladesch und der Zentralafrikanischen Republik (Der Corruption Perceptions Index misst das von Experten und Geschäftsleuten wahrgenommene Korruptionsniveau im öffentlichen Sektor) (TI 2021).

 

Quellen:

- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (8.2021): Länderreport 42: Usbekistan (Allgemeine Länderkunde und Menschenrechtslage in ausgewählten Themenfeldern), https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/Laenderreporte/2021/laenderreport-42-Usbekistan.pdf?__blob=publicationFile&v=2 , Zugriff 10.11.2021

- BS – Bertelsmann Stiftung (2020): Uzbekistan Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029522/country_report_2020_UZB.pdf , Zugriff 10.11.2021

- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052877.html , Zugriff 10.11.2021

- FH – Freedom House (6.5.2020): Nations in Transit 2020 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2029667.html , Zugriff 10.11.2021, ua.

 

 NGOs und Menschenrechtsaktivisten

Die Zivilgesellschaft wird von der Regierung strikt kontrolliert (FH 6.5.2020) und ist sehr schwach ausgeprägt (BS 2020).

 

Die mächtigsten und aktivsten NGOs in Usbekistan sind die sogenannten GONGOs, also NGOs, welche von der Regierung organisiert werden und inoffiziell mit dem politischen Regime verbunden sind (FH 6.5.2020; vgl. BS 2020, BAMF 8.2021).

 

Die Tätigkeiten von NGOs werden von Behörden kontrolliert (USDOS 30.3.2021). NGOs dürfen nicht politisch aktiv sein und müssen Auslandsreisen sowie den Erhalt ausländischer finanzieller Unterstützung vom Justizministerium genehmigen lassen (UNHRC 1.5.2020). Für internationale NGOs sind Verwaltungsstrafen vorgesehen, wenn sie sich politisch engagieren oder Aktivitäten setzen, welche die Regierung nicht im Vorfeld genehmigt hat (USDOS 30.3.2021). Mehr als 8.500 NGOS sind registriert (BS 2020). Die Registrierungsanforderungen sind hoch. Registrierungsangelegenheiten obliegen dem Justizministerium. Die Registrierung einiger unabhängiger NGOs wurde behindert (USDOS 30.3.2021). Nicht-registrierte Nichtregierungsorganisationen sind mit Unterdrückung und Belästigungen konfrontiert (FH 3.3.2021).

 

In Usbekistan sind mehrere einheimische Menschenrechtsgruppen aktiv. Die Regierung behindert des Öfteren die Tätigkeiten dieser Gruppen, beispielsweise in Bezug auf Veröffentlichungen zu Menschenrechtsfällen. Zwar zeigen Regierungsbeamte ein wenig Kooperationsbereitschaft, aber manchmal werden Menschenrechts- und Bürgergesellschaftsaktivisten von der Regierung belästigt und eingeschüchtert. Menschenrechtsaktivisten und politische Oppositionelle gehen davon aus, dass ihre Telefone abgehört und ihre Aktivitäten von Sicherheitsbehörden überwacht werden (USDOS 30.3.2021). Die Regierung hat zwei einheimische Menschenrechts-NGOs, Ezgulik und die unabhängige Menschenrechtsorganisation Usbekistans, offiziell registriert. Vertreter von Ezgulik berichten über eine verbesserte Zusammenarbeit mit Regierungsbeamten. Die Regierung lehnte die Registrierungsanträge der meisten anderen einheimischen Gruppen ab. Im März 2020 wurde eine unabhängige NGO registriert. Diese trägt die Bezeichnung Huquqiy Tayanch („Rechtliche Unterstützung“) und widmet sich den Rechten Inhaftierter (USDOS 30.3.2021; vgl. AI 7.4.2021, FH 3.3.2021, FH 4.3.2020).

 

Quellen:

- AI – Amnesty International (7.4.2021): Amnesty International Report 2020/21; The State of the World’s Human Rights; Uzbekistan 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048789.html , Zugriff 10.11.2021

- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (8.2021): Länderreport 42: Usbekistan (Allgemeine Länderkunde und Menschenrechtslage in ausgewählten Themenfeldern), https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/Laenderreporte/2021/laenderreport-42-Usbekistan.pdf?__blob=publicationFile&v=2 , Zugriff 10.11.2021, ua.

 

 Wehrdienst und Rekrutierungen

In Usbekistan herrscht Wehrpflicht für Männer von 18 bis 27 Jahren. Die Dienstzeit beträgt 1 Jahr. Rekruten haben die Möglichkeit, gegen Zahlung eines Geldbetrags diese Dienstzeit zu verkürzen und bis zu einem Alter von 27 Jahren weiterhin als Reservist zur Verfügung zu stehen. Usbekische Bürger, welche ihre Wehrpflicht abgeleistet haben, genießen Privilegien in Bezug auf berufliche Anstellungen und Zulassung zu höheren Bildungseinrichtungen (Stand 2019) (CIA 26.10.2021). Personen ab 17 Jahren dürfen als Kadetten eine militärische Ausbildung durchlaufen und werden als Mitglieder der Streitkräfte klassifiziert. Wehrdienstverweigerung bzw. Wehrersatzdienst ist seit 1992 in bestimmten Fällen (aus religiösen Gründen) erlaubt (IFOR 1.2020). Gesetzlich ist die Rekrutierung von Kindern durch das staatliche Militär und nicht-staatliche bewaffnete Gruppierungen verboten (USDOL 29.9.2021).

 

Quellen:

- CIA – Central Intelligence Agency [USA] (26.10.2021): The World Factbook: Uzbekistan, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/uzbekistan/ , Zugriff 2.11.2021

- IFOR – International Fellowship of Reconciliation (1.2020): Submission by the International Fellowship of Reconciliation to the 128th Session of the Human Rights Committee UZBEKISTAN (Military service, conscientious objection and related issues), https://www.ecoi.net/en/file/local/2025761/INT_CCPR_CSS_UZB_41381_E.pdf , Zugriff 10.11.2021

- USDOL – US Department of Labor [USA] (29.9.2021): 2020 Findings on the Worst Forms of Child Labor: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2061991.html , Zugriff 10.11.2021

 

 

 Allgemeine Menschenrechtslage

Von Freedom House wird Usbekistan als ein unfreies Land (not free) eingestuft (FH 3.3.2021). Zu den gravierendsten Menschenrechtsproblematiken in Usbekistan gehören: Berichte über körperliche und seelische Misshandlungen Inhaftierter durch Sicherheitskräfte (teils mit Todesfolge); willkürliche Verhaftungen, Isolationshaft und verlängerte Haftzeiten; politische Gefangene; Einschränkungen der Meinungs-, Presse-, Versammlungs-, Vereinigungs-, Bewegungs- und Religionsfreiheit sowie der Zivilgesellschaft; Fehlen freier und fairer Wahlen; Menschenhandel, einschließlich Zwangsarbeit; Kriminalisierung sexueller Beziehungen zwischen Männern; Diskriminierung von LGBTI-Personen (USDOS 30.3.2021).

 

Für den Schutz der Menschenrechte sind mehrere Institutionen zuständig, darunter: das Büro der Ombudsperson für Menschenrechte; Komitee für demokratische Institutionen; NGOs und Selbstverwaltungskörper der Bürger im Parlament; das Nationale Zentrum für Menschenrechte (BS 2020). Das Büro der Ombudsperson für Menschenrechte untersucht Menschenrechtsverletzungen, unterstützt die Anpassung der Gesetzgebung an internationale Standards, vermittelt in Streitigkeiten zwischen Bürgern und gibt nicht-verbindliche Empfehlungen ab hinsichtlich Entscheidungen von Regierungsbehörden. Das Büro der Ombudsperson für Menschenrechte darf unangekündigt Haftanstalten inspizieren (USDOS 30.3.2021). Die Ombudsperson ist dem Parlament gegenüber rechenschaftspflichtig. Das Büro der Ombudsperson ist personell und finanziell unzureichend ausgestattet (UNCAT 14.1.2020).

 

Im Zuge des jährlichen Menschenrechtsdialogs zwischen Usbekistan und der Europäischen Union zeigte sich die EU besorgt über Meinungsfreiheitsdefizite, das Thema NGO-Registrierungen, Folter und Misshandlungen in Gefängnissen, Frauenrechte und Diskriminierungen. Die Europäische Union betonte die Notwendigkeit, ehemalige Gefangene zu rehabilitieren (HRW 13.1.2021).

 

Im Oktober 2020 wurde Usbekistan bei der Plenarsitzung der UN-Generalversammlung erstmalig in den UN-Menschenrechtsrat gewählt (ZA 4.12.2020; vgl. ÖB 9.2020).

 

Quellen:

- BS – Bertelsmann Stiftung (2020): Uzbekistan Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029522/country_report_2020_UZB.pdf , Zugriff 10.11.2021

- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052877.html , Zugriff 10.11.2021

- HRW – Human Rights Watch (13.1.2021): World report 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043741.html , Zugriff 10.11.2021

- ÖB – Österreichische Botschaft Usbekistan [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht Usbekistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2063649/USBE_%C3%96B-Bericht_2020_09.pdf , Zugriff 10.11.2021, ua.

 

 Meinungs- und Pressefreiheit

Die Verfassung garantiert Meinungs- und Pressefreiheit, doch werden diese Rechte durch die Regierung eingeschränkt (USDOS 30.3.2021; vgl. AI 7.4.2021, FH 3.3.2021, BAMF 8.2021). Der Staat kontrolliert den Großteil der Medien. Auch die elektronische Kommunikation wird überwacht, jedoch sind soziale Medien mit relativ großen Freiheiten ausgestattet. Journalisten sind mit Einschüchterungen und manchmal Verhaftungen konfrontiert. Selbstzensur ist weit verbreitet (HRW 13.1.2021; vgl. FH 6.5.2020, FH 28.4.2021, FH 3.3.2021, ÖB 9.2020). Eine spezielle Zensurbehörde gibt es nicht. Zensurangelegenheiten obliegen dem präsidentiellen Apparat (BS 2020).

 

Alle ausländischen und inländischen Medien, einschließlich Webseiten, müssen sich behördlich registrieren und die Namen ihrer Gründer, Chefredakteure und Mitarbeiter anführen (USDOS 30.3.2021). Während die Präsenz unabhängiger internationaler Medienunternehmen in Usbekistan begrenzt ist, erhielten mehrere ausländische Reporter seit 2017 Akkreditierungen (FH 3.3.2021; vgl. FH 4.3.2020). 2019 wurden die Webseiten von 11 Nachrichtenkanälen und NGOs, darunter BBC und Eurasianet, zugänglich gemacht (FH 4.3.2020).

 

Einheimische Medien üben seit dem Amtsantritt des neuen Präsidenten vorsichtig Kritik an lokalen Beamten und diskutieren über soziale Probleme. Offene Kritik am Präsidenten und an der Regierung wird jedoch meistens vermieden (FH 3.3.2021; vgl. FH 28.4.2021, ÖB 9.2020, BAMF 8.2021). Die Kritikmöglichkeiten an der Regierung und am Präsidenten sind eingeschränkt. Die öffentliche Beleidigung des Präsidenten gilt als Straftat, welche eine bis zu fünfjährige Freiheitsstrafe nach sich ziehen kann. Menschenrechtsaktivisten, Journalisten sowie andere Personen, welche Kritik an der Regierung üben, sind Belästigungen, Strafverfolgung und Verhaftungen ausgesetzt (USDOS 30.3.2021; vgl. RFE/RL 1.4.2021). Die Verbreitung von Falschinformationen steht unter Strafe (UNHRC 1.5.2020).

 

Eine Nutzung des Internets ist im Allgemeinen erlaubt. Die Regierung setzte Verfahrensvorschriften um, damit der Zugang zu Webseiten, welche „verbotene Informationen“ enthalten, eingeschränkt wird. Laut dem Justizministerium darf die Regierung Webseiten oder Blogs blockieren, ohne dass ein Gerichtsbeschluss vorliegen muss (USDOS 30.3.2021).

 

Auf der weltweiten Rangliste der Pressefreiheit 2021 von Reporter ohne Grenzen rangiert Usbekistan gegenwärtig auf Platz 157 von 180 Staaten. Rangmäßig befindet sich Usbekistan zwischen Weißrussland und Ruanda. Usbekistan verschlechterte sich um einen Platz gegenüber der Reihung des Vorjahres (ROG o.D.).

 

Quellen:

- AI – Amnesty International (7.4.2021): Amnesty International Report 2020/21; The State of the World’s Human Rights; Uzbekistan 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048789.html , Zugriff 10.11.2021

- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (8.2021): Länderreport 42: Usbekistan (Allgemeine Länderkunde und Menschenrechtslage in ausgewählten Themenfeldern), https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/Laenderreporte/2021/laenderreport-42-Usbekistan.pdf?__blob=publicationFile&v=2 , Zugriff 10.11.2021, ua.

 

 Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition

Die von der Verfassung garantierte Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit wird von der Regierung in der Praxis manchmal eingeschränkt (USDOS 30.3.2021; vgl. AI 7.4.2021, BAMF 8.2021). Massenversammlungen dürfen nur an bestimmten Orten abgehalten werden. Behörden sind berechtigt, Massenversammlungen und Demonstrationen zu verbieten. In manchen Fällen werden Bürger, welche Versammlungen organisieren und dabei die geltenden Vorschriften missachten, von Behörden bedroht, mit hohen Geldstrafen belangt und sind willkürlichen Verhaftungen ausgesetzt. Mit solchen Strafmaßnahmen sind auch Personen konfrontiert, welche an friedlichen Protesten teilnehmen (USDOS 30.3.2021; vgl. UNHRC 1.5.2020).

 

Arbeitnehmern ist es gesetzlich erlaubt, unabhängige Gewerkschaften zu gründen, diesen beizutreten und Tarifverhandlungen zu führen. In der Praxis sind keine unabhängigen Gewerkschaften aktiv. Gewerkschaftliche Diskriminierung ist verboten. Streiken ist gesetzlich weder erlaubt noch verboten (USDOS 30.3.2021). Organisierte Streiks sind äußerst selten. Der Gewerkschaftsbund wird vom Staat kontrolliert (FH 3.3.2021).

 

In Usbekistan sind keine Oppositionsparteien zugelassen (FH 3.3.2021; vgl. BS 2020, BAMF 8.2021). Oppositionsgruppen sind hauptsächlich aus dem Exil tätig. Heimische Unterstützer oder Familienangehörige von im Exil lebenden Oppositionellen werden verfolgt, und ihnen wird die Teilnahme an Wahlen untersagt (FH 3.3.2021; vgl. UNHRC 1.5.2020). Die erste Oppositionspartei, Erk, wurde in den 1990er Jahren verboten. Solih, der Vorsitzende von Erk, wurde aus Usbekistan vertrieben, seine Verbündeten inhaftiert. Seit 1993 lebt Solih im Exil. Im Jänner 2020 verweigerte das Justizministerium die Registrierung von Erk (RFE/RL 6.4.2021). Weitere oppositionelle Parteien und Bewegungen sind Birlik (Einheit) und Serquyosh O'zbekistonim (Sonnenschein Usbekistan) (GIZ 12.2020a).

 

Quellen:

- AI – Amnesty International (7.4.2021): Amnesty International Report 2020/21; The State of the World’s Human Rights; Uzbekistan 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048789.html , Zugriff 10.11.2021

- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (8.2021): Länderreport 42: Usbekistan (Allgemeine Länderkunde und Menschenrechtslage in ausgewählten Themenfeldern), https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/Laenderreporte/2021/laenderreport-42-Usbekistan.pdf?__blob=publicationFile&v=2 , Zugriff 10.11.2021, ua.

 

Haftbedingungen

 

Die Haftbedingungen in usbekischen Gefängnissen stellen sich in manchen Fällen als hart und lebensbedrohlich dar. Es herrschen Lebensmittelknappheit, massive Überbelegung, körperliche Misshandlungen, unzureichende hygienische Bedingungen und medizinische Versorgungsmängel. Folter wird häufig angewendet (USDOS 30.3.2021; vgl. FH 3.3.2021, UNHRC 1.5.2020, ÖB 9.2020).

 

Das Innenministerium berichtete im Jahr 2020, dass 22.867 Personen in 43 Gefängnissen und 11 Untersuchungshaftanstalten inhaftiert sind. Von den 43 Gefängnissen sind 18 „geschlossene Strafanstalten“ und 25 offene Anstalten zur Wiedereingliederung. Die Haftanstalten werden vom Innenministerium beaufsichtigt (USDOS 30.3.2021; vgl. WPB o.D.). Im August 2019 wurde infolge eines präsidentiellen Dekrets das wegen Folter berüchtigte Hochsicherheitsgefängnis Jaslik geschlossen (AI 16.4.2020; vgl. FH 28.4.2021).

 

Für Rechtsanwälte gestaltet sich der Zugang zu ihren Mandanten in Haftanstalten als schwierig (UNHRCC 20.4.2020). Es ist Inhaftierten verboten, religiöse Feste zu begehen. Familienangehörige Inhaftierter berichten, dass ihnen die Regierung nur wenige bis keine Informationen über den Gesundheitszustand ihrer inhaftierten Angehörigen zukommen lässt (USDOS 30.3.2021).

 

Es kommt vor, dass Gefangene (oft solche, welche wegen religiöser Anklagepunkte verurteilt wurden) nach Ablauf ihrer Haftstrafe nicht enthaftet werden. Haftzeiten werden aufgrund von Vorwürfen zusätzlicher Delikte, beispielsweise Gründung einer kriminellen Vereinigung oder Mitgliedschaft in verbotenen Organisationen, verlängert. Gesetzlich ist eine solche Vorgehensweise erlaubt (USDOS 30.3.2021; vgl. UNHRC 1.5.2020). Tausende von Personen, hauptsächlich friedliche Glaubensanhänger, sind wegen „Extremismus“ und aus politischen Gründen inhaftiert. Seit September 2016 wurden mehr als 50 politische Gefangene freigelassen, darunter Rechtsaktivisten, Journalisten und Oppositionsaktivisten (HRW 13.1.2021; vgl. UNHRC 1.5.2020, ÖB 9.2020, BAMF 8.2021).

 

Mehrere unabhängige Beobachter erhalten beschränkten Zugang zu Strafvollzugsanstalten, wie Untersuchungshaftanstalten, Frauengefängnissen sowie Gefängniskolonien. UNICEF stattet den vier Jugendstrafkolonien des Landes regelmäßig Besuche ab. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz hat seit 2013 keine Gefangenen mehr besucht (USDOS 30.3.2021; vgl. AI 16.4.2020, UNHRC 1.5.2020).

 

Die Ombudsperson für Menschenrechte sowie die Generalstaatsanwaltschaft haben die Befugnis, Beschwerdefälle zu untersuchen. Die Ombudsperson darf Empfehlungen abgeben. Mehrere Familienangehörige von aktuell oder ehemalig Inhaftierten berichten, die Ombudsperson hätte auf Beschwerden nicht reagiert. Es gibt Berichte, dass Beschwerden nicht objektiv untersucht werden und dass in vielen Fällen Beschwerden wegen Sicherheitsbedenken erst gar nicht eingebracht werden (USDOS 30.3.2021; vgl. UNHRC 1.5.2020).

 

Jährlich gewähren Behörden Inhaftierten Amnestien, wovon verschiedene Personengruppen profitieren, beispielsweise Personen, welche wegen religiösen Extremismus verurteilt wurden (USDOS 30.3.2021). Anlässlich des Nawruz-Festes sowie des Fastenmonats Ramadan begnadigte der Präsident im Jahr 2021 insgesamt 240 Personen (ZA 6.4.2021; vgl. ZA 14.6.2021).

 

Quellen:

- AI – Amnesty International (16.4.2020): Human Rights in Eastern Europe and Central Asia - Review of 2019 - Uzbekistan [EUR 01/1355/2020], https://www.ecoi.net/de/dokument/2028175.html , Zugriff 10.11.2021

- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (8.2021): Länderreport 42: Usbekistan (Allgemeine Länderkunde und Menschenrechtslage in ausgewählten Themenfeldern), https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/Laenderreporte/2021/laenderreport-42-Usbekistan.pdf?__blob=publicationFile&v=2 , Zugriff 10.11.2021, ua.

 

 Todesstrafe

In Usbekistan ist die Todesstrafe gesetzlich für alle Straftaten abgeschafft (AI 4.2021; vgl. WCADP o.D.). Im Jahr 2008 ratifizierte Usbekistan das Zweite Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zur Abschaffung der Todesstrafe (UN-OHCHR o.D.).

 

Quellen:

- AI – Amnesty International (4.2021): Death Sentences and Executions 2020, https://www.amnesty.org/en/wp-content/uploads/2021/05/ACT5037602021ENGLISH.pdf , Zugriff 10.11.2021

- UN-OHCHR – United Nations Human Rights Office of the High Commissioner (o.D.): Uzbekistan: Status of Ratification – Interactive Dashboard, https://indicators.ohchr.org/ , Zugriff 10.11.2021

- WCADP – World Coalition Against the Death Penalty (o.D.): Uzbekistan, https://worldcoalition.org/pays/uzbekistan/ , Zugriff 10.11.2021

 

 Ethnische Minderheiten

Die Gesamtbevölkerung Usbekistans setzt sich aus ca. 83,8% Usbeken, 4,8% Tadschiken, 2,5% Kasachen, 2,3% Russen, 2,2% Karakalpaken und 1,5% Tataren zusammen. Andere ethnische Gruppen machen nach Schätzungen aus dem Jahr 2017 4,4% aus (CIA 26.10.2021).

Beschwerden über gesellschaftliche Gewalt oder Diskriminierung ethnischer Minderheiten sind selten. Die Verfassung garantiert nationalen Minderheiten volle politische Rechte (USDOS 30.3.2021). Ethnische Diskriminierung ist gesetzlich verboten (FH 3.3.2021).

 

Die Staatssprache ist Usbekisch. Russisch ist als Sprache der interethnischen Kommunikation gesetzlich vorgesehen (USDOS 30.3.2021). Die am häufigsten gesprochenen Sprachen sind Usbekisch (74,3%), Russisch (14,2%) und Tadschikisch (4,4%). 7,1% der Bevölkerung sprechen andere Sprachen. In der Autonomen Republik Karakalpakstan sind gemäß der Verfassung von Karakalpakstan die karakalpakische und die usbekische Sprache gleichberechtigt. In der Praxis wird das öffentliche und soziale Leben von der usbekischen Sprache beherrscht (CIA 26.10.2021; vgl. IWPR 17.5.2019).

 

Quellen:

- CIA – Central Intelligence Agency [USA] (26.10.2021): The World Factbook: Uzbekistan, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/uzbekistan/ , Zugriff 2.11.2021

- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052877.html , Zugriff 10.11.2021

- IWPR – Institute for War and Peace Reporting (17.5.2019): Uzbekistan: Keeping the Karakalpak Language Alive, https://www.ecoi.net/de/dokument/2008893.html , Zugriff 10.11.2021

- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048165.html , Zugriff 10.11.2021

 

 

 Bewegungsfreiheit

Die Verfassung garantiert Bewegungsfreiheit im In- und Ausland sowie das Recht auf Emigration und Repatriierung. Von der Regierung werden diese Rechte in der Praxis respektiert (USDOS 30.3.2021). Die Bewegungsfreiheit im Inland wird durch ein Aufenthaltsregistrierungssystem (Propiska) beschränkt, welches beispielsweise den Umzug vom Land in Städte erschwert (EN 15.1.2020; vgl. FH 28.4.2021). Für In- und Auslandsreisen ist ein Wohnsitzregistrierungsstempel im Inlandspass erforderlich. Gelegentlich kommt es im Rahmen von Visum-Antragsverfahren zu zeitlichen Verzögerungen bei der Planung von Reisen sowie Emigration (USDOS 30.3.2021).

 

Für Auslandsreisen benötigen Bürger Usbekistans einen separaten Reisepass, welcher vom Innenministerium ausgestellt wird und für zehn (Erwachsene) bzw. fünf Jahre (Minderjährige) gültig ist (USDOS 30.3.2021). Im Jahr 2019 wurde das Ausreisevisasystem abgeschafft (FH 3.3.2021; vgl. ÖB 9.2020). Dennoch erfordern Auslandsaufenthalte weiterhin eine Genehmigung. Ehemalige politische Gefangene werden gemäß Berichten an Auslandsreisen gehindert, auch wenn sie beispielsweise dringend einer medizinischen Behandlung bedürfen (UNHRC 1.5.2020; vgl. ÖB 9.2020).

 

Quellen:

- EN – Eurasianet (15.1.2020): Uzbekistan sustains poverty by blocking internal migration, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022847.html , Zugriff 10.11.2021

- FH – Freedom House (28.4.2021): Nations in Transit 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2050464.html , Zugriff 10.11.2021

- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052877.html , Zugriff 10.11.2021, ua.

 

 Grundversorgung und Wirtschaft

Ein beträchtlicher Anteil der Bevölkerung ist von Armut bedroht (BS 2020). Im Jänner 2021 berichtete der Präsident, dass zwischen 12% und 15% der Bevölkerung in Armut leben (USDOS 30.3.2021). Staatliche Gehälter und Pensionen sind relativ niedrig (BS 2020). Ca. 2,5% der Bevölkerung sind unterernährt (WHI 2021). 28% der Bevölkerung haben keinen Zugang zu Wasserversorgung. In vielen Städten und Dörfern ist die örtliche Bevölkerung mit einer mangelnden Infrastruktur für Gas und Strom konfrontiert (BS 2020).

 

Zu den bedeutendsten usbekischen Exportgütern zählen Erdgas, Baumwolle/Textilien, Nahrungsmittel sowie Metalle (WKO 6.2021a). Usbekistan ist weltweit der fünftgrößte Baumwollexporteur und der siebtgrößte Baumwollproduzent (CIA 26.10.2021; vgl. ÖB 9.2020). Das Land besitzt eine starke industrielle Basis (WKO 6.2021b). Alle landwirtschaftlichen Flächen sind Staatseigentum (HF o.D.). Präsident Mirsijojew hat die Monopolkontrolle der Regierung über die Vermarktung von Baumwolle und Getreide abgeschafft (CACI 28.4.2020). Im Doing Business Ranking der Weltbank hat sich Usbekistan in den letzten acht Jahren um 97 Plätze auf Rang 69 verbessert. Zu den wichtigsten Reformen seit 2016 zählt die im September 2017 beschlossene Wechselkursliberalisierung. Seither wird die usbekische Währung (Som) durch den Marktwert bestimmt (WKO 6.2021a). Die weit verbreitete Korruption und die extensive staatliche Kontrolle der Wirtschaft hemmen die Privatwirtschaft (FH 3.3.2021).

 

Die usbekische Wirtschaft verzeichnete seit der Öffnung des Landes 2017 ein starkes Wirtschaftswachstum (WKO 6.2021b). Trotz der Coronakrise ist die usbekische Wirtschaft im Jahr 2020 mit ca. 1,6% gewachsen (WKO 3.11.2021; vgl. WB o.D.). Die Arbeitslosigkeit betrug im ersten Halbjahr 2021 10,2%. Die Exporte stiegen um 12,3%, und die öffentliche Verschuldung fiel im ersten Halbjahr 2021 auf 38,5% des BIP. Die Inflation ist im Juni 2021 auf 11% gesunken (WB o.D.). Zahlreiche Maßnahmen wurden eingeführt, um die wirtschaftlichen Auswirkungen der Covid-Pandemie vor allem für Einzelunternehmen und kleine und mittlere Unternehmen abzufedern: Aufschub von Steuerprüfungen; Erstreckung von Zahlungsfristen für verschiedene Steuern; Reduktion von Steuern und öffentlichen Gebühren; zinsfreie Kredite für besonders betroffene Wirtschaftssektoren (z.B. Tourismus); Exportfördermaßnahmen usw. (WKO 3.11.2021). Für Unternehmen und Personen mit niedrigem Einkommen wurden Subventionen eingeführt (WKO 6.2021b).

 

Quellen:

- BS – Bertelsmann Stiftung (2020): Uzbekistan Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029522/country_report_2020_UZB.pdf , Zugriff 10.11.2021

- CACI – Central Asia-Caucasus Analyst (28.4.2020): Uzbekistan’s “System Reset", http://www.cacianalyst.org/resources/20-04-28FA-Aripov-Uzbekistan.pdf , Zugriff 10.11.2021

- CIA – Central Intelligence Agency [USA] (26.10.2021): The World Factbook: Uzbekistan, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/uzbekistan/ , Zugriff 2.11.2021, ua.

 

 

o Sozialsystem

In Usbekistan existiert ein System der Sozialversicherung (SSA 3.2019). Der Mechanismus zur Identifizierung Bedürftiger ist unzureichend. Vor allem die Mahallas (Nachbarschaftskomitees) werden von der Öffentlichkeit kritisiert, und ihnen wird ein intransparentes Finanzsystem und willkürliche Verteilung von Geldern vorgeworfen (EN 26.8.2020). Die Mahallas bieten verschiedene soziale Hilfeleistungen an, darunter Unterstützung älterer Personen, Alleinerziehender oder kinderreicher Familien (USDOS 30.3.2021).

 

Im Falle einer Mutterschaft werden 100% des Einkommens 56 Tage vor und 56 Tage nach dem Geburtstermin ausbezahlt. Falls Komplikationen auftreten oder im Falle von Mehrlingsgeburten kann der Unterstützungszeitraum auf 70 Tage ausgeweitet werden. Berufstätige Mütter, welche Kinder unter zwei Jahren betreuen, erhalten 200% des monatlichen Mindestlohns. Mütter, welche Kinder zwischen zwei und drei Jahren betreuen, dürfen unbezahlten Urlaub nehmen. Kleinkindbeihilfen sind vorgesehen für Kinder unter zwei Jahren und sind einkommensabhängig, außer im Falle Alleinerziehender und bei Familien mit mindestens einem beeinträchtigten Kind. Kleinkindbeihilfen betragen 200% des monatlichen Mindestlohns. Auf Empfehlung der örtlichen Nachbarschaftskomitees können z.B. bedürftige Familien in den Genuss von Familienbeihilfen kommen. Familienbeihilfen betragen das 1,5- bis 3-fache des monatlichen Mindestlohns für drei Monate. Dieser Zeitraum kann unter bestimmten Bedingungen ausgedehnt werden. Sozialhilfen für Familien sind vorgesehen für bedürftige Familien mit Kindern unter 14 Jahren. Ausbezahlt werden 50% des monatlichen Mindestlohns für ein Kind, 100% für 2 Kinder, 140% für drei Kinder und 175% für vier oder mehr Kinder. Sozialhilfen für Familien werden für einen (verlängerbaren) Zeitraum von sechs Monaten ausbezahlt (SSA 3.2019).

 

Um sich für eine Arbeitslosenunterstützung zu qualifizieren, muss die betreffende Person während der letzten zwölf Monate mindestens zwölf Wochen gearbeitet haben oder sich zum ersten Mal als arbeitssuchend registrieren. Die Leistung kann gekürzt, ausgesetzt oder entzogen werden, z.B. wenn der Versicherte aus disziplinarrechtlichen Gründen entlassen wurde, das Dienstverhältnis ohne triftigen Grund beendet hat oder wenn der Versicherte betrügerische Ansprüche geltend gemacht hat. Die Arbeitslosenunterstützung beträgt 50% des Durchschnittslohns des Versicherten während der letzten 26 Wochen und mindestens 100% vom monatlichen Mindestlohn (SSA 3.2019).

 

Im Falle von Krankheit gibt es finanzielle Unterstützung für Einwohner Usbekistans, die in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, in Bildungskarenz oder arbeitslos sind. Das Krankengeld beläuft sich auf 60% des letzten Monatsgehalts bei weniger als acht Jahren ununterbrochener Beschäftigung und auf 80% bei mindestens acht Jahren Beschäftigung (SSA 3.2019).

 

Das Pensionsantrittsalter liegt bei 60 Jahren für Männer mit 25-jähriger Berufserfahrung und bei 55 Jahren für Frauen mit 20-jähriger Berufserfahrung. Alterspensionen werden abhängig vom Einkommen des Versicherten ausbezahlt. Personen mit niedrigem Einkommen erhalten die monatliche Mindestpension. Mit Stand November 2018 betrug die monatliche Mindestpension (Alterspension) 396.500 Som [ca. EUR 32]. Eine Alters- bzw. Sozialpension steht einkommensabhängig zu für Männer ab 60 Jahren mit weniger als 25 Jahren Berufserfahrung und für Frauen ab 55 Jahren mit weniger als 20 Jahren Berufserfahrung. Die Alters- bzw. Sozialpension beträgt 243.300 Som [ca. EUR 20] monatlich (Stand November 2018) (SSA 3.2019).

 

Es gibt Invaliditätspensionen, welche gemäß zwei Invaliditätskategorien ausbezahlt werden: Gruppe I (Vollinvalidität, Arbeitsunfähigkeit, permanenter Betreuungsbedarf) und Gruppe II (Vollinvalidität, Arbeitsunfähigkeit, kein permanenter Betreuungsbedarf). Personen mit den Invaliditätsgraden I und II erhalten bei weniger als 25 Jahren Erwerbstätigkeit (Männer) oder weniger als 20 Jahren Erwerbstätigkeit (Frauen) 55% des durchschnittlichen Monatslohns von fünf aufeinanderfolgenden Jahren während der letzten zehn Jahre. Die Mindestpension für Personen mit den Invaliditätsgraden I und II beträgt 100% der monatlichen Mindestpension (Alterspension) (SSA 3.2019).

 

Die Hinterbliebenenpension beträgt 30% des monatlichen Durchschnittseinkommens des verstorbenen Angehörigen und mindestens 50% des monatlichen Mindestlohns (SSA 3.2019).

 

Leistungen werden an die Entwicklung der Lebenserhaltungskosten angepasst (SSA 3.2019).

 

Quellen:

- EN – Eurasianet (26.8.2020): Uzbekistan: Charities resist government monopolization of social protection, https://www.ecoi.net/de/dokument/2036816.html , Zugriff 10.11.2021

- SSA – Social Security Administration [USA] (3.2019): Social Security Programs Throughout the World: Asia and the Pacific, 2018 - Country Summaries: Uzbekistan, https://www.ssa.gov/policy/docs/progdesc/ssptw/2018-2019/asia/uzbekistan.pdf , Zugriff 10.11.2021

- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048165.html , Zugriff 10.11.2021

 

 Medizinische Versorgung

Die medizinische Versorgung ist in weiten Landesteilen unzureichend. Ein zuverlässig funktionierendes Rettungswesen ist auch in den Städten nicht überall existent. Auch in Taschkent und Samarkand entspricht die medizinische Versorgung vielfach nicht europäischem Standard (AA 29.10.2021; vgl. Gov.uk o.D.). Die meisten Krankenhäuser sind unzureichend ausgestattet, und die Hygienebedingungen sind ebenfalls ungenügend, vor allem in Spitälern in ländlichen Regionen (Gov.uk o.D.). In Usbekistan gibt es 558 Krankenhäuser (BS 2020).

 

Armutsbezogene Krankheiten wie Tuberkulose, aber auch HIV/AIDS sind auf dem Vormarsch (GIZ 12.2020b; vgl. AA 29.10.2021). Das Gesetz schützt HIV-Infizierte vor Diskriminierung. HIV-positive Personen berichten über soziale Isolation und Diskriminierung durch Mitarbeiter öffentlicher Einrichtungen, Gesundheitspersonal, Strafverfolgungsbehörden, Vermieter und Arbeitgeber. Das Militär hat HIV-positive Rekruten aus der Armee ausgestoßen (USDOS 30.3.2021).

 

Die Verfassung garantiert usbekischen Bürgern kostenfreien Zugang zur Gesundheitsversorgung. Das von der Regierung garantierte Basisleistungspaket umfasst Primärversorgung, Notfallversorgung, Behandlung sozial bedeutender und gefährlicher Krankheiten (insbesondere übertragbare Krankheiten sowie einige nicht-übertragbare Krankheiten, darunter schlechte psychische Gesundheit und Krebserkrankungen) sowie die spezielle (sekundäre und tertiäre) Versorgung von Bevölkerungsgruppen, welche von der Regierung als vulnerabel eingestuft werden. Medikamente, die stationär verabreicht werden, sind im Basisleistungspaket enthalten und werden kostenlos abgegeben. Ambulant verschriebene Medikamente sind nur für bestimmte Bevölkerungsgruppen, darunter HIV/AIDS-Patienten, Patienten mit Diabetes oder Krebs sowie für bei Hilfsorganisationen registrierte, alleinstehende Pensionisten, kostenlos (BDA 22.9.2017).

 

Weil das vom Staat bereitgestellte Budget nicht ausreicht, um alle Kosten zu decken, wird erwartet, dass Patienten informelle Zahlungen in Form von Geschenken oder Bestechungsgeldern leisten. In sekundären und tertiären Pflegeeinrichtungen wird zunehmend auch der Ansatz formeller Zahlungen gefördert (BDA 22.9.2017).

 

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (29.10.2021): Usbekistan: Reise- und Sicherheitshinweise (COVID-19-bedingte Reisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/usbekistansicherheit/206790 , Zugriff 10.11.2021

- BDA – Belgian Desk on Accessibility / Belgian Immigration Office [Belgien] (22.9.2017): Question & Answer BDA-20170117-UZ-6438

- BS – Bertelsmann Stiftung (2020): Uzbekistan Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029522/country_report_2020_UZB.pdf , Zugriff 10.11.2021, ua.

 

 Rückkehr

 

Das Thema der Migration ist in Usbekistan auf der Gesetzesebene unzureichend und uneinheitlich ausgearbeitet, was zu unregulierten Migrationsströmen führt. Fragen der Rückkehrmigration werden in nationalen Entwicklungsstrategieplänen erörtert, so im Rahmen der Entwicklungsstrategie für die Jahre 2017-2021. Eine einheitliche Migrationspolitik existiert nicht. Auch wurde bisher nicht das Gesetz „Über die Migration“ verabschiedet. Im Jahr 2018 wurde Usbekistan Mitglied der Internationalen Organisation für Migration (IOM) (IOM 2020).

 

Im Exil Lebende werden von der usbekischen Regierung transnational unterdrückt. Während der vergangenen sechs Jahre kam es zu Attentaten gegen Exilanten (FH 2.2021). Das Interesse der usbekischen Behörden an rückkehrenden usbekischen Staatsangehörigen richtet sich vor allem danach, wie lange sie im Ausland waren und in welchen Staaten sie sich während dieses Zeitraums aufgehalten haben. So ist nach einer Rückkehr aus dem Ausland mit einer kurzen Befragung durch die Polizei zu rechnen. Bei der Rückkehr aus einem Krisenland (etwa Syrien) hingegen besteht ein besonderes Interesse der usbekischen Behörden an Rückkehrern. Solche Befragungen stellen sich langwierig und intensiv dar (ÖB 18.3.2019).

 

Das Anti-Folter-Komitee der Vereinten Nationen zeigt sich beunruhigt über Berichte, dass nationale Sicherheitsbeamte im Geheimen Exilanten gegen deren Willen nach Usbekistan zurückbringen. Viele der Betroffenen werden versteckt festgehalten und angeblich gefoltert sowie misshandelt, um Geständnisse oder die Belastung anderer Personen zu erzwingen (UNCAT 14.1.2020).

 

Oppositionsgruppen sind hauptsächlich aus dem Exil tätig. Heimische Unterstützer oder Familienangehörige von im Exil lebenden Oppositionellen werden verfolgt, und ihnen wird die Teilnahme an Wahlen untersagt (FH 3.3.2021; vgl. UNHRC 1.5.2020). Menschenrechtsverteidiger und Journalisten im Exil werden geheim überwacht und sind das Ziel von Phishing- und Spyware-Angriffen (AI 7.4.2021; vgl. FH 2.2021).

 

Der Präsident ersuchte usbekische Bürger im Ausland, nach Usbekistan zurückzukehren und mit ihren Fähigkeiten, Wissen und Expertise einen Beitrag zur Umgestaltung des Landes zu leisten (BS 2020; vgl. TD 31.5.2019).

 

Eine Überschreitung der Grenze unter Verletzung der geltenden rechtlichen Bestimmungen wird mit einer Geldstrafe, Freiheitsbeschränkung oder Freiheitsstrafe von drei bis fünf Jahren bestraft (ÖB 18.3.2019).

 

Quellen:

- AI – Amnesty International (7.4.2021): Amnesty International Report 2020/21; The State of the World’s Human Rights; Uzbekistan 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048789.html , Zugriff 10.11.2021

- BS – Bertelsmann Stiftung (2020): Uzbekistan Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029522/country_report_2020_UZB.pdf , Zugriff 10.11.2021

- FH – Freedom House (2.2021): Out of Sight, Not Out of Reach. The Global Scale and Scope of Transnational Repression, https://www.ecoi.net/en/file/local/2045035/Complete_FH_TransnationalRepressionReport2021_rev020221.pdf , Zugriff 10.11.2021, ua.

 

2. Beweiswürdigung

Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:

• Einsicht in den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakt des BFA betreffend den BF; insbesondere in die Befragungsprotokolle;

• Einsicht in das Zentrale Melderegister, das Strafregister und das Grundversorgungssystem.

Der oben angeführte Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA.2.1. Zur Person des BF:

Die Identität des BF geht aus einem im Akt aufliegenden, vom 08.05.2014-07.05.2024 gültigen, usbekischen Reisepass (AS 267) hervor.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des BF, zu seiner Herkunft und Volksgruppenzugehörigkeit und seinem Religionsbekenntnis gründen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des BF im Verfahren, insbesondere bei der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 18.10.2022; das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen - im gesamten Verfahren im Wesentlichen gleich gebliebenen und sich mit den Länderberichten zu Usbekistan deckenden - Aussagen des BF zu zweifeln.

Die Feststellungen zur Schulausbildung, des beruflichen Werdeganges, der Berufstätigkeit des BF, zu den familiären Anknüpfungspunkten in Usbekistan, der finanziellen Unterstützung durch die Familie, sowie den fehlenden privaten Kontakten in Österreich, basieren auf den Angaben des BF in der Einvernahme vor dem BFA vom 26.04.2021 und in der Verhandlung vor dem BVwG. Hinweise auf das Bestehen eines besonderen Nahe- bzw. Abhängigkeitsverhältnisses zu Personen im Bundesgebiet hat der BF, als auch seine Vertretung begründet nicht dargelegt.

 

Die strafrechtliche Unbescholtenheit des BF ergibt sich aus einem aktuell eingeholten Strafregisterauszug der Republik Österreich.

 

Die Feststellungen, dass der BF bei einer Rückkehr zumutbar die Kosten seiner Lebenserhaltung durch die Ausübung einer ihm zumutbaren und möglichen Erwerbstätigkeit auch im Herkunftsstaat (wieder) bestreiten wird können, bzw. über eine für eine Rückkehr ausreichend gesicherte Existenzgrundlage verfügt, folgt aus dem Umstand, dass der BF auch in der Vergangenheit dazu in der Lage war, eine solche Existenzgrundlage durch eigene Arbeit und Einkünfte zu sichern, bzw. wie vom BF auch selbst angegeben einer Berufstätigkeit nachzugehen. Es ist in Zusammenschau der persönlichen Eigenschaften des BF mit den aktuellen Länderfeststellungen zum Herkunftsstaat kein ausreichend valider Grund ersichtlich ist, weswegen es dem BF als gesunden jungen Mann mit angegebenen vielseitigen Ausbildungen, sowie beruflichen Erfahrungen die Aufnahme einer ihm möglichen Arbeit im Herkunftsstaat nicht erneut möglich sei sollte. Der BF wurde im Herkunftsstaat soziologisiert, spricht die im Herkunftsstat gesprochene Sprache als Muttersprache, bzw. spricht Russisch fließend, hat im Herkunftsstaat die Schule abgeschlossen, in Russland und in England studiert, sowie ein Masterstudium abgeschlossen. Der BF hat seinen Angaben zufolge im Herkunftsstaat als Direktor die Firma seines Vaters übernommen und monatliche Einkünfte in der Höhe von 5.000-6.000,- US-Dollar erzielt. Ebenso verfügt der BF über ein familiäres Netzwerk in seinem Herkunftsstaat, bzw. hält sich dort weiterhin seine Familie auf. In Zusammenschau dieser Sachverhaltselemente ist davon auszugehen, dass es dem BF mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit faktisch zumutbar und möglich ist, seinen Lebensunterhalt im Herkunftsstaat jedenfalls mittelfristig zukünftig auch wieder ohne die Unterstützung von Verwandten, die ihm bei einer Rückkehr zunächst zumutbar unterstützen können und werden, zumindest grundlegend befriedigen zu können. Valide Gründe die diesbezüglich gegen eine Rückkehr des BF in seinen Herkunftsstaat sprechen könnten, hat der BF ausreichend konkret im gesamten Verfahren nicht dargelegt.

 

2.2. Zum Fluchtvorbringen und Rückkehrsituation:

 

Der BF hat durch sämtliche Ausführungen, als auch durch die Vorlage sämtlicher Schriftstücke ausreichend glaubhaft und nachvollziehbar nicht darlegen können, dass dieser aus asylrelevanten Gründen Usbekistan verlassen hat, dort aus asylrelevanten Gründen einer verfahrensrelevanten Bedrohung ausgesetzt gewesen war oder eine solche mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit hinkünftig zu befürchten habe. Der BF hat das Bestehen einer ihn unmittelbar und persönlich mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit betreffenden konkreten, bzw. aktuellen asylrelevanten Gefährdung aus folgenden Gründen ausreichend glaubhaft und nachvollziehbar nicht darlegen und glaubhaft machen können:

 

Die Feststellungen, dass dem BF ausreichend glaubhaft keine gezielten Übergriffe oder Diskriminierungen maßgeblicher Intensität durch staatliche Behörden oder private Akteure aufgrund asylrelevanter Gründe mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohen, ergeben sich aus den diesem Erkenntnis zugrunde gelegten Länderfeststellungen in Zusammenschau mit dem Umstand, dass der BF im gesamten Verfahren kein ausreichend nachvollziehbar konkretes und konsistentes Vorbringen bezüglich einer ausreichend glaubhaften und asylrelevanten Verfolgung vorbringen konnte.

 

Führt der BF im gegenständlichen Verfahren aus, dass dieser als Großunternehmer, bzw. Direktor gearbeitet hat, so ist diesbezüglich festzustellen, dass sämtliches hierauf bezogenes Vorbringen insgesamt aus folgenden Gründen als unglaubwürdig zu qualifizieren war: Führt der BF etwa hierzu näher befragt aus, dass dieser 12 Apotheken, sowie 7 Autowerkstätten betrieben hätte, so kann der BF bereits etwa auf konkrete Nachfrage, wie diese Geschäftsfelder zusammenpassen keinerlei konkrete und nachvollziehbare , bzw. irgendwelche detaillierten Antworten erstatten. Sämtliche Ausführungen hierzu werden ausschließlich kurz und allgemein zu Protokoll gegeben. Dass der BF über ein derart konkretes und differenziertes Wissen hinsichtlich dieser beiden gänzlich verschiedenen Geschäftsfelder aufweist, die ihn für die Führung oder auch dem Aufbau solcherart differenzierter Geschäftsfelder qualifizieren würden, hat der BF durch sämtliche Ausführungen ausreichend glaubhaft nicht darlegen können. Vielmehr konnte der BF auf sämtliche durch den erkennenden Richter hierzu ergänzenden Nachfragen ausschließlich nur höchst allgemeine, ausweichende, bzw. gänzlich abstrakte Angaben erstatten. Ein konkretes faktisches Wissen über solcherart Unternehmen, ein differenziert detailliertes Fachwissen, bzw. besondere Kenntnisse hinsichtlich dieser Geschäftsfelder sind sämtlichen Antworten des BF hierzu nicht zu entnehmen. Konkrete nachvollziehbare faktische Abläufe, wie es dem BF möglich war, binnen recht kurzer Zeit eine solche Vielzahl von einzelnen Unternehmensstandorten aufzubauen kann der BF ausreichend nicht darlegen. Dass der BF glaubhaft nicht als Großunternehmer 12 Apotheken und 7 Autowerkstätten betrieben hat, ergibt sich weiters auch aus dem Umstand, dass der BF nicht nur zu den Geschäftsfeldern höchst allgemeine Angaben erstatten konnte, sondern auch im Zuge der mündlichen Beschwerdeverhandlung insgesamt nicht genau darlegen konnte, welche speziellen Aufgaben er selbst als angegebener Leiter innerhalb der Organisation seiner Firmen eingenommen hat. Auch sämtliche diesbezüglichen Antworten werden offensichtlich ausweichend und allgemein detaillos zu Protokoll gegeben. Zudem kann der BF ausreichend konkret die finanzielle Gebarung, die Beschaffungsvorgänge und die Organisation, sowie den konkreten Ablauf oder die Einrichtungen eines solcherart großen insbesondere Apothekennetzes nicht nachvollziehbar detailliert oder realistisch darstellen. Auch aus sämtlichen diesbezüglichen Antworten ist erschließlich, dass der BF hierzu nur höchst allgemeine Angaben rein verfahrenszweckbezogen erstattet. Der BF kann etwa auf Aufforderung seine konkreten Tätigkeiten näher zu beschreiben, ausschließlich allgemein zu Protokoll geben, dass er Gebäude in der Nähe von Kliniken gepachtet habe, die sich für Apotheken eignen würden bzw. Medizin ausgeliefert und zudem von seinem Büro aus alle Vorgänge kontrolliert habe. Ferner war der BF gänzlich nicht in der Lage ein konkretes Fachwissen zu etwaigen konkreten Arzneien, die in seinem Firmennetz angeblich vertrieben worden wären anzugeben. Nicht Zudem war offensichtlich erkennbar, dass dem BF selbst zentrale medizinische Fachbegriffe die im Bereich von Apotheken relevant sind, wie beispielsweise der Begriff „Generika“ auf konkrete Nachfrage durch den erkennenden Richter gänzlich unbekannt waren. (VH-Protokoll Seite 13). Ebenso erscheint es insbesondere im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage im Herkunftsstaat, als auch hinsichtlich der durch den BF selbst angegebenen Konkurrenz in Usbekistan nicht nachvollziehbar, wie es dem BF gelungen sein sollte, derart zahlreiche Apotheken bzw. Betriebsstätten in einem Zeitraum von wenigen Jahren erfolgreich aufbauen und diese zu finanzieren. Auch die hierzu durch den BF erstatteten allgemeinen und detailarmen Antworten indizieren, dass sämtliche durch den BF hierauf erstatteten Angaben, ausschließlich verfahrenszweckbezogen erstattet worden sind. Aus diesen Gründen war dem BF gänzlich die Glaubwürdigkeit in Hinblick auf das Bestehen eines wie vom BF angegeben aus 12 Apotheken bestehenden, bzw. 7 Werkstätten umfassenden Unternehmensnetzwerkes abzusprechen, von dem dieser der Direktor seinen eigenen Angaben zufolge sein solle.

 

Sämtliches Vorbringen in Bezug auf sein Vorbringen, dass dieser der Direktor eines wie angegebenen Großunternehmens gewesen wäre, war somit insgesamt als unglaubwürdig und als rein verfahrenszweckbezogen erstattet zu qualifizieren.

 

Wenn der BF ergänzend einen Vorfall schildert, im Zuge dessen er auf dem Weg zu einem Termin beim Präsidentenamt von drei Männern angehalten, ins Auto gezerrt und entführt worden sei, um ihn unter Anwendung mehrerer Foltermethoden zur Zurückziehung seiner Beschwerde(n) aufzufordern, so ist auch diesem Vorbringen die Glaubwürdigkeit aus folgenden Gründen abzusprechen:

 

Zunächst ist festzuhalten, dass auch dieserart Vorbringen nicht ausreichend konsistent, glaubhaft und nachvollziehbar schlüssig durch den BF dargelegt worden ist, sodass dieses als ausreichend glaubhaft zu qualifizieren wäre. So ist es zunächst nicht glaubhaft nachvollziehbar, warum ein derartiges Interesse von irgendwelchen Personen an einer solcherart physischen Bedrohung des BF gegeben sein könnte. Dies, zumal auch nach den eigenen Angaben des BF bereits die Verfahren bezüglich der Enteignung (des Kleinunternehmens) bereits zu Ungunsten des BF abgeschlossen wurden. Dass alleine hierdurch verhindert werden sollte, dass das Gerichtsverfahren weiter betrieben oder medial aufbereitet werden würden, kann ebenso nicht nachvollzogen werden, zumal der BF selbst Unterlagen in Vorlage gebracht hat, die eine auch noch aktuell im Internet abrufbare mediale Erörterung dieses Enteigungsverfahrens aufzeigen. Es entspricht jedenfalls nicht der allgemeiner Lebenserfahrung, weshalb jemand eine mit erheblichen Aufwand verbundene Entführung, Inhaftierung und Folter planen, sowie auszuführen sollte, obwohl das beabsichtigte Ziel bereits im Vorfeld erreicht wurde. Der beabsichtigte Zweck dieser vom BF geschilderten Vorgangsweise des usbekischen Staates oder einzelner Personen ist jedenfalls nicht nachzuvollziehen, insbesondere, da der vom BF publizierte Zeitungsartikel wie erwähnt nach wie vor online abrufbar ist. Die Rechtfertigung des BF, dass man ihn über einen anberaumten Prozess nicht informiert habe, geht auch im Hinblick auf den Umstand, dass der BF als Vertretung im Verfahren bereits einen Rechtsanwalt beauftragt hat, ins Leere. Es ist daher jedenfalls nicht nachvollziehbar, was einzelnen Personen oder die Behörden durch die Entführung oder Folterung des BF konkret erreichen wollten, da das gewünschte Ziel bereits zuvor erreicht wurde. Den BF auch bezüglich der Gründe für die Entführung befragt, konnte der BF auch hierzu ausschließlich nur ausweichend allgemeine Antworten erstatten, sodass auch diesen Angaben mangels nachvollziehbarer Schlüssigkeit die Glaubwürdigkeit abzusprechen war.

 

Bezüglich der durch den BF angegebenen Ablaufes der Anhaltung und des Ablaufes der konkreten Folterhandlungen konnte der BF zunächst bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA nicht ausreichend glaubwürdige, bzw. nicht ausreichend detailreiche Angaben tätigen. Selbst wenn der BF im Zuge einer Beschwerdeergänzung, sowie bei der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 18.10.2022 seine Ausführungen der niederschriftlichen Einvernahme hierzu näher präzisierte und präsentierte, so ist zu diesen Angaben anzumerken, dass der BF mit diesen Aussagen die an ihm angewandten Foltermethoden im Zuge der Verhandlung durchwegs detaillierter zu Protokoll geben konnte. Doch auch den hierauf bezogenen Ausführungen des BF war aus folgenden Gründen die Glaubwürdigkeit abzusprechen: Der BF führt in der Verhandlung vor dem BVwG zwar einzelnen Folterarten an, bzw. zeigt diese vor, doch ist diesbezüglich zunächst festzuhalten, dass sich die Ausführungen der Beschwerdeergänzung vom 14.10.2022 im Abgleich mit den Angaben des BF bei der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 18.10.2022 insgesamt divergierend gestalten. Dies, da im Zuge der Beschwerdeergänzung angeführt wurde, dass der BF erst von zwei Personen gefoltert worden sei und später noch eine Person hinzu gekommen sei, um dem BF Elektroschocks zu versetzen und ihm gedroht hätten, ihn zu vergewaltigen bzw. von ihm verlangt hätten, seine öffentlichen Vorwürfe zurückzuziehen und seine Immobilien den Behörden zu überschreiben. Bei der Beschwerdeverhandlung zur Entführung und Folter befragt gab der BF jedoch zu Protokoll, dass ihm Stromschläge versetzt worden seien und man ihn in ein Zimmer mit Holzboden gebracht habe und die Männer ab und zu in sein Zimmer gekommen seien, wo sie ihn beschimpft hätten sowie gezwungen hätten, ruhig stehen zu bleiben und die usbekische Hymne aufzusagen (VH Protokoll Seit 18/19). Sowohl die angedrohte Vergewaltigung als auch die Forderungen, alle öffentlichen Vorwürfe zurückzuziehen sowie die verlangte Überschreibung der Immobilien blieben bei der mündlichen Beschwerdeverhandlung gänzlich unerwähnt, was die diesbezügliche konsistenz des Vorbringens, bzw. insgesamt Glaubhaftigkeit des vorgetragenen Vorfalles jedenfalls erschüttert. Auch ist festzuhalten, dass der BF keinerlei konkrete Hinweise zu den Angreifern liefern konnte noch eine tatsächlich bestehende etwaige Verbindung zur usbekischen Regierung aufzuzeigen vermochte. Wenn er auch nunmehr in der mündlichen Beschwerdeverhandlung erklärte, dass er einzelne diesbezügliche Ausführungen aufgrund der Anwesenheit einer weiblichen Dolmetscherin bzw. Rechtsberaterin aus Scham zuvor nicht preisgeben habe wollen, so ist diesen Aussagen zu entgegnen, dass der BF auch durch diese ergänzenden Erläuterungen die Entscheidungsrelevanz dieses neuen Vorbringens nicht darlegen konnte. Ein weiterer Widerspruch geht aus der Beschwerdeergänzung hervor, bzw. kann der BF ausreichend schlüssig diesen nicht aufklären, dass der BF darin behauptete, drei Tage lang festgehalten worden zu sein, obwohl der BF im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme am 26.04.2021 vor dem BFA im Gegensatz zu dieser Erläuterung anführte, in der Früh mitgenommen und am Abend ins Krankenhaus gebracht worden zu sein (AS 61). Der BF kann zudem auch nicht nachvollziehbar logisch aufklären, wieso dieser trotz der Angabe der Anwendung von brutaler Gewalt über einen längeren Zeitraum keine relevanten Verletzungen erlitten habe und in Folge im Krankenhaus ausschließlich sein Knie bandagiert wurde und dieser kurz darauf aus diesem nach eigenen Angaben entlassen worden ist. Auch aus der durch den BF im Zuge der Verhandlung vor dem BVwG präsentierten Art und Weise wie dieser die angegebene Anhaltung und Folterung durch den BF dargelegt hat, war durch den erkennenden Richter nicht auf eine ausreichend nachvollziehbare, glaubwürdige und schlüssige Darlegung eines tatsächlich durch den BF selbst erlebten Vorfalls zu schließen, sondern war auch dieses Vorbringen im Kontext eines insgesamt rein verfahrenszweckbezogenen unglaubwürdigen Vorbringens einzuordnen.

 

Ergänzend ist auf die Angaben des BF im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme am 26.04.2021 zu verwiesen, im Zuge derer der BF vor Darlegung seiner weiteren Fluchterzählung explizit erklärte, im Heimatland keine Probleme mit der Polizei oder anderen staatlichen Stellen zu haben (AS 56). Dass eine Person die solcherart Folterungen erlitten hätte, eine derartige Angabe erstattet, kann nicht nachvollzogen werden. In einer Zusammenschau sämtlicher durch den BF auf die angebliche Folter bezogenen Ausführungen ist somit festzuhalten, dass sämtliche hierauf bezogenen Ausführungen des BF im gesamten Verfahrensverlauf nicht ausreichend konsistent gleichlautend, nicht ausreichend schlüssig, bzw. insgesamt nicht ausreichend glaubhaft durch den BF dargelegt worden sind, sodass auch diese Angaben dem gegenständlichen Verfahren nicht zu Grunde gelegt werden können.

 

Festzuhalten ist insbesondere auch, dass der BF zwar zahlreiche Schriftstücke, auch gerichtliche Entscheidungen bzw. Bescheinigungsmittel, wie Internet – bzw. Zeitungsartikel in Vorlage gebracht hat, denen durchaus entnommen werden kann, dass ein Grundstück des BF von einer Enteignung für öffentliche Zwecke betroffen gewesen ist. Diesen Unterlagen kann jedoch ausreichend konkret nicht entnommen werden, dass dieserart Enteignungen insgesamt rechtlos erfolgt wären, bzw. der BF aus asylrelevanten Gründen widerrechtlich enteignet oder verfolgt, bzw. bedroht worden wäre. Zudem sind aus diesen Dokumenten insgesamt keine ausreichend glaubwürdigen und nachvollziehbaren Hinweise ableitbar, dass es dem BF nicht möglich gewesen wäre, bzw. verwehrt wurde, auch gerichtlich gegen diese Enteignung vorzugehen, bzw. selbst erstinstanzliche Urteile im Instanzenzug mit Rechtsmittel zu bekämpfen und diesen auszuschöpfen. Vielmehr geht aus den vorgelegten Unterlagen hervor, dass ihm von den Behörden Entschädigungssummen in Höhe von ungefähr 48.697,63,- Euro bzw. 40.000,- Euro angeboten wurden, der BF dieses Angebot jedoch verwarf und er die Enteignung durch Einbringung von Beschwerden verhindern wollte. Seinen eigenen Angaben zufolge wurde dem BF im Jahr 2019 ergänzend eine Geldsumme in Höhe von 50.000,- Dollar angeboten (VH-Protokoll Seite 15). Es ist daher anzumerken, dass die in Vorlage gebrachten gerichtlichen Entscheidungen einzelne Ausführungen des BF bezogen auf die Vornahme einer Enteignung stützen. Diesen Unterlagen kann jedoch nicht entnommen werden, dass die Enteignungen rechtswidrig oder willkürlich vorgenommen worden wären oder auf politisches Drängen aus asylrelevanten Gründen rechtswidrig erfolgt worden wären. Der BF selbst hat hierzu etwa in der mündlichen Beschwerdeverhandlung eingeräumt, bei der zweiten anberaumten Gerichtsverhandlung anwesend gewesen zu sein (VH-Protokoll Seite 14), weshalb rechtsstaatliche Grundsätze vom usbekischen Staat im gegenständlichen Verfahren erkennbar eingehalten worden sind.

Führt der BF ergänzend hierzu aus, dass er auch durch diese gerichtlichen Verfahren die Enteignungen nicht verhindern konnte, so stellt die Vornahme von solcherart Entscheidungen durch usbekische Gerichte im gegenständlichen Verfahren keine asylrelevante Verfolgung dar, sondern hieraus wird erkennbar ausschließlich aufgezeigt, dass solcherart Rechtsakte in Usbekistan nach gerichtlichen Entscheidungen vorgenommen werden, die selbst mit Rechtsmitteln durch die Parteien bekämpft werden können. Auch, dass es sich bei der enteigneten Liegenschaft um eine im Wert tatsächlich wesentlich höher als im Gerichtsurteil ausgesprochene Liegenschaft handelt, konnte der BF insgesamt ausreichend glaubhaft nicht darlegen. Dass der BF bei seiner Einvernahme vorbrachte, keine Kompensation erhalten zu haben und über den Abriss nicht informiert worden zu sein (AS 58), steht zudem einerseits in Widerspruch zu seinen eigenen Angaben, wonach er erwähnte, dass sich die anderen Geschäftsleute mit den Behörden geeinigt hätten und er selbst die ihm vorgelegten Unterlagen nicht unterschreiben habe wollen, als auch dieses Vorbringen andererseits auch nicht in Einklang zu den vom ihm vorgelegten Unterlagen steht, aus denen explizit angebotene Entschädigungssummen hervorgehen. Das usbekische Rechtsmittelgericht führte in seiner Entscheidung an, dass eine „Rücknahme von Grundstücken für staatliche und öffentliche Bedürfnisse“ gesetzlich gedeckt ist. Eine asylrelevante Verfolgung des BF kann aus dem hierauf bezogenen Vorbringen nicht erschlossen werden.

 

Insgesamt war betreffend sämtlicher in Vorlage gebrachter Schriftstücke, dies insbesondere hinsichtlich der vorgelegten Gerichtsunterlagen, bzw. von Zeitungsartikel durch das BVwG zu erkennen, dass diese Schriftstücke zwar einzelne Elemente des Vorbringens stützen, jedoch fallgegenständlich zu erkennen war, dass der BF diesen Unterlagen einen verfahrensgegenständlich relevanten Inhalt beimisst, bzw. diese in einem solchen Kontext anführt, der sich jedoch aus dem Inhalt dieser selbst unmittelbar nicht ableiten lässt. Auch, wenn dieserart Bescheinigungsmittel im Verfahren zu berücksichtigen sind, so kann alleine hieraus keine insgesamt glaubwürde asylrelevante Bedrohung des BF in seinem Herkunftsstaat erschlossen werden. Vielmehr ist zu erkennen, dass der BF selbst diese Unterlagen bewusst verfahrenszweckbezogen anführt.

 

Auch unter Berücksichtigung sämtlicher vorgelegter Bescheinigungsmittel war fallgegenständlich zu erkennen, dass der BF aufgrund seiner Aussagen in Zusammenschau auch mit sämtlichen vorgelegten Bescheinigungsmitteln und Unterlagen das Vorliegen einer asylrelevant glaubhaften Bedrohung insgesamt nicht glaubhaft machen hat können, bzw. auch unter besonderer Berücksichtigung sämtlicher Unterlagen, das Fluchtvorbringen und das Vorliegen einer asylrelevanten Verfolgung nicht ausreichend glaubwürdig, nicht schlüssig und nachvollziehbar dargelegt werden konnte.

Des Weiteren ist festzuhalten, dass durch den BF im Zuge des Verfahrens, insbesondere auch in einer Beschwerdeergänzung ausführte, illegal aus seinem Herkunftsstaat ausgereist zu sein. Dieses Vorbringen steht jedoch im Widerspruch zu den bisherigen Angaben im erstinstanzlichen Verfahren. Hier hat der BF zuvor explizit angeführt, legal ausgereist zu sein. Auch diesbezüglich durch das erkennende Gericht befragt kann der BF hierzu keine ausreichend schlüssigen Ausführungen erstatten, bzw. darlegen, wie es möglich sein kann offensichtlich ohne Probleme mit einem gültigen Reisepass aus seinem Herkunftsstaat auszureisen. Auch die Begründung des BF, dass ihm bei der Befragung eine Dolmetscherin aus Usbekistan Angst eingejagt habe, weshalb er nicht viele Informationen preisgegeben habe, kann die diesbezüglich offensichtlich vorliegenden Divergenzen in den Angaben des BF ausreichend nachvollziehbar nicht entkräften, da es dem BF vor dem BFA jederzeit offen gestanden wäre, auf etwaige Bedenken bezüglich der usbekischen Dolmetscherin hinzuweisen bzw. die Unterschrift am Einvernahmeprotokoll des BFA zu verweigern.

 

Fallbezogen kann ferner auch nicht nachvollzogen werden, wieso dem BF usbekische Behörden dem BF einzelne Straftaten unterstellen sollten, nur um ihn von weiteren Veröffentlichungen oder der Erhebung von rechtlichen Schritten gegen die erstinstanzlich bereits gerichtlich verfügte Enteignung abzuhalten. Es ist kann ausreichend nachvollziehbar nicht davon ausgegangen werden, dass die bloße Veröffentlichung des vorgelegten kritischen Zeitungsartikels der usbekischen Regierung oder einzelnen Personen in dieser derart wesentlich und nachhaltig schaden könnte. Ergänzend ist diesbezüglich auch festzuhalten, dass der vorgelegte Artikel zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch immer online abrufbar war. Welchen konkreten Zweck eine fortgesetzte Bedrohung somit haben sollte, obwohl selbst dieser Artikel, aus dem sich zudem eine konkrete asylrelevante Bedrohung des BF selbst nicht unmittelbar ableiten lässt, eine glaubwürdige Bedrohung einzelner Personen oder Behörden bewirken könnte, hat der BF ausreichend konkret und glaubhaft nicht darlegen können. Durch sämtliche hierauf bezogene Ausführungen konnte der BF das Vorliegen einer derartigen unmittelbar konkreten und glaubhaften asylrelevanten Gefährdung ausreichend nachvollziehbar und glaubhaft nicht darlegen.

 

Warum einzelne Personen ein konkretes Interesse an einer etwaigen zukünftigen Bedrohung oder Verfolgung des BF selbst haben könnten, kann der BF zudem ausreichend konkret und nachvollziehbar nicht darlegen. Sämtliche diesbezüglichen Ausführungen werden ausschließlich allgemein, unkonkret, sowie rein spekulativ zu Protokoll gegeben.

 

Wesentlich ist festzuhalten, dass der BF mit sämtlichen Vorbringen insbesondere nicht darlegt hat, dass dieser aufgrund asylrelevanter Gründe einer Verfolgung im Herkunftsstaat bedroht worden wäre. Die Gründe für die durch den BF angegeben Bedrohungen liegen nach den Angaben des BF selbst ausschließlich in einer allfällig durch den BF angegebenen unrechtmäßigen, bzw. kriminellen Bereicherungsabsicht einzelner Personen in Usbekistan. Dass der BF hierdurch jedoch aus asylrelevanten Gründen konkret persönlich einer Verfolgung in Usbekistan ausgesetzt gewesen ist, bzw. dieser von diesen Taten aufgrund asylrelevanter Gründe bedroht worden wäre, zeigen sämtliche Ausführungen des BF ausreichend glaubhaft nicht auf. Nachvollziehbar glaubhafte, ausreichend schlüssige und detaillierte, konkrete und tatsächlich unmittelbar aus asylrelevanten Gründen auf seine Person gerichtete Bedrohungen hat der BF somit im gesamten Verfahren insgesamt ausreichend nachvollziehbar und glaubhaft somit nicht zu Protokoll geben können.

 

Zusammenfassend ist daher aus diesen Gründen zu erkennen, dass die Ausführungen des BF zu seinen Fluchtgründen, die angegebenen Gefährdungen durch staatliche Stellen oder einzelne Personen, insbesondere aufgrund der vorangehenden Enteignungen bzw. die angeblichen Unterstellungen von Straftaten seitens der usbekischen Behörden, insgesamt als nicht glaubwürdig zu qualifizieren waren, bzw. das Fluchtvorbringen des BF als rein verfahrenszweckbezogen erstattet zu qualifizieren ist. Der BF hat ausreichend glaubhaft nicht darlegen können, dass dieser aufgrund einer glaubwürdigen asylrelevanten Verfolgung oder Bedrohung seinem Herkunftsstaat verlassen hat, bzw. dort mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen Bedrohung ausgesetzt gewesen ist. Ausreichend konkrete und glaubhafte Hinweise auf das Bestehen einer aktuell oder zukünftig vorliegenden, unmittelbar den BF konkret und mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit persönlich betreffenden relevanten Gefährdung oder Bedrohung aus asylrelevanten Motiven in seinem Herkunftsstaat hat der BF im gesamten Verfahren ebenfalls nicht ausreichend glaubhaft machen können und das Vorbringen des BF war aus diesen Gründen der gegenständlichen Entscheidung daher gänzlich nicht zu Grunde zu legen.

2.3. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:

Die unter Pkt. 1.3. wiedergegebenen Ausführungen stützen sich auf das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Usbekistan. Da dieser aktuelle Länderbericht auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruht und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne Widersprüche darbietet, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit dieses Berichtes zu zweifeln. Der zu den Feststellungen erhobene Länderbericht wurde dem BF vorgehalten; dieser ist dessen Ausführungen nicht entgegengetreten. Die schon in der Beschwerde ins Treffen geführten Quellen weisen geringere Aktualität als die hier herangezogenen Berichte auf. Aus diesen Erwägungen stellt das Bundesverwaltungsgericht fest, dass es von örtlichen Gegebenheiten im Herkunftsstaat ausgeht, wie sie in den wiedergegebenen Abschnitten des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation zu Usbekistan sind.

2.4. Zu den Feststellungen zu den Folgen einer Rückkehr

Die Feststellungen, dass der BF bei einer allfälligen Rückkehr nach Usbekistan nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer allgemeinen asylrelevanten Bedrohung ausgesetzt ist, bzw. in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde, ergibt sich aus einer Zusammenschau der aktuellen bzw. wiedergegebenen Länderberichte und den festgestellten persönlichen Verhältnisse des BF.

Bei dem BF handelt es sich um einen jungen, gesunden und insgesamt arbeitsfähigen Mann, der in seinem Herkunftsstaat eine ausreichende Soziologisierung und Schulbildung erfahren hat, der dort seinen Angaben zufolge bereits mehrere Jahre gearbeitet hat, sowie der einschlägige auch akademische Ausbildungen und Studien im Ausland absolviert hat.

Der BF verfügt in Usbekistan über mehrere relevante familiäre Anknüpfungspunkte. Gründe, warum diese Familienangehörigen den BF nicht für eine zumindest erste Zeit nach der Rückkehr bis zur Aufnahme einer ihn möglichen und zumutbaren Arbeit kurzfristig unterstützen können, hat dieser nicht vorgebracht.

Aus den vorliegenden Länderinformationen ergeben sich insgesamt keine Hinweise darauf, dass dem jungen, gesunden und insgesamt arbeitsfähigen BF die Aufnahme einer ihn zumutbaren Arbeit in Usbekistan aufgrund der dort vorherrschenden allgemeinen Lage oder seiner persönlichen Verhältnisse unmöglich oder unzumutbar wäre.

In Usbekistan ist dem BF somit die Aufnahme einer entsprechenden Arbeit (wieder) zumutbar, bzw. hat dieser auch bis zur Ausreise dort seinen Angaben zufolge mehrere Jahre, dies auch als Führungskraft bzw. als Leiter seines eigenen Unternehmens selbständig, gearbeitet. Richtig wurde ferner festgehalten, dass der BF den Großteil seines Lebens in Usbekistan verbracht hat.

Festzuhalten ist, dass selbst unter der Annahme des angegebenen Enteignung von einer gänzlichen Entziehung der gesamten Lebensgrundlage im Herkunftsstaat zulasten des BF nicht davon auszugehen ist, da dieser im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 18.10.2022 erklärte, in Usbekistan eine Wohnung zu haben, die auf seinen Namen registriert sei und einen Wert von ungefähr 50.000,- Dollar habe (VH-Protokoll Seite 13).

Unter Maßgabe seiner persönlichen Lebensverhältnisse bzw. auch aufgrund der vorliegenden Länderfeststellungen zu Usbekistan kann daher in casu nicht davon ausgegangen werden, dass der BF bei einer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in eine rechtlich relevante wirtschaftliche Notlage geraten würde, bzw. diesen eine Rückkehr in seinen Herkunftsstaat nicht möglich oder nicht zumutbar wäre.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt A)

3.1. Zur Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz für den Status des Asyl-berechtigten:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (im folgenden GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 09.03.1999, 98/01/0370). Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimat-staates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr (vgl. VwGH 10.06.1998, 96/20/0287). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.03.1995, 95/19/0041; 26.02.2002, 99/20/0509 mwN; 17.09.2003, 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (vgl. VwGH vom 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein. Sie muss bei Erlassung der Entscheidung vorliegen; auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn die wohlbegründete Furcht im beschriebenen Sinn (zumindest) "glaubhaft" ist.

Um die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu erreichen, müssen konkrete, gegen den Asylwerber selbst gerichtete Verfolgungshandlungen glaubhaft gemacht werden (VwGH 10.03.1994, 94/19/0056). In diesem Zusammenhang hat der Betroffene die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darzustellen (EGMR 07.07.1987, Nr. 12877/87, Kalema/Frankreich).

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die behauptete Furcht des BF, in seinem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der GFK genannten Gründen verfolgt zu werden, nicht vorliegt.

Dies vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass der BF keine persönliche Verfolgungshandlung aus einem in der Genfer Flüchtlingskonvention taxativ aufgezählten Grund glaubhaft gemacht hat. Es ist zu beachten, dass die Glaubhaftigkeit des Vorbringens eine zentrale Rolle für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylgewährung einnimmt (VwGH vom 20.06.1990, Zl. 90/01/0041).

3.1.2. Da festgestellt wurde, dass dem BF im Herkunftsstaat keine gezielten Übergriffe oder Diskriminierungen hier maßgeblicher Intensität durch staatliche Behörden oder private Akteure ernstlich drohen, die zur Zuerkennung des Status des Asylberechtigten führen können, ist die Beschwerde gegen den Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abzuweisen.

Sein als fluchtauslösend bezeichnetes Vorbringen, dass er den behaupteten Gefährdungen durch usbekische Behörden ausgesetzt war, konnte nicht als glaubhaft bzw. auch nicht asylrelevant festgestellt werden und kann sohin schon deshalb nicht zur Zuerkennung des Statuts des Asylberechtigten führen.

3.2. Zur Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz für den Status des subsidiär Schutzberechtigten

3.2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen,

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit der bisherigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung zur realen Gefahr einer drohenden Verletzung der Art. 2 und 3 EMRK und zur ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt in einem innerstaatlichen Konflikt auseinandergesetzt und diese wie folgt zusammengefasst (VwGH 21.02.2017, Ra 2016/18/0137):

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Beurteilung eines drohenden Verstoßes gegen Art. 2 oder 3 EMRK eine Einzelfallprüfung voraus, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") insbesondere einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. etwa VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0053 mwN).

Um von der realen Gefahr ("real risk") einer drohenden Verletzung der durch Art. 2 oder 3 EMRK garantierten Rechte eines Asylwerbers bei Rückkehr in seinen Heimatstaat ausgehen zu können, reicht es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht aus, wenn eine solche Gefahr bloß möglich ist. Es bedarf vielmehr einer darüberhinausgehenden Wahrscheinlichkeit, dass sich eine solche Gefahr verwirklichen wird (vgl. etwa VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479 und 23.09.2009, 2007/01/0515 mwN).

Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Nach der auf der Rechtsprechung des EGMR beruhenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen (vgl. VwGH vom 08.09.2016, Ra 2016/20/0063).

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte erkennt in ständiger Rechtsprechung, dass ein reales Risiko ("real risk") vorliegt, wenn stichhaltige Gründe ("substantial grounds") dafür sprechen, dass die betroffene Person im Falle der Rückkehr in die Heimat das reale Risiko (insbesondere) einer Verletzung ihrer durch Art. 3 EMRK geschützten Rechte zu gewärtigen hätte. Dafür spielt es grundsätzlich keine Rolle, ob dieses reale Risiko in der allgemeinen Sicherheitslage im Herkunftsstaat, in individuellen Risikofaktoren des Einzelnen oder in der Kombination beider Umstände begründet ist. Allerdings betont der EGMR in seiner Rechtsprechung auch, dass nicht jede prekäre allgemeine Sicherheitslage ein reales Risiko im Sinne des Art. 3 EMRK hervorruft. Im Gegenteil lässt sich seiner Judikatur entnehmen, dass eine Situation genereller Gewalt nur in sehr extremen Fällen ("in the most extreme case") diese Voraussetzung erfüllt (vgl. etwa EGMR 28.11.2011, Nr. 8319/07 und 11449/07, Sufi und Elmi gg. Vereinigtes Königreich, Rz. 218 mit Hinweis auf EGMR 17.07.2008, Nr. 25904/07, NA gg. Vereinigtes Königreich). In den übrigen Fällen bedarf es des Nachweises von besonderen Unterscheidungsmerkmalen ("special distinguishing features"), aufgrund derer sich die Situation des Betroffenen kritischer darstellt als für die Bevölkerung im Herkunftsstaat im Allgemeinen (vgl. etwa EGMR Sufi und Elmi, Rz. 217).

Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte zu verweisen, wonach es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. VwGH 05.10.2016, Ra 2016/19/0158 mit Verweis auf das Urteil des EGMR vom 05.09.2013, I gegen Schweden, Nr. 61204/09 und m.w.N.).

Der EGMR geht davon aus, dass aus Art. 3 EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische oder sonstige unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet. Nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen (vgl. für mehrere. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 ["St. Kitts-Fall"], oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99).

Dementsprechend hat auch nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Allgemeinen kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder suizidgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland (einer Abschiebung oder Überstellung) nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind (VwGH 21.2.2017, Ra 2017/18/0008-0009 mit Verweis auf das Urteil des EGMR vom 13. Dezember 2016, Nr. 41738/10, Paposhvili gegen Belgien, Rz. 189 ff; siehe auch VwGH 21.05.2019, Ro 2019/19/0006-3).

Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche liegen jedenfalls vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt (VwGH 21.2.2017, Ra 2017/18/0008-0009 mit Verweis auf das Urteil des EGMR vom 13. Dezember 2016, Nr. 41738/10, Paposhvili gegen Belgien, Rz. 189 ff; siehe auch VwGH 21.05.2019, Ro 2019/19/0006-3).

Es ist nicht ersichtlich, dass dem BF im Fall seiner Abschiebung nach Usbekistan dort die notdürftigste Lebensgrundlage fehlte. Aus den aktuellen Länderfeststellungen, welchen von Seiten des BF nicht substantiiert entgegengetreten wurde, ist zu entnehmen, dass die Grundversorgung der Bevölkerung in Usbekistan gewährleistet ist.

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt dabei nicht, dass sich die wirtschaftliche Situation in Usbekistan schlechter darstellt als in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union bzw. in Österreich, aus den Berichten geht aber keinesfalls hervor, dass sie dergestalt wäre, dass das existentielle Überleben gefährdet wäre. Jedenfalls ist Ziel des Refoulementschutzes nicht, Menschen vor unangenehmen Lebenssituationen zu beschützen, sondern einzig und allein Schutz vor exzeptionellen Lebenssituationen zu geben.

Die aktuelle Lage in Usbekistan stellt sich anhand des aktuellen Länderinformationsblattes der Staatendokumentation nicht so dar, dass nun bereits ein generelles Abschiebehindernis bzw. eine generelle Gefährdung aus Sicht der EMRK (Art. 3) gegeben ist.

Auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ergibt sich somit kein "reales Risiko", dass es derzeit durch die Rückführung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat zu einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe kommen würde.

Es kam im Verfahren ebenfalls nicht hervor, dass konkret für den BF im Falle einer Rückverbringung in seinen Herkunftsstaat die reale Gefahr bestünde, als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts ausgesetzt zu sein.

Unter Berücksichtigung der Länderberichte und der persönlichen Situation des BF ist in einer Gesamtbetrachtung nicht zu erkennen, dass er im Fall seiner Abschiebung nach Usbekistan in eine ausweglose Lebenssituation geraten und real Gefahr laufen würde, eine Verletzung ihrer durch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der durch die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte zu erleiden.

Wie oben festgestellt, ist der BF gesund, und ist im erwerbsfähigen Alter. Dem BF ist die Aufnahme einer entsprechenden Erwerbstätigkeit im Heimatstaat zuzumuten. Der BF ist mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates vertraut. Er hat die Schulbildung in Usbekistan absolviert, kann ein abgeschlossenes Studium vorweisen und war im Herkunftsstaat als Direktor eines Kleinunternehmens tätig. Seine Ehefrau und seine beiden Kinder, sind nach wie vor in Usbekistan wohnhaft und unterstützen diesen in Österreich mit Geldleistungen. Zudem gehört der BF keinem Personenkreis an, von dem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, die ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. Seine Existenz könnte er sich dort zumindest mit Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten sichern. Es gibt somit keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der BF in Ansehung seiner existentielleren Grundbedürfnisse (z.B. Nahrung, Unterkunft) einer ausweglosen bzw. existenzbedrohenden Situation ausgesetzt wäre.Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides war daher hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 abzuweisen.3.3 . Zur Nichtgewährung vom Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG

3.3.1. Gemäß § 58 Abs. 1 Z 2 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

3.3.2. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG lagen nicht vor, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet war, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig war noch der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG wurde. Weder hat der Beschwerdeführer das Vorliegen eines der Gründe des § 57 AsylG behauptet, noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhaltes hervor. Die Beschwerde gegen Spruchunkt III. ist daher als unbegründet abzuweisen.

3.4. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.):

3.4.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und unter anderem im Fall der Z 3 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG vorliegt.

Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gelte nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - folgende Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423):

* die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

* das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

* die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

* der Grad der Integration,

* die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

* die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

* Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

* die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

* die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Der BF hat keine Familienangehörigen oder sonstige Verwandte im österreichischen Bundesgebiet, weshalb die Rückkehrentscheidung gegen den BF nicht in sein Familienleben eingreift.

Die Rückkehrentscheidung greift zwar in das Privatleben des BF ein, diese privaten Integrationsaspekte werden jedoch aus folgenden Umständen in ihrem Gewicht gemindert:

Der Aufenthalt des BF war bloß aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber rechtmäßig. Ferner ist zu berücksichtigen, dass der BF den weitaus überwiegenden Teil seines Lebens in Usbekistan aufhältig war, wo sich Verwandte - insb seine Ehefrau und seine beiden Töchter – aufhalten und er auch seine gesamte Schulbildung erhielt und Sozialisierung erfuhr. Daher kann auch keine Entwurzelung aus dem Herkunftsland angenommen werden. Der BF weist keine fortgeschrittenen Kenntnisse der deutschen Sprache auf. Er war nicht selbsterhaltungsfähig, sondern auf Unterstützungsleistungen seiner Familie angewiesen.

Der Umstand, dass der BF in Österreich nicht straffällig geworden ist, bewirkt keine Erhöhung des Gewichtes der Schutzwürdigkeit von persönlichen Interessen an einem Aufenthalt in Österreich.

Der BF hat keine Mitgliedschaften in Vereinen oder sonstigen Organisationen in Österreich begründet.

Angesichts der nur sehr schwach ausgeprägten Integration des BF führt eine Gesamtabwägung der öffentlichen Interessen und der Interessen des BF an einem weiteren Aufenthalt in Österreich nicht dazu, dass seine privaten und familiären Interessen das gewichtige, öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen überwiegen.

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde somit zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes des BF im Bundesgebiet seine persönlichen Interessen am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt.

Die Erlassung der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG stellt sohin keine Verletzung des BF in seinem Recht auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG in Verbindung mit Art. 8 EMRK dar.

Die Voraussetzungen des § 10 AsylG liegen vor: Da der Antrag des BF auf internationalen Schutz abgewiesen wurde, ist eine Rückkehrentscheidungen gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG zu erlassen.

§ 52 Abs. 2 Z 2 FPG setzt weiters voraus, dass kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Ein solches kommt dem BF nicht zu.

Daher ist die Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung als unbegründet abzuweisen.

3.5. Zur Zulässigkeit der Abschiebung

Mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig festzustellen, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in einen bestimmten Staat zulässig ist.

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Das entspricht dem Tatbestand des § 8 Abs. 1 AsylG.

Das Vorliegen eines dementsprechenden Sachverhaltes wurde bereits im Zuge der Prüfung der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten verneint; dazu wird auf die betreffenden Ausführungen verwiesen.

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 2 FPG unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Das entspricht dem Tatbestand des § 3 AsylG.

Die Abschiebung ist schließlich nach § 50 Abs. 3 FPG unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht. Eine derartige Empfehlung besteht für Usbekistan nicht.

Die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Usbekistan ist daher zulässig.

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Besondere Umstände im Sinne des § 55 Abs. 1 FPG wurden nicht dargetan und es liegen keine Anhaltspunkte vor, die in concreto für eine längere Frist sprächen, weshalb die Frist für die freiwillige Ausreise gem. § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage beträgt.

Die Beschwerde gegen die restlichen Spruchpunkte ist daher ebenfalls als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

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