FMABG §22 Abs11
FMABG §22 Abs2a
FMABG §22d Abs1
VVG §5
VwGVG §13 Abs2
VwGVG §14 Abs1
VwGVG §15 Abs1
VwGVG §44 Abs1
VwGVG §50 Abs1
WAG 2018 §1 Z3
WAG 2018 §3 Abs2 Z1
WAG 2018 §3 Abs2 Z3
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:W204.2245659.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Esther SCHNEIDER als Vorsitzende sowie den Richter Dr. Stefan KEZNICKL als Beisitzer und die Richterin Mag. Michaela RUSSEGGER als Beisitzerin über die Beschwerde und den Vorlageantrag der XXXX GmbH, XXXX Wien, vertreten durch Dr. Friedrich Helml, LL.M., Rechtsanwalt in 1010 Wien, gegen die Spruchpunkte 1. bis 3. des Bescheids der Finanzmarktaufsichtsbehörde vom 09.06.2021, FMA- XXXX , und die Beschwerdevorentscheidung vom 05.08.2021, FMA- XXXX , in einer Angelegenheit nach dem Wertpapieraufsichtsgesetz 2018 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Spruch unter Einschluss des bereits in Rechtskraft erwachsenen Teils wie folgt zu lauten hat:
„1. Die XXXX GmbH, XXXX Wien, hat die unerlaubte gewerbliche Anlageberatung in Bezug auf Finanzinstrumente gemäß § 3 Abs. 2 Z 1 Wertpapieraufsichtsgesetz 2018 (WAG 2018) und die unerlaubte gewerbliche Annahme und Übermittlung von Aufträgen, sofern diese Tätigkeiten ein oder mehrere Finanzinstrumente zum Gegenstand haben, gemäß § 3 Abs. 2 Z 3 WAG 2018 zu unterlassen. Dies ist der FMA binnen sechs Wochen ab Zustellung dieses Bescheides durch Vorlage geeigneter Unterlagen, insbesondere einer Unterlassungserklärung, und der Vorlage
- einer Liste von XXXX Partnern, welche an oder von Gewerbestandorten der XXXX GmbH aus tätig sind oder in den letzten 18 Monaten tätig waren,
- einer Liste von Kunden, denen durch für die XXXX GmbH auftretende Personen, insbesondere XXXX Partner, Organe und Angestellte der XXXX GmbH, ein Angebot zur Umschuldung eines Darlehens gemacht wurde,
- einer Liste von Kunden, denen durch für die XXXX GmbH auftretende Personen, insbesondere XXXX Partner, Organe und Angestellte der XXXX GmbH, die Kündigung von Lebensversicherungen empfohlen wurde und die in der Folge in ein Finanzinstrument der XXXX AG oder der XXXX AG investiert haben,
nachzuweisen.
2. Bei Nichtbefolgung des Spruchpunktes 1. wird die FMA mit Bescheid über die XXXX GmbH eine Zwangsstrafe in Höhe von € 20.000,00 verhängen.
3. Der Antrag auf Übermittlung allfälliger paralleler Akten (Ermittlungs-, Untersuchungs- und Verfahrensakten) beziehungsweise der Inhalte wird abgewiesen.
4. Die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Beschwerde ist gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen.“
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
I.1. Nach einem umfangreichen Ermittlungsverfahren sprach die FMA mit Bescheid aus, dass die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) die unerlaubte gewerbliche Anlageberatung in Bezug auf Finanzinstrumente und die unerlaubte gewerbliche Annahme und Übermittlung von Aufträgen, sofern diese Tätigkeiten ein oder mehrere Finanzinstrumente zum Gegenstand haben, zu unterlassen habe. Das sei der FMA binnen sechs Wochen ab Zustellung des Bescheids durch Vorlage geeigneter und näher genannter Unterlagen nachzuweisen (Spruchpunkt 1.). Bei Nichtbefolgung werde die FMA eine Zwangsstrafe in Höhe von € 20.000,00 verhängen (Spruchpunkt 2.). Der Antrag der BF auf Übermittlung allfälliger paralleler Akten beziehungsweise deren Inhalte wurde abgewiesen (Spruchpunkt 3.). Die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Beschwerde wurde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen (Spruchpunkt 4.).
Begründend wurde ausgeführt, dass die BF durch ihren Onlineauftritt und durch Beratungen einerseits Abschlussvermittlung und andererseits Anlageberatungen in Bezug auf Finanzinstrumente durchführe. Dafür verfüge die BF nicht über die notwendige Konzession. Die Unterlassung einer Tätigkeit in der Zukunft sei nicht nachweisbar. Zur stichprobenartigen Überprüfung seien die geforderten Unterlagen erforderlich. Die angedrohte Zwangsstrafe sei in Hinblick auf das erhebliche Schädigungspotential angemessen. Aufgrund des großen Schädigungspotentials und des großen öffentlichen Interesses sei die aufschiebende Wirkung auszuschließen.
I.2. Am 15.07.2021 erhob die BF dagegen Beschwerde und beantragte, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und den Bescheid ersatzlos zu beheben, in eventu den Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die FMA zurückzuverweisen.
Im Wesentlichen wurde begründend ausgeführt, dass selbst nach den Feststellungen der FMA weder eine Abschlussvermittlung noch eine Anlageberatung in Bezug auf Finanzinstrumente durchgeführt worden sei. Darüber hinaus werde die Beweiswürdigung bestritten, zumal der von der FMA festgestellte Sachverhalt in wesentlichen Punkten unrichtig sei. Auch könnten die geforderten Unterlagen aus datenschutzrechtlichen Erwägungen nicht an die FMA weitergegeben werden. Diese seien nur der Gewerbebehörde zu übermitteln, weil die von der BF ausgeübte Tätigkeit der Gewerbeordnung unterliege. Die von der FMA behauptete Tätigkeit habe die BF nie ausgeübt. Die FMA habe darüber hinaus das Parteiengehör verletzt und sei befangen.
I.3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 05.08.2021, der BF am 11.08.2021 zugestellt, wies die FMA die Beschwerde als verspätet zurück. Dabei ging die FMA von einer Zustellung des Bescheides am 16.06.2021 und einer damit verspäteten Beschwerdeerhebung am 15.07.2021 aus.
I.4. Gegen die Beschwerdevorentscheidung richtete sich der Vorlageantrag vom 16.08.2021. Darin wurde unter Vorlage einer Sendungsverfolgung vorgebracht, der Bescheid sei erst am 17.06.2021 zugestellt worden. Die am 15.07.2021 erhobene Beschwerde sei daher rechtzeitig.
I.5. Am 20.08.2021 legte die FMA den Verwaltungsakt vor und erstattete eine Stellungnahme zur von ihr angenommenen Verspätung der Beschwerde.
I.6. Nachdem der BF die Stellungnahme der FMA übermittelt worden war, nahm sie dazu am 03.09.2021 Stellung.
I.7. Zur Klärung des Zustelldatums richtete das Bundesverwaltungsgericht eine Anfrage an die Österreichische Post AG. Diese teilte am 06.10.2021 schriftlich mit, dass das Dokument am 17.06.2021 zugestellt worden sei, jedoch aufgrund eines IT-Problems das Nachsendedatum fälschlich als Zustelldatum generiert worden sei.
Diese Mitteilung wurde den Parteien am 07.10.2021 zur Stellungnahme übermittelt. Der FMA wurde zudem freigestellt, inhaltlich zur Beschwerde Stellung zu nehmen. Davon machte die FMA am 05.11.2021 Gebrauch und legte dar, warum die Anlageberatungen der BF und nicht ihren Mutter- und Schwesterngesellschaften zuzurechnen seien.
I.8. Am 19.01.2022 hielt der erkennende Senat eine öffentliche mündliche Verhandlung ab, in der die FMA und die BF gehört wurden.
Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde und den Akt des Bundesverwaltungsgerichts sowie insbesondere durch die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.
II. Feststellungen
Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde:
Der hier angefochtene Bescheid wurde vom Vertreter der BF beziehungsweise von einem seiner Mitarbeiter am 17.06.2021 an seiner Adresse in Linz übernommen. Ein Zustellversuch in Wien am 16.06.2021 fand aufgrund des bestehenden Nachsendeauftrags nicht statt. Aufgrund eines postinternen IT-Problems wurde das Nachsendedatum als Zustelldatum generiert.
Zum Sachverhalt:
Die XXXX GmbH, FN XXXX (= BF), mit Sitz in XXXX Wien, ist Teil der „ XXXX “ (im Folgenden: Gruppe). Gesellschafter der BF sind die Konzernmutter, die XXXX AG (im Folgenden: Gruppen AG), mit einem Anteil von 94% und Ing. XXXX S XXXX (im Folgenden: Geschäftsführer bzw. GF) mit einem Anteil von 6%. Letzterer ist auch der Geschäftsführer der BF. Er vertritt die BF seit 05.11.2015 selbstständig.
Die Unternehmensstruktur der Gruppe stellt sich wie folgt dar:
Der GF ist geschäftsführender Verwaltungsrat und wirtschaftlicher Eigentümer im Sinne des WiEReG der Gruppen AG, der XXXX Broker AG (im Folgenden: Broker AG) und der XXXX AG (im Folgenden: Kapital AG). Bis 16.07.2021 war der GF auch Geschäftsführer der XXXX GmbH (im Folgenden: Finanzierung GmbH). Seit November 2019 ist die Gruppen AG alleinige Gesellschafterin der Finanzierung GmbH mit einer Stammeinlage von € 250.000. Die Gruppen AG ist weiters alleinige Gesellschafterin der Z XXXX GmbH (im Folgenden: Z GmbH), der XXXX GmbH und der XXXX GmbH, deren Geschäftsführer der GF ebenfalls ist.
Die Gruppen AG sowie deren Töchter Kapital AG und Broker AG sind in Liechtenstein angesiedelt. Die restlichen Unternehmen sind in Österreich angesiedelt.
Kein Unternehmen der Gruppe verfügt über eine Berechtigung zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen in Österreich.
Die BF verfügt unter anderem über eine Gewerbeberechtigung zur gewerblichen Vermögensberatung mit Berechtigung zur Vermittlung von Lebens- und Unfallversicherungen in der Form Versicherungsagent und eine Berechtigung zur Tätigkeit als ungebundene Kreditvermittlerin. Standort der Gewerbeberechtigung ist die XXXX . Eine weitere Betriebsstätte befindet sich an der Adresse XXXX . Gewerberechtlicher Geschäftsführer ist der Geschäftsführer der BF. Weitere Geschäftszweige sind Immobilienmakler und Mobilienvermietung, Immobilienentwicklung und –vermietung sowie Erwerb und Revitalisierung von Liegenschaften.
Weder personell noch organisatorisch oder im Außenauftritt fand zum Entscheidungszeitpunkt der FMA und findet nach wie vor eine klare Abgrenzung zwischen der BF und anderen Gesellschaften der Gruppe statt.
Die Gruppe trat und tritt im Internet unter der Adresse www. XXXX .at (im Folgenden: Onlineauftritt) auf. Dort werden die Gruppe und ihre Unternehmen vorgestellt. Im Footer der Startseite wird derzeit die Gruppen AG mit ihrer Adresse im Fürstentum Liechtenstein und einer liechtensteinischen Telefonnummer genannt. Als E-Mailadresse wird office@ XXXX .at genannt. Das Impressum des Onlineauftritts weist die Gruppen AG mit ihrer Adresse in Liechtenstein auf. Eine Telefonnummer oder E-Mailadresse ist nicht angegeben. Direkt unter den Impressumsangaben können die Kontaktdaten der einzelnen Gesellschaften der Gruppe durch Klick auf ihren Namen ausgewählt werden. Die in Liechtenstein angesiedelten Unternehmen weisen dabei allesamt dieselbe Telefonnummer auf. Die in Österreich angesiedelten Unternehmen weisen – mit Ausnahme der Finanzierung GmbH und der Z GmbH – als Kontakttelefonnummer dieselbe österreichische Nummer auf. Als Kontakt-E-Mailadresse weisen alle Gesellschaften – bis auf die Finanzierung GmbH und die Z GmbH – die Adresse office@ XXXX .at auf.
Registriert ist dieser Onlineauftritt auf die BF. Er ist dieser auch zuzurechnen. Neben dem klar auf den österreichischen Markt ausgerichteten Onlineauftritt gibt es weiters die Webseiten www. XXXX .de, www. XXXX .cz, www. XXXX .com, www. XXXX .hu, www. XXXX .it, www. XXXX .ro, www. XXXX .sk. Eine Webseite www. XXXX .li existiert nicht. Im Fall einer Eingabe dieser Adresse erfolgt eine automatische Weiterleitung auf den auf den österreichischen Markt ausgerichteten Onlineauftritt.
Die Gruppen AG begab den XXXX AG XXXX Bond 2020, ISIN XXXX (im Folgenden: Bond 2020). Das zugehörige Prospekt wurde von der FMA Liechtenstein gebilligt. Beim Bond handelt es sich um ein komplexes Finanzinstrument, nämlich eine nachrangige festverzinsliche Anleihe, die ein hohes Risiko birgt. Dieses Angebot ist mittlerweile beendet. Es gibt ein entsprechendes Nachfolgeangebot (im Folgenden: Bond 2021).
Vor dem Einschreiten der FMA wurde bis etwa Mitte/Ende September 2020 im Onlineauftritt unter der Rubrik „Investoren“ die Möglichkeit „Online-Zeichnung“ angeboten. Von dort erfolgte eine Weiterleitung auf https:// XXXX /registration/ (im Folgenden: Zeichnungswebsite), wo die Zeichnung erfolgte. Im Hinweistext der Zeichnungswebsite wurde unter dem Link www. XXXX .at/ XXXX -bond-2020 auf den Prospekt des Bonds 2020 verwiesen. Dort war und ist der Prospekt des Bonds 2020 abrufbar. Auch über den Footer des Onlineauftrittes kann – nach Bestätigung der Nutzungsbedingungen – auf die Prospekte der qualifizierten Nachrangdarlehen der Kapital AG bzw. der XXXX AG zugegriffen werden, die laut den Nutzungsbedingungen ausschließlich in Österreich öffentlich angeboten werden.
Vor dem Einschreiten der FMA bis etwa Mitte/Ende September 2020 wurde im Footer des Onlineauftritts die Gruppen AG mit der österreichischen Telefonnummer, die auch die BF verwendet, genannt. Zudem wurde damals auf der deutschen Seite im Footer das XXXX Headquarter mit der Adresse und der Telefonnummer sowie der E-Mailadresse, die auch die BF verwendet, angegeben.
Neben dem Onlineauftritt wurde auch ein YouTube Kanal betrieben. In der dortigen Beschreibung wurde jedenfalls bis Mitte/Ende September 2020 unter Kanalinfo im Fließtext unter anderem ausgeführt:
„ XXXX ist Ihr kompetenter Partner für nachhaltige Investments, Immobilienprojekte, ökologischer Haushaltplanung sowie bei der Reduzierung Ihrer monatlichen Fixkosten. (…) Dabei verfolgen wir als XXXX GmbH eine stets unabhängige und ganzheitliche Beratung in den Sparten Photovoltaik und Finanzen.
Mehr Infos: http://www. XXXX .at/“
Als Ort wurde Österreich angegeben.
Die Geschäftstätigkeit der BF wird im Prospekt des Bonds 2020 auszugsweise wie folgt beschrieben:
„The scope of the services to be provided by XXXX GmbH may encompass (i) investment advice and credit brokerage save for any banking services pursuant to the Austrian Banking Act (Bankwesengesetz) or pursuant to the Austrian Securities Supervision Act 2018 (Wertpapieraufsichtsgesetz 2018), (ii) insurance agency services, (iii) brokerage, (iv) data processing, (v) accounting services save for services that are subject to the Austrian Act on Professions in the Field of Public Accounting 2017, (vi) the acquisition of all kinds of properties, (vii) business consulting, (viii) advertising, (ix) acquisition of shareholdings in other companies, (x) acquisition or the lease of other domestic and foreign companies of any legal form, as well as services with regard to the management or representation of companies, (xi) organization of workshops, (xii) trading in all kinds of goods, (xiii) providing of rental and real estate trustee services (real estate agent, real estate manager, property developer), limited to real estate agents, save for services regarding the brokerage of loans.“
Die Emittentin hingegen beschreibt sich im Prospekt als reine Zweckgesellschaft.
Mit Kundmachung vom 02.09.2020 hat die FMA gemäß § 92 Abs. 11 1. Satz WAG 2018 die Öffentlichkeit informiert, dass die BF nicht berechtigt ist, konzessionspflichtige Wertpapierdienstleistungen in Österreich zu erbringen und ihr daher die gewerbliche Annahme und Übermittlung von Aufträgen in Bezug auf Finanzinstrumente (§ 3 Abs. 2 Z 3 WAG 2018) nicht gestattet ist. Mit Bescheid der FMA vom 23.10.2020 zu XXXX hat die FMA ausgesprochen, dass diese Kundmachung rechtmäßig war. Die dagegen erhobene Beschwerde, in der die Zurechnung des Onlineauftritts zur BF bestritten wurde, wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 25.08.2021 zu W158 2239183-1/7E (im Folgenden: Erkenntnis im Kundmachungsverfahren) abgewiesen. In diesem Erkenntnis wurde bereits ausgeführt, dass und warum der Onlineauftritt der BF zum damals maßgeblichen Zeitpunkt – dem Tag der Kundmachung, also dem 02.09.2020 – zuzurechnen war und dass dadurch zumindest der Anschein erweckt wurde, dass die BF eine Wertpapierdienstleistung ohne entsprechende Konzeption erbrachte.
Nach der Kundmachung vom 02.09.2020 wurde der Internetauftritt zumindest ab dem 29.09.2020 abgeändert und im Onlineauftritt der Link zur Zeichnungswebsite entfernt. Die Zeichnungswebsite kann nunmehr über www. XXXX .com unter der Rubrik „Online-Zeichnung“ aufgerufen werden. Auf dieser neuen Seite weist die Kapital AG als E-Mailadresse im Footer und im Impressum office XXXX .com auf, während sie unter der Rubrik „Kontakt“ weiterhin die E-Mailadresse office@ XXXX .at angibt. Darüber hinaus wurde im Footer die österreichische Telefonnummer durch die liechtensteinische Nummer ersetzt. Auch im Footer der deutschen Unterseite, die mittlerweile über www. XXXX .de zu erreichen ist, werden seither die Adresse in Liechtenstein und die liechtensteinische Telefonnummer verwendet. Seitdem enthält auch die Selbstbeschreibung auf dem YouTube-Kanal keine Hinweise mehr auf die BF. Als Headquarter wird unter der Rubrik „Kontakt“ Wien mit der Adresse, an der auch die BF ihren Sitz hat, genannt.
Im Onlineauftritt wird um „ XXXX Partner“ (im Folgenden: Partner) geworben. Dabei wird unter anderem angeführt, die Gruppe habe mehr als 2000 Vertriebspartner in fünf Ländern. Geworben wird unter anderem mit einer hohen Büroförderung und einem „ XXXX “. Diese Partner sind der BF zuzurechnen. Sie schließen mit der Broker AG formell einen Geschäftsvermittlervertrag, der auszugsweise folgenden Inhalt hat (ON 50; ohne die Hervorhebungen im Original):
„Die Gesellschaft übernimmt als Zahlstelle nach tatsächlichem Zahlungseingang vom jeweiligen Produktpartner, die Abrechnung der Provisionen […]. Der [Partner] ist nicht weisungsgebunden und zu keiner Leistung, insbesondere Namhaftmachung oder Terminvereinbarung verpflichtet. Der [Partner] ist selbstständiger Unternehmen und schuldet daher keine Tätigkeit und keinen Erfolg. […]
Die Gesellschaft stellt dem [Partner] die erforderlichen Unterlagen und Formulare zur Verfügung. Dies kann auch im Wege einer Webseite erfolgen. Der [Partner] führt der Gesellschaft Kontaktdaten von Interessenten für Produkte von Produktpartnern der Gesellschaft zu. Die relevanten Produkte ergeben sich aus dem jeweils aktuellen Produktkatalog der Gesellschaft (Anlage 1).
Diese Namensnennung erfolgt ohne eine vorherige Beratungsleistung des [Partners] in irgendwelchen Angelegenheiten. Der [Partner] ist nicht berechtigt Beratungsleistungen – gleich welcher Art – zu erbringen.
Die Tätigkeit des [Partners] beschränkt sich bei Onlinezeichnungen direkt beim Emittenten neben der Zuführung von Kontaktdaten ausschließlich auf die Identifizierung eines Interessenten […], sowie auf die rein technische Hilfestellung beim Onlinezeichnungsprozess. […]
Der [Partner] ist bei der Ausübung seiner Geschäftstätigkeit im EU- und EWR-Raum im Tätigkeitsbereich der Gesellschaft insbesondere dazu verpflichtet:
a) Die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen (insbesondere das Steuer-, Gewerbe-, Werbe- und Wettbewerbsrecht betreffend) und die behördlichen Vorgaben am Tätigkeitsort bereits ab der Kontaktaufnahme mit einem Interessenten oder [Subpartner] zu beachten;
b) Keine Beratungsleistungen zu erbringen, sondern gegenüber Interessenten offenzulegen, dass er lediglich berechtigt ist, Kontaktdaten zu erheben, eine Identifizierung durchzuführen und beim Onlinezeichnungsprozess eine rein technische Hilfestellung zu geben.
c) Keine Tätigkeiten auszuüben, die konzessionierten oder reglementierten Unternehmen vorbehalten sind. […]
Der [Partner] wickelt die gesamte geschäftliche Kommunikation über den Server der Gesellschaft ab. […]
Zahlungen von Gesellschaften der [Gruppe] an den [Partner] gelten jedenfalls als schuldbefreiend für den tatsächlichen Schuldner aus der [Gruppe], auch wenn die Zahlung von einer anderen Gesellschaft der [Gruppe] geleistet wurde, als dem eigentlichen Schuldner. […]
Auf gegenständlichen Geschäftsvermittlervertrag findet österreichisches materielles Recht unter Ausschluss der Verweisungsnormen Anwendung. Klagen gegen die Gesellschaft können ausschließlich beim zuständigen Gericht am Sitz der Gesellschaft erbracht werden. […] Die Datenverarbeitung erfolgt in der Europäischen Union. […]
Produktkatalog(Anhang 1)
XXXX AG – Namens-Anleihe 2018 […]
XXXX AG – Nachrangdarlehen […]
XXXX Capital AG – Nachrangdarlehen XXXX […]
XXXX finanzierung GmbH – Genussrecht“
Am 12.09.2020 versendete Dr. XXXX G XXXX ein E-Mail von der Adresse XXXX .G XXXX @ XXXX .at mit dem Betreff „Anleihe in € oder CHF / 5-7 % Zinsen/Jahr“ mit folgendem Inhalt (Hervorhebungen im Original):
„Sehr geehrte Geschäftsleitung!
Die Firma XXXX AG mit Sitz in Liechtenstein hat im August dieses Jahres eine neue Anleihe begeben, die je nach Wunsch in € oder CHF zeichenbar ist.
Die wesentlichen Merkmale dieser Anleihe sind:
- Hohe Sicherheit (AA-Rating, Zukunftsmarkt Sonnenenergie, Entwicklung weltweilt und der Firma konkret)
- Hohe Zinsen (5- 7 % je nach Laufzeit)
- Beitrag zum Klima- und Umweltschutz
Diese Veranlagungsform wäre eventuell nicht zuletzt auf Grund der Nullzinsen für Ihre Klienten eine sinnvolle Ergänzung im Portfolio.
Die Provision für Sie beträgt im Erfolgsfall 6 % von der Veranlagungssumme.
In der Beilage finden Sie den Marketingfolder der Anleihe sowohl in € als auch in CHF sowie weitere Informationen über die Firma XXXX AG.
Sollten Sie Interesse an einer Kooperation haben so würde ich mich über Ihre Kontaktaufnahme sehr freuen.
Mit freundlichen Grüssen
Dr. Alexander Gaal
Expansion A, CH, D, HU
XXXX
XXXX Wien“
Dieses E-Mail wurde der FMA am 14.09.2020 (ON12) mit dem Hinweis zur Kenntnis gebracht, dass es sich dabei nicht um eine Anleihe mit AA-Rating, sondern um eine hochriskante Nachranganleihe ohne Rating handle. Erst mit Schreiben vom 26.11.2020 erteilte die Broker AG diesem Partner eine schriftliche Abmahnung, die auszugsweise folgenden Inhalt hatte:
„Sie haben am 12.09.2020 in einem E-Mail an XXXX T XXXX falsche und potentiell geschäftsschädigende Angaben gemacht, indem Sie eine Anleihe XXXX AG empfohlen haben und unter anderem nachstehende Angaben machten: […]
Sie könnten durch diese Nachricht den Eindruck erweckt haben, sie würden ein Produkt der XXXX AG vertreiben, für dessen Vertrieb eine Konzession gemäß § 3 Abs 2 WAG 2018 notwendig ist, sofern es gegenüber einem Endkunden vermittelt, beworben oder vertrieben wird.
Zudem haben Sie in Ihrer Signatur nachstehende potentiell irreführenden Informationen verwendet: […]
Wir halten fest, dass Sie als [Partner] der [Broker AG] ausschließlich im Rahmen Ihrer Gewerbeberechtigung und unter Einhaltung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen tätig werden dürfen. Keinesfalls haben Sie die Berechtigung komplexe Finanz- oder Kapitalmarktprodukte an Dritte zu vermitteln, solche Produkte zu bewerben oder zu empfehlen oder eine diesbezügliche Beratungstätigkeit durchzuführen.
Auch die Weiterleitung von Produktinformation an aktuelle oder potentielle Geschäftspartner ist Ihnen nicht gestattet, selbst wenn es sich – wie hier – um einen konzessionierten Fachmann handelt.
Sie haben daher gleich mehrfach gegen den [Partnervertrag] verstoßen. Wir erteilen Ihnen hiermit eine Abmahnung und fordern Sie auf, jedwede Verstöße gegen den strengen Wortlaut Ihres [Partnervertrags] künftig zu unterlassen […]“.
Die Partner werden von der BF betreut, in deren Betrieb sie organisatorisch und räumlich eingegliedert sind. Sie können an den Standorten der BF in Österreich Büros im selben Gebäude mieten, wobei die Mietkosten teilweise gefördert werden. Die Partner werden auch umfassend geschult. Die Schulungsunterlagen geben detailliert den Ablauf von Beratungsgesprächen vor und liefern Argumentationshilfen. Die Schulungsunterlagen tragen das offizielle Firmenlogo der Gruppe ohne nähere Konkretisierung, um welches Unternehmen es sich handelt. In den Schulungsunterlagen ist vorgesehen, die Kunden derart zu beraten, dass die Nachteile von „klassischen“ Geldanlagen (etwa Lebensversicherungen oder Bausparverträgen) und mögliche dadurch entstandene finanzielle Schäden aufgezeigt und in weiterer Folge rückgefordert werden sollen. Das derart frei gewordene Geld soll sodann in Produkte der Gruppe investiert werden, wobei weitaus höhere Zinsen und Gewinne versprochen werden. Auf die Risiken und die Nachrangigkeit der Papiere soll so gut wie gar nicht eingegangen werden. Die Beratungsgespräche finden teils in den Räumlichkeiten der Kunden, teils aber auch in den Büros der Partner statt, die zumindest teilweise an derselben Adresse wie die beiden Standorte der BF in Österreich situiert sind. Teils wird in den Beratungsgesprächen auch ein Prozessfinanzierungsvertrag der Finanzierung GmbH übergeben. Diese soll einen möglichen Schaden aus (hauptsächlich) bestehenden Lebensversicherungen einklagen, der dann wieder in Produkte der Gruppe investiert werden soll. Die Dienstleistungen der Finanzierung GmbH werden (auch) von selbstständigen Vertriebspartnern vermittelt, die zum großen Teil über die BF kommen.
Im September 2020 kam es zu einer Beratung eines Ehepaares hinsichtlich einer möglichen Umschuldung eines Fremdkredits. Dazu fand, nachdem der Ehegatte über eine Facebook-Anzeige auf die Gruppe aufmerksam geworden war, in einem Büro an der Adresse, an der auch die BF einen Standort hat, ein Termin mit Frau XXXX E XXXX (im Folgenden: Frau E) statt. Diese war damals eine Mitarbeiterin beziehungsweise Partnerin der BF. Bei diesem Termin wurden die Daten des Ehepaares, insbesondere zum Kredit, den Versicherungen, den Raten und den Tilgungsträgern aufgenommen. Danach wurde ihnen gesagt, es brauche nun Zeit, um diese zu bearbeiten. Beim zweiten Termin wurde dem Ehepaar ein Konzept vorgelegt. Frau E trat bei diesen Terminen für die BF, nicht jedoch für die Finanzierung GmbH auf. Das von Frau E vorgelegte Konzept trägt das offizielle Firmenlogo der Gruppe und eine Adresse der BF, an der auch Frau E ihr Büro hatte. In diesem Konzept war ein Schaden des Fremdwährungskredits und ein Schaden zweier Tilgungsträger aufgelistet. Weiters enthielt das Konzept ein „Übernahmeangebot- Fixzins Anleihe“. Dabei handelte es sich um den Bond 2020. Der Schaden sollte durch die Finanzierung GmbH eingeklagt werden. Nachdem sich das Ehepaar für diese Variante entschieden hatte, gab Frau E in ihren Laptop etwas ein. Die Ehegattin erhielt daraufhin ein Bestätigungsmail, das durch „Draufdrücken“ bestätigt wurde. Dabei handelte es sich um die Zeichnung des Bonds 2020. Nach diesem Termin fand noch ein weiterer Termin im Haus des Ehepaares statt. Dabei wurden ein „Fragebogen kapitalbildende bzw. fondsgebundene LV-Verträge“, eine „Selbstauskunft“, ein „Prozessfinanzierungsvertrag“ und ein „Abtretungsanbot“ der Finanzierung GmbH sowie eine Prozessvollmacht für eine Rechtsanwälte GmbH ausgefüllt und unterschrieben.
Eine erfolgreiche Umschuldung durch Frau E kam mangels entsprechender Angebote nicht zustande. Das Ehepaar schuldete den Kredit selbstständig bei der Hausbank um. Es wollte auch nicht mehr in den Bond 2020 veranlagen, da nach seinem Verständnis eine derartige Veranlagung nur nach erfolgreicher Umschuldung durch die Gruppe vereinbart war. Die Gruppe wandte sich trotzdem mehrmals an das Ehepaar und forderte dieses auf, den Betrag einzubezahlen. Das Ehepaar wandte sich daher an die Arbeiterkammer, die für das Ehepaar einschritt, sich an office@ XXXX .at wandte und unter Schilderung des Sachverhalts und möglicher Anfechtungsgründe um eine Rückabwicklung bat. Bereits am Tag nach dieser Anfrage der Arbeiterkammer antworte die Kapital AG vom Account office@ XXXX .at, ohne einen Verfasser zu nennen, dass man den „Vertrag unpräjudiziell für die Sach- und Rechtslage und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht intern stornieren“ werde. Die genannten Umstände seien „nicht näher geprüft“ worden, man habe vielmehr „auf Grund des zum Ausdruck gebrachten Kundenwunsches gehandelt.“
Bei der FMA langten mehrere Eingaben ein, die von Besuchen von Partnern der Gruppe und derartigen Beratungen berichteten, die jedoch nicht immer einem konkreten Instrument oder einem konkreten Unternehmen zugeordnet werden konnten. Teils war darin auch von Namensanleihen und Bonds die Rede.
Im Jänner 2021 erstattete die BF „Anzeige“ bei der FMA. Darin wurde ausgeführt, dass Überweisungen der Gruppe, beispielsweise der Broker AG, an namentlich genannte Partner nicht durchgeführt worden seien. Dabei handelte es sich um Rückzahlungen eines Darlehens, das von der BF gewährt worden war.
Frau E richtete im Juli 2021 ein E-Mail an die Gruppe, in der sie ihr Büro kündigte. Dieses Mail wurde von office@ XXXX .at an die E-Mail Adresse des GF weitergeleitet und trägt folgende Signatur:
„Mit freundlichen Grüßen
XXXX GmbH
A-1030 Wien, XXXX
Email: office@ XXXX .at“
III. Beweiswürdigung
Der Verfahrensgang ergibt sich aus den unbedenklichen Akten der FMA und des Bundesverwaltungsgerichts.
Dass der Bescheid, nicht – wie am Rückschein ausgewiesen – am 16.06.2021 in Wien, sondern erst einen Tag später in Linz vom Rechtsvertreter beziehungsweise seinen Mitarbeitern übernommen wurde, ohne dass es einen Zustellversuch in Wien gegeben hätte, ergibt sich aus der Bekanntgabe der Österreichischen Post AG (OZ 4). Es bestehen vor dem Hintergrund der sonstigen von den Parteien vorgelegten Dokumente keine vernünftigen Gründe, daran zu zweifeln, dass hier aufgrund technischer Probleme der Österreichischen Post ein falsches Datum vermerkt wurde.
Die FMA blieb trotz der Auskunft der Post zwar auch in der Verhandlung bei ihrem Standpunkt, dass der Bescheid am 16.06.2021 in Wien zugestellt worden sei (S. 3 VP). Sie legte allerdings nicht dar, warum die Post diesbezüglich eine falsche Auskunft erteilen sollte. Dafür liegen auch keinerlei Anhaltspunkte vor, zumal die Post nicht am Verfahren beteiligt war und daher auch kein Interesse am Verfahrensausgang hatte. Diese Auffassung wird dadurch bestätigt, dass der Vertreter auch in anderen Verfahren (siehe OGH 22.12.2021, 3 Ob 225/21s) ähnliche Probleme mit dem Zustelldatum hatte. Auch dort behauptete der Vertreter ein vom Rückschein abweichendes Zustelldatum mit der gleichen Begründung wie im gegenständlichen Verfahren. Auch der OGH hegte aufgrund dieses Vorbringens Zweifel am im Rückschein angegebenen Datum der Zustellung und leitete weitere Ermittlungen ein. Offensichtlich hatte die Post, wie sie auch in ihrer Auskunft an das Bundesverwaltungsgericht (OZ 4) festhielt, technische Probleme, weshalb ein falsches Zustelldatum am Rückschein eingespeist wurde. Soweit die FMA ihre Zweifel mit der mangelnden Zulässigkeit eines Nachsendeauftrags für Rechtsanwälte begründet und weiterhin von einer Fristversäumnis ausgeht, ist auf die diesbezüglichen rechtlichen Ausführungen zu verweisen.
Die Feststellungen zur Organisation der Gruppe und ihrer Gesellschaften sind unstrittig (S. 4f VP). Sie werden auch durch das offene Firmenbuch bestätigt. Ebenfalls keinem vernünftigen Zweifel unterliegen die Feststellungen zur Gewerbeberechtigung der BF und ihrer Betriebsstätten. Gleichfalls unstrittig ist, dass kein Unternehmen der Gruppe über eine Berechtigung zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen in Österreich verfügt.
Die Feststellungen zum Onlineauftritt beruhen im Wesentlichen auf den in den Akten einliegenden unbedenklichen Screenshots (ON 3 in XXXX ; Beilage ./3 zum VP) sowie einer Einsichtnahme des Senats in die entsprechenden Internetseiten. Aufgrund dieser unbedenklichen Dokumente, die von der BF weder hinsichtlich ihrer Echtheit noch hinsichtlich ihrer Richtigkeit bestritten wurden, traf das Bundesverwaltungsgericht die hier getroffenen Feststellungen. Bereits im rechtskräftigen Erkenntnis im Kundmachungsverfahren, das dem Verfahren beigezogen wurde (S. 3 VP) und worauf die BF auch selbst verwies, waren im Wesentlichen gleiche Feststellungen zum Onlineauftritt der Gruppe getroffen worden. Aufgrund dieses Erkenntnisses waren auch die Feststellungen zum Kundmachungsverfahren der FMA und zur Abweisung der Beschwerde zu treffen.
Dass die Gruppen AG den Bond 2020 (beziehungsweise nunmehr entsprechende Nachfolgeangebote) begibt, das zugehörige Prospekt von der FMA Liechtenstein gebilligt wurde und es sich dabei um ein komplexes Finanzinstrument handelt, wurde so bereits von der FMA festgestellt und ebenfalls von der BF nicht beeinsprucht – auch nicht in der Beschwerdeverhandlung. Die BF gesteht diese Tatsachen damit auch selbst ein. Auch hierbei kann auf das rechtskräftige Erkenntnis im Kundmachungsverfahren verwiesen werden, in dem ebenfalls bereits derartige Feststellungen erfolgten.
Ebenfalls durch die Screenshots belegt und in der Verhandlung vom Vertreter bestätigt, ist die Adresse des Headquarters in Wien (S. 6 VP). Soweit der Vertreter ausführte, das Headquarter befinde sich (auch) in Liechtenstein am Sitz der Gruppen AG, setzte er sich in Widerspruch zum völlig unbedenklichen Akteninhalt, wonach der Sitz der Gruppen AG im Internet gerade nicht als Headquarter bezeichnet wird (ON 3 in XXXX , Seite 24; Beilage ./3 zum VP, Seite 11). Dieser Aussage kann daher nicht gefolgt werden. Unstrittig sind dagegen wieder die Feststellungen zur Werbung um Vertriebspartner und der Behauptung ihrer Anzahl im Onlineauftritt. Auch diese Feststellungen hat bereits die FMA getroffen und sie wurden im Beschwerdeverfahren nicht bestritten. Diese Informationen sind auch über den Onlineauftritt der BF leicht zugänglich.
Der Geschäftsvermittlervertrag liegt in den Akten ein (ON 50 in XXXX ). Dessen Echtheit und Richtigkeit wurden von der BF nicht bestritten. Auch seitens des Senats bestehen keine Bedenken, diesen Vertrag den Feststellungen zugrunde zu legen. Gleiches gilt für das E-Mail von Dr. G XXXX , die Information der FMA hierüber sowie die erst Wochen später erfolgte Abmahnung. Auch diese E-Mails liegen im Akt ein und wurden teils sogar von der BF selbst vorgelegt (ON 12, 52 in XXXX ). Auch insofern ist daher kein Grund ersichtlich, warum diese Dokumente nicht den Feststellungen zugrunde gelegt werden sollten.
Dass die Partner Büros an den Adressen der BF mieten können, ist unstrittig (S. 6 VP). Dass es für die Mietkosten teils Förderungen gibt, wurde in der Beschwerdeverhandlung bestätigt (S. 8 VP) und ergibt sich auch aus dem Onlineauftritt der Gruppe, wie er öffentlich einsehbar ist. Auch die Feststellungen zu den Schulungsunterlagen beruhen auf dem unbedenklichen Akteninhalt (ON 19 in XXXX ). Während des gesamten Verfahrens hat die BF weder die Echtheit noch die Richtigkeit dieser Unterlagen bestritten. Es bestehen daher keine Bedenken, die Feststellungen darauf zu gründen. Ebenfalls im Wesentlichen unstrittig ist, wie sich auch aus den Schulungsunterlagen ergibt, dass die Beratungen der Kunden teils bei diesen zu Hause und teils an den Adressen, an denen auch die BF (und weitere Unternehmen der Gruppe) ihren Sitz beziehungsweise weitere Niederlassungen haben, stattfinden. Dass dabei zumindest teilweise auch Prozessfinanzierungsverträge übergeben wurden, um dann das eingeklagte Geld in Produkte der Gruppe zu investieren, war ebenfalls aufgrund der Schulungsunterlagen sowie auch aufgrund der näher festgestellten Beratung des Ehepaares (dazu sogleich) und den Ausführungen der BF in der Verhandlung festzustellen.
Dass die Dienstleistungen der Finanzierung GmbH (auch) von selbstständigen Vertriebspartnern vermittelt werden, die zum großen Teil über die BF kommen, stellte bereits das HG Wien im Urteil zu XXXX fest, das von der BF selbst vorgelegt wurde (Beilage ./1 zu ON 21 in XXXX ). Es ist kein Grund ersichtlich, warum diese Feststellung nicht übernommen werden sollte. Dass die Finanzierung GmbH auch eigene Vertriebspartner hat, wurde zudem ebenfalls in der Beschwerdeverhandlung bestätigt (S. 9 VP).
Die Feststellungen zur Beratung des Ehepaares beruhen weitestgehend auf dem unstrittigen Akteninhalt, insbesondere den von der Arbeiterkammer vorgelegten Unterlagen sowie den telefonischen Angaben des Ehepaares gegenüber der FMA (ON 28f in XXXX ). Die BF führte dazu in der Verhandlung aus, Frau E sei eine Vertriebspartnerin der Finanzierung GmbH. Ein Zusammenhang mit der BF bestehe nicht, zumal sie auch nicht auf Facebook auftrete, wo das Ehepaar aber den ersten Kontakt gefunden habe. Außerdem ergebe sich aus dem gesamten Akteninhalt nicht, dass bei dieser Beratung zu einem Produkt geraten worden wäre, für dessen Beratung eine Konzession nach dem WAG notwendig gewesen wäre.
Diese Darstellung der BF kann aus folgenden Gründen nicht überzeugen: Das Ehepaar sprach stets nur davon, dass es auf die XXXX aufmerksam geworden beziehungsweise von dieser kontaktiert worden sei. Eine Bezugnahme auf die Finanzierung GmbH erfolgte zu keinem Zeitpunkt. Auch das Konzept für die Familie trägt lediglich das Logo der Gruppe. Eine Verbindung zur Finanzierung GmbH wird auch dort nicht hergestellt. Frau E trat damit nach außen eindeutig nicht für die Finanzierung GmbH auf, auch wenn teils Verträge der Finanzierung GmbH übergeben worden sind. Selbst wenn derartige Konzepte innerhalb der Gruppe nicht standardmäßig verwendet werden, wie das in der Beschwerdeverhandlung behauptet wurde (S. 9 VP), ändert das jedenfalls nichts am Eindruck, der bei den Kunden zwangsläufig entstehen musste.
Selbst die BF war sich offenbar nicht im Klaren darüber, von welchem Unternehmen Frau E Partnerin war. Während im gesamten bisherigen Verfahren stets vorgebracht wurde, dass Frau E für die BF tätig war (siehe zB ON 21 in XXXX , Seite 12f oder OZ 7), wurde in der Beschwerdeverhandlung erstmals vorgebracht, dass hier ein Informationsaufnahmefehler in der Kanzlei des Vertreters passiert sei. Tatsächlich sei Frau E nämlich nie für die BF tätig gewesen. Bei dieser späten Behauptung kann es sich aber nur um eine Schutzbehauptung handeln. Es ist nämlich nicht erklärlich, weshalb die BF beziehungsweise ihr Vertreter ansonsten mehrmals in voneinander unabhängigen Schriftsätzen, die wohl auch der BF beziehungsweise dem GF zur Kontrolle und Freigabe übermittelt worden waren, darlegte, dass Frau E eine Mitarbeiterin der BF sei und nur den Kontakt zur Finanzierung GmbH herstellen sollte. Es war daher entgegen den Ausführungen in der Beschwerdeverhandlung festzustellen, dass Frau E für die BF und nicht für die Finanzierung GmbH tätig war. Nur so lässt sich auch erklären, warum Frau E ein Logo der Gruppe und nicht das eigene Logo der Finanzierung GmbH verwendete. Auch das Vorbringen in der Beschwerdeverhandlung, möglicherweise habe Frau E das Logo verwendet, weil es sich dabei um eine Tochterfirma der Gruppen AG handelte (S. 9 VP) und sie habe dies wohl selbst zweckentfremdet, kann vor diesem Hintergrund nicht überzeugen.
In der Stellungnahme vom 04.03.2021 (ON 21 in XXXX ) führte die BF noch ausführlich aus, dass es sich bei Frau E um eine ihrer Mitarbeiterinnen handle. Alle von ihr geleisteten Beratungen seien von der Gewerbeberechtigung gedeckt. Die Zeichnung des Bonds 2020 sei völlig unabhängig von der Beratung durch das Ehepaar selbst erfolgt, das sich alleine im Internet über die Gruppe informiert habe. Der Ehegatte sei zudem ebenfalls Partner der Broker AG. Auch die Unterlagen in ON 28 in XXXX (also den von der Arbeiterkammer vorgelegten Unterlagen zur Beratung des Ehepaares) würden nicht für eine Beratung zur Zeichnung des Bonds 2020 sprechen. Die Unterlagen seien ungeordnet, die meisten Unterlagen seien zudem mindestens einmal ausgedruckt und wieder eingescannt worden, während der Prospekt des Bonds 2020 digital erstellt worden sei. Es sei daher schlicht unglaubwürdig, dass dem Ehepaar all diese Unterlagen übergeben worden seien. Wie bereits oben ausgeführt, hielt die BF dieses Vorbringen im Beschwerdeverfahren nicht mehr beziehungsweise nur teilweise aufrecht, wenn Frau E nunmehr bei der Finanzierung GmbH und nicht bei der BF tätig (gewesen) sein soll. Dieses geänderte Vorbringen zeigt eindeutig, dass es sich dabei nur um Schutzbehauptungen handeln kann.
Das Vorbringen in der Stellungnahme ON 21 ist zudem im Wesentlichen auch völlig lebensfremd. Es mag schon sein, dass sich das Ehepaar vor dem ersten Kontakt zumindest teilweise über die Gruppe informierte. Es ist aber schlicht unglaubhaft, dass es sich auch von selbst, ohne dazu beraten worden zu sein, zu einer Zeichnung eines Bonds entscheiden sollte. Dessen Zeichnung wäre dem Ehepaar finanziell nämlich nur dann möglich gewesen, wenn der möglicherweise entstandene Schaden erfolgreich eingefordert beziehungsweise –geklagt worden wäre. Auch, dass die Unterlagen teils eingescannt waren, während der Prospekt des Bonds 2020 nach dem Akteninhalt digital erstellt worden sein könnte, spricht nicht gegen die Annahme, dass das Ehepaar zum Bond 2020 beraten wurde. Vielmehr sprechen die Unterlagen gerade dafür. Besonders klar ersichtlich wird die Beratung zur Zeichnung des Bonds 2020 an der ebenfalls vorgelegten, vollständig ausgefüllten Zusammenfassung zur Onlinezeichnung des Bonds 2020. Dies wurde entsprechend den Angaben im Konzept ausgefüllt und passt auch zeitlich zu den vom Ehepaar angegebenen Daten, auch wenn nicht verkannt wird, dass das Zeichnungsformular vom 23.09.2020 datiert, während das Beratungsgespräch am 24.09.2020 (ON 29 in XXXX stattgefunden haben soll. Dabei dürfte es sich aber wohl um einen unbedeutenden, geringen Erinnerungsfehler des Ehepaares handeln, zumal die Identität der Zeichnenden durch Frau E bestätigt wurde.
Soweit der Vertreter in der Verhandlung noch vorbrachte, aus dem E-Mail des Ehegatten an die BF (ON 28 in XXXX ) und hier insbesondere aus dem Satz „Erstgespräch wäre gratis und weiteres wurde uns erklärt das für uns keinen Kosten entstehen da Sie von Erklagten Betrag 35% nehmen, wenn was Einklagbar ist“ (Fehler im Original) ergebe sich, dass die genannten Tätigkeitsfelder mit der BF nichts zu tun hätten, überzeugt dies nicht. Es ist zwar zutreffend, dass sich nicht die BF, sondern die Finanzierung GmbH auf Prozessfinanzierungen im Zusammenhang unter anderem mit Lebensversicherungen und Fremdwährungskrediten spezialisiert hat. Allerdings greift der Vertreter dabei eine Passage isoliert heraus, ohne den Gesamtzusammenhang zu beachten. Einerseits führte der Ehegatte nämlich im E-Mail an die Arbeiterkammer weiter aus, dass das ersparte Geld veranlagt werden sollte, was wiederum bei der Finanzierung GmbH nicht in dieser Form möglich wäre. Eine solche Veranlagung ist auch im Konzept vorgesehen. Eine Zeichnung des Bonds 2020 (die dann später jedoch storniert wurde) erfolgte dann ja auch tatsächlich. Alleine der vom Vertreter aus dem Zusammenhang gerissenen Satz ist daher nicht geeignet, die Feststellungen zu erschüttern.
Dass bei der FMA mehrere Eingaben hinsichtlich der Gruppe einlangten und dass deren Inhalt teils vage beziehungsweise ungenau war, war aufgrund des Akteninhalts festzustellen.
Aus einer Gesamtschau aller Umstände folgt die Feststellung, dass die Partner von der BF betreut werden und sie räumlich und organisatorisch in ihren Betrieb eingegliedert sind. Frau E, die – wie festgestellt – für die BF tätig war, ist in ihrer Beratung genau dem in den Schulungsunterlagen festgelegten Plan gefolgt. Sie hat dabei aber, wie festgestellt, nicht nur – wie in den Schulungsunterlagen vorgesehen – zu von der Gewerbeberechtigung der BF gedeckten Produkten beraten, sondern zusätzlich auch zur Zeichnung des Bonds 2020. Entsprechend den Schulungsunterlagen und dem Auftreten der BF, die während des Verfahrens ihr Vorbringen teils mehrmals abänderte, ist davon auszugehen, dass dieses Verhalten von den Partnern der BF systematisch betrieben wird und es sich dabei nicht um einen von ihr nicht zu vertretenden Zufall oder „Ausreißerfall“ handelte. Auch das sonstige Auftreten der BF –sowohl im Internetauftritt, als auch während des Verfahrens – ließ nur den Schluss zu, dass tatsächlich die BF die Partner betreut. Das zeigt sich etwa daran, dass die BF, obwohl sie oftmals vorbrachte, aufgrund der verschiedenen Gesellschaften sowie datenschutzrechtlicher und ähnlicher Bedenken nicht zu den anderen Gesellschaften Auskunft geben zu können, im Verfahren stets vorbrachte, der Ehegatte des beratenen Paares habe sich selbst als Partner beworben. In der Verhandlung wurde dazu vorgebracht, die BF wisse das aufgrund der konzerninternen Informationsweitergabe (S. 10, 16 VP). Das mag zwar zutreffen, spricht aber trotzdem nicht gegen die hier vorgenommene Zuordnung, zumal dafür auch noch weitere Beweisergebnisse sprechen. So etwa, dass Partner der BF oftmals ihre Büros an derselben Adresse wie die BF haben. Dass sie dann aber nicht von der unmittelbar dort ansässigen BF betreut werden, sondern stattdessen die in Liechtenstein angesiedelte Broker AG zuständig sein soll, erscheint nicht lebensnah.
Die Partner haben außerdem für ihre Kommunikation den Server der Gesellschaft zu verwenden. Die Partner haben daher eine E-Mailadresse mit der Endung @ XXXX .at. Hier deutet bereits die Endung „.at“ eindeutig auf eine Betreuung durch die in Österreich ansässige BF hin und nicht durch die in Liechtenstein angesiedelte Broker AG. Zudem ist, wie das Bundesverwaltungsgericht bereits im Erkenntnis im Kundmachungsverfahren festgehalten hat, der Onlineauftritt der BF und nicht der Gruppen AG zuzurechnen. Auch insofern besteht daher eine Verbindung der Partner zur BF und nicht zur Broker AG. Das Beweisverfahren hat damit mehrere unwiderlegbare Verbindungen der Partner zur BF, jedoch bis auf den Geschäftsvermittlervertrag keine einzige Verbindung zur Broker AG ergeben. Es war daher festzustellen, dass die BF die Partner betreut und sie in diese eingegliedert sind.
Anders kann auch das Vorbringen des Vertreters in der Beschwerdeverhandlung, es handle sich gegenständlich um ein für die BF existenziell bedrohendes Untersagungsverfahren (S. 16 VP), nicht verstanden werden. Wenn nämlich die BF, wie sie behauptet, in die Betreuung der Partner nicht eingebunden wäre und diese keine Wertpapierdienstleistungen ohne die entsprechende Konzession anbieten würden, würde eine Untersagung ebendieser Tätigkeiten die Existenz der BF nicht gefährden. Nur im Fall der konzessionslosen Erbringung von Wertpapierdienstleistungen durch die BF beziehungsweise ihr zurechenbaren Mitarbeitern würde eine Untersagung dieser die Existenz der BF gefährden. Auch die eidesstattliche Erklärung des GF (Beilage ./2 zum VP) kann an dieser Einschätzung nichts ändern, zumal darin im Wesentlichen die Argumente aus der Beschwerde beziehungsweise aus den Verfahren vor der FMA wiederholt wurden. Dazu wurde bereits ausführlich ausgeführt, warum diesen nicht gefolgt werden konnte.
Die Feststellung zur Anzeige der BF, dass eine Überweisung nicht durchgeführt worden sei, sowie, dass es sich dabei um Rückzahlungen eines von der BF gewährten Darlehens handelte, gründen wiederum auf den Akteninhalt (ON 53 in XXXX ). Die BF hat das nicht bestritten, vielmehr hat der Vertreter dies in der Verhandlung ausdrücklich zugestanden (S. 8 VP; soweit er sich gegen die Zulassung dieses Beweismittels wendet, wird auf die rechtliche Beurteilung verwiesen).
Die Kündigung des Büros durch Frau E sowie die Weiterleitung an den GF und die Signatur in diesem Mail waren aufgrund des von der BF vorgelegten E-Mails (Beilage ./27 zu OZ 7), an dem kein Grund zu zweifeln bestand, festzustellen. Soweit dazu in der Verhandlung (S. 9 VP) beziehungsweise auch in der eidesstattlichen Erklärung des GF (Beilage ./2 zum VP) ausgeführt wurde, Frau E habe das Büro von der Finanzierung GmbH angemietet, die diese Büros wiederum von der AREV angemietet habe, ist nicht verständlich, warum Frau E die Kündigung dann an zwei Personen richtete, deren E-Mailadressen mit @ XXXX .at und @ XXXX .at endeten, und nicht an eine E-Mailadresse mit der Endung @ XXXX .at, wenn diese doch ihre Vermieterin gewesen wäre. Auch dabei handelte es sich daher offensichtlich um Schutzbehauptungen, die der Feststellung, dass Frau E für die BF tätig war, nicht entgegentreten können. Auch die festgestellte Weiterleitung mit der Signatur der BF zeigt, dass Frau E für die BF tätig war und auch ihr Büro bei ihr gemietet hatte. Daraus ergibt sich durchaus deutlich die Anbindung der Partner an die BF.
Abschließend ist festzuhalten, dass sich die Beschwerde in weiten Teilen gegen den Wahrnehmungsbericht des Verbands der Versicherungsunternehmen Österreichs (ON 16 in XXXX ) und dessen Heranziehung zur Beweiswürdigung wendet. Keine der hier getroffenen Feststellung beruht allerdings auf diesem Wahrnehmungsbericht. Er wurde daher der Beweiswürdigung auch nicht zugrunde gelegt. Auf die dazu vorgebrachten Argumente ist daher nicht einzugehen.
IV. Rechtliche Beurteilung
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Über Beschwerden gegen Bescheide der FMA entscheidet gemäß § 22 Abs. 2a FMABG das Bundesverwaltungsgericht durch Senat, ausgenommen in Verwaltungsstrafsachen bei Bescheiden, mit denen weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 600 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde. Es liegt daher gegenständlich Senatszuständigkeit vor.
Zur Rechtzeitigkeit:
Die FMA hat die Beschwerde der BF mit Beschwerdevorentscheidung wegen Verspätung zurückgewiesen. Daraufhin hat die BF im Vorlageantrag und im weiteren Verfahren unter Vorlage einer Sendungsverfolgung geltend gemacht, die FMA gehe von einem falschen Zustelldatum aus. Die FMA stützte ihre Zurückweisung auf das am Rückschein vermerkte Datum.
Beim Rückschein handelt es sich um eine öffentliche Urkunde, die nach § 17 VwGVG iVm § 47 AVG iVm § 292 ZPO die Vermutung der Richtigkeit für sich hat. Diese Vermutung ist widerlegbar, wobei die Behauptung der Unrichtigkeit des Beurkundeten entsprechend zu begründen ist und Beweise dafür anzuführen sind, die geeignet sind, die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen (VwGH 17.09.2019, Ra 2018/22/0310).
§ 292 Abs. 2 ZPO spricht in diesem Zusammenhang vom Beweis des Gegenteils. Bei einem solchen Beweis des Gegenteils muss der Richter – im Sinne einer Beweislastumkehr – überzeugt werden, dass die vermutete Tatsache beziehungsweise der vermutete Rechtszustand nicht besteht. Die Rechtsprechung (sowohl des VwGH siehe zB 25.02.2021, Ra 2020/19/0248, als auch des OGH, siehe RIS-Justiz RS0040471) spricht dagegen in Zustellfragen regelmäßig (nur) vom Gegenbeweis. Dabei reicht es bereits aus, dass eine Vermutungsbasis erschüttert wird, womit beim Richter Zweifel an der Überzeugungskraft der vorhandenen Beweismittel erweckt werden, ohne dass er vom Gegenteil überzeugt sein müsste; hier kommt es zu keiner Beweislastumkehr.
Der Oberste Gerichtshof hat sich unlängst damit auseinandergesetzt, welcher Beweismaßstab im Zustellwesen anzulegen ist. Er ist dabei zum Ergebnis gekommen, dass der Wortlaut des § 292 Abs. 2 ZPO jedenfalls im Zustellwesen einschränkend als Gegenbeweis und nicht als Beweis des Gegenteils zu interpretieren ist. Das begründete er im Wesentlichen mit der Amtswegigkeit im Bereich des Zustellwesens, weil das Gericht das Zustellwesen amtswegig zu überprüfen hat (OGH 27.05.2021, 4 Ob 90/21w). Soweit ersichtlich hat sich der Verwaltungsgerichtshof noch nicht explizit mit dem Beweismaß im Zustellwesen auseinandergesetzt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass er bereits ausdrücklich klargestellt hätte, dass er den Begriff des Gegenbeweises im oben erwähnten Sinn verwendet und verstanden wissen will oder ob er diesen Begriff „untechnisch“ und synonym zum Gesetzeswortlaut verwendet.
Wenngleich gute Gründe dafür sprechen, auch im verwaltungsrechtlichen beziehungsweise verwaltungsgerichtlichen Verfahren die einschränkende Auslegung des Obersten Gerichtshofs zu übernehmen, weil in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten die Grundsätze der Amtswegigkeit und der Erforschung der materiellen Wahrheit generell und nicht nur im Zustellwesen gelten, sodass das Verwaltungsgericht von Amts wegen vorzugehen und unabhängig vom Vorbringen und von den Anträgen der Parteien den wahren Sachverhalt durch Aufnahme der nötigen Beweise zu ermitteln hat (VwGH 26.07.2021, Ra 2019/22/0121), kann diese Frage hier letztlich offen gelassen werden.
Der BF ist nämlich der Beweis des Gegenteils gelungen. Der erkennende Senat ist überzeugt davon, dass das im Rückschein erwähnte Zustelldatum unrichtig ist, weil darauf aufgrund eines IT-Fehlers fälschlich das Nachsendedatum vermerkt wurde. Der Bescheid wurde nicht am 16.06.2021, sondern am 17.06.2021 zugestellt und gelangte er zu diesem Zeitpunkt in den Verfügungsbereich des Rechtsvertreters. In Wien erfolgte hingegen zu keinem Zeitpunkt, auch nicht am 16.06.2021, ein Zustellversuch. Die am 15.07.2021 erhobene Beschwerde ist damit rechtzeitig (§ 7 Abs. 4 VwGVG).
Die FMA brachte im Beschwerdeverfahren mehrmals vor, ein derartiger Nachsendeauftrag für Rechtsanwälte sei unzulässig. Sie gehe daher von einer Zustellung am 16.06.2021 in Wien aus. Wie festgestellt, fand an diesem Tag ein Zustellversuch in Wien allerdings aufgrund des Nachsendeauftrags des Vertreters gar nicht statt. Vielmehr wurde das Dokument ohne einen Zustellversuch in Wien direkt nach Linz gesandt. Es kann daher der 16.06.2021 nicht als Datum der Zustellung angesehen werden; dies unabhängig davon,
- ob ein Nachsendeauftrag für Rechtsanwälte zulässig ist (was allenfalls disziplinäre Maßnahmen zur Folge haben könnte),
- ob die Nachsendung tatsächlich gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 ZustG angezeigt war, weil sich der Empfänger und auch die Angestellten im Sinne des § 13 Abs. 4 ZustG dafür nicht regelmäßig an der Abgabestelle aufhalten müssten, was aber bei einer Rechtsanwaltskanzlei nicht anzunehmen ist und
- ob die Adresse in Linz eine Kanzleiniederlassung im Sinne des § 7a Abs. 1 RAO oder eine Sprechstelle und daher überhaupt eine taugliche Abgabestelle im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 4 ZustG ist.
An diesem Tag fand nämlich weder in Wien noch in Linz ein Zustellversuch statt. Vielmehr hatte an diesem Tag ausschließlich die Post das Dokument inne. Erst am 17.06.2021 kam das Dokument erstmals in den Verfügungsbereich des Vertreters, sodass nur dieser Tag als Tag der Zustellung angesehen werden kann. Selbst wenn zuvor in der Zustellung Mängel, wie von der FMA behauptet, aufgetreten sind, könnte erst an diesem Tag eine Heilung gemäß § 7 ZustG eintreten.
Auch der Oberste Gerichtshof hat in dem bereits oben zitierten Beschluss (OGH 22.12.2021, 3 Ob 225/21s) Zweifel gehegt und weitere Ermittlungen als für notwendig erachtet. Auch er geht daher offensichtlich nicht davon aus, dass ein möglicherweise unzulässiger und daher disziplinarrechtlich zu ahndender Nachsendeauftrag eines Rechtsanwalts zu einer Zustellung am Tag der Nachsendung von Wien nach Linz führt. Andernfalls hätte er den Revisionsrekurs umgehend und ohne weiteres Verfahren zurückweisen müssen.
Die FMA hat die Beschwerde somit zu Unrecht mit Beschwerdevorentscheidung zurückgewiesen, zumal auch sonst kein Grund ersichtlich ist, der die Beschwerde unzulässig machen würde. Dennoch ist diese Beschwerdevorentscheidung nicht ausdrücklich aufzuheben. Der Verwaltungsgerichtshof judiziert in derartigen Fällen, in denen die Beschwerde zulässig ist, sie aber mit der Beschwerdevorentscheidung zurückgewiesen wurde, dass das Verwaltungsgericht inhaltlich über die Beschwerde zu erkennen (und den Ausgangsbescheid zu bestätigen, zu beheben oder abzuändern) hat. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts tritt an die Stelle der Beschwerdevorentscheidung, ohne dass diese explizit behoben werden müsste (VwGH 17.12.2015, Ro 2015/08/0026).
Zum Anfechtungsumfang der Beschwerde:
Dazu ist festzuhalten, dass die BF in ihrer Beschwerde ausführt, der Bescheid werde in „seinem gesamten Inhalt und Umfang“ angefochten. Sie begehrt auch, die Entscheidung ohne jede Einschränkung aufzuheben. In der gesamten Beschwerde findet sich allerdings kein Vorbringen und kein – expliziter oder impliziter – Antrag zur von der FMA ausgeschlossenen aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde. Die diesbezügliche Entscheidung hat aber nach § 13 Abs. 4 VwGVG „ohne weiteres Verfahren unverzüglich“ zu ergehen. Die gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung beschwerdeführende Partei hat daher insbesondere die nicht ohne weiteres erkennbaren beziehungsweise die in ihrer Sphäre liegenden Umstände, die ihr Interesse am Unterbleiben des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung untermauern, spätestens in der Begründung ihrer Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung konkret darzutun und zu bescheinigen (VwGH 07.02.2020, Ra 2019/03/0143; 05.09.2018, Ra 2017/03/0105; 11.4.2018, Ro 2017/08/0033). Da die BF das unterlassen hat, ist davon auszugehen, dass sie den von der FMA ausgesprochenen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde nicht bekämpft. Auch in der Verhandlung, in der dies mit dem Vertreter erörtert wurde, hat sich der Vertreter nicht gegen diese Auffassung gewandt (S. 4 VP), sondern vielmehr bestätigt, dass dieser Spruchpunkt nicht angefochten wurde. Insoweit ist der Bescheid daher in Teilrechtskraft erwachsen.
Zum maßgeblichen Bewertungszeitpunkt:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hat das Verwaltungsgericht, wenn es in der Sache selbst entscheidet, seine Entscheidung an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten, weshalb allfällige Änderungen des maßgeblichen Sachverhalts und der Rechtslage zu berücksichtigen sind (VwGH 06.11.2020, Ro 2020/03/0014). Eine andere Betrachtungsweise ist nur dann geboten, wenn der Gesetzgeber in einer Übergangsbestimmung zum Ausdruck bringt, dass auf anhängige Verfahren noch das bisher geltende Gesetz anzuwenden ist, oder wenn darüber abzusprechen ist, was an einem bestimmten Stichtag oder in einem konkreten Zeitraum rechtens gewesen ist. Welche Rechtslage im Entscheidungszeitpunkt heranzuziehen ist, muss daher durch Auslegung der betreffenden Verwaltungsvorschriften ermittelt werden (VwGH 23.06.2021, Ra 2019/13/0111).
Ebenfalls eine andere Betrachtungsweise judiziert der Verwaltungsgerichtshof bei Erfüllung verwaltungspolizeilicher Aufträge. Eine Erfüllung nach dem Zeitpunkt der Erlassung eines in Beschwerde gezogenen Auftrags stellt keine im Beschwerdeverfahren zu beachtende Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes dar: Die Umsetzung eines Bescheides, der eine Leistung auferlegt, in die Wirklichkeit kann weder eine noch anhängige Beschwerde gegenstandslos machen noch die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in einem bestimmten Sinn festlegen. In einem solchen Fall darf die Sachlage nicht anders gesehen werden, als ob in der Zeit nach der Erlassung des Bescheides, mit dem die Verpflichtung zur Leistung ausgesprochen worden ist, nichts geschehen wäre (VwGH 26.11.2015, Ra 2015/07/0118). Diese Judikatur wird mit Rechtsschutzerwägungen begründet. Würde nämlich die Erfüllung des Auftrags beachtlich sein, wäre (im Regelfall) die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in einem gewissen Sinn bereits festgelegt. Dem Verpflichteten wäre damit der Rechtsschutz entzogen.
Diese Überlegungen sind aber auch auf Unterlassungsverpflichtungen anzuwenden. Wären nämlich nach Erlassung des Bescheids die Änderungen im Sachverhalt, die die beschwerdeführende Partei in Erfüllung des Unterlassungsbescheids aufgrund des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung vorgenommen hat, beachtlich, wäre auch hier die verwaltungsgerichtliche Entscheidung in einem gewissen Sinn bereits festgelegt. Das Verwaltungsgericht könnte damit seiner verfassungsrechtlichen Aufgabe, nämlich der Wahrung der Rechtmäßigkeit, nicht nachkommen. Auch die beschwerdeführende Partei verlöre dadurch ihr eigentliches Ziel, nämlich zu prüfen, ob die Unterlassung bestimmter Handlungen zurecht auferlegt wurde. Maßgeblich kann daher bei verwaltungsbehördlichen Unterlassungsaufträgen, insbesondere, wenn wie vorliegend die aufschiebende Wirkung ausgeschlossen wurde, wie bei Leistungsaufträgen nur die Sachlage zum Entscheidungszeitpunkt der ersten Instanz sein, hier also Juni 2021.
IV.1. Zu Spruchpunkt A)
IV.1.1. Zu Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheids:
Eine Erbringung von Wertpapierdienstleistungen ohne die erforderliche Berechtigung ist (unter weiteren Voraussetzungen) gemäß § 94 WAG 2018 strafbar. Das berechtigt die FMA nach § 22d Abs. 1 FMABG unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens dazu, die den verdächtigen Geschäftsbetrieb ausübenden Unternehmen mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessenen, von der FMA zu bestimmenden Frist aufzufordern. Kommt ein aufgefordertes Unternehmen dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die FMA mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen zu verfügen.
Gemäß § 3 Abs. 2 WAG 2018 bedarf die gewerbliche Erbringung unter anderem der Anlageberatung in Bezug auf Finanzinstrumente (Z 1) und der Annahme und Übermittlung von Aufträgen, sofern diese Tätigkeiten ein oder mehrere Finanzinstrumente zum Gegenstand haben (Z 3), einer Konzession der FMA. Was Finanzinstrumente sind, regelt § 1 Z 7 WAG 2018. Dass es sich beim Bond 2020 um ein Finanzinstrument handelt, wurde während des gesamten Verfahrens nicht bestritten und bedarf daher keiner näheren Erörterung. Auch die weiteren im Footer des Onlineauftritts genannten Wertpapiere erfüllen diese Qualifikation.
Wertpapierdienstleistungen sind in § 1 Z 3 WAG 2018 geregelt. Demnach stellen nach § 1 Z 3 lit a WAG 2018 die Annahme und Übermittlung von Aufträgen eine solche dar, sofern diese Tätigkeiten ein oder mehrere Finanzinstrumente zum Gegenstand haben. Anlageberatung ist nach § 1 Z 3 lit. e WAG 2018 die Abgabe persönlicher Empfehlungen gemäß Art. 9 der delegierten Verordnung (EU) 2017/565 über Geschäfte mit Finanzinstrumenten an einen Kunden, sei es auf dessen Aufforderung oder auf Initiative des Erbringers der Dienstleistung. Als persönliche Empfehlung im Sinne des Art. 9 DelVO 2017/565 gilt eine Empfehlung, die an eine Person in ihrer Eigenschaft als Anleger oder potenzieller Anleger oder in ihrer Eigenschaft als Beauftragter eines Anlegers oder potenziellen Anlegers gerichtet ist. Diese Empfehlung muss als für die betreffende Person geeignet dargestellt werden oder auf eine Prüfung der Verhältnisse der betreffenden Person gestützt sein, und sie muss darauf abzielen, dass eine der folgenden Handlungen getätigt wird: Kauf, Verkauf, Zeichnung, Tausch, Rückkauf, Halten oder Übernahme eines bestimmten Finanzinstruments oder Ausübung beziehungsweise Nichtausübung eines mit einem bestimmten Finanzinstrument einhergehenden Rechts betreffend Kauf, Verkauf, Zeichnung, Tausch oder Rückkauf eines Finanzinstruments. Eine Empfehlung wird nicht als persönliche Empfehlung betrachtet, wenn sie ausschließlich gegenüber der Öffentlichkeit abgegeben wird.
Im Kundmachungsverfahren, das durch das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts rechtskräftig entschieden wurde (dabei wird nicht verkannt, dass dagegen eine außerordentliche Revision erhoben wurde, über die der Verwaltungsgerichtshof noch nicht entschieden hat), wurde bereits ausführlich dargelegt, warum – jedenfalls zum damals maßgeblichen Zeitpunkt – durch den der BF zuzurechnenden Onlineauftritt eine Abschlussvermittlung von der BF betrieben wurde. Der erkennende Senat schließt sich der dortigen überzeugenden, ausführlichen Begründung vollinhaltlich an. Jedenfalls bis Anfang/Mitte September 2020 hat die BF daher ohne die nötige Konzession zu haben, eine Abschlussvermittlung betrieben. Seit Mitte/Ende September 2020 ist die Zeichnungswebsite nicht mehr über den Onlineauftritt zu erreichen. Die neue Zeichnungsseite kann der BF nicht zugerechnet werden. Insofern betreibt die BF daher seitdem keine Abschlussvermittlung mehr.
Die FMA stützt sich im nunmehrigen Unterlassungsbescheid auch nicht primär darauf, sondern führt begründend aus, die Partner seien der BF zuzurechnen und betrieben Anlageberatung durch persönliche Empfehlung. Auch der Tatbestand der Abschlussvermittlung sei damit erfüllt. Die BF bestreitet das und führt insbesondere aus, die Partner seien nicht ihr, sondern der Broker AG zuzurechnen. Außerdem handle es sich nur um eine zulässige Nachweisvermittlung, da die Kunden den Bond 2020 selbst gezeichnet hätten.
Dieses Vorbringen geht vor dem Hintergrund des festgestellten Sachverhalts in Leere. Wie bereits in der Beweiswürdigung ausführlich dargelegt, sind Frau E und die übrigen Partner nicht der Broker AG zuzurechnen, sondern der BF. Wie das Beispiel von Frau E deutlich zeigt, betrieben die Partner auch Anlageberatung. Sie berieten die Kunden dazu, den Bond 2020 zu zeichnen. Dazu wurden zunächst die Vermögensverhältnisse der Familie aufgenommen. Einige Tage später wurde ein entsprechendes Konzept vorgelegt, das unter anderem die Zeichnung des Bonds 2020 vorsah. Die dort auftretende Mitarbeiterin war der BF auch zuzurechnen. Dabei handelte es sich eindeutig um eine Abgabe persönlicher Empfehlungen gemäß Art. 9 DelVO 2017/565 , was weit über die Tätigkeit einer Nachweisvermittlung hinausging. Unerheblich war dabei, ob der Ehegatte tatsächlich, wie von der BF behauptet, Partner war beziehungsweise sich als solcher bewarb, zumal einerseits zusätzlich auch die Ehegattin beraten wurde und dieses Faktum andererseits nichts daran ändern würde, dass es sich dabei um eine Anlageberatung handelte, für die eine Konzession notwendig ist.
Durch das aktive Mitwirken von Frau E beim Prozess der Zeichnung handelte es sich, wie auch bereits die FMA zutreffend ausführte, um eine Abschlussvermittlung. Frau E führte dabei zwei potentielle Geschäftspartner zusammen, die unmittelbar miteinander ein konkretes Geschäft abschlossen. Eine Nachweisvermittlung, auf die sich die BF stützt, wäre dagegen nur dann gegeben, wenn bisher unbekannte Geschäftsgelegenheiten namhaft gemacht worden wären (Zahradnik in Gruber/N. Raschauer, WAG Wertpapieraufsichtsgesetz, § 3 WAG, Rz 8).
Im Geschäftsvermittlervertrag ist zwar ausdrücklich ein Beratungsverbot vorgesehen. Die Gruppe nimmt es durch die von ihr gewählte Organisation und ihre verschiedenen Produkte aber offensichtlich in Kauf beziehungsweise legt es geradezu darauf an, dass die Partner dieses Verbot in der Praxis nicht beachten, besteht doch ein Interesse sowohl an der Vermittlung der Produkte als auch an der Kündigung der Lebensversicherungen und einem damit zusammenhängenden möglichen Prozess.
Dass es sich bei derartigen Beratungen wie von Frau E nicht um einen möglichen ausgerissenen Einzelfall handelte, zeigte etwa auch das festgestellte E-Mail des Dr. G XXXX . Auch dort wurden, wie nicht einmal die BF bestritt, konzessionspflichtige Tätigkeiten erbracht, zumal deswegen auch eine Mahnung ausgesprochen wurde. Auch diese Tätigkeit war der BF direkt zuzurechnen, weil dabei eine E-Mailadresse mit „@ XXXX .at“ verwendet wurde, die zum damaligen Zeitpunkt, wie im Erkenntnis im Kundmachungsverfahren bereits rechtskräftig festgehalten wurde, der BF zuzurechnen war.
Die systematische Beratung durch die Partner zur Zeichnung des hochriskanten Bonds 2020 wie auch die dabei durchgeführte Abschlussvermittlung sind der BF zuzurechnen, weil sie für die Betreuung der Partner zuständig ist und diese auch für die BF im Geschäftsverkehr auftreten. So fand ein Teil der Beratung des Ehepaares im selben Bürogebäude statt, in der auch die BF eine Niederlassung hat, nicht dagegen die Broker AG. Diese räumliche Nähe lässt für durchschnittlich aufmerksame Konsumenten nur den Schluss zu, dass die dort tätigen Mitarbeiter im Namen der BF auftreten. Dabei handelte es sich auch nicht um einen fehlerhaften Eindruck im Einzelfall. Vielmehr legte es die Gruppe mit ihrem Firmenkonstrukt offensichtlich geradezu darauf an, die Konsumenten derartig im Unklaren zu lassen, mit welchem Unternehmen sie nunmehr Rechtsverbindungen eingehen, was sich etwa auch nach wie vor an einer unscharfen Bezeichnung der jeweiligen Gesellschaft mit XXXX sowie der gemeinsamen Verwendung einer einzigen Internetadresse wie auch E-Mailadresse zeigt. Diese zeigt nicht zuletzt den Österreichbezug und ist auch laut Impressum der BF zuzuordnen, auf die auch die Domain eingetragen ist.
Das dem Ehepaar vorgeschlagene Konzept verwies auf die XXXX Auch dieser Punkt spricht klar für eine Zurechnung der Partner an die BF, zumal die liechtensteinische Broker AG über keinen Standort, Betrieb oder Sitz in Österreich verfügt. Es konnte damit nur die BF gemeint sein, die an ebendieser Adresse einen ihrer Standorte hat.
Dass die BF für die Betreuung der Partner zuständig war, zeigt sich auch daran, dass sie für diese intervenierte, als Zahlungen von diesen nicht durchgeführt wurden, obwohl laut dem Geschäftsvermittlervertrag die Broker AG die Zahlstelle sein soll. Die BF führte dazu aus, die Intervention gründete darauf, dass die BF diesen Personen Darlehen gewährt habe, sodass sie durch die Nichtdurchführung der Überweisungen beschwert gewesen sei. Auch das zeigt einmal mehr, dass entgegen den Behauptungen in der Beschwerde intensive und enge Beziehungen zwischen der BF und den Partnern vorliegen, die eine Zurechnung zur BF rechtfertigen. In der Beschwerdeverhandlung wandte sich der Vertreter gegen die Zulassung der Anzeige der BF an die FMA. Es besteht aber kein Grund, dieses Beweismittel, selbst wenn es unter Verletzung der Amtsverschwiegenheit an die zuständige Abteilung der FMA übermittelt worden wäre, im gegenständlichen Fall außer Acht zu lassen. Nach § 17 VwGVG iVm § 46 AVG kommt als Beweismittel alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. Selbst die Berücksichtigung von Beweisergebnissen, die auf gesetzwidrige Weise gewonnen wurden, ist zur Ermittlung der materiellen Wahrheit nur dann unzulässig, wenn das Gesetz dies anordnet oder wenn die Verwertung des betreffenden Beweisergebnisses dem Zweck des durch seine Gewinnung verletzten Verbotes widerspräche (VwGH 21.12.2020, Ra 2020/09/0006). Für ein Beweisverwertungsverbot besteht schlicht keine gesetzliche Grundlage (VwGH 22.05.2019, Ro 2019/09/0002 mwN; 15.12.2015, Ra 2015/18/0100).
Es steht damit fest, dass (zumindest) zwei konkreten Personen von der BF zuzurechnenden Partnern zur Zeichnung eines konkreten Finanzinstruments geraten wurde. Es handelte sich dabei ohne Zweifel um eine persönliche Empfehlung im Sinne des Art. 9 DelVO 2017/565 und damit um eine Anlageberatung nach § 1 Z 3 lit e WAG 2018. Für diese Anlageberatung hätte es aber nach § 3 Abs. 2 Z 1 WAG 2018 einer Konzession der FMA bedurft. Aus dem Akteninhalt, insbesondere den Schulungsunterlagen und den zahlreichen Whistleblower-Eingaben, ergibt sich für den erkennenden Senat auch eindeutig, dass ein derartiges Verhalten durch die der BF zuzurechnenden Partner durchaus häufiger vorkommt, auch wenn die Schulungsunterlagen selbst keine Investition in Finanzinstrumente nach WAG 2018 vorsehen oder namentlich nennen. Das Verhalten der der BF zuzurechnenden Personen ist aber eindeutig darauf aufgelegt, Personen dahingehend zu beraten, dass sie in Produkte der Gruppe – und damit eben auch in den Bond 2020 und dessen Nachfolgeprodukte - investieren.
Die FMA legte auch nachvollziehbar dar, dass das Geschäftsmodell der BF und ihrer Mutter- und Schwesterngesellschaften darauf angelegt ist, durch Beratung ein konkretes Geschäft mit der Emittentin über ein riskantes Finanzinstrument abzuschließen. Dabei handeln die der BF zuzurechnenden Mitarbeiter nicht nur als Tippgeber, vielmehr stellt die Tätigkeit eine Abschlussvermittlung dar, was sich exemplarisch an der Beratung des Ehepaares zeigt. Der Abschluss erfolgt nach und unter aktivem Zutun durch der BF zuzurechnende Mitarbeiter in den Räumlichkeiten der beziehungsweise in unmittelbarer Nähe zur BF. Damit betreibt die BF beziehungsweise betreiben die ihr zuzurechnenden Mitarbeiter aber eine Abschlussvermittlung im Sinne des § 3 Abs. 2 Z 3 WAG 2018, ohne über die dafür notwendige Konzession zu verfügen.
Soweit die BF in ihrer Beschwerde vorbringt, in der Verfahrensanordnung sei dieser Vorwurf noch nicht enthalten gewesen, ist das aktenwidrig. Bereits mit Verfahrensanordnung vom 07.09.2020, ON 1 in XXXX , wurde der BF ein derartiger Vorwurf gemacht. Der Vorwurf war damit sehr wohl und von Anfang an Inhalt des Verfahrens vor der FMA.
Diese Verhaltensweisen sind zweifelsohne auch gewerblich im Sinne des § 3 Abs. 2 WAG 2018, zumal an der Nachhaltigkeit mit Blick auf die systematische Vorgehensweise, den Onlineauftritt und die Unterhaltung eines großen Vertriebsapparates kein ernsthafter Zweifel bestehen kann. Diese nachhaltige Tätigkeit ist auch darauf ausgelegt, Einnahmen zu erzielen. Es liegen damit ausreichend Anhaltspunkte vor, die einen Verdacht der Übertretung des § 94 WAG 2018 begründen, sodass die FMA zu Recht nach § 22d FMABG vorgegangen ist. Da die Beratungstätigkeiten der BF zuzurechnen sind, richtet sich der Bescheid auch zurecht an die BF.
In ihrer Beschwerde rügt die BF eine Verletzung des Parteiengehörs. Die FMA habe den Bescheid erlassen, ohne der BF die Möglichkeit zu geben, sich zu rechtfertigen. Dieser Vorwurf ist vor dem Hintergrund des Akteninhalts nicht nachvollziehbar, vielmehr hat die BF während des Verfahrens vor Erlass des Bescheids mehrere Stellungnahmen erstattet. Soweit die BF damit auf die Verfahrensanordnung Bezug nehmen will, die ohne Parteiengehör erfolgt ist, genügt der Hinweis darauf, dass mit einer Verfahrensanordnung nach § 22d FMABG (nur) die nach Ansicht der FMA notwendigen Schritte zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes aufgezeigt werden; eine Sanktion bei Nichtbefolgung ist im Gesetz nicht vorgesehen. Erst der von der Verfahrensanordnung zu unterscheidende, ihr (allenfalls) nachfolgende Bescheid bewirkt gegebenenfalls einen Eingriff in subjektiv-öffentliche Rechte des Adressaten. Ein Eingriff in die subjektiven Rechte ist bei einer solchen Verfahrensanordnung ausgeschlossen und es handelt sich dabei auch nicht um die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (VwGH 17.02.2010, 2009/17/0270). Es handelt sich damit um ein „schlicht-hoheitliches Handeln“, sodass Parteienrechte im Vorfeld nicht eingeräumt werden müssen. Nicht zuletzt sind die Rechte der BF durch ihr Recht auf ein effektives Rechtsmittel an das Bundesverwaltungsgericht und die Durchführung einer Beschwerdeverhandlung hinreichend gewahrt worden.
Die BF wirft der FMA auch vor, in der Verfahrensanordnung sei ihr nur ein Verstoß gegen das Verbot der unerlaubten Erbringung von Wertpapierdienstleistungen gemäß § 3 Abs. 2 Z 1 WAG 2018 vorgeworfen worden. Im angefochtenen Bescheid sei ihr zusätzlich der Vorwurf der Annahme und Übermittlung von Aufträgen in Bezug auf Finanzinstrumente gemäß § 3 Abs. 2 Z 3 WAG 2018 gemacht worden. Dieser Vorwurf sei im gesamten Untersagungsverfahren zu keinem Zeitpunkt thematisiert worden. Wie bereits oben ausgeführt, ist diese Behauptung aktenwidrig, zumal der BF bereits mit Verfahrensanordnung vom 07.09.2020, ON 1 in XXXX , ein derartiger Vorwurf gemacht wurde.
Auch darin, dass die FMA die Vorwürfe im Bescheid ausführlicher darstellte, als in der Verfahrensanordnung, kann keine Rechtswidrigkeit erblickt werden. Das liegt vielmehr in der Natur der Sache und der unterschiedlichen Begründungserfordernisse zwischen einer Verfahrensanordnung und einem Untersagungsbescheid wie auch den darin zu berücksichtigenden Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens.
Auch das weitere Vorbringen der BF, das Vorgehen der FMA verstoße gegen das Überraschungsverbot und außerdem wäre ihr nicht in alle Aktenteile Einsicht gewährt worden, kann nicht zum Erfolg führen – dies selbst ohne Prüfung, ob das überhaupt zutreffend ist, weil der BF nach dem Akteninhalt Anfang Februar 2021 und erneut am 26.05.2021 (ON 25 in XXXX ) in alle Akten vollumfänglich und ohne Schwärzungen (bis auf den Namen der Mitarbeiterin der BaFin) Einsicht gewährt wurde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist eine allfällige Verletzung des Parteiengehörs durch die Behörde nämlich bereits als saniert anzusehen, wenn die Partei Gelegenheit hatte, zu den Ergebnissen der Ermittlungsverfahren im Rechtsmittel gegen den behördlichen Bescheid Stellung zu nehmen (VwGH 16.12.2020, Ro 2020/07/0005). Genau das ist hier aber der Fall, bringt doch die BF vor, dass ihr selbst die von der FMA (angeblich) geschwärzten Aktenteile aufgrund der Akteneinsicht bei der Staatsanwaltschaft bekannt seien. Sie hat sich dazu auch im Beschwerdeverfahren umfassend geäußert.
Die BF bringt in ihrer Beschwerde auch vor, dass die Begründung des angefochtenen Bescheids zeige, dass die Organwalter der FMA befangen seien. Dieses Vorbringen kann dahingestellt bleiben, weil die BF dabei übersieht, dass allfällige Verfahrensmängel infolge Mitwirkung befangener Organwalter im verwaltungsbehördlichen Verfahren durch ein vor dem Verwaltungsgericht geführtes Verfahren saniert werden (VwGH 29.06.2021, Ra 2018/06/0221). Unabhängig davon, dass es sich bei diesem Vorbringen der BF weitestgehend um spekulative Vermutungen ohne jeglichen ersichtlichen realen Hintergrund handelt, bedarf dieses Vorbringen deshalb keiner näheren inhaltlichen Erwiderung.
Zu den von der FMA angeforderten Unterlagen bringt die BF vor, ihr sei die Übermittlung dieser faktisch unmöglich, da sie nicht für die Partner zuständig sei und daher keine Liste der Partner habe. Damit entfernt sie sich vom festgestellten Sachverhalt, sodass darauf nicht näher einzugehen ist. Entgegen der von der BF vertretenen Ansicht ist die BF nämlich für die Partner zuständig und verfügt daher auch über deren Daten, wie auch ihre Stellungnahmen und Ausführungen wiederholt gezeigt haben. Ebenso müssen die übrigen von der FMA angeforderten Unterlagen bei der BF vorliegen.
Die BF führt weiter aus, diese Aufforderung sei auch rechtswidrig, weil die FMA keine Rechtsgrundlage angegeben habe. Wie die BF aber selbst eingesteht, besteht mit § 90 Abs. 4 WAG 2018 (Anmerkung des Senats: iVm Abs. 3 leg.cit. und § 22b FMABG) eine entsprechende gesetzliche Grundlage. Die Aufforderung zur Vorlage von Daten sowie die Verarbeitung dieser beruht daher auf einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage und ist daher nicht nur wegen der fehlenden Nennung dieser aufzuheben.
Weiters führt die BF datenschutzrechtliche Bedenken ins Treffen. Sie verweist dazu insbesondere auf die DSGVO und das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 17.12.2009, B 504/09. Außerdem verweist sie darauf, dass die Tätigkeiten nicht der Aufsicht der FMA, sondern der Gewerbebehörde unterliegen.
Auf das letzte Argument ist erneut zu erwidern, dass sich die BF vom festgestellten Sachverhalt entfernt, demzufolge die Partner der BF zuzurechnen sind und diese für die BF Wertpapierdienstleistungen erbringen, ohne über die nötige Konzession zu verfügen. Die FMA ist aber dazu berechtigt und sogar verpflichtet, ein derartiges Verhalten zu unterbinden.
Auch der Verweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs schlägt fehl. Dort wurde eine Verletzung des Grundrechts auf Datenschutz festgestellt, weil die dort von der FMA angeforderten Unterlagen nicht geeignet waren, die Einhaltung der Vorschriften zu kontrollieren. Vielmehr wäre dafür noch die freiwillige Mitwirkung der Kunden notwendig gewesen. Damit erwies sich die Anforderung der Kundendaten als von vornherein ungeeignet, um das Aufsichtsziel zu erreichen. Darüber hinaus hat der Verfassungsgerichtshof in dem vom BF zitierten Erkenntnis zusammengefasst ausgesprochen, dass es zweifellos zu den im öffentlichen Interesse liegenden Aufgaben der FMA zählt, die Einhaltung des WAG 2007 durch Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen zu überwachen und dabei auf das volkswirtschaftliche Interesse an einem funktionsfähigen Kapitalmarkt und auf das Interesse der Anleger Bedacht zu nehmen und dies mit den gesetzlich vorgesehenen Aufsichtsmitteln zu überprüfen. Die Aufforderung, die Namen von Kunden bekannt zu geben, bewirke einen Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz sowohl des Unternehmens als auch seiner Kunden, der einer gesetzlichen Grundlage bedürfe und überdies nur zulässig sei, wenn er – gemessen an dem zugrundeliegenden Anlass und dem angestrebten Erfolg – erforderlich, geeignet und verhältnismäßig sei (siehe auch VwGH 14.11.2013, 2012/17/0048, der diese Wertungen auch auf das BWG übertrug). Diese Wertungen sind auch auf das WAG 2018 übertragbar.
Anders als in dem von der BF zitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs sind hier die Aufträge zur Übermittlung von Kundendaten von vornherein geeignet, das Aufsichtsziel zu erreichen. Durch die Übermittlung der angeforderten Unterlagen ist die FMA nämlich in der Lage zu prüfen, ob die von den Partnern beratenen Kunden in Finanzinstrumente investierten (siehe insbesondere den 3. Teilstrich). Eine Mitwirkung der Kunden ist daher im konkreten Fall nicht zwingend erforderlich. Die Erteilung der von der FMA verlangten Auskünfte versetzt diese damit in die Lage, die Einhaltung der Konzessionsbestimmungen des WAG 2018 durch die BF zu überprüfen, weshalb der Eingriff auch zur Erreichung des angestrebten Erfolges geeignet ist. Er ist auch verhältnismäßig, weil damit das volkswirtschaftlich sehr bedeutende Interesse an einem funktionsfähigen Kapitalmarkt unter Bedachtnahme auf die Interessen der Anleger überwacht und Verstöße hintangehalten werden können. Hinzu kommt, dass die FMA ohnedies zur Verschwiegenheit verpflichtet ist. Es liegt daher auch kein Verstoß gegen die DSGVO vor.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt 1. war daher mit der von der FMA in der Verhandlung beantragten, ihren Spruch lediglich leicht konkretisierenden Maßnahme (S. 14 VP) spruchgemäß abzuweisen. Da die FMA die aufschiebende Wirkung der Beschwerde unbekämpft ausgeschlossen hat, war auch die Leistungsfrist nicht neu festzusetzen.
IV.1.1. Zu Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheids:
Gemäß § 22 Abs. 11 FMABG iVm § 5 VVG kann die FMA Zwangsstrafen in der Höhe bis zu € 30.000,00 androhen beziehungsweise verhängen. Im gegenständlichen Verfahren drohte die FMA eine Zwangsstrafe in der Höhe von € 20.000,00 an und führte aus, im Hinblick auf das erhebliche Schädigungspotential für Anleger sei eine geringere Strafe nicht geeignet, die BF zu rechtmäßigen Verhalten anzuhalten. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die im öffentlichen Interesse gelegenen Aufsichtsziele nicht nur geringfügig beeinträchtigt werden.
Die BF hält dem in ihrer Beschwerde entgegen, die angedrohte Zwangsstrafe verstoße gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit des Eigentums. Das sei der Fall, weil der BF kein konkretes Fehlverhalten vorgeworfen werde, zumal sie keiner konzessionspflichtigen Tätigkeit nachgegangen sei. Die FMA würde ihren Bescheid vielmehr damit begründen, dass der Eindruck entstehe, die BF käme einer solchen Tätigkeit nach. Die angedrohte Zwangsstrafe liege daher nicht im öffentlichen Interesse und sei auch nicht geeignet. Außerdem sei es offenkundig, dass ein gelinderes Mittel ausreichend gewesen wäre, weil gar keine Rechtsverletzung vorgelegen habe. Auch eine Kosten-Nutzen-Analyse spreche für die BF. Die Einschränkung des Eigentumsrechts der BF sei viel größer als das öffentliche Interesse an einem derartig überschießenden Eingriff.
Gerade mit diesem Vorbringen zeigt die BF, dass die Höhe der angedrohten Zwangsstrafe gerechtfertigt ist beziehungsweise die FMA jedenfalls das ihr zukommende Ermessen nicht überschritten hat. Einerseits wird nämlich nicht nur davon ausgegangen, dass die BF Wertpapierdienstleistungen erbracht haben könnte, vielmehr steht das eindeutig fest, wie sich vor allem an der Beratung des Ehepaares zeigt. Zu deren Unterlassung wurde die BF zu Recht aufgefordert. Ziel einer Zwangsstrafe ist es, durch die „Empfindlichkeit“ der Zwangsstrafe gerade im Vermögen der jeweils betroffenen Verpflichteten einen angemessenen Anreiz zur Unterlassung von Zuwiderhandlungen zu geben. Der Verpflichteten steht es jederzeit frei, durch Erbringung der unvertretbaren Handlung die Vollstreckungsmaßnahme hintanzuhalten (vgl. VwGH 21. 10. 2009, Zl. 2009/06/0130). Da der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, wurde die in diesem Bescheid ausgesprochene Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Unterlassung und der Vorlage geeigneter Unterlagen zu deren Nachweis sofort vollstreckbar (vgl. VwGH 11.04.2000, Zl. 99/11/0353, VwGH 27.01.2015, 2012/11/0180), dies nach Ablauf der durch die FMA gewährten Erfüllungsfrist. Das Ende dieser von der FMA gesetzten Frist bezeichnet dabei jenen Zeitpunkt, bis zu dem die BF ihrer Verpflichtung spätestens hätte nachkommen müssen, um in weiterer Folge der Anordnung der angedrohten Zwangsstrafe zu entgehen. Diese Verpflichtung, die unerlaubten Tätigkeiten zu unterlassen und dies der FMA nachzuweisen, bestand nicht nur während dieser Frist, sondern auf Dauer, solange bis die BF folglich die verlangten Nachweise für die tatsächliche Unterlassung erbringt (vgl. VwGH 23.02.2001, 2001/06/0006, VwGH 16.01.1990, 87/05/0027).
Beim Bond 2020 (bzw. nunmehr dem Nachfolgeprodukt) handelt es sich um ein hochkomplexes Finanzinstrument, das ein hohes Risiko birgt und bis zu einem Totalverlust führen kann. Es ist daher nicht ohne Grund eine Konzession für das Anbieten dieser Wertpapierdienstleistungen vorgesehen. Andernfalls besteht nämlich ein großes Schädigungspotential für die Kunden. Die BF wirbt auch selbst mit der großen Anzahl ihrer Vertriebspartner und ihren Standorten in mehreren verschiedenen Ländern. Durch den Marktauftritt wird suggeriert, eine österreichische Gesellschaft stünde (zumindest auch) hinter dieser Emission und es gebe verantwortliche Ansprechpartner in Österreich, obwohl es sich um ein nachrangiges, komplexes Finanzinstrument mit hohem Risiko handelt, das von einer ausländischen Zweckgesellschaft emittiert wird. Es liegt daher ein großes öffentliches Interesse vor, das auch nicht nur geringfügig beeinträchtigt wird. Auch ein gelinderes Mittel ist daher nicht ausreichend. Zudem ist auch aus spezialpräventiven Erwägungen die Höhe der angedrohten Strafe erforderlich und angemessen. Die FMA hat daher das ihr zur Höhe der Androhung zustehende Ermessen aus Sicht des erkennenden Senates nicht rechtswidrig geübt. Hervorzuheben ist überdies, dass die FMA noch in der Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ausführte, die Zwangsstrafe bisher nicht verhängt zu haben, obwohl der Beschwerde keine aufschiebende Wirkung zukam.
Die Androhung der Zwangsstrafe ist im Übrigen kein Bescheid und damit auch nicht von der Hauptsache getrennt bekämpfbar. Lediglich gegen die nachfolgende bescheidmäßige Verhängung der Zwangsstrafe als Vollstreckungsverfügung könnte aus den in § 10 Abs. 2 VVG genannten besonderen Gründen Beschwerde erhoben werden (vgl. VwGH 09.09.1999, 99/06/0034). Aus diesen Gründen war dem Beschwerdevorbringen zu Spruchpunkt 2. nicht zu folgen.
IV.1.1. Zu Spruchpunkt 3. des angefochtenen Bescheids:
Mit diesem Spruchpunkt wurden die Anträge der BF auf Übermittlung allfälliger paralleler Akten beziehungsweise deren Inhalte abgewiesen. Die FMA hält dazu in ihrem Bescheid fest, dass der BF in alle Akten Akteneinsicht gewährt worden sei. Die BF verfüge über alle Unterlagen.
In der Beschwerde wird zur Akteneinsicht ausgeführt, die FMA habe beharrlich gerade nicht in den vollständigen Ermittlungsakt Einsicht gewährt. Vielmehr wären einige Whistleblower Meldungen nicht beziehungsweise nur teilweise geschwärzt übermittelt worden.
Selbst wenn man dem folgen wollte, obwohl der BF nach dem Akteninhalt Anfang Februar 2021 und am 26.05.2021 (ON 25 in XXXX ) in alle Akten vollumfänglich und ohne Schwärzungen (bis auf den Namen der Mitarbeiterin der BaFin) Einsicht gewährt wurde, ist die Beschwerde abzuweisen. Wie die BF nämlich selbst in der Beschwerde ausführt, sind ihr alle angeblich nur teilweise oder geschwärzt übermittelten Teile durch die Akteneinsicht bei den Strafverfolgungsbehörden bekannt. Es ist daher nicht ersichtlich, inwieweit die BF durch diesen Spruchpunkt beschwert sein sollte. Auch sie selbst legte Derartiges in ihrer Beschwerde nicht dar. Vielmehr äußerte sie sich in der Beschwerde umfassend zu allen Aktenbestandteilen und verzichtete in der Beschwerdeverhandlung ausdrücklich auf eine Akteneinsicht. Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.
IV.2. Zu Spruchpunkt B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Ob es sich um eine Anlageberatung beziehungsweise eine Abschlussvermittlung handelt und ob die Partner der BF zuzurechnen sind, ist unter Beachtung der vom Verwaltungsgerichtshof aufgestellten Grundsätze, eine Frage des Einzelfalls. Der Verwaltungsgerichtshof ist nach Klärung der grundsätzlichen Fragen allerdings nicht dazu berufen, Einzelfallgerechtigkeit in jedem Fall zu sichern. Die Anwendung der Grundsätze im Einzelfall obliegt vielmehr den Verwaltungsgerichten (VwGH 17.05.2021, Ra 2021/01/0150). Zudem sind die Regelungen des § 3 WAG 2018 iVm Art. 9 DelVO 2017/565 klar und eindeutig.
Welches Beweismaß zur Widerlegung einer öffentlichen Urkunde der Verwaltungsgerichtshof im Zustellwesen angewendet wissen will, ist zwar grundsätzlich eine Rechtsfrage in der Qualität von Art. 133 Abs. 4 B-VG, allerdings kommt es auf die Lösung dieser Frage hier nicht an, weil beide Auslegungsvarianten erfüllt sind. Die Revision war daher, nicht zuletzt mit Verweis auf die obigen Judikaturzitate, nicht zuzulassen.
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