BVwG W187 2250142-4

BVwGW187 2250142-431.1.2022

BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §328 Abs1
BVergGKonz 2018 §1
BVergGKonz 2018 §11
BVergGKonz 2018 §4 Abs2 Z2
BVergGKonz 2018 §6
BVergGKonz 2018 §78
BVergGKonz 2018 §86 Abs1
BVergGKonz 2018 §87 Abs2
BVergGKonz 2018 §94 Abs1
BVergGKonz 2018 §95 Abs1
BVergGKonz 2018 §95 Abs3
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:W187.2250142.4.00

 

Spruch:

 

W187 2250142-4/7E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hubert REISNER über den Antrag von XXXX , vertreten durch die RIHS Rechtsanwalt GmbH, Kramergasse 9/3/13, 1010 Wien, auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend das Vergabeverfahren „Konzession Tabakfachgeschäft Trillergasse 4, 1210 Wien, Referenznummer 001.1210.0084.“ der Auftraggeberin Monopolverwaltung GmbH, Am Belvedere 10, 1100 Wien, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, vom 19. Jänner 2022 beschlossen:

A)

Das Bundesverwaltungsgericht gibt dem Antrag von XXXX , das Bundesverwaltungsgericht möge „die einstweilige Verfügung zu treffen, der Antragsgegnerin bis zur Entscheidung über den oben unter I. ausgeführten Nachprüfungsantrag bei sonstiger Nichtigkeit den Widerruf der Ausschreibung eines Konzessionsvertrags zum Betrieb eines Tabakfachgeschäftes an der Adresse 1210 Wien, Trillergasse 4, Top E15, Standort Nr. 1210 0084, zu untersagen“, gemäß §§ 94 Abs 1, 95 Abs 1, 3 und 4 BVergGKonz 2018 statt.

Das Bundesverwaltungsgericht untersagt der Auftraggeberin Monopolverwaltung GmbH für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens im Vergabeverfahren „Konzession Tabakfachgeschäft Trillergasse 4, 1210 Wien, Referenznummer 001.1210.0084.“, die Ausschreibung zu widerrufen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

 

BEGRÜNDUNG

I. Verfahrensgang

1. Mit Schriftsatz vom 31. Dezember 2021 beantragte XXXX , vertreten durch die RIHS Rechtsanwalt GmbH, Kramergasse 9/3/13, 1010 Wien, in der Folge Antragsteller, die Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens gemäß § 78 Abs 2 Z 2 BVergGKonz 2018, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 83 BVergGKonz 2018, die Gewährung von Akteneinsicht gemäß § 81 BVergGKonz 2018, die Nichtigerklärung der gesamten Ausschreibung gemäß § 91 Abs 1 BVergGKonz 2018, in eventu die Nichtigerklärung einzelner Festlegungen der Ausschreibung gemäß § 91 Abs 2 BVergGKonz 2018, insbesondere der rechtwidrigen Einschränkung der Übermittlung von Standortunterlagen an Bieter, der rechtswidrigen Einschränkung des Bieterkreises auf begünstigte Behinderte, der rechtswidrigen Festlegung eines (nach Angebotsöffnung) durchzuführenden Eignungstests, der rechtswidrigen Festlegung eines Finanzierungsnachweises über einen Betrag in Höhe von € 450.951,84, des rechtswidrigen Zuschlagskriteriums „einschlägige Berufserfahrung“ und/oder der Festlegung bezüglich der Laufzeit der Konzession, den Ersatz der Pauschalgebühr gemäß § 85 BVergGKonz 2018 sowie die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit der der Auftraggeberin die Öffnung der Angebote, in eventu die Zuschlagserteilung untersagt werden soll. Die Anträge betreffen das Vergabeverfahren „Konzession Tabakfachgeschäft Trillergasse 4, 1210 Wien, Referenznummer 001.1210.0084.“ der Auftraggeberin Monopolverwaltung GmbH, Am Belvedere 10, 1100 Wien, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien.

2. Mit Schriftsatz vom 7. Jänner 2022 erteilte die Auftraggeberin allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren, kündigte die Vorlage der Unterlagen des Vergabeverfahrens an, führte zur Akteneinsicht aus und nahm zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung Stellung. Darin führt sie im Wesentlichen aus, dass ein besonderes Interesse der Auftraggeberin an der Fortführung des Verfahrens bestehe, da die gegenständliche Beschaffung zur Erfüllung der gesetzlich bestimmten Aufgaben der Auftraggeberin benötigt werde. Die Auftraggeberin könne nicht beurteilen, ob Interessen sonstiger Bieter durch die Erlassung der einstweiligen Verfügung beeinträchtigt würden. Die Auftraggeberin ersucht aufgrund des dringenden Beschaffungsbedarfs um Beschränkung der einstweiligen Verfügung auf sechs Wochen. Sie beantragt die Zurück-, in eventu Abweisung des Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung.

3. Am 7. Jänner 2022 legte die Auftraggeberin eine elektronische Kopie der Unterlagen des Vergabeverfahrens auf einem Datenstick vor.

4. Mit Beschluss vom 12. Jänner 2022, W187 2250142-1/2E, gab das Bundesverwaltungsgericht dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung teilweise statt und untersagte der Auftraggeberin für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens die Angebote zu öffnen. Den Antrag auf Untersagung der Zuschlagserteilung wies es ab.

5. Mit Schriftsatz vom 14. Jänner 2022 nahm die Auftraggeberin zum Nachprüfungsantrag Stellung. Darin führt sie nach Darlegung des Sachverhalts im Wesentlichen aus, die behaupteten Rechtswidrigkeiten würden nicht vorliegen. Die Auftraggeberin stellt den Antrag, das Bundesverwaltungsgericht möge sämtliche Anträge auf Nichtigerklärung sowie den Antrag auf Ersatz der Gebühren zurück-, in eventu abweisen.

6. Mit Schriftsatz vom 18. Jänner 2022 beantragte der Antragsteller umfassende Akteneinsicht gemäß § 81 BVergGKonz 2018, § 21 VwGVG, insbesondere in den Vergabeakt der Auftraggeberin, und die elektronische Übermittlung des Vergabeaktes. Da die Angebotsfrist noch nicht abgelaufen sei, könne der Vergabeakt keine personenbezogenen Angaben über einzelne Bieter enthalten, weshalb kein Grund bestehe, der eine Ausnahme von der Akteneinsicht rechtfertigte. Schützenswerte Interessen der Auftraggeberin an der Geheimhaltung des Vergabeaktes seien nicht ersichtlich. Das Bundesverwaltungsgericht übergab dem Antragsteller einen Datenstick mit einer elektronischen Kopie jener Teile des Vergabeakts, die nicht von der Akteneinsicht ausgeschlossen sind.

7. Mit Schriftsatz vom 19. Jänner 2022 beantragte der Antragsteller die Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 94 BVergGKonz 2018 und begehrte die Untersagung des Widerrufs der Ausschreibung des Konzessionsvertrags zum Betrieb eines Tabakfachgeschäftes am Standort Nummer 1210 0084, Standort 1210 Wien, Trillergasse 4, Top E15 bis zur Entscheidung über den gegenständlichen Nachprüfungsantrag bei sonstiger Nichtigkeit. Der Antragsteller wiederholt sein Vorbringen zum Nachprüfungsantrag und erhebt dieses zum Vorbringen für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Ergänzend bringt er im Wesentlichen vor, die Auftraggeberin habe in der Vergangenheit den Rechtschutz des Antragstellers durch den Widerruf einer Ausschreibung ins Leere laufen lassen, indem sie während eines laufenden Nachprüfungsverfahrens gegen die Zuschlagsentscheidung die Ausschreibung mit dem offenkundigen Ziel, den Rechtschutz des Antragstellers zu behindern, widerrufen habe. Bei Nicht-Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung habe es die Auftraggeberin aufgrund der vom Gesetzgeber eingeräumten Flexibilität beim Widerruf einer Ausschreibung gemäß § 75 BVergGKonz 2018 in der Hand, die Ausschreibung zu widerrufen. In diesem Fall wäre der Antragsteller, der am Vergabeverfahren als Bieter teilnehme und fristgerecht ein Angebot gelegt habe, allenfalls auf Schadenersatzansprüche gegen die Auftraggeberin verwiesen. Die Möglichkeit, nachträglich einen Feststellungantrag einzubringen, biete jedoch nicht denselben Rechtschutz wie ein Nachprüfungsverfahren. Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung seien während eines anhängigen Nachprüfungsverfahrens zulässig, wenn diese nötig und geeignet erscheinen, um durch die behauptete Rechtswidrigkeit entstandene oder unmittelbar drohende Schäden von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern. Durch einen grob rechtswidrigen und gegen fundamentalte vergaberechtliche Grundsätze verstoßenden Widerruf der Ausschreibung würde dem Antragsteller ein schwerer, unwiederbringlicher wirtschaftlicher Schaden entstehen. Es bestehe auch offenkundig ein öffentliches Interesse an der Ausschreibung der gegenständlichen Dienstleistungskonzession. Ein Widerruf stünde in einem Widerspruch zum gesetzlich verankerten Interesse der Monopolverwaltung und der (Nah-)Versorgung der Bevölkerung mit Tabakwaren. Eine einstweilige Verfügung des Inhalts, wonach sie den Widerruf der Ausschreibung zu unterlassen habe, sei für die Auftraggeberin mit keinen schwerwiegenden Nachteilen verbunden. Im Gegenteil würde ein Widerruf die Vergabe der Dienstleistungskonzession am gegenständlichen Standort nur unnötig verzögern.

8. Mit Schriftsatz vom 21. Jänner 2022 nahm der Antragsteller Stellung.

9. Mit E-Mail vom 25. Jänner 2022 übermittelte die Auftraggeberin dem Bundesverwaltungsgericht Zugangsdaten zum elektronischen Vergabeakt.

10. Mit Schriftsatz vom 25. Jänner 2022 nahm die Auftraggeberin zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung vom 19. Jänner 2022 Stellung. Darin führt sie im Wesentlichen aus, dass die angefochtene Entscheidung die Ausschreibung selbst sei. Die anderen Anträge seien entweder auf Durchsetzung des Antrags gerichtet oder in eventu gestellt. Der Widerruf der Ausschreibung würde dem Begehren des Antragstellers entsprechen. Damit sei die Untersagung des Widerrufs als Sicherungsmaßnahme nicht nur völlig ungeeignet, sondern dem Zweck des Nachprüfungsverfahrens diametral entgegengesetzt, weil sie genau den Zustand verhindern solle, der mit dem Hauptantrag angestrebt werde. Des Weiteren erlange die Auftraggeberin durch einen Widerruf nicht die Möglichkeit den Konzessionsvertrag mit einem anderen Wirtschaftsteilnehmer abzuschließen. Daher würden durch den Widerruf alleine noch keine Tatsachen geschaffen, die den vom Antragsteller angestrebten Abschluss verhindern würden. Auch aus diesem Grund sei der gegenständliche Sicherungsantrag überschießend. Schützenswerte Interessen, die durch einen Widerruf bedroht würden, können denkmöglich nur dann vorliegen, wenn im Vergabeverfahren bereits Entscheidungen (rechtskräftig) getroffen worden wären oder Ereignisse stattgefunden hätten, die für den Bieter günstig sind und an deren Bewahrung er daher ein Interesse habe. Das sei in der Phase vor Ablauf der Angebotsfrist aber nicht der Fall – zumal der Antragsteller selbst ausführlich erkläre, dass die aktuelle Ausschreibung für ihn sehr nachteilig sei. Die Auftraggeberin stellt den Antrag auf Zurück- in eventu Abweisung des Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung.

11. Mit Schriftsatz vom 28. Jänner 2022 nahm die Auftraggeberin erneut zum Nachprüfungsantrag Stellung.

12. Am 28. Jänner 2022 legte der Antragsteller einen Beleg über die Einzahlung von € 810 an Pauschalgebühren vor.

13. Am 31. Jänner 2022 behauptete der Antragsteller eine der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichts widersprechende Zuweisung an die Gerichtsabteilung W187 und beantragte die Neuzuweisung der gegenständlichen Rechtssache an die zuständige Gerichtsabteilung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen

1. Feststellungen (Sachverhalt)

1.1 Am 7. Dezember 2021 wurde der Gerichtsabteilung W279 das Verfahren W279 2249028-2 zugewiesen und die Einleitung des Nachprüfungsverfahrens auf der Homepage des Bundesverwaltungsgerichts veröffentlicht. Am 7. Dezember 2021 wurde der Gerichtsabteilung W131 das Verfahren W131 2243474-3 zugewiesen, weil die ursprünglich zuständige Gerichtsabteilung W120 aufgelöst wurde. Am 27. Dezember 2021 wurde der Gerichtsabteilung W134 das Nachprüfungsverfahren W134 2249892-2 zugewiesen. Am 27. Dezember 2021 wurde der Gerichtsabteilung W139 das Verfahren W139 2249928-1 zugewiesen. Am 28. Dezember 2021 wurde der Gerichtsabteilung W134 das Nachprüfungsverfahren W134 2249972-2 als Annexverfahren zu dem am 27. Dezember 2021 zugewiesenen Verfahren zugewiesen. Weiter Verfahren der Zuweisungsgruppe VER langten bis 3. Jänner 2022 nicht ein. (Hompage des Bundesverwaltungsgerichts www.bvwg.gv.at , letzter Zugriff am 31. Jänner 2022; Einsicht in den Aktenbestand des Bundesverwaltungsgerichts)

1.2 Die Monopolverwaltung GmbH schreibt unter der Bezeichnung „Konzession Tabakfachgeschäft Trillergasse 4, 1210 Wien, Referenznummer 001.1210.0084.“ die Vergabe einer Dienstleistungskonzession mit dem CPV-Code 55900000-9 Einzelhandelsdienste in einem einstufigen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung ohne Verhandlungen gemäß BVergGKonz 2018 nach dem Bestangebotsprinzip aus. Der geschätzte Auftragswert beträgt € 83.492.281 ohne USt. Die Bekanntmachung der Ausschreibung erfolgte in Österreich per Kerndaten und war erstmals am 24. November 2021 verfügbar. Unionsweit wurde die Bekanntmachung der Ausschreibung am 22. November abgesandt und am 26. November 2021 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union zur Zahl 2021/S 230-607236 veröffentlicht (Angaben der Auftraggeberin; Unterlagen des Vergabeverfahrens).

1.3 Die Frist zur Abgabe von Angeboten endet am 15. Februar 2022, 12.00 Uhr. Die Angebotsöffnung fand noch nicht statt. Die Auftraggeberin hat weder das Vergabeverfahren widerrufen, noch den Zuschlag erteilt (Angaben der Auftraggeberin; Unterlagen des Vergabeverfahrens).

1.4 Die Antragstellerin bezahlte Pauschalgebühren in der Höhe von € 3.240,75 (Verfahrensakt).

2. Beweiswürdigung

2.1 Dieser Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den jeweils in Klammern genannten Quellen. Diese sind Veröffentlichungen und die Unterlagen des Vergabeverfahrens, sowie Auskünfte, die nur die Auftraggeberin erteilen kann. Auskünfte und Unterlagen der Antragstellerin betreffen ebenso ausschließlich mit der Auftraggeberin gemeinsame Dokumente. Die Echtheit und Richtigkeit von in den Schriftsätzen herangezogenen Unterlagen hat keine der Verfahrensparteien bestritten. Die herangezogenen Beweismittel sind daher echt. Ihre inhaltliche Richtigkeit steht außer Zweifel. Widersprüche traten nicht auf.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1 Anzuwendendes Recht

3.1.1 Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes – BVwGG, BGBl I 2013/10 idF BGBl I 2019/44 lauten:

„Einzelrichter

§ 6. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.“

3.1.2 Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG, BGBl I 2013/33 idF BGBl I 2021/119, lauten:

„Anwendungsbereich

§ 1. Dieses Bundesgesetz regelt das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes.

Erkenntnisse

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) …

Beschlüsse

§ 31. (1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.

(2) An seine Beschlüsse ist das Verwaltungsgericht insoweit gebunden, als sie nicht nur verfahrensleitend sind.

(3) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind § 29 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 4 und § 30 sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.

…“

3.1.3 Die einschlägigen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Vergabe von Konzessionsverträgen (Bundesvergabegesetz Konzessionen 2018 – BVergGKonz 2018), BGBl I 2018/65 idF BGBl I 2018/100, lauten:

„Regelungsgegenstand

§ 1. Dieses Bundesgesetz regelt insbesondere1. die Verfahren zur Vergabe von Konzessionsverträgen (Bau- oder Dienstleistungskonzessionen) durch Auftraggeber (Konzessionsvergabeverfahren),2. den Rechtsschutz im Zusammenhang mit Konzessionsvergabeverfahren im Sinne der Z 1, die in den Vollziehungsbereich des Bundes fallen (2. Teil), sowie3. …

Die zur Anwendung dieses Bundesgesetzes verpflichteten Auftraggeber

§ 4. (1) Dieses Bundesgesetz gilt für Konzessionsvergabeverfahren von öffentlichen Auftraggebern gemäß Abs. 2 und von Sektorenauftraggebern gemäß Abs. 3 (Auftraggeber).

(2) Öffentliche Auftraggeber sind1. der Bund, die Länder, die Gemeinden und Gemeindeverbände, oder2. Einrichtungen, diea) zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen,b) zumindest teilrechtsfähig sind undc) überwiegend von öffentlichen Auftraggebern gemäß Z 1 oder anderen Einrichtungen im Sinne der Z 2 finanziert werden oder die hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht durch diese unterliegen oder deren Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan mehrheitlich aus Mitgliedern besteht, die von öffentlichen Auftraggebern gemäß Z 1 oder anderen Einrichtungen im Sinne der Z 2 ernannt worden sind, oder3. Verbände, die aus einem oder mehreren öffentlichen Auftraggebern gemäß Z 1 oder 2 bestehen.

(3) …

Dienstleistungskonzessionen

§ 6. (1) Dienstleistungskonzessionen sind entgeltliche Verträge, mit denen ein oder mehrere Auftraggeber einen oder mehrere Unternehmer mit der Erbringung und der Durchführung von Dienstleistungen, die keine Bauleistungen gemäß § 5 sind, betrauen, wobei die Gegenleistung entweder allein in dem Recht zur Verwertung der vertragsgegenständlichen Dienstleistungen oder in diesem Recht zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht.

Schwellenwert

§ 11. (1) Konzessionsvergabeverfahren erfolgen im Oberschwellenbereich, wenn der geschätzte Wert der Konzession mindestens 5 548 000 Euro beträgt.

(2) Konzessionsvergabeverfahren erfolgen im Unterschwellenbereich, wenn der geschätzte Wert der Konzession den in Abs. 1 genannten Betrag nicht erreicht.

(3) …

Anwendbarkeit von Bestimmungen des BVergG 2018

§ 76. Das 1. Hauptstück des 4. Teiles des BVergG 2018 gilt auch für Rechtsschutzverfahren gemäß diesem Bundesgesetz.

Anzuwendendes Verfahrensrecht

§ 77. Soweit in diesem Bundesgesetz und im Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, nichts anderes bestimmt ist, sind die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles in den Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nach diesem Bundesgesetz sinngemäß anzuwenden.

Zuständigkeit

§ 78. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abschnittes über Anträge zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren (2. Abschnitt), zur Erlassung einstweiliger Verfügungen (3. Abschnitt) und zur Durchführung von Feststellungsverfahren (4. Abschnitt). Derartige Anträge sind unmittelbar beim Bundesverwaltungsgericht einzubringen.

(2) Bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zum Widerruf eines Konzessionsvergabeverfahrens ist das Bundesverwaltungsgericht zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen dieses Bundesgesetz und die hierzu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht zuständig1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen, sowie2. zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen des Auftraggebers im Rahmen der vom Antragsteller geltend gemachten Beschwerdepunkte.

(3) ….

Einleitung des Verfahrens

§ 86. (1) Ein Unternehmer kann bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zum Widerruf die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers im Konzessionsvergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern1. er ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages behauptet, und2. ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

(2) …

(3) Dem Antrag auf Nachprüfung kommt keine aufschiebende Wirkung für das betreffende Konzessionsvergabeverfahren zu.

(4) …

Bekanntmachung der Verfahrenseinleitung und einer Verhandlung

§ 89. (1) Der Eingang eines Nachprüfungsantrages ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich im Internet bekannt zu machen.

(2) …

Antragstellung

§ 94. (1) Das Bundesverwaltungsgericht hat auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 86 Abs. 1 nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.

(2) Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat zu enthalten:1. die genaue Bezeichnung des betreffenden Konzessionsvergabeverfahrens, der gesondert anfechtbaren Entscheidung sowie des Auftraggebers, des Antragstellers und gegebenenfalls der vergebenden Stelle einschließlich deren elektronischer Adresse,2. eine Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes sowie des Vorliegens der in § 86 Abs. 1 genannten Voraussetzungen,3. die genaue Bezeichnung der behaupteten Rechtswidrigkeit,4. die genaue Darlegung der unmittelbar drohenden Schädigung der Interessen des Antragstellers und eine Glaubhaftmachung der maßgeblichen Tatsachen,5. die genaue Bezeichnung der begehrten vorläufigen Maßnahme und6. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob der Antrag rechtzeitig eingebracht wurde.

(3) …

Erlassung der einstweiligen Verfügung

§ 95. (1) Vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat das Bundesverwaltungsgericht die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Konzessionsvergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.

(2) Ein entgegen einer Anordnung in einer einstweiligen Verfügung erteilter Zuschlag bzw. erfolgter Widerruf des Konzessionsvergabeverfahrens ist absolut nichtig bzw. unwirksam.

(3) Mit einer einstweiligen Verfügung können das gesamte Konzessionsvergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.

(4) In einer einstweiligen Verfügung ist die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, sobald die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, nach Ablauf der bestimmten Zeit fortbestehen.

(5) Einstweilige Verfügungen sind sofort vollstreckbar.

Verfahrensrechtliche Bestimmungen

§ 96. (1) Parteien des Verfahrens zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung sind der Antragsteller und der Auftraggeber.

(2) Über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist unverzüglich, längstens jedoch binnen 10 Tagen nach Einlangen des Antrages zu entscheiden. Musste der Antrag zur Verbesserung zurückgestellt werden, ist über ihn längstens binnen 15 Tagen zu entscheiden. Die Frist ist gewahrt, wenn die Erledigung an alle Parteien nachweislich vor ihrem Ablauf abgesendet wurde.

(3) …“

3.1.4 Die einschlägigen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 2018 – BVergG 2018), BGBl I 2018/65 idgF, lauten:

Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes

§ 327. Das Bundesverwaltungsgericht ist zuständig zur Entscheidung über Anträge wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens eines Auftraggebers in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens, soweit es sich um Auftraggeber handelt, die gemäß Art. 14b Abs. 2 Z 1 B-VG in den Vollziehungsbereich des Bundes fallen.

Senatszuständigkeit und -zusammensetzung

§ 328. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet in den Angelegenheiten des § 327, soweit es sich nicht um die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Feststellungsantrags, über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über eine Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages handelt, in Senaten.

(2) …

3.1.5 Die einschlägigen Bestimmungen der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichts, abrufbar unter file:///C:/Users/reisnerh/AppData/Local/Temp/MicrosoftEdgeDownloads/925f5231-3e04-437f-8b52-c625330e324c/Geschaeftsverteilung_2021_idF_des_Beschlusses_vom_12.1.2022.pdf, letzter Zugriff am 31. Jänner 2022, lauten:

„§ 6. Unzuständigkeit

(1) Eine Richterin oder ein Richter ist im Sinne dieser Geschäftsverteilung unzuständig, wenn

1. der zugehörigen Gerichtsabteilung die Rechtssache auf Grund gesetzlicher Bestimmungen nicht zugewiesen hätte werden dürfen;

2. sie oder er als Einzelrichter/-in oder als Vorsitzende/Vorsitzender in der betreffenden Rechtssache nach § 6 VwGVG iVm. § 7 AVG befangen ist; in diesem Fall hat sich die Richterin oder der Richter unter Anzeige an den Präsidenten und bei Richterinnen und Richtern einer Außenstelle (§§ 16 bis 18) bei gleichzeitiger Mitteilung an die Leiterin oder den Leiter der Außenstelle in der betreffenden Rechtssache der weiteren Ausübung des Amtes zu enthalten (§ 27);

3. …

(3) Die Wahrnehmung der Unzuständigkeit der Richterinnen und Richter und das weitere Verfahren richten sich nach den diesbezüglichen Bestimmungen der Geschäftsordnung des Bundesverwaltungsgerichtes.

§ 23. Durchführung und Priorisierung der allgemeinen Zuweisung

(1) Folgende Rechtssachen sind im Rahmen der allgemeinen Zuweisung prioritär vor allen anderen Rechtssachen den zuständigen Gerichtsabteilungen zuzuweisen:

1. …

2. Rechtssachen nach dem BVergG 2006, dem BVergG 2018 sowie dem BVergGKonz 2018 in der Zuweisungsgruppe VER und

3. Rechtssachen nach dem BVergGVS 2012 in der Zuweisungsgruppe AUH.

(2) Soweit in dieser Geschäftsverteilung nichts anderes bestimmt ist (z.B. gesonderte Zuweisung von Annexsachen oder Zuweisung wegen Befangenheit, Auslassungen bei der Zuweisung, Vorwegzuweisung oder Zuweisungssperre), werden Rechtssachen, die in die Zuständigkeit mehrerer Gerichtsabteilungen am Hauptsitz oder in den Außenstellen fallen, getrennt für jede Zuweisungsgruppe einzeln den dafür zuständigen Gerichtsabteilungen nacheinander zugewiesen, und zwar in aufsteigender Reihenfolge ihrer Gerichtsabteilungsnummern, beginnend bei der niedrigsten. Kommt so eine weitere Zuweisung in aufsteigender Reihenfolge der Gerichtsabteilungsnummern nicht mehr in Frage, dann ist die Zuweisung in der genannten Reihenfolge wieder von vorne zu beginnen (neue Zuweisungsrunde) und so lange auf diese Weise fortzusetzen, bis alle Rechtssachen den zuständigen Gerichtsabteilungen zugewiesen sind.

(3) …

ANLAGE 1

RECHTSBEREICHE UND ZUWEISUNGSGRUPPEN

WIRTSCHAFT

 

 

 

 

VER

Vergabe

• Bundesvergabegesetz 2006 (inkl. PauschalgebührenVO)

• Bundesvergabegesetz 2018 (inkl. PauschalgebührenVO)

• Bundesvergabegesetz Konzessionen 2018 (inkl. PauschalgebührenVO)

• Bundesvergabegesetz Verteidigung und Sicherheit 2012 (inkl. PauschalgebührenVO)

• Flughafen-Bodenabfertigungsgesetz

• Glücksspielgesetz

   

…“

3.1.6 Die einschlägigen Bestimmungen der Geschäftsordnung des Bundesverwaltungsgerichts, abrufbar unter file:///C:/Users/reisnerh/AppData/Local/Temp/MicrosoftEdgeDownloads/048bc0dc-592f-42d7-b4fa-f36a5e8f294e/Geschaeftsordnung_03.09.21.pdf, letzter Zugriff am 31. Jänner 2022, lauten:

„§ 17. Wahrnehmung der Unzuständigkeit

(1) Erachtet eine Richterin oder ein Richter, dass sie/er für die Erledigung einer zugewiesenen Rechtssache nach den Bestimmungen der Geschäftsverteilung nicht zuständig ist, so hat sie/er den betreffenden Verfahrensakt der Geschäftsstelle samt einem mit einer Begründung versehenen Aktenvermerk, warum eine Zuständigkeit nicht vorliegt, zuzuleiten, unbeachtlich dessen, ob es sich um die Zuständigkeit als Einzelrichter/-in oder als Vorsitzende/Vorsitzender eines Senates handelt (Unzuständigkeitsanzeige).

(2) Die Unzuständigkeitsanzeige hat bei Eilsachen im Sinne der Geschäftsverteilung innerhalb von zwei Arbeitstagen, andernfalls innerhalb von zwei Wochen nach erfolgter Zuweisung oder nach erlangter Kenntnis des nachträglichen Entstehens einer Unzuständigkeit zu erfolgen. Nach Ablauf dieser Frist hat eine neuerliche Zuweisung der Rechtssache wegen Unzuständigkeit nur dann zu erfolgen, wenn dies gesetzlich zwingend vorgesehen ist. Die Frist, binnen der eine Unzuständigkeit anzuzeigen ist, ruht während der gerechtfertigten Abwesenheit einer Richterin oder eines Richters.

(3) Die Geschäftsstelle hat die betreffende Rechtssache unter Bedachtnahme auf die Unzuständigkeitsanzeige nach der Geschäftsverteilung neu zuzuweisen; Fristen nach Abs. 2 beginnen nach einer neuerlichen Zuweisung erneut zu laufen.

(4) Erachtet sich die Richterin oder der Richter, der/dem eine Rechtssache auf Grund einer Unzuständigkeitsanzeige nach Abs. 3 zugewiesen wurde, ebenfalls als unzuständig, so hat diese Richterin oder dieser Richter dies ebenso nach Abs. 1 anzuzeigen. Der diese Rechtssache betreffende Verfahrensakt ist daraufhin von der Geschäftsstelle mit den beiden Unzuständigkeitsanzeigen der sich jeweils als unzuständig erachtenden Richterinnen oder Richter unverzüglich dem Präsidenten vorzulegen.

(5) Der Präsident entscheidet endgültig über die Zuständigkeit für die betreffende Rechtssache. Die Geschäftsstelle hat daraufhin in Entsprechung der Entscheidung des Präsidenten die Rechtssache endgültig zuzuweisen und die betroffenen Richterinnen und Richter darüber in Kenntnis zu setzen.“

3.2 Zu Spruchpunkt A) –Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung

3.2.1 Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts, der entscheidenden Gerichtsabteilung und Zulässigkeit des Antrages

3.2.1.1 Auftraggeberin im Sinne des § 2 Z 3 BVergGKonz 2018 ist die Monopolverwaltung GmbH. Es handelt sich um eine öffentliche Auftraggeberin gemäß § 4 Abs 2 Z 2 BVergGKonz 2018 (BVwG 10. 1. 2022, W187 2219311-1/62E). Bei der gegenständlichen Ausschreibung handelt es sich um eine Dienstleistungskonzession gemäß § 6 BVergGKonz 2018. Der geschätzte Auftragswert des Gesamtvorhabens liegt mit € 83.492.281 jedenfalls über dem relevanten Schwellenwert des § 11 Abs 1 BVergGKonz 2018, sodass gemäß § 11 Abs 1 BVergGKonz 2018 ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich vorliegt.

3.2.1.2 Das gegenständliche Verfahren zur Vergabe einer Dienstleistungskonzession liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich des BVergGKonz 2018. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren entsprechend § 78 BVergGKonz 2018 iVm Art 14b Abs 2 Z 1 lit c B-VG ist sohin gegeben.

3.2.1.3 Da darüber hinaus laut Stellungnahme der Auftraggeberin das Vergabeverfahren nicht widerrufen und der Zuschlag noch nicht erteilt wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht damit gemäß § 78 Abs 2 BVergGKonz 2018 zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen der Auftraggeberin und zur Erlassung einstweiliger Verfügungen zuständig.

3.2.1.4 Der Antragsteller behauptet eine Zuweisung des Aktes 2250142 entgegen § 6 Abs 1 der Geschäftsordnung des Bundesverwaltungsgerichts. Ein Nachprüfungsverfahren und damit als annexes Verfahren ein Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist entsprechend § 23 Abs 1 und 2 der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichts zuzuweisen. Wie im Sachverhalt unter Punkt 1.1 festgehalten, war zum Zeitpunkt des verfahrenseinleitenden Nachprüfungsantrags die Gerichtsabteilung W187 die nächste Gerichtsabteilung, der ein neu einlangendes Verfahren der Zuweisungsgruppe VER zuzuweisen war. Entgegen der Meinung des Antragstellers ist jedoch nur die Einleitung von Nachprüfungsverfahren nach § 323 Abs 1 BVergG 2006, § 345 Abs 1 BVergG 2018, § 89 Abs 1 BVergGKonz 2018 und § 135 BVergGVS 2012 iVm § 345 Abs 1 BVergG 2018 auf der Homepage bekanntzumachen. Alle anderen Verfahren der Zuweisungsgruppe VER wie Feststellungsverfahren nach dem BVergG 2006, dem BVergG 2018, dem BVergGKonz 2018 und dem BVergGVS 2012, bloße Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, fortzuführende oder zu beendende Verfahren nach einer Entscheidung des VfGH oder des VwGH nach Auflösung einer Gerichtsabteilung, Beschwerden nach dem GSpG oder dem Flughafenbodenabfertigungsgesetz sind auf der Hompage des Bundesverwaltungsgerichts nicht zu veröffentlichen. Gleiches gilt für Verfahren, die nach näherer Prüfung keine entsprechenden Anträge beinhalten. Der Antragsteller kann daher auf Grundlage der Veröffentlichungen von eingeleiteten Nachprüfungsverfahren auf der Hompage des Bundesverwaltungsgerichts nicht nachvollziehen, ob Verfahren der Zuweisungsgruppe VER korrekt zugewiesen werden. Wie im Sachverhalt festgehalten wurden die einlangenden Verfahren mit Ausnahme eines Annexverfahrens zu einem bereits anhängigen Nachprüfungsverfahren der Reihe nach entsprechend § 23 Abs 2 der Geschäftsverteilung zugewiesen, sodass der Leiter der Gerichtsabteilung W187 keinen Grund sieht, sich gemäß § 6 Abs 1 Z 1 der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichts als unzuständig oder gemäß § 6 Abs 1 Z 2 der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichts als befangen zu erachten, und gemäß § 6 Abs 3 der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichts die Vorgangsweise nach § 17 der Geschäftsordnung des Bundesverwaltungsgerichts zu wählen und eine Unzuständigkeitsanzeige zu erstatten.

3.2.1.5 Schließlich geht das Bundesverwaltungsgericht vorläufig davon aus, dass dem Antragsteller die Antragsvoraussetzungen nach § 86 Abs 1 BVergGKonz 2018 nicht offensichtlich fehlen. Der Nachprüfungsantrag wurde rechtzeitig eingebracht. Er enthält alle in § 88 Abs 1 BVergGKonz 2018 geforderten Inhalte.

3.2.1.6 Im Ergebnis ist daher vorläufig davon auszugehen, dass der Antrag auf Erlassung der begehrten einstweiligen Verfügung gemäß § 94 Abs 1 BVergGKonz 2018 zulässig ist, wobei auch die Voraussetzungen des § 94 Abs 2 BVergGKonz 2018 vorliegen.

3.2.2 Inhaltliche Beurteilung des Antrages

3.2.2.1 Im Rahmen der Interessenabwägung nach § 95 Abs 1 BVergGKonz 2018 sowie auch im Hinblick auf die zu verfügende einstweilige Maßnahme ist zunächst darauf Bedacht zu nehmen, dass von Seiten der Auftraggeberin der Widerruf des Vergabeverfahrens ohne Bekanntgabe oder Veröffentlichung einer Widerrufsentscheidung möglich ist. Da nur die Ausschreibung eine gesondert anfechtbare Entscheidung ist, dann der Antragsteller nur deren Nichtigerklärung beantragen, da es keine Möglichkeit gibt, einen zulässigen Nachprüfungsantrag ausschließlich gegen einzelne Festlegungen der Ausschreibung zu richten, obwohl § 91 Abs 2 BVergGKonz 2018 das Streichen diskriminierender Anforderungen ermöglicht. Daher lässt sich eine Vorgangsweise nach § 91 Abs 2 BVergGKonz 2018 nur im Wege eines Antrags auf Nichtigerklärung der Ausschreibung mit Eventualanträgen auf Streichen einzelner Festlegungen der Ausschreibung erreichen (Reisner in Heid/Reisner/Deutschmann/Hofbauer [Hrsg], BVergG 2018 [2019] § 347 Rz 18; Reisner in Gölles [Hrsg], BVergG 2018 [2020] § 347 Rz 20). Damit liegt das Interesse des Antragstellers insbesondere in der Fortführung des Vergabeverfahrens auf Grundlage einer Ausschreibung, die um jene Festlegungen „bereinigt“ ist, deren Nichtigerklärung er in eventu beantragt hat. Daher hat es die Auftraggeberin in der Hand, dieses Interesse durch einen Widerruf des Vergabeverfahrens zu konterkarieren. Es kann aus der Sicht des Provisorialverfahrens nicht ausgeschlossen werden, dass die vom Antragsteller relevierten Rechtswidrigkeiten zumindest teilweise zutreffen und er daher an einem sodann rechtmäßigen Verfahren erfolgreich teilnehmen wird können, wodurch ihm aufgrund der behaupteten Rechtswidrigkeiten der Entgang des Zuschlags mit allen daraus erwachsenden Nachteilen droht. Mit der vorliegenden einstweiligen Verfügung müssen daher – bei Nichtüberwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung gemäß § 95 Abs 1 BVergGKonz 2018 – Maßnahmen getroffen werden, die eine spätere den Grundprinzipien des Vergaberechts entsprechende Teilnahme am Vergabeverfahren über die ausgeschriebene Dienstleistungskonzession und eine Zuschlagserteilung ermöglicht. Zur wirksamen Sicherung dieser möglicherweise bestehenden Ansprüche muss daher das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache durch das Bundesvergabeamt in einem Stand gehalten werden, der eine allfällige spätere Zuschlagserteilung an den Antragsteller ermöglicht (BVwG 29. 1. 2015, W187 2017416-1/3E).

3.2.2.2 Die Interessen des Antragstellers bestehen im Wesentlichen in der Abwendung des drohenden Schadens und dem Erhalt der Dienstleistungskonzession.

3.3.2.3 Die Auftraggeberin macht einen dringlichen Beschaffungsbedarf geltend und beantragt die Begrenzung der Dauer der einstweiligen Verfügung mit sechs Wochen.

3.2.2.4 Bei der Interessenabwägung ist schließlich auf die allgemeinen Interessen und Grundsätze Rücksicht zu nehmen, dass der Auftraggeber bei seiner zeitlichen Planung des Beschaffungsvorganges die Dauer eines allfälligen Rechtschutzverfahrens mit einzukalkulieren hat (siehe zB BVwG 22. 8. 2014, W187 2010665-1/11E; 11. 7. 2017, W187 2163208-1/3E), dass das öffentliche Interesse an der Sicherstellung der Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter zu berücksichtigen ist (grundlegend VfGH 1. 8. 2002, B 1194/02) und schließlich dass gemäß § 95 Abs 1 BVergGKonz 2018 von der Erlassung einer einstweiligen Verfügung nur dann abzusehen ist, wenn die Interessenabwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen ergibt (zB BVwG 2. 3. 2015, W187 2101270-1/6E; 19. 1. 2017, W187 2144680-1/2E). Es besteht ein Primat des vergaberechtlichen Primärrechtsschutzes (EuGH 9. 4. 2003, C-424/01, CS Austria, Rn 30, Slg 2003, I-3249).

3.2.2.5 Öffentliche Interessen, die eine sofortige Fortsetzung des Vergabeverfahrens erforderlich machen würden, machte keine Verfahrenspartei geltend.

3.2.2.6 Stellt man daher im vorliegenden Fall die Interessen des Antragstellers den öffentlichen Interessen sowie den Interessen der Auftraggeberin gegenüber, ergibt sich, dass im gegenständlichen Fall vom grundsätzlichen Überwiegen der für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen auszugehen ist. Dem Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes, nämlich der Ermöglichung der Teilnahme an einem rechtskonformen Vergabeverfahren und der Erteilung des Zuschlags an den allenfalls obsiegenden Antragsteller, ist durch eine entsprechende Maßnahme Genüge zu leisten. Ungeachtet eines gesetzlichen Auftrags ist die Auftraggeberin verpflichtet, die Dauer eines Nachprüfungsverfahrens bei ihrer Zeitplanung zu berücksichtigen. Die besondere Dringlichkeit hat die Auftraggeberin auch nicht belegt. Die Erfolgsaussichten des Hauptantrags sind im Provisorialverfahren nicht zu prüfen (zB VwGH 4. 11. 2013, AW 2013/04/0045). Sie gehören nicht zu den Kriterien, die die für Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Aufträge zuständige Instanz berücksichtigen muss oder kann, wenn sie über einen Antrag auf vorläufige Maßnahmen gemäß Art 2 Abs 1 lit a RL 89/665/EWG entscheidet; die Rechtsmittelrichtlinie untersagt eine solche Berücksichtigung jedoch auch nicht (EuGH 9. 4. 2003, C-424/01, CS Austria, Rn 29). Sie sind nach dem zitierten Urteil des Europäischen Gerichtshofs nach Maßgabe der innerstaatlichen Vorschriften unter Beachtung des Äquivalenzgrundsatzes und des Effektivitätsgrundsatzes zu berücksichtigen. Erfasst sind jedenfalls Fälle, in denen der Nachprüfungsantrag formal unzulässig ist. Dieser Umstand liegt gegenständlich nicht vor. Die Rechtmäßigkeit der Ausschreibung kann angesichts der kurzen Entscheidungsfrist im Provisorialverfahren nicht abschließen geklärt werden, vielmehr ist sie Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens.

3.2.2.7 Zweck einer einstweiligen Verfügung ist es demnach, die dem Antragsteller bei Zutreffen seines Vorbringens drohenden Schäden und Nachteile abzuwenden, indem der denkmögliche Anspruch auf Zuschlagserteilung dadurch wirksam gesichert wird, dass das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache in einem Stand gehalten wird, der eine allfällige Teilnahme der Antragstellerin am Vergabeverfahren ermöglicht. Dabei ist gemäß § 95 Abs 3 BVergGKonz 2018 die jeweils gelindeste zum Ziel führende Maßnahme anzuordnen.

3.2.2.8 Bei möglichen Widerruf des Vergabeverfahrens ist das nötige und gelindeste Mittel gemäß § 95 Abs 3 BVergGKonz 2018 die vorläufige Untersagung der Erklärung des Widerrufs. Es soll somit (lediglich) der Rechtsgestaltungsanspruch dahingehend gesichert werden, dass durch die einstweilige Verfügung verhindert wird, dass eine nachfolgende im Hauptverfahren erfolgte Nichtigerklärung unmöglich oder sonst absolut sinnlos wird (zB BVwG 10. 1. 2014, W187 2000170-1/11; 7. 8. 2017, W187 2165912-1/2E; 27. 2. 2018, W187 2186439-1/2E).

3.2.2.9 Durch die Begrenzung der einstweiligen Verfügung mit der Dauer des abzusichernden Nachprüfungsverfahrens wird die Dauer der einstweiligen Verfügung bestimmbar gemacht (Kodek in Angst/Oberhammer, Kommentar zur Exekutionsordnung³ [2015], § 391 Rz 2). Die Zeit bemisst sich nach der Dauer des Nachprüfungsverfahrens. § 95 Abs 4 BVergGKonz 2018 verlangt lediglich die Festsetzung einer Zeit, legt jedoch keine Höchstfrist fest. Aus dem Zweck der einstweiligen Verfügung, der Absicherung eines effektiven Nachprüfungsverfahrens, ergibt sich, dass die einstweilige Verfügung für die gesamte Dauer des Nachprüfungsverfahrens erlassen werden soll und mit dieser Dauer durch das Gesetz überdies begrenzt ist. Die Auftraggeberin ist durch eine derartige Bestimmung derzeit nicht belastet, da die Entscheidungsfrist des Bundesverwaltungsgerichts davon nicht verlängert wird, sie jederzeit bei Wegfall der Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Verfügung deren Aufhebung beantragen kann und die einstweilige Verfügung mit der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag außer Kraft tritt. Wenn die Auftraggeberin nun eine Befristung von sechs Wochen ab der Erlassung der einstweiligen Verfügung begehrt, ist dem zu entgegnen, dass zu erwarten ist, dass das Bundesverwaltungsgericht innerhalb dieser Frist entscheiden wird, und das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 95 Abs 4 BVergGKonz 2018 jederzeit über Antrag oder von Amts wegen über die Dauer der einstweiligen Verfügung neu entscheiden kann. Von der Bestimmung einer nach einem bestimmten Datum festgesetzten Frist konnte daher abgesehen werden (zB BVwG 10. 1. 2014, W187 2000170-1/11; 4. 5. 2015, W187 2106525-1/2E; siehe auch VwGH 10. 12. 2007, AW 2007/04/0054).

3.2.2.10 Über den Antrag auf Ersatz der Pauschalgebühr wird gesondert entschieden werden.

3.3 Zu Spruchpunkt B) – Nichtzulassung der Revision

3.3.1 Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.3.2 Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl dazu VwGH 6. 11. 2002, 2002/04/0138; 30. 6. 2004, 2004/04/0028; 1. 2. 2005, 2005/04/0004; 29. 6. 2005, 2005/04/0024; 1. 3. 2007, 2005/04/0239; 27. 6. 2007, 2005/04/0254; 29. 2. 2008, 2008/04/0019; 14. 1. 2009, 2008/04/0143; 14. 4. 2011, 2008/04/0065; 29. 9. 2011, 2011/04/0153) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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