BVwG W134 2249972-2

BVwGW134 2249972-21.2.2022

AVG §13 Abs7
BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §328 Abs1
BVergG 2018 §333
BVergG 2018 §342
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §17
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §7 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:W134.2249972.2.00

 

Spruch:

 

W134 2249972-1/2E

W134 2249972-2/13E

W134 2249972-3/2E

 

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Mag. Thomas GRUBER im Vergabeverfahren „Wartung von Liftanlagen, (BBG-GZ: 2706.03655)“ zu Los 5 der Auftraggeberinnen Republik Österreich (Bund), Bundesbeschaffung GmbH und weiterer Auftraggeber gemäß der den Ausschreibungsunterlagen beiliegenden Kundenliste, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1010 Wien, aufgrund der Anträge der XXXX , vertreten durch WOLF THEISS Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Schubertring 6, 1010 Wien, vom 27.12.2021, folgenden Beschluss:

A)

I. Aufgrund der Zurückziehung des Antrags „das Gericht möge eine einstweilige Verfügung erlassen, mit welcher der Auftraggeberin für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens der Abschluss der Rahmenvereinbarung im Los 5 untersagt wird“ wird das Verfahren zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 13 Abs. 7 AVG iVm § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.

II. Aufgrund der Zurückziehung des Antrags „die Entscheidung, mit welchem Unternehmer die Rahmenvereinbarung im Los 5 abgeschlossen werden soll (Auswahlentscheidung zum Abschluss der Rahmenvereinbarung) vom 17.12.2021 für nichtig zu erklären“ wird das Nachprüfungsverfahren gemäß § 13 Abs. 7 AVG iVm § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.

III. Dem Antrag auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren wird gemäß § 341 BVergG 2018 stattgegeben. Die Auftraggeberinnen sind verpflichtet, der Antragstellerin EUR 14.580, --, binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Beschlusses zu Handen ihres Rechtsvertreters zu bezahlen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

Begründung:

I. Verfahrensgang:

Mit Schreiben vom 27.12.2021, beim BVwG eingebracht am gleichen Tag, begehrte die Antragstellerin die Entscheidung, mit welchem Unternehmer die Rahmenvereinbarung im Los 5 abgeschlossen werden soll (Auswahlentscheidung zum Abschluss der Rahmenvereinbarung) vom 17.12.2021 für nichtig zu erklären, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, Akteneinsicht, die Erlassung der im Spruch genannten einstweiligen Verfügung und den Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren durch die Auftraggeberinnen.

Mit Schriftsatz vom 03.01.2022 teilten die Auftraggeberinnen den Bietern mit, dass sie die Entscheidung, mit welchem Unternehmer die Rahmenvereinbarung im Los 5 abgeschlossen werden soll, zurücknehmen.

Mit Schriftsatz vom 07.01.2022 gab die Antragstellerin bekannt, dass sie im gegenständlichen Vergabeverfahren den Nachprüfungsantrag und den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zurückziehe. Das Kostenersatzbegehren blieb ausdrücklich aufrecht.

Mit Schreiben der Auftraggeberinnen vom 24.01.2022 gaben diese Daten zum Vergabeverfahren bekannt.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Republik Österreich (Bund), Bundesbeschaffung GmbH und weitere Auftraggeber gemäß der den Ausschreibungsunterlagen beiliegenden Kundenliste haben eine Rahmenvereinbarung, Dienstleistungsauftrag im Oberschwellenbereich, im Wege eines offenen Verfahrens nach dem Bestangebotsprinzip ausgeschrieben. Die Bekanntmachung in Österreich ist am 01.10.2021, in der EU am 04.10.2021 erfolgt. Der geschätzte Auftragswert beträgt im Los 5 € 7.767.300,--. Die Auswahlentscheidung, mit welchem Unternehmer die Rahmenvereinbarung im Los 5 abgeschlossen werden soll, ist am 17.12.2021 zugunsten der XXXX erfolgt. (Schreiben der Auftraggeberinnen vom 24.01.2022)

Die Antragstellerin entrichtete an Pauschalgebühren insgesamt EUR 19.440,--. (Akt des BVwG)

Diese Auswahlentscheidung vom 17.12.2021 wurde am 03.01.2022 gleichzeitig mit einer neuerlichen Auswahlentscheidung zurückgenommen. (Schreiben der Auftraggeberinnen vom 24.01.2022)

Mit Schriftsatz vom 07.01.2022 zog die Antragstellerin den Nachprüfungsantrag sowie den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zurück. (Akt des BVwG)

Es fand vor Antragsrückziehung keine mündliche Verhandlung statt. Über die Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und über den Nachprüfungsantrag wurde noch nicht entschieden. (Akt des BVwG)

2. Beweiswürdigung:

Dieser Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den in Klammer genannten Quellen, deren Echtheit und Richtigkeit außer Zweifel steht.

3. Rechtliche Beurteilung:

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 29.04.2015 (Fr 2014/20/0047-11) die §§ 28 Abs. 1 und 31 Abs. 1 VwGVG dahingehend ausgelegt, dass eine Einstellung von Verfahren nach Rückziehung einer Beschwerde (hier: Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und Nachprüfungsantrag) nicht formlos durch Aktenvermerk erfolgen kann, sondern durch gesonderten, verfahrensbeendenden Beschluss zu erledigen ist.

Zu Spruchpunkt A I.) Erlassung einer einstweiligen Verfügung:

Die Antragstellerin hat den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zurückgezogen. Das Verfahren ist somit beendet.

Zu A II.) Antrag auf Nichtigerklärung der gesondert anfechtbaren Entscheidung vom 17.12.2021:

Die Antragstellerin hat den Nachprüfungsantrag zurückgezogen. Das Verfahren ist somit beendet.

Zu Spruchpunkt A III.) - Gebührenersatz:

Gemäß § 340 Abs. 1 Z 1 BVergG 2018 hat der Antragsteller für Anträge gemäß den §§ 342 Abs. 1, 350 Abs. 1 und 353 Abs. 1 und 2 BVergG 2018 jeweils eine Pauschalgebühr zu entrichten, welche gemäß den von der Bundesregierung durch Verordnung festzusetzenden Gebührensätzen bei Antragstellung zu entrichten ist (siehe BVwG-PauschGebV Vergabe).

Gemäß § 341 Abs. 1 BVergG 2018 hat der vor dem Bundesverwaltungsgericht wenn auch nur teilweise obsiegende Antragsteller Anspruch auf Ersatz seiner gemäß § 340 BVergG 2018 entrichteten Gebühren durch den Antragsgegner. Der Antragsteller hat ferner Anspruch auf Gebührenersatz, wenn er während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird. Ein Anspruch auf Ersatz der Gebühren für einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung besteht nur dann, wenn (1) dem Nachprüfungsantrag (Hauptantrag) stattgegeben wird oder wenn der Antragsteller während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird und (2) dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung stattgegeben wurde bzw. im Falle der Klaglosstellung stattzugeben gewesen wäre oder der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nur wegen einer Interessenabwägung abgewiesen wurde oder im Falle der Klaglosstellung abzuweisen gewesen wäre. Über den Gebührenersatz hat gemäß § 341 Abs. 3 BVergG 2018 das Bundesverwaltungsgericht spätestens drei Wochen ab jenem Zeitpunkt zu entscheiden, ab dem feststeht, dass ein Anspruch auf Gebührenersatz besteht.

Die Antragstellerin hat die Pauschalgebühren für den gegenständlichen Nachprüfungsantrag sowie den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 340 Abs. 1 BVergG 2018 iVm § 1 BVwG-PauschGebV Vergabe 2018 in der Gesamthöhe von € 19.440,-- (€ 12.960,- für einen Dienstleistungsauftrag im Oberschwellenbereich bei zentralen öffentlichen Auftraggebern gem. Anhang III. BVergG mit einem geschätzten Auftragswert von über 2.880.000,--zuzüglich der Hälfte davon für den Antrag auf Erlassung der eV) entrichtet.

Die Materialien zum neuen § 341 BVergG (siehe EBRV 69 XXVI. GP 195 f) lauten auszugsweise:

„Die Regelung über den Gebührenersatz übernimmt grundsätzlich die Inhalte des § 319 BVergG 2006 und wird um eine Klarstellung ergänzt. § 341 überträgt wie bisher dem BVwG die Kompetenz, über den Ersatz der Gebühren zu entscheiden. Es wird ausdrücklich geregelt, dass ein Gebührenersatz auch dann zu erfolgen hat, wenn der Antragsteller während eines anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Auftraggeber die bekämpfte Entscheidung beseitigt.“

Die Auftraggeberinnen haben die bekämpfte gesondert anfechtbare Entscheidung (in concreto: Entscheidung, mit welchem Unternehmer die Rahmenvereinbarung im Los 5 abgeschlossen werden soll) zurückgenommen und somit die Antragstellerin klaglos gestellt, weshalb der Antragstellerin der Ersatz der Pauschalgebühren zusteht.

Wird ein Antrag vor Durchführung der mündlichen Verhandlung oder, wenn keine mündliche Verhandlung durchgeführt wird, vor Erlassung des Erkenntnisses oder Beschlusses zurückgezogen, so ist lediglich eine Gebühr in der Höhe von 75 % der für den jeweiligen Antrag festgesetzten oder gemäß § 340 Abs 1 Z 5 BVergG 2018 reduzierten Gebühr zu entrichten. Bereits entrichtete Mehrbeträge sind zurückzuerstatten.

Es fand vor Antragsrückziehung keine mündliche Verhandlung statt. Über die Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und über den Nachprüfungsantrag wurde noch nicht entschieden. Gemäß § 340 Abs 1 Z 1, 7 und 8 BVergG 2018 iVm § 1 BVwG-PauschGebV Vergabe 2018 war demnach für den Nachprüfungsantrag und den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Pauschalgebühr in der Höhe von EUR 14.580,-- (= 75 % von 19.440,--) zu entrichten.

Die Auftraggeberin hat der Antragstellerin somit für den Nachprüfungsantrag € 9.720, - und für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung € 4.860,--, insgesamt somit Pauschalgebühren in Höhe von € 14.580,-- zu ersetzen.

Die Zurückerstattung bereits entrichteter Mehrbeträge erfolgt von Amts wegen.

Zu Spruchpunkt B) - Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn dieser von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Ist die Rechtslage eindeutig, liegt keine die Zulässigkeit einer Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (vgl. VwGH 28.02.2018, Ro 2017/04/0120).

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, da keiner der vorgenannten Fälle vorliegt. Auch ist die Rechtslage eindeutig und es sind keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage ersichtlich.

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