BVwG W187 2106525-1

BVwGW187 2106525-14.5.2015

BVergG §12 Abs1
BVergG §129 Abs1 Z3
BVergG §2 Z8
BVergG §292 Abs1
BVergG §3 Abs1 Z2
BVergG §312 Abs2
BVergG §320
BVergG §328 Abs1
BVergG §328 Abs2
BVergG §329 Abs1
BVergG §329 Abs3
BVergG §329 Abs4
BVergG §6
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
BVergG §12 Abs1
BVergG §129 Abs1 Z3
BVergG §2 Z8
BVergG §292 Abs1
BVergG §3 Abs1 Z2
BVergG §312 Abs2
BVergG §320
BVergG §328 Abs1
BVergG §328 Abs2
BVergG §329 Abs1
BVergG §329 Abs3
BVergG §329 Abs4
BVergG §6
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W187.2106525.1.00

 

Spruch:

W187 2106525-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hubert REISNER über den Antrag der XXXX, XXXX, vertreten durch die Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte GmbH, Universitätsring 10, 1010 Wien, betreffend das Vergabeverfahren "Bereitstellung von Daten zur Berechnung der Häuser-, Wohnungs- und Grundstückspreisindizes" der Bundesanstalt Statistik Österreich, Guglgasse 13, 1110 Wien, vertreten durch die Gabler Gibel & Ortner Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Dr. Karl Lueger-Platz 5, 1010 Wien, vom 24. April 2015, beschlossen:

I.

Das Bundesverwaltungsgericht gibt dem Antrag, "Der Auftraggeberin wird bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgericht über den Antrag auf Nichtigerklärung im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren bei sonstiger Nichtigkeit untersagt, den Zuschlag zu erteilen." statt. Das Bundesverwaltungsgericht untersagt der Bundesanstalt Statistik Österreich für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens in dem Vergabeverfahren "Bereitstellung von Daten zur Berechnung der Häuser-, Wohnungs- und Grundstückspreisindizes", den Zuschlag zu erteilen.

II.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

BEGRÜNDUNG

I. Verfahrensgang

1. Am 24. April 2015 beantragte die XXXX, XXXX, vertreten durch die Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte GmbH, Universitätsring 10, 1010 Wien, die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung in dem Vergabeverfahren "Bereitstellung von Daten zur Berechnung der Häuser-, Wohnungs- und Grundstückspreisindizes" der Auftraggeberin Bundesanstalt Statistik Österreich, Guglgasse 13, 1110 Wien, vertreten durch die Gabler Gibel & Ortner Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Dr. Karl Lueger-Platz 5, 1010 Wien. Darüber hinaus beantragte die Antragstellerin die Gewährung von Akteneinsicht, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und den Ersatz der Pauschalgebühr und erstattete Vorbringen zum Umfang der Akteneinsicht.

1.1. Nach Darstellung des Sachverhalts und Ausführungen zur Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags brachte sie im Wesentlichen vor, dass sie ihr Interesse am Vertragsabschluss durch die Legung eines rechtsverbindlichen Angebots dokumentiert habe. Den drohenden Schaden gab sie mit dem Entgang des unternehmerischen Gewinns zuzüglich der Kosten der Beteiligung am Vergabeverfahren und den Kosten der Vertretung im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht an. Weiters drohe der Verlust einer Referenz. Sie habe ein berechtigtes Interesse am Ausschluss des Angebots der jeweils anderen Beteiligten. Sie erachtet sich in ihrem subjektiven Recht auf Durchführung einer BVergG-konformen, transparenten und objektiv nachvollziehbaren Prüfung und Bewertung der Angebote, in ihrem Recht auf Ausscheiden des Angebots der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin, weil bei dieser Ausscheidensgründe verwirklicht seien, und in ihrem Recht auf Zuschlagserteilung als eigentliche Bestbieterin verletzt. Die Antragstellerin fechte daher die Entscheidung der Auftraggeberin vom 15. April 2015, den Zuschlag an die XXXX, XXXX, XXXX, erteilen zu wollen (Zuschlagsentscheidung) an.

1.2 Als Gründe für die Rechtswidrigkeit brachte sie im Wesentlichen vor, dass in Punkt 2.10 der Ausschreibungsunterlagen ein pauschal geschätzter Auftragswert von € 360.000 angegeben sei. Dadurch werde der freie und lautere (Preis)Wettbewerb zumindest gestört. die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin habe ihrem Angebot offensichtlich einen spekulativen Preis zugrunde gelegt. Die Auftraggeberin habe das unterpreisige Angebot selbst "verschuldet". Diese vergaberechtswidrige Vorgangsweise verpflichte die Auftraggeberin zum Widerruf. Die Auftraggeberin könne die gebotene vertiefte Angebots-/Preisprüfung nicht durchgeführt haben oder habe zumindest das gebotene Ausscheiden des spekulativen Angebots der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin unterlassen. Die Angebote der Antragstellerin und der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin wichen um 33 % voneinander ab, weshalb zwingend eine vertiefte Angebotsprüfung durchzuführen gewesen wäre. Es sei auffallend, dass der Preis der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin um € 71.341,00 niedriger als der in der Ausschreibungsunterlage geschätzte Auftragswert angesetzt sei. Die etablierte und effiziente Antragstellerin um 33 % zu unterbieten sei betriebswirtschaftlich nicht zu erklären. Die Kalkulation der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin sei auf den geschätzten Auftragswert zugeschnitten. Zu diesem Preis sei es unmöglich, die Leistung zu erbringen. Es fielen Kosten für die Grundbuchsabfrage und/oder die Einsichtnahme in den Flächenwidmungsplan an. Hochgerechnet über die Vertragslaufzeit fielen ca € 376.250 an Gerichtsgebühren an. Das Angebot der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin liege bei € 288.659. In diesen Kosten seien die Gerichtsgebühren, die Kosten für die Abfrage des Flächenwidmungsplanes und die Kosten der Datenbearbeitung enthalten. Das Angebot der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin sei daher gemäß § 129 Abs 1 Z 3 BVergG auszuscheiden.

1.3 Ein Bieter sei nach Punkt 5.2.3 der Ausschreibungsunterlage vom weiteren Vergabeverfahren ausgeschlossen, wenn er Daten nicht für das gesamte Bundesgebiet zur Verfügung stellen könne. In Ihrem Newsletter vom 8. Juli 2014 habe die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin ihren Kunden mitgeteilt, dass ab diesem Zeitpunkt Daten für Immobilientransaktionen für die Bundesländer Wien, Niederösterreich, Burgenland und Tirol zur Verfügung stehen würden. Daher könne die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin auch nicht über die in Punkt 4.6.2 der Ausschreibungsunterlage geforderten Referenzen verfügen. Daher sei das Angebot der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin wegen fehlender technischer Leistungsfähigkeit auszuscheiden.

1.4 Die Antragstellerin sei nicht zu einer mündlichen oder schriftlichen Aufklärung des übermittelten Musterdatensatzes aufgefordert worden. Wäre dies geschehen, hätte sie "Flüchtigkeitsfehler" aufklären können und sie hätte die Höchstpunkteanzahl bekommen. Einzelne "Flüchtigkeitsfehler" in einem übermittelten Musterdatensatz könnten die Funktionalität des im "Echtbetrieb" befindlichen Systems der Antragstellerin nicht in Frage stellen. Auf diese Weise wäre die Antragstellerin als Bestbieterin aus dem Vergabeverfahren hervorgegangen. Der Auftraggeberin hätte aufgrund der Zusammenarbeit mit der Antragstellerin klar sein müssen, was diese tatsächlich meine. Zivilrechtlich werde dies als "durchschauter Irrtum" bezeichnet: Der Vertragspartner erkenne den Erklärungsirrtum des Anderen und lasse ihn - bewusst - "im Dunkeln". Freilich sei eine solche Vorgangsweise von der Auftraggeberin und nicht der Antragstellerin zu vertreten. Auch aus diesem Grund sei die Zuschlagsentscheidung für nichtig zu erklären. Die "Flüchtigkeitsfehler" beträfen die Übertragung vorgegebener Daten in den Musterdatensatz. Entweder sei der Auftraggeberin klar gewesen, was die Antragstellerin gemeint habe, dann habe sie - bewusst - vergaberechtswidrig gehandelt, indem sie die Antragstellerin schlecht bewertet habe, oder es sei ihr unklar gewesen, was die Antragstellerin gewollt habe, dann hätte sie zur Aufklärung auffordern müssen. Im Weiteren führte die Antragstellerin aus, worin die Unklarheit des Angebots gelegen sei. Daher hätte der Antragstellerin für das Erhebungsmerkmal "Nutzungsart" die volle Punkteanzahl zugesprochen werden müssen. Dasselbe gelte für das Erhebungsmerkmal "Widmung". In der Spalte "Kärnten" lägen entgegen der Bewertung durch die Auftraggeberin alle geforderten Angaben vor. Bei Prüfung der zugrunde liegenden Kaufverträge hätte dies auffallen müssen. In den Spalten Salzburg und Vorarlberg sei es zur Vertauschung der Geburtsdaten gekommen. Bei den Geburtsdaten handle es sich um bloße Übertragungsfehler. Es handle sich nicht um einen gravierenden Fehler.

1.5 Die Antragstellerin erhob das Vorbringen zum Nachprüfungsantrag zum Vorbringen zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Darüber hinaus brachte sie im Wesentlichen vor, dass, wenn die Auftraggeberin die Entscheidung aufrecht erhalte, die Antragstellerin die Chance auf Auftragserteilung zur Durchführung der ausgeschriebenen Leistung verlieren würde. Die Antragstellerin wäre damit in ihrem Recht auf Zuschlagserteilung verletzt. Der Schaden würde sich realisieren. Der einstweiligen Aussetzung der angefochtenen Entscheidung stehe kein besonderes Interesse der Auftraggeberin oder der Öffentlichkeit entgegen. In der Ausschreibung finde sich kein Hinweis, dass mit dem Vorhaben nicht bis zum Ende des Nachprüfungsverfahrens zugewartet werden könnte. Eine einstweilige Aussetzung stelle für die Auftraggeberin keine unverhältnismäßige Belastung dar. Öffentliche Interessen, etwa die Gefährdung von Leib und Leben oder Eigentum, stünden im gegenständlichen Fall der Erlassung einer einstweiligen Verfügung nicht entgegen. Ebenso wenig bestehe ein besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens. Die Dauer des Nachprüfungsverfahrens sei bei der zeitlichen Planung des Vergabeverfahrens zu berücksichtigen. Die Erteilung des Zuschlags an den tatsächlichen Bestbieter liege im öffentlichen Interesse. Es bestehe ein Vorrang des primären Rechtsschutzes. Es sei daher vom Überwiegen der Interessen der Antragstellerin an der Prüfung der angefochtenen Entscheidung auszugehen.

2. Am 28. April 2015 legte die Auftraggeberin die Unterlagen des Vergabeverfahrens vor.

3. Am 30. April 2015 nahm die Auftraggeberin zu dem Nachprüfungsantrag Stellung, sah von einer Stellungnahme zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ab, legte weitere Urkunden vor und beantragte die Vernehmung von Auskunftspersonen.

erteilte die Auftraggeberin allgemeine Auskünfte und nahm zum Umfang der Akteneinsicht Stellung und verzichtete auf eine Stellungnahme zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Die Auftraggeberin bestritt das gesamte Vorbringen sowie die gesamten Ausführungen der Antragstellerin in deren Schriftsatz, sofern im Folgenden nicht ausdrücklich einzelne Tatsachen als richtig zugestanden bzw außer Streit gestellt würden.

3.1 Die Auftraggeberin gab an, dass bei der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union der geschätzte Auftragswert anzugeben sei. Die Antragstellerin sei durch die Angabe des geschätzten Auftragswerts nicht beschwert. Eine vertiefte Prüfung sei lediglich dann zwingend durchzuführen, wenn der angebotene Preis zu der der Ausschreibung zugrunde liegenden Leistung in keinem adäquaten Verhältnis stehe. Es liege kein unadäquates Verhältnis zwischen dem Preis der Antragstellerin und dem Preis der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin vor. Es sei der ausschreibenden Stelle vorbehalten, auch Kaufpreisüberlegungen als wesentliches Kriterium für die Vergabe - wie hier geschehen - vorzusehen. Die Antragstellerin lege nicht dar, zu welchem anderen Ergebnis eine vertiefte Angebotsprüfung geführt hätte. Die Preisansätze der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin seien niedriger als jene der Antragstellerin. Die Schätzung habe den Preis von derzeit €

4.500 pro Monat zu Grunde gelegt. Da die Daten für Wohnungen unter 25 m² und für jene über 300 m² fehlten und bei der geltenden Verordnung alle Wohnungstransaktionen erfasst werden müssten, seien dem derzeitigen Betrag nicht nur eine kollektiver Erhöhung von Gehältern, sondern auch die Kosten für die fehlenden Wohnungstransaktionen hinzugerechnet worden, sodass ein monatlicher Kostenaufwand von € 5.400 geschätzt worden sei. Die Grobschätzung des Auftragswertes sollte eine unverbindliche Richtschnur einerseits bieten und andererseits im Interesse der Bieter diesen grobe Anhaltspunkte und damit eine Erleichterung verschaffen. Die Daten könnten auch ohne Grundbuchauszug erhalten werden. Die Kosten für Grundbuchanfragen anfielen, träfen beide Bieter in gleicher Weise. Die Annahme, dass jährlich 100.000 kostenpflichtige Grundbuchanfragen durchzuführen seien, entbehre jeglicher Grundlage. Ein kostenpflichtiger Ausdruck sei aber nicht erforderlich. Es sei daher nicht notwendig, Grundbuchauszüge kostenpflichtig abzurufen, entbehre daher jeglicher Grundlage. Die Behauptung, dass die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin den Auftrag nicht oder zumindest nicht vertragskonform abwickeln würde, stellt ebenfalls eine unbegründete Mutmaßung und rein spekulative Annahme dar.

3.2 Das Vorbringen, dass die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin die Daten nicht liefern könne, sei rein spekulativ. Der Folgerung aus dem Newsletter vom 8. Juli 2014, dass die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin mit 1. Juni 2015 die Leistungen nicht erbringen könne, sei weder logisch noch nachvollziehbar.

3.3 Die fühle sich beschwert, dass "versehentliches" Unterlassen der Lieferung von Datenteilen, "administrative Mängel" im Hinblick auf Übertragungsfehler und "geringfügige" Fehler von der Auftraggeberin übermäßig bewertet worden wären. Die Antragstellerin habe mit Schreiben vom 16. April 2015 dieses rechtfertigen wollen. Die Auftraggeberin habe mit Schreiben vom 21. April 2015 darauf hingewiesen, dass diese in die Bewertung Eingang fänden. Es hätte der Antragstellerin klar sein müssen, dass die gelieferten Referenzdatensätze gemäß Punkt 5.2.8 und 5.2.9 korrekt und fehlerfrei zu liefern seien, wobei diese mit einer vorgegebenen Punkteanzahl bewertet würden. Es liege kein Verstoß gegen die Aufklärungspflicht vor. Der Musterdatensatz solle eiben die qualitätsmäßige Lieferfähigkeit der Bieter überprüfen. Würde die Auftraggeberin die vorgenommene punktemäßige Bewertung bei der Antragstellerin nicht vornehmen, wäre dies ein klarer Verstoß in Ansehung der anderen Bieter. Falsch gelieferte Daten seien ein großes Problem, weil sie erst durch ein umfassendes Kontrollsystem erkannt werden müssten. Sie seien ein größeres Problem als nicht gelieferte Daten. Fehlerhafte Musterdatensätze lägen in der Sphäre des Bieters. Es bestünden keine Aufklärungspflichten der Auftraggeberin. Die Datensätze für Salzburg und Niederösterreich seien unvollständig gewesen. Die Antragstellerin hätte bei der Nutzungsart nicht bloß mit "Ja" oder "Nein" iSd Systems "0/1" antworten dürfen, sondern hätte die Nutzungsart konkret angeben müssen. Gleiches gelte für die Widmung. Die Auftraggeberin hätte eine unrichtige oder unterbliebene Datenlieferung nicht erkennen müssen. Insofern gehe der Vorwurf ins Leere. Es sei nicht bloß nachgefragt worden, ob die entsprechenden Angaben geliefert werden könnten, sondern diese Daten abgefragt worden. Die Anfrage zur Nutzungsart und der Widmung sei in der Bieteranfrage beantwortet und an alle Bieter versandt worden. Dass die Antragstellerin nur einen Geschäftsfall statt mehrerer geliefert und die Geburtsdaten vertauscht habe, liege ebenso wie "bloße Übertragungsfehler" in der Sphäre der Antragstellerin. Der Begriff "Funktionalität" der Daten sei inhaltsleer. Es komme nur auf die korrekte Übermittlung der Daten an. Deshalb habe die Antragstellerin die Qualität mit 70 % bewertet. Eine nachträgliche Zuerkennung von Bewertungspunkten würde auch die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin treffen und am Bewertungsergebnis nichts ändern.

3.4 Die Auftraggeberin beantragt daher, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, die Anträge der Antragstellerin zurückzuweisen, in eventu abzuweisen und vom Kostenersatz abzusehen. Die Auftraggeberin legte das Schreiben der Antragstellerin vom 16. April 2015, das Antwortschreiben der Auftraggeberin vom 21. April 2015 und die Tabelle der allgemeinen Auskünfte zum Vergabeverfahren vor und beantragte die Vernehmung von Zeugen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen

1. Feststellungen (Sachverhalt)

Die Bundesanstalt Statistik Österreich schreibt unter der Bezeichnung "Bereitstellung von Daten zur Berechnung der Häuser-, Wohnungs- und Grundstückspreisindizes" Dienstleistungen mit dem CPV-Code 72319000-4 - Datenbereitstellung mit einem geschätzten Auftragswert von € 360.000 ohne USt in einem offenen Verfahren nach dem Bestbieterprinzip mit den Kriterien Qualität zu 70 % und Preis zu 30 % aus. Die Auftraggeberin machte den Auftrag im Supplement zum Amtsblatt der EU vom 12. Dezember 2014, 2014/S 428354 und im Lieferanzeiger vom 15. Dezember 2015 online sowie in der Druckausgabe vom 17. Dezember 205 zur Zahl L-562904-4c12, alle abgesandt am 12. Dezember 2014. Die Angebotsöffnung erfolgte am 5. Februar 2015. Die beiden Bieter waren folgende:

in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin € 449.771

Antragstellerin € 670.000

Dabei waren Vertreter beider Bieter anwesend. Die Auftraggeberin schied keine Angebote aus. Am 15. April 2015 gab die Auftraggeberin die Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin per Telefax allen Bietern bekannt. (Auskünfte der Auftraggeberin)

Die Auftraggeberin hat das Vergabeverfahren weder widerrufen noch den Zuschlag erteilt (Auskünfte der Auftraggeberin)

Die Antragstellerin bezahlte Pauschalgebühren in der Höhe von €

3.078. (Verfahrensakt)

2. Beweiswürdigung

Dieser Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den jeweils in Klammern genannten Quellen. Diese sind Veröffentlichungen und die Unterlagen des Vergabeverfahrens, sowie Auskünfte, die nur die Auftraggeberin erteilen kann. Soweit Schriftstücke von der Antragstellerin vorgelegt wurden, spricht der Anschein für ihre Echtheit. Die herangezogenen Beweismittel sind daher echt. Ihre inhaltliche Richtigkeit steht außer Zweifel. Widersprüche traten nicht auf.

3. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 292 Abs 1 BVergG ist im Anwendungsbereich des BVergG grundsätzlich die Entscheidung durch Senate vorgesehen. Einstweilige Verfügungen und verfahrensleitende Beschlüsse sind davon ausgenommen. Die Entscheidung ist daher durch einen Einzelrichter zu treffen.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl I 2013/33 idF BGBl I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 311 BVergG sind in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neben dem BVergG die Bestimmungen des VwGVG und des AVG anzuwenden.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 328 Abs 1 BVergG hat das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 320 Abs 1 BVergG nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.

Gemäß § 329 Abs 1 BVergG hat das Bundesverwaltungsgericht vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.

Gemäß § 329 Abs 3 BVergG können mit einer einstweiligen Verfügung das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.

Gemäß § 329 Abs 4 BVergG ist in einer einstweiligen Verfügung die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, sobald die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, nach Ablauf der bestimmten Zeit fortbestehen.

Zu A) - Einstweilige Verfügung

1. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und Zulässigkeit des Antrages

Auftraggeberin im Sinne des § 2 Z 8 BVergG ist die Bundesanstalt Statistik Österreich. Sie ist öffentliche Auftraggeberin iSd § 3 Abs 1 Z 2 BVergG (BVA 4. 5. 2010, N/0026-BVA/12/2010-28). Bei der gegenständlichen Ausschreibung handelt es sich gemäß § 6 BVergG iVm Kategorie 7 in Anh III zum BVergG um einen prioritären Dienstleistungsauftrag, da der CPV-Code 72319000-4 gemäß der Verordnung 2195/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates idF der Verordnung 213/2008 der Kommission vom 28. November 2007 den CPC-Nummern 84310 und 84320 entspricht. Der geschätzte Auftragswert des Gesamtvorhabens liegt jedenfalls über dem relevanten Schwellenwert des § 12 Abs 1 Z 2 BVergG, sodass gemäß § 12 Abs 1 BVergG ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich vorliegt.

Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich und damit im Vollanwendungsbereich des BVergG. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren entsprechend § 312 Abs 2 BVergG iVm Art 14b Abs 2 Z 1 lit d B-VG ist sohin gegeben.

Da darüber hinaus laut Stellungnahme des Auftraggebers das Vergabeverfahren nicht widerrufen und der Zuschlag noch nicht erteilt wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht damit gemäß § 312 Abs 2 BVergG zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers und zur Erlassung einstweiliger Verfügungen zuständig.

Schließlich geht das Bundesverwaltungsgericht vorläufig davon aus, dass der Antragstellerin die Antragsvoraussetzungen nach § 320 BVergG nicht offensichtlich fehlen.

Im Ergebnis ist daher vorläufig davon auszugehen, dass der Antrag auf Erlassung der begehrten einstweiligen Verfügung gemäß § 328 Abs 1 BVergG zulässig ist, wobei auch die Voraussetzungen des § 328 Abs 2 BVergG vorliegen. Die Pauschalgebühr wurde bezahlt.

2. Inhaltliche Beurteilung des Antrages

Im Rahmen der Interessenabwägung nach § 329 Abs 1 BVergG sowie auch im Hinblick auf die zu verfügende einstweilige Maßnahme ist zunächst darauf Bedacht zu nehmen, dass von Seiten des Auftraggebers die Erteilung des Zuschlags an die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin beabsichtigt ist. Es kann aus der Sicht des Provisorialverfahrens nicht ausgeschlossen werden, dass die von der Antragstellerin relevierten Rechtswidrigkeiten zutreffen und das Angebot der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin auszuscheiden ist, wodurch ihr auf Grund der behaupteten Rechtswidrigkeiten der Entgang des Auftrages mit allen daraus erwachsenden Nachteilen droht. Mit der vorliegenden einstweiligen Verfügung müssen daher - bei Nichtüberwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung gemäß § 329 Abs 1 BVergG - Maßnahmen getroffen werden, die eine Zuschlagserteilung an die Antragstellerin ermöglicht. Zur wirksamen Sicherung dieser möglicherweise bestehenden Ansprüche muss daher das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache durch das Bundesvergabeamt in einem Stand gehalten werden, der eine allfällige spätere Zuschlagserteilung an die Antragstellerin ermöglicht.

Die Interessen der Antragstellerin bestehen im Wesentlichen in der Abwendung des drohenden Schadens und damit im Erhalt der Möglichkeit, den Auftrag zu erhalten.

Die Auftraggeberin erhob keine Einwendungen gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung.

Bei der Interessenabwägung ist schließlich auf die allgemeinen Interessen und Grundsätze Rücksicht zu nehmen, dass der Auftraggeber bei seiner zeitlichen Planung des Beschaffungsvorganges die Dauer eines allfälligen Rechtsschutzverfahrens mit einzukalkulieren hat (siehe zB BVwG 22. 8. 2014, W187 2010665-1/11E; BVA 14. 5. 2010, N/0038-BVA/10/2010-EV19), dass das öffentliche Interesse an der Sicherstellung der Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter zu berücksichtigen ist (grundlegend VfGH 1. 8. 2002, B 1194/02) und schließlich dass gemäß § 329 Abs 1 BVergG von der Erlassung einer einstweiligen Verfügung nur dann abzusehen ist, wenn die Interessenabwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen ergibt (zB BVwG 2. 3. 2015, W187 2101270-1/6E; BVA 5. 2. 2010, N/0007-BVA/10/2010-EV12).

Öffentliche Interessen, die eine sofortige Vergabe des Auftrags erforderlich machen würden, sind nicht ersichtlich.

Stellt man daher im vorliegenden Fall die Interessen der Antragstellerin den öffentlichen Interessen sowie den Interessen des Auftraggebers gegenüber, ergibt sich, dass im gegenständlichen Fall vom grundsätzlichen Überwiegen der für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen auszugehen ist. Dem Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes, nämlich der Ermöglichung der Teilnahme an einem rechtskonformen Vergabeverfahren und einer Auftragserteilung an die allenfalls obsiegende Antragstellerin ist durch eine entsprechende Maßnahme Genüge zu leisten.

Zweck einer einstweiligen Verfügung ist es demnach, die dem Antragsteller bei Zutreffen seines Vorbringens drohenden Schäden und Nachteile abzuwenden, indem der denkmögliche Anspruch auf Zuschlagserteilung dadurch wirksam gesichert wird, dass das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache in einem Stand gehalten wird, der eine allfällige Zuschlagserteilung an die Antragstellerin am Vergabeverfahren ermöglicht. Bei beabsichtigter Zuschlagserteilung an die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin ist dies deren vorläufige Untersagung. Es soll somit (lediglich) der Rechtsgestaltungsanspruch dahingehend gesichert werden, dass durch die einstweilige Verfügung verhindert werde, dass eine nachfolgende im Hauptverfahren erfolgte Nichtigerklärung unmöglich oder sonst absolut sinnlos wird (zB BVwG 10. 1. 2014, W187 2000170-1/11; BVA 17. 5. 2011, N/0036-BVA/10/2011-EV23).

Durch die Begrenzung der einstweiligen Verfügung mit der Dauer des abzusichernden Nachprüfungsverfahrens wird die Dauer der einstweiligen Verfügung bestimmbar gemacht (Kodek in Angst, Kommentar zur Exekutionsordnung² [2008], § 391 Rz 2). Die Zeit bemisst sich nach der Dauer des Nachprüfungsverfahrens. § 329 Abs 4 BVergG verlangt lediglich die Festsetzung einer Zeit, legt im Gegensatz zu den Vorgängergesetzen keine Höchstfrist fest. Aus dem Zweck der einstweiligen Verfügung, der Absicherung eines effektiven Nachprüfungsverfahrens, ergibt sich, dass die einstweilige Verfügung für die gesamte Dauer des Nachprüfungsverfahrens erlassen werden soll und mit dieser Dauer durch das Gesetz überdies begrenzt ist. Der Auftraggeber ist durch eine derartige Bestimmung der Zeit nicht belastet, da die Entscheidungsfrist des Bundesverwaltungsgerichts davon nicht verlängert wird, sie jederzeit bei Wegfall der Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Verfügung deren Aufhebung beantragen kann und die einstweilige Verfügung mit der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag außer Kraft tritt. Von der Bestimmung einer nach einem bestimmten Datum fest gesetzten Frist konnte daher abgesehen werden (zB BVwG 10. 1. 2014, W187 2000170-1/11; BVA 9. 9. 2011, N/0084-BVA/10/2011-EV14; siehe auch VwGH 10. 12. 2007, AW 2007/04/0054).

Zu B) - Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu VwGH 6. 11. 2002, 2002/04/0138;

30. 6. 2004, 2004/04/0028; 1. 2. 2005, 2005/04/0004; 29. 6. 2005, 2005/04/0024; 1. 3. 2007, 2005/04/0239; 27. 6. 2007, 2005/04/0254;

29. 2. 2008, 2008/04/0019; 14. 1. 2009, 2008/04/0143; 14. 4. 2011, 2008/04/0065; 29. 9. 2011, 2011/04/0153) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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