VwGH 2005/04/0254

VwGH2005/04/025427.6.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Papst, über die Beschwerde der Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur in 1011 Wien, Singerstraße 17- 19, gegen die Bescheide des Bundesvergabeamtes 1. vom 23. September 2005, Zl. 15N-87/05-8 (protokolliert zur hg. Zl. 2005/04/0254) betreffend Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 171 Bundesvergabegesetz 2002 und 2. vom 14. Oktober 2005, Zl. 15N-87/05-18 (ursprünglich protokolliert zur Zl. 2005/04/0255, nunmehr 2007/04/0027), betreffend Verpflichtung zum Ersatz der Pauschalgebühr (mitbeteiligte Partei jeweils: S-Bau & Transport GmbH, G),

Normen

BVergG 2002 §171 Abs1;
BVergG 2002 §177 Abs1;
B-VG Art140 Abs4;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §47 Abs5;
BVergG 2002 §171 Abs1;
BVergG 2002 §177 Abs1;
B-VG Art140 Abs4;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §47 Abs5;

 

Spruch:

I. den Beschluss gefasst:

Die zur Zl. 2005/04/0254 protokollierte Beschwerde wird zurückgewiesen, und II. zu Recht erkannt:

Der zur Zl. 2007/04/0027 protokollierte angefochtene Bescheid vom 14. Oktober 2005 wird in seinem Spruchpunkt II. betreffend die Verpflichtung zum Ersatz der Pauschalgebühr für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Anträge der Beschwerdeführerin und der belangten Behörde auf Zuspruch von Aufwandersatz werden abgewiesen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 16. September 2005 beantragte die mitbeteiligte Partei die Nichtigerklärung einer von der Beschwerdeführerin zu Gunsten eines Dritten bekannt gegebenen Zuschlagsentscheidung und die Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Mit dem erstangefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde, soweit hier relevant, dem Antrag insoweit statt, als der Beschwerdeführerin als Auftraggeberin für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens, längstens jedoch bis Ablauf des 16. Oktober 2005, untersagt wurde, im gegenständlichen Vergabeverfahren den Zuschlag zu erteilen.

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid vom 14. Oktober 2005 wies die belangte Behörde zunächst unter Spruchpunkt I. (der von der Beschwerde nicht bekämpft wird) den Antrag der mitbeteiligten Partei auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung zurück und sprach unter Spruchpunkt II. aus, die beschwerdeführende Partei sei verpflichtet, die von der mitbeteiligten Partei für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung entrichtete Pauschalgebühr in Höhe von EUR 2.500,-- zu ersetzen.

Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde, zu der die belangte Behörde die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet hat.

Zu I. (Zl. 2005/04/0254):

Die beschwerdeführende Partei erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid vom 23. September 2005 in ihrem Recht, bei teilweiser Stattgebung des Sicherungsantrages und Zurückweisung des Hauptantrages "keinen Pauschalgebührenersatz leisten zu müssen", verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Beschwerdeführers verletzt wurde, sondern nur, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung der Beschwerdeführer behauptet. Daher kommt der in § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG vom Beschwerdeführer geforderten Angabe des Beschwerdepunktes für den Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens entscheidende Bedeutung insoweit zu, als der Beschwerdeführer jenes subjektive Recht herauszuheben hat, dessen behauptete Verletzung die Legitimation zur Beschwerdeerhebung erst begründet. Wird der Beschwerdepunkt - wie hier - ausdrücklich und unmissverständlich bezeichnet, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Beschwerde nicht zugänglich (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 18. Mai 2005, Zl. 2004/04/0026).

Da mit dem erstangefochtenen Bescheid über den Antrag der mitbeteiligten Partei auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung entschieden wurde, nicht aber über den Ersatz der für diesen Antrag geleisteten Pauschalgebühr (eine solche Entscheidung erfolgte, wie dargestellt, erst mit dem zweitangefochtenen Bescheid), kann die beschwerdeführende Partei durch den Bescheid vom 23. September 2005 in dem von ihr im Beschwerdepunkt ausdrücklich bezeichneten Recht nicht verletzt sein.

Vor diesem Hintergrund war auf die zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens strittige Frage, ob die Beschwerde auch deshalb unzulässig ist, weil die angefochtene einstweilige Verfügung nach dem Spruch des angefochtenen Bescheides bereits am 16. Oktober 2005, somit vor Einbringung der gegenständlichen Beschwerde, außer Kraft getreten ist (vgl. in diesem Zusammenhang die hg. Beschlüsse vom 30. Juni 2004, Zl. 2004/04/0028, und vom 1. Februar 2005, Zl. 2005/04/0004), nicht weiter einzugehen.

Die zur Zl. 2005/04/0254 protokollierte Beschwerde war nach dem Gesagten gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Zu II. (Zl. 2007/04/0027):

Die eingangs erwähnte Entscheidung unter Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides vom 14. Oktober 2005 hat die belangte Behörde mit § 177 Abs. 5 Bundesvergabegesetzes 2002 begründet, wonach der vor dem Bundesvergabeamt wenn auch nur teilweise obsiegende Antragsteller Anspruch auf Ersatz seiner u.a. gemäß § 177 Abs. 1 leg. cit. entrichteten Gebühren - darunter die Gebühr für einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 171 Abs. 1 leg. cit. - hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Rahmen des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens mit Beschluss vom 29. September 2006, A 2006/21-1, beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 und Abs. 4 B-VG den Antrag gestellt, festzustellen, dass die Wortfolge "171 Abs. 1" in § 177 Abs. 1 des Bundesvergabegesetzes 2002, BGBl. I Nr. 99, verfassungswidrig war.

Nicht auf Grund dieses, sondern eines anderen Gesetzesprüfungsantrages hat der Verfassungsgerichtshof mit dem in der nichtöffentlichen Sitzung vom 11. Oktober 2006 ergangenen Erkenntnis, G 124/06, V 44/06, u.a. ausgesprochen, dass die Wortfolge "171 Abs. 1" in § 177 Abs. 1 Bundesvergabegesetz 2002 verfassungswidrig war.

Den genannten, mit hg. Beschluss vom 29. September 2006 gestellten Gesetzesprüfungsantrag hat der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 12. Dezember 2006, G 107/06, u.a. mit der Begründung zurückgewiesen, dass dieser Antrag erst am 2. Oktober 2006 beim Verfassungsgerichtshof eingelangt sei und eine Einbeziehung in das Verfahren G 124/06, V 44/06, nicht mehr möglich gewesen sei.

Da der genannte Gesetzesprüfungsantrag vom 29. September 2006 beim Verfassungsgerichtshof am 2. Oktober 2006 eingelangt ist und die nichtöffentliche Beratung dieses Gerichtshofes über das zu den Zlen. G 124/06, V 44/06, ergangene Erkenntnis erst am 11. Oktober 2006 begonnen wurde, ist der gegenständliche Fall einem Anlassfall gleichzuhalten und die Wortfolge "171 Abs. 1" in § 177 Abs. 1 Bundesvergabegesetz 2002 daher im vorliegenden Beschwerdefall nicht anzuwenden (vgl. zu einem ähnlichen Fall das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2007/04/0028).

Aus den im letztzitierten Erkenntnis angeführten Entscheidungsgründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, fehlt somit auch im vorliegenden Fall die Rechtsgrundlage für die Verpflichtung der beschwerdeführenden Partei zum Ersatz der von der mitbeteiligten Partei für ihren Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung entrichteten Pauschalgebühr.

Der Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides vom 14. Oktober 2005 war daher in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Rechtsträger der belangten Behörde ist der Bund. In beiden Beschwerdefällen besteht somit eine Identität zwischen dem Rechtsträger, dem gemäß § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003 der Kostenersatz aufzuerlegen wäre, und jenem Rechtsträger, dem der Kostenersatz nach diesen Vorschriften zuzusprechen wäre. In einem solchen Fall kommt ein Zuspruch von Kostenersatz nicht in Betracht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Juni 2005, Zl. 2005/04/0048 und das dort zitierte Erkenntnis vom 20. Februar 2002, Zl. 97/08/0442), sodass die diesbezüglichen Anträge beider Parteien abzuweisen waren.

Wien, am 27. Juni 2007

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