BVwG W208 2240359-1

BVwGW208 2240359-16.5.2021

BDG 1979 §112 Abs1 Z3
BDG 1979 §112 Abs2
BDG 1979 §112 Abs4
BDG 1979 §43 Abs1
BDG 1979 §43 Abs2
BDG 1979 §44
BDG 1979 §46 Abs1
BDG 1979 §56
BDG 1979 §94
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2 Z1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2021:W208.2240359.1.00

 

Spruch:

 

W208 2240359-1/9E

W208 2239980-1/7E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde des ChefInsp XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Klaus HEINTZINGER, gegen den Bescheid der Bundesdisziplinarbehörde, Senat 26, vom 03.02.2021, GZ: 2021-0.070.158 über die Suspendierung sowie über die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Inneres vom 26.01.2021, GZ: 2021-0.058.806 über die vorläufige Suspendierung, nach Durchführung einer Verhandlung zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerden werden gemäß § 28 Abs 2 Z 1 VwGVG iVm § 112 Abs 1 Z 3 BDG als unbegründet abgewiesen und die angefochtenen Bescheide über die vorläufige Suspendierung und die Suspendierung mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch des Suspendierungsbescheides zu lauten hat:

„ChefInsp XXXX , geb. XXXX wird gemäß § 112 Abs 1 Z 3 und Abs 2 BDG vom Dienst suspendiert, weil er im Verdacht steht, er habe als Exekutivbeamter des XXXX

I. seit zumindest 2015 bis Ende 2020 eine unzulässige Nebenbeschäftigung ausgeübt bzw unzulässige private Ermittlungs- und Beratungstätigkeiten durchgeführt, und dazu

1. zumindest Open-Source-Recherchen durchgeführt, die Ergebnisse interpretiert und an Auftraggeber aus der Privatwirtschaft weitergegeben zu haben, wie z.B. in mindestens 25 Fällen an Mag. M XXXX , der ihm als Dank dafür bei Kreditrückzahlungen mit drei Teilzahlungen von insgesamt EUR 6.000,-- im Frühjahr 2018, 2019, 2020 half;

2. ihm zugängliche Amtsgeheimnisse und klassifizierten Informationen, allenfalls auch Staatsgeheimnisse beschafft, nicht vorschriftsmäßig gemäß den Richtlinien zur Anwendung der Geheimschutzordnung des Bundes (GehSO) vom 14.11.2014, BMI-OA1000/0334-I/2/2014, unter anderem im Privathaus verwahrt und an unbefugte Personen weitergegeben zu haben;

3. dem Amtsgeheimnis und/oder dem Datenschutz unterliegende Inhalte, durch zumindest 17 E-Mails von seinem dienstlichen E-Mail-Account an seinen privaten E-Mail-Account versendet zu haben;

4. mindestens 382 Abfragen von personenbezogenen Daten aus diversen BM.I-Applikationen (z.B. IAP) und nachrichtendienstlichen Evidenzen zu denen er Zugang hatte, ohne dienstlichen Bezug getätigt zu haben sowie ab 22.11.2017 noch unbekannte Mittäter dazu bestimmt zu haben, und die Erkenntnisse daraus an unbefugte Personen, z.B. in mindestens 25 Fällen an Mag. M XXXX - der ihm als Dank dafür bei Kreditrückzahlungen mit drei Teilzahlungen von insgesamt EUR 6.000,-- im Frühjahr 2018, 2019, 2020 half - weitergegeben zu haben;

II. am 24.01.2021 massiven körperlichen Widerstand gegen eine vom Landesgericht für Strafsachen angeordnete Festnahme geleistet, um sein privates Mobiltelefon vor der Sicherstellung zu zerstören oder zumindest sperren zu können und anschließend falsche Beschuldigungen gegen die einschreitenden Beamten erhoben, diese hätten ihn bei der Festnahme durch unverhältnismäßige Zwangsausübung misshandelt und beschimpft.

Dadurch besteht – ungeachtet des Verdachts der Begehung gerichtlicher Straftatbestände nach §§ 229 (Urkundenunterdrückung), 252 (Verrat von Staatsgeheimnissen), 256 (Geheimer Nachrichtendienst zum Nachteil Österreichs), 269 (Widerstand gegen die Staatsgewalt), 295 (Unterdrückung eines Beweismittels), 297 (Verleumdung), 302 (Missbrauch der Amtsgewalt), 304 (Bestechlichkeit), 307 (Bestechung), 310 StGB (Amtsgeheimnisbruch) und § 63 DSG (Datenverarbeitung in Gewinn- oder Schädigungsabsicht), durch diese Taten, die sich aus dem damit zusammenhängenden Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft zu StA 711 St 38/17d ergeben – der Verdacht von Dienstpflichtverletzungen gegen §§ 43 Abs 1 und Abs 2, 44, 46 Abs 1 und 56 BDG 1979.“

B) Der Antrag auf Minderung der Bezugskürzung wird gemäß § 112 Abs 4 BDG mangels Zuständigkeit zurückgewiesen.

C) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF) steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis als Exekutivbeamter. Er war vor der verfahrensgegenständlichen Suspendierung als Hauptsachbearbeiter im XXXX der Abteilung XXXX ( XXXX ) dienstzugewiesen. Sein Arbeitsplatz auf dem er seit Dezember 2013 ernannt ist, liegt im XXXX .

2. Der BF wurde bereits mit Bescheid vom 21.11.2017 (zugestellt am 22.11.2017) erstmals vorläufig vom Dienst suspendiert. Hintergrund war, dass der BF im Verdacht stand für Informationsabflüsse aus dem XXXX verantwortlich zu sein. Diesbezüglich lagen Informationen eines – vom XXXX nicht genannten - befreundeten Partnerdienstes aus dem Ausland vor und wurde festgestellt, dass der BF klassifizierte Informationen von seinem dienstlichen E-Mail-Account an seinen privaten E-Mail-Account übermittelt hatte. Der Sachverhalt wurde mit einem Anlass–Bericht am 20.11.2017 vom XXXX der Staatsanwaltschaft WIEN (StA) übermittelt (AS 233).

Am 30.11.2017 erfolgte eine Disziplinaranzeige im Gegenstand.

Die Suspendierung wurde von der damals zuständigen Disziplinarkommission im Bundesministerium für Inneres (DK) mit Bescheid vom 06.12.2017 bestätigt und am selben Tag ein Einleitungsbeschluss gefasst. Der Einleitungsbeschluss ist rechtskräftig.

Die Suspendierung wurde nach einer Beschwerde des BF mit Beschluss des BVwG vom 16.02.2018, GZ W146 2182478-1/3E behoben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an die DK zurückverwiesen, weil die Vorwürfe zu unbestimmt waren.

3. Nach ergänzenden Ermittlungen der DK erließ diese am 23.03.2018 erneut einen Suspendierungsbescheid gegen den BF, aufgrund folgender Verdachtsgründe:

„Er habe

1) am 14.11.2017 in der Zeit von 12:41 Uhr bis 12:43 Uhr entgegen den Bestimmungen des Informationssicherheitsgesetzes, der Informationssicherheitsverordnung und der Geheimschutzordnung sowie entgegen Punkt 3.3. des IKT-Erlasses vom 06.11.2013, GZ.: BMI-OA1300/0177-II/10/b/2013 sowie der §§ 3, 4, und 5 IKT Nutzungsverordnung des Bundes, BGBl Nr. 281 vom 02.09.2009 drei E-Mails mit insgesamt 10 Anhängen (von denen jedenfalls 7 der Geheimhaltung unterliegen, wobei der Beamte über diese Dokumente im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit nicht verfügen durfte, da er in einem anderen Aufgabenbereich eingesetzt ist und wobei er über zwei Dokumente im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit zwar verfügen, diese jedoch nicht im elektronischen Weg außerhalb des XXXX weiterleiten hätte dürfen) vom dienstlichen XXXX -Mail Account XXXX an seinen privaten Mail Account übermittelt und habe er in diesem Zusammenhang auch als nachrichtendienstliche Quelle für Staatsgeheimnisse fungiert (Versand via Internet),

er habe dadurch Dienstpflichtverletzungen gemäß §§ 43 Abs. 1 und 2 sowie § 44 Abs. 1 BDG 1979 idgF iVm Punkt 2.4. und Punkt 3.3 des IKT-Erlasses vom 06.11.2013, GZ.: BMI-OA1300/0177-II/10/b/2013 sowie §§ 3, 4, und 5 IKT Nutzungsverordnung des Bundes, BGBl Nr. 281 vom 02.09.2009 iVm § 91 BDG 1979 idgF begangen,

2) sich am 22.11.2017, 07:00 Uhr bis 11:00 Uhr (Zeitpunkt der Hausdurchsuchung an beiden Wohnadressen des Beamten) entgegen den Bestimmungen des Informationssicherheitsgesetzes, der Informationssicherheitsverordnung und der Geheimschutzordnung im Besitz von offensichtlich dienstlichem Schriftmaterial (überwiegend dienstliche Schriftstücke) befunden, die offensichtlich in keinem Zusammenhang mit seiner derzeitigen dienstlichen Funktion bzw. Tätigkeit stehen (wie formlose Amtshilfeersuche von in- und ausländischen Behörden und Dienststellen, die auf elektronischem Weg direkt an die Mail Accounts des Beamten – teils dienstlichen, teils privaten Account – gerichtet und nicht in dienstlichen Evidenzen protokolliert waren (darunter in der Anlage 29 Ausdrucke aus sicherheitsbehördlichen Evidenzen [PI Anfragen] vom 25.08.2017, unter der Anlage 32 war einer ersten kurzen Beurteilung zur Folge eine Abklärung vom Juli 2017 zu finden, welche mit „high confidential“ bezeichnet war und eine Person des Namens „ XXXX “ betraf, worin unter anderem Reisebewegungen und Kontakt aufgelistet waren),

er habe dadurch Dienstpflichtverletzungen gemäß §§ 43 Abs. 1 und 2 BDG 1979 idgF iVm § 91 BDG 1979 begangen,

3) sich am 22.11.2017, 10:00 Uhr (Zeitpunkt des Vorfindens in einem, an der Dienststelle befindlichen dienstlichen, jedoch nicht dem Beamten zur dienstlichen Nutzung zugewiesenen, Schrank) entgegen den Bestimmungen des Informationssicherheitsgesetzes, der Informationssicherheitsverordnung und der Geheimschutzordnung im Besitz von, offensichtlich in keinem Zusammenhang mit seiner derzeitigen dienstlichen Verwendung stehenden, schriftlichen Unterlagen befunden (teilweise formlose, teils an seine dienstliche, teils an seine private E-Mailadresse gerichtete Amtshilfeersuchen),

er habe damit eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 43 Abs. 1 und 2 BDG 1979 idgF iVm § 91 BDG 1979 begangen […].“

Nach einer neuerlichen Beschwerde des BF wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 15.06.2018, GZ W146 2182478-2/3E die „Nicht-Suspendierung“ ausgesprochen. Begründet wurde diese Entscheidung im Kern wie folgt:

„Die Ausführungen der belangten Behörde, dass aufgrund der Information durch einen befreundeten - wenn auch nicht näher bezeichneten - Partnerdienst im Zusammenhalt mit der Information seines Vorgesetzten betreffend der Übermittlung, den Verdacht einer Pflichtverletzung begründe, dass er möglicherweise als Quelle für Staatsgeheimnisse gedient habe, können in dieser Pauschalität nicht nachvollzogen werden.

Aus der Übermittlung von sieben E-Mails an seine private E-Mail Adresse lässt sich nach Ansicht des Gerichtes noch nicht ein begründeter Verdacht ableiten, dass der Beschwerdeführer unbefugt Staatsgeheimnisse an andere Nachrichtendienste weitergeleitet hat.

Der Anlassbericht ist hinsichtlich des Informationsabflusses und der Angaben des nicht näher bezeichneten Partnerdienstes sehr vage gehalten und kann derzeit ein ausreichender Verdacht vom Gericht nicht nachvollzogen werden.

Wie bereits ausgeführt, wurde das konkrete - im Verdachtsbereich vorgeworfene - Verhalten nicht ausreichend dargelegt und kann dieses daher nicht nachvollzogen werden.

Soweit die belangte Behörde ausführt, dass zu beachten und zu akzeptieren sei, dass das XXXX grundsätzlich mit geheimen, sensiblen, der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Causen/Daten zu tun habe, ist auszuführen, dass einerseits dem Gericht die Möglichkeit gegeben werden muss, eine Entscheidung zu überprüfen und nachzuvollziehen und andererseits sowohl die Disziplinarkommission als auch das Gericht § 46 BDG zu beachten haben.

Ein Ersuchen der belangten Behörde an das XXXX zur Vorlage verfahrensrelevanter Dokumente - wie im Erhebungsbericht des Bundesamts zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung angeregt - erfolgte nicht.“

4. Mit dem hier beschwerdegegenständlichen Bescheid vom 26.01.2021 verfügte die Dienstbehörde (das Bundesministerium für Inneres [BM.I]) die neuerliche vorläufige Suspendierung nach § 112 Abs 1 Z 1 und Z 3 BDG.

Kernvorwurf gegen den BF war, er sei aufgrund des Anlass–Berichtes des Bundeskriminalamtes (BK) vom 25.01.2020, Zahl XXXX . (AS 653), auf Anordnung der StA am 24.01.2020 wegen Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr festgenommen und in die Justizanstalt XXXX eingeliefert worden, weil der Verdacht bestünde, er habe im Zeitraum zwischen 2015 bis Ende 2020 gerichtlich strafbare Handlungen nach § 252 Abs 1 StGB (Verrat von Staatsgeheimnissen), § 269 StGB (Widerstand gegen die Staatsgewalt), § 302 StGB (Amtsmissbrauch), §§12, 302 StGB (Anstiftung zum Amtsmissbrauch) sowie § 297 StGB (Verleumdung) begangen. Darüber hinaus bestehe der Verdacht er habe im Zeitraum 2015 und 2020 mehrfach Dienstpflichtverletzungen gemäß §§ 43 Abs 1 und Abs 2 BDG verwirklicht. Konkret bestehe der Verdacht er habe Geheimnisse, die nur Beamten im XXXX bekannt gewesen seien, an russische und andere Nachrichtendienste bzw an politische Entscheidungsträger übermittelt. Er habe unter Ausnützung seiner Dienststellung geheime Informationen beschafft, die auch dem Datenschutz unterlägen, und diese an unbefugte Personen weitergegeben sowie zahlreiche Abfragen in verschiedenen Applikationen im EKIS und IAB ohne dienstlichen Bezug getätigt, wobei er in mindestens 25 Fällen Abfragen für Mag. M XXXX durchgeführt und dafür zumindest € 6.000,-- entgegengenommen habe. Er habe sich am 24.01.2020 im Zuge seiner Festnahme mit massiver Körperkraft dieser widersetzt.

5. Ungeachtet der amtswegigen Vorlage der vorläufigen Suspendierung an die Bundesdisziplinarbehörde (BDB) zur Überprüfung brachte der BF gegen den ihm am 08.02.2021 zugestellten Bescheid über die vorläufige Suspendierung mit Schriftsatz seines Rechtsvertreters vom 22.02.2021 (Poststempel 23.02.2021) fristgerecht Beschwerde ein. Diese langte am 01.03.2021 beim BVwG ein und wurde unter der GZ W208 2239908-1 registriert.

6. Mit dem im Spruch genannten weiteren Bescheid vom 03.02.2021 wurde der BF von der BDB suspendiert. Der Spruch lautet (Anonymisierung und Kürzung auf das Wesentliche durch BVwG):

„Die Bundesdisziplinarbehörde hat am 03.02.2001 […] beschlossen [gegen den BF] wegen des Verdachts, er habe

• im Zeitraum 2015 - 2017 seine Befugnis wissentlich missbraucht, in dem er unter Ausnützung seiner Dienststellung geheime Informationen durch nicht dienstlich gerechtfertigte Datenabfragen über diverse BMI-Applikationen beschaffte und diese unbefugt verwertete bzw. weitergab, aufgrund dessen von der Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen Verrates von Staatsgeheimnissen geführt wird,

• im Zeitraum Ende 2018 bis Ende 2020 (basierend auf den Angaben des karenzierten Abteilungsleiters der Abteilung 2 im XXXX , Mag. M XXXX , in dessen Beschuldigteneinvernahme vom 23.01.2020, 08.52 und 20.20 Uhr) seine Befugnis im Namen des Bundes, als dessen Organ in Vollziehung Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich missbraucht, indem er unter Ausnützung seiner Dienststellung geheime Informationen beschaffte und diese unbefugt weitergab sowie zahlreiche Abfragen in verschiedenen Applikationen im EKIS und IAP ohne dienstlichen Bezug tätigte, wobei er zumindest insgesamt in 25 Fällen Abfragen von Personen in Polizeidatenbanken für Mag. M XXXX durchführte und zumindest € 6.000,- dafür entgegennahm,

• (der Festnahmeanordnung der Staatsanwaltschaft Wien vom 23.01.2021, AZ XXXX zufolge) wiederholt zumindest im Zeitraum 2015 — Ende 2020 einer fremden Macht Staatsgeheimnisse bekannt gemacht, indem er Tatsachen und Erkenntnisse, die nur einem begrenzten Personenkreis, nämlich Beamten des XXXX zugänglich sind und vor fremden Mächten geheim gehalten werden müssen, um die Gefahr eines schweren Nachteils für die Landesverteidigung der Republik Österreich oder für die Beziehungen der Republik Österreich zu fremden Mächten hintanzuhalten, an russische und andere Nachrichtendienste bzw. politische Entscheidungsträger übermittelte,

• am 24.01.2021, um 08.45 Uhr, sich im Zuge der Vollziehung der Festnahmeordnung des Landesgerichtes für Strafsachen Wien mit massiver Körperkraft der Festnahme widersetzt und dabei sogar zwei einschreitende Exekutivbedienstete zu Boden gebracht, sodass nur durch das Zusammenwirken dreier Exekutivbediensteter seine heftige Gegenwehr unter Anwendung einsatzbezogener Körperkraft überwunden und die Festnahme durch Anlegen der Handfesseln schlussendlich vollzogen werden konnte,

• nach der am 24.01.2021 erfolgten Festnahme die ihn festnehmenden Beamten verleumdet, indem er behauptet hat, von diesen verletzt worden zu sein,

er habe dadurch Dienstpflichtverletzungen gemäß § 43 Abs. 1 und 2 BDG 1979 i. d. g. F. i. V. m. § 91 BDG 1979 i. d. g. F. begangen,

eine Suspendierung gemäß § 112 Abs. 2 BDG 1979 i. d. g. F. zu verfügen.

Gemäß § 112 Abs. 2 BDG 1979 i. d. g. F. endet die vorläufige Suspendierung spätestens mit rechtskräftiger Entscheidung der Bundesdisziplinarbehörde.

Gemäß § 112 Abs. 4 BDG 1979 i. d. g. F. hat jede Suspendierung die Kürzung des Monatsbezuges der Beamtin oder des Beamten auf zwei Drittel für die Dauer der Suspendierung zur Folge.“

7. Mit Schriftsatz vom 08.03.2021 (E-Mail vom selben Tag, 12:10 Uhr) erhob der nunmehr rechtsfreundlich vertretene BF fristgerecht Beschwerde gegen den am 08.02.2021 zugestellten Suspendierungsbescheid der BDB und beantragte seine Aufhebung. Gleichzeitig stellte er den Antrag gem § 112 Abs 8 BDG die verfügte Bezugskürzung zu mindern bzw aufzuheben.

8. Die oa Beschwerde wurde mit Schreiben vom 09.03.2021 dem BVwG zur Entscheidung vorgelegt (am 12.03.2021 eingelangt) und die Abweisung der Beschwerde beantragt. Die Beschwerde wurde unter der GZ W208 2240359-1 im BVwG registriert.

9. Mit Ladungen vom 22.03.2021 wurde zu beiden Beschwerden eine Verhandlung vor dem BVwG anberaumt, die am 19.04.2021 unter Teilnahme des BF, seines Rechtsvertreters und der Disziplinaranwältin des BM.I durchgeführt wurde. Die Vertreterin der BDB blieb der Verhandlung aufgrund einer Terminkollision entschuldigt fern. Die Dienstbehörde war bei der Verhandlung – trotz Ladung – nicht anwesend. Die Verhandlungsschrift (VHS) wurde ihr übermittelt (OZ 6). Am Schluss der Verhandlung wurde den Parteien eine Frist für eine allfällige Stellungnahme oder Protokollrüge von 2 Wochen eingeräumt, welche – mit Ausnahme des BF – bis dato nicht einlangten.

10. Die Disziplinaranwältin legte am 20.04.2021 die in der Verhandlung eingeforderte Erlasslage zur Nebenbeschäftigung im BM.I vor (OZ 5), die am 27.04.2021 an den Rechtsvertreter des BF zur Kenntnisnahme übermittelt wurde (OZ 7).

11. Der BF legte eine Stellungnahme vor in der er diverse Korrekturen in der in die VHS aufgenommenen Tabelle beantragte und nähere Ausführungen zu einzelnen Punkten machte. Das BVwG korrigiert bzw ergänzt die VHS um diese Ausführungen des BF und wird sie mit dem Erkenntnis an die Parteien übermitteln (OZ 8). Der Inhalt wird, wo erforderlich, in den Feststellungen berücksichtigt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

1.1. Zum Beschwerdeführer

Der am XXXX geborene BF steht seit XXXX in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis als Polizist. Seit 1990 ist er im Kriminaldienst und seit 1993 bei der XXXX ( XXXX ). Er war von 01.08.2002 bis 31.08.2009 XXXX in XXXX und von 01.01.2010 bis 18.12.2012 (OZ 8/2) in der XXXX . Von dort wurde er vorzeitig abberufen, weil er einen XXXX Offizier auf Wunsch einer Privatfirma abgeklärt hatte, was in der Folge zu politischen Interventionen führte. Im damals staatgefundenen Disziplinarverfahren, XXXX 2014 wurde der BF am 10.11. 2014 freigesprochen. Es gab auch ein Verfahren bei der StA [ XXXX später geändert auf XXXX ] das eingestellt wurde, weil es keinen tatsächlichen Grund zur weiteren Verfolgung gab (VHS 6, 19, OZ 8/3).

Während seiner Tätigkeit als XXXX gehörte es nach den Angaben des BF zu seinen dienstlichen Aufgaben, Kontakte zu den Sicherheits- und Nachrichtendiensten die im Gastland arbeiteten zu knüpfen und zu pflegen (VHS 14).

Durch die Abberufung als Verbindungsoffizier musste der BF einen massiven Einkommensverlust, von rund EUR 6.800,-- netto im Monat auf EUR 4.500,-- hinnehmen (Beschwerde, Seite 12).

Nach dem Ende seiner Tätigkeit als Verbindungsoffizier versah der BF zunächst Dienst bei der Fremdenpolizei und sodann seit 01.12.2013 im XXXX im Bereich „ XXXX “, wo er bis zu seiner ersten Suspendierung am 22.11.2017 Dienst tat. Nach rechtskräftiger Aufhebung dieser Suspendierung durch das BVwG (BVwG-Erkenntnis vom 15.06.2018, GZ W146 2182478-2/3E) wurde er ab 20.06.2018 der XXXX zur Dienstleistung zugewiesen, wo er durch den Wegfall von Nebengebühren und Überstunden weitere Einkommensverluste hinnehmen musste und (nach Aufhebung der Suspendierung) rund EUR 2.800,-- netto im Monat verdiente.

Da er in der XXXX keine Aufträge und auch keine Planstellenbeschreibung hatte, wurde er ab Mai 2020 bis 24.01.2021 in der XXXX ( XXXX ) und bei der XXXX -Beratung eingesetzt, wo er Überstunden machen konnte und so sein Einkommen wieder auf rund EUR 4.000,-- monatlich steigern konnte (AS 751, 861, VHS 3, OZ 8/2).

Der BF besitzt eine kleine Gemeindewohnung in WIEN und ein von ihm neugebautes Haus in XXXX (VHS 4). Bei der Konvertierung seines Schweizer-Franken-Kredites für das Haus in Euro hat er 2014/2015 einen Schaden iHv EUR 120.000,-- erlitten (OZ 8/14). Wegen der Kredite für das Haus hat er Schulden, rund EUR 380.000,--, deren Rückzahlung in Monatsraten von ca EUR 3.310,-- (Beschwerde, 12), er – nach seinen Angaben – mit Hilfe seiner großen Familie und Überstunden bis zur verfahrensgegenständlichen Suspendierung bewältigt hat (VHS 3, 14).

Er ist verheiratet und hat zwei bereits erwachsene Kinder, die beide berufstätig sind. Sein Sohn versieht im XXXX Dienst. Seine Ehefrau war Einzelhandelskauffrau und ist seit 01.05.2000 im Ruhestand (VHS 4).

Aufgrund des Verdachts des Widerstandes gegen die Staatsgewalt bei der Festnahme am 24.01.2021 wurde ein Waffenverbot gegen ihn ausgesprochen und hat er seine Privatwaffen in der Zwischenzeit der Polizei übergeben (VHS 14).

Der BF betrachtet die Abberufung aus seiner Verbindungsbeamtentätigkeit und auch die folgenden gegen ihn gesetzten Maßnahmen der Dienstbehörde sowie die Ermittlungen als eine (politisch) gesteuerte Intrige gegen ihn, was er in der Verhandlung vor dem BVwG auch mehrmals deutliche und emotional zum Ausdruck brachte (VHS 3, 6, 11, 12, 17, 18; OZ 8/5).

Zusammengefasst ist festzustellen, dass die finanzielle Lage des BF im vorgeworfnen Tatzeitraum angespannt war und er sich von seiner Dienststelle und dem BM.I, ungerecht behandelt fühlte und fühlt. Darin könnte ein Motiv für die ihm im Verdachtsbereich vorgeworfenen Handlungen liegen, die der BF sehr emotional bestreitet (VHS 9).

1.2. Zum Sachverhalt

Der BF steht im Verdacht die im Spruch angeführten Tathandlungen begangen zu haben.

1.2.1. Am 20.11.2017 erging aufgrund einer Information eines nicht genannten „befreundeten“ Partnerdienstes an das XXXX , vom XXXX ein Anlassbericht an die StA über den Verdacht gegen den BF, dass dieser Kontakte zu russischen Nachrichtendiensten (ND) während seiner Tätigkeit in der XXXX geknüpft habe. Es bestehe der Verdacht, dass der BF klassifizierte Informationen die von anderen Staaten dem XXXX zur Verfügung gestellt worden seien von seinem dienstlichen E-Mail-Account an seinen privaten E-Mail-Account unter Verstoß gegen Geheimschutznormen weitergeleitet habe.

Der BF gab dazu sinngemäß an, dass Kontakte zu russischen und anderen ND zu seinen Aufgaben als XXXX gehört hätten. Er habe zu den russischen Diensten auch Berichte geschrieben und habe in seiner Funktion und als XXXX zu diversen Empfängen gehen müssen. Er sei auch überwacht worden (VHS 14). Er habe nie Zugang zu Staatsgeheimnissen gehabt (VHS 7). Die 7 Dokumente die er am 14.11.2017 an sich selbst per E-Mail übermittelt habe, seien alt gewesen, vom seiner Dienststelle nie klassifiziert worden und habe er diese zur Vorbereitung der Einschulung eines neuen auszubildenden Mitarbeiters benötigt, weil er auch von seinem Privathaus gearbeitet habe (VHS 7, OZ 8/3). Die 7 Dokumente, die er sodann vorlegte (Beilage ./3 bis ./9 zur VHS) stammen von namentlich genannten Diensten aus Europa und den USA und waren bereits 2014, als „SECRET/RELEASABLE TO AUSTRIA“, „SECRET“, „SECRET/RELEASE TO AUSTRIA“ und „CONFIDENTIAL“ klassifiziert, an die Dienststelle des BF übermittelt worden. Inhaltlich geht es um Personen die verdächtigt wurden XXXX zu unterstützen.

Seit 2017 wird von der StA WIEN zu GZ XXXX ein Ermittlungsverfahren wegen Verrat von Staatsgeheimnissen und Amtsmissbrauch geführt, dass am 16.04.2021, erweitert um weitere Tatbestände an die Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA) abgetreten wurde, die sich derzeit in den umfangreichen Fall einarbeitet (Beilage ./2/VHS, OZ 8/17). Demnach ist derzeit ein Ermittlungsverfahren nach §§ 229 (Urkundenunterdrückung), 252 (Verrat von Staatsgeheimnissen), 256 (Geheimer Nachrichtendienst zum Nachteil Österreichs), 269 (Widerstand gegen die Staatsgewalt), 295 (Unterdrückung eines Beweismittels), 297 (Verleumdung), 302 (Missbrauch der Amtsgewalt), 304 (Bestechlichkeit), 307 (Bestechung), 310 StGB (Amtsgeheimnisbruch) und § 63 DSG (Datenverarbeitung in Gewinn- oder Schädigungsabsicht) gegen den BF anhängig (VHS 7).

In diesem Verfahren ist erst vor kurzem die Antwort auf ein bereits anlässlich des Verdachts aus 2017 gestelltes Rechtshilfeansuchen an die USA betreffend der Auswertung des privaten Google-Accounts des BF bei der StA eingetroffen, das nach einem Schreiben der StA vom 24.02.2021 noch ausgewertet werden muss (AS 145 und VHS 18 unten).

Gegen den BF besteht ein rechtskräftiger Einleitungsbeschluss der DK (I/127) vom 06.12.2017, GZ BMI-40022-0009-DK/1/2017 (zugestellt am 11.12.2017; hier ging es 1. um den Vorwurf am 14.11.2017 dem InfoSiG, der InfoSiV, der Geheimschutzordnung unterliegende Inhalte, entgegen des IKT-Erlasses und der IKT-NutzungsV, drei E-Mails mit 11 Anhängen, davon 8 geheim, vom dienstlichen an den privaten E-Mail-Account übermittelt zu haben, 2. am 22.11.2017 sich an seinen privaten Wohnadressen im Besitz von näher genannten dienstlichen teilweise klassifizierten Unterlagen befunden zu haben über die er nicht verfügen durfte und 3. an seiner Dienststelle, ihm dienstlich nicht zustehende Unterlagen entgegen den Bestimmungen des InfoSiG und der InfoSiV verwahrt zu haben (I/127).

Die Vorwürfe decken sich mit den vorne im Punkt I.3. dargestellten Spruchpunkten des aufgehobenen 2018 aufgehobenen Suspendierungsbescheides bis auf den Umstand, dass dort nur mehr von 10 Anhängen und davon 7 als geheim klassifizierten Dokumenten, die Rede ist (BVwG-Erkenntnis vom 15.06.2018, GZ W146 2182478-2/3E, [I/267, Beschwerde Beilage ./2]).

Nach einem Bericht des XXXX vom 08.01.2020 (AS 227, 232) wurden von 153 bei einer Hausdurchsuchung sichergestellten Datenzeilen über Abfragen des BF, bei 13 Kennzahlen kein dienstlicher Bezug festgestellt bzw keine Rechtfertigung für eine Übermittlung an die private E-Mail-Adresse des BF.

Der BF führte dazu an, dass es zu jeder Abfrage einen dienstlichen Bezug gegeben habe. Der Versuch im drei Aktenvorgänge als Amtsmissbrauch anzulasten sei bereits in zwei Fällen gescheitert (ein Verfahren iZm der Weitergabe von Daten an die Zollfahndung sei im Herbst 2020 eingestellt worden und in einem weiteren habe es einen Freispruch für die BMLV-Mitarbeiter gegeben, ein drittes mit Bezug zu XXXX ruhe offenbar). Die Vertreter seiner Dienststelle und des BAK (Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung) hätten in den Verfahren fälschlich dargelegt, dass es immer eine Aktenzahl für eine Abfrage geben würde. Das Gegenteil sei der Fall. Es müsse aber lediglich dokumentiert und 3 Jahre aufbewahrt werden. Genau das habe er in einem eigenen Ordner und elektronisch, im PC, gemacht (VHS 8, OZ 8/7).

Derzeit seien Ermittlungen im Gange, wo Mitarbeiter seiner Dienststelle beauskunften müssten, ob sie mit ihm in den letzten drei Jahren Kontakt gehabt hätten (VHS 8). Er habe hin und wieder zufällig im BM.I, der XXXX oder in der Stadt Kollegen getroffen und diese hätten, ob der Vorwürfe den Kopf geschüttelt (VHS 4, OZ 8/2.)

Der BF räumte auch ein, dass er über die Jahre hinweg zu anderen Personen in Bereich der Nachrichtendienste und Sicherheitsbehörden im In- und Ausland Kontakte geknüpft habe (VHS 4).

Zum Vorwurf über seine dienstliche E-Mail-Adresse an seine private E-Mail-Adresse klassifizierte Informationen übermittelt zu haben, wurden laut einem „Abschluss-Bericht“ des BAK vom 03.02.2020 (AS 219, 220 und Beschwerde Beilage ./3) bei Auswertung seines dienstlichen Accounts – die aber nur drei Jahre zurück möglich war (VHS 19, AS 865-867) –das Folgende gefunden:

- 4 E-Mails ohne Bezug zu Akten seiner Dienststelle sowie

- 17 E-Mails die klassifizierte Information erhielten (davon 5 mit personenbezogenen Daten aus Abfrageergebnisse aus BMI-Datenbanken) die der BF nicht via E-Mail hätte versenden dürfen.

Im Bericht ist angeführt, dass der BF mehrere klassifizierte Dokumente die nur einem eingeschränkten Personenkreis zugänglich waren, von seinen dienstlichen E-Mail-Adressen an seine private E-Mail-Adresse gesandt habe. Das BAK führte in dem Bericht an, es bedürften auch die bei der Hausdurchsuchung beim BF am 24.01.2021 sichergestellten elektronischen Geräte des BF (iPad/iPhone), deren Passwortherausgabe er verweigere, noch einer Auswertung (lt Schreiben der StA vom 17.02.2021, AS 145) und die weiteren Amtshilfeersuchen ( XXXX -Abfrage [OZ 8/6] zu italienischen Telefonnummern, ausständige Antworten des XXXX zu Ermittlungsakten iZm mit anderen Mitarbeitern die über Abfrageberechtigungen verfügen würden, Umgang mit Kopien von klassifizierten Dokumenten und hinsichtlich Amtshilfe zwischen XXXX und BMLV. Der Verdacht der Weitergabe klassifizierter Informationen an ausländische ND bzw politischer Entscheidungsträger, habe nicht nachgewiesen werden können, hierzu werde das Ergebnis des Rechtshilfeersuchens an die USA abzuwarten sein.

Der BF führte dazu an, dass es völlig absurd wäre „Staatsgeheimnisse“ via Google-Mail an ausländische Dienste weiterzuleiten, weil jeder wisse, dass der US-Nachrichtendienst darauf zugreifen könne (VHS 19). Damit räumt er aber ein, dass dieser Kommunikationsweg nicht sicher iSd des Geheim- und Datenschutzes ist.

Zum Auffinden klassifizierter Informationen gab er an, dass seien jene die ihm bereits 2017 vorgeworfen worden seien und die von seiner Dienststelle nicht gemäß Geheimschutzordnung (GehSO) klassifiziert worden wären, sie seien ganz normal im EDV-System seiner Dienststelle abgespeichert gewesen und er habe sie für die Schulung eines neuen auszubildenden Mitarbeiters gebraucht (VHS 7, OZ 8/3). Die Hausdurchsuchungen in den Büroräumlichkeiten seiner Dienststellen, seien nach einem Urteil des OLG WIEN, XXXX und XXXX rechtswidrig gewesen (OZ 8/9). Von den am 24.01.2021 bei der rechtswidrigen Hausdurchsuchung sichergestellten drei Aktenordner, seien in einem dienstliche Unterlagen für seine Beratungstätigkeit im BM.I/ XXXX gewesen und die weiteren beiden Ordner hätten XXXX betroffen, einem Entführungsfall durch die CIA in Italien aus dem Jahr 2013, wofür er sich aus dienstlichen Fortbildungsgründen interessiert und großteils offen im Internet verfügbare italienische Gerichtsakten ausgewertet habe. Seine privaten OSINT-Recherchen hätten weder dienstliche Aufgaben/Interessen behindert noch Befangenheit hervorgerufen, sondern seien seiner Leidenschaft für diese Themen geschuldet, zu denen er auch über 1000 Sachbücher besitze (OZ 8/10-12).

Der BF unterstreicht damit, dass er über ein umfassendes Expertenwissen verfügt und kann er den Verdacht, dass er dieses durch entgeltliche Beratungstätigkeiten auch zu Geld gemacht hat, damit nicht entkräften. Er übersieht auch, dass ihm 2017/2018 die Übermittlung von 7 „klassifizierten“ Dokumenten per E-Mail vorgeworfen wurde (und nicht davon die Rede war, dass diese von seiner Dienststelle klassifiziert wurden). Nunmehr ist darüber hinaus von 17 klassifizierten Informationen im genannten Bericht die Rede.

Dass er zu den Vorhalten betreffend „ XXXX “ bei der Polizei die Einvernahme am 25.01.2021 abgebrochen hat, ist vor dem Hintergrund, dass dieses Land in der XXXX -Causa eine Rolle spielt, wofür er sich nachweislich interessiert hat, nicht geeignet, den Verdacht, er habe dafür Analysen erstellt, zu entkräften. Die Motive die ihn zum Abbruch bewogen haben, spielen dabei keine Rolle (VHS 14, OZ 8/12).

Laut einem 2. Zwischen-Bericht des BAK vom 07.09.2020 (AS 241-595) wurde zu 382 Fakten, die der BF in diversen Datenbanken des BM.I abgefragt hatte, kein dienstlicher Bezug festgestellt. Eine Einvernahme des BF zu diesen Abfragen hat noch nicht stattgefunden.

Der BF gab dazu an, dass alle Abfragen über einen dienstlichen Bezug verfügen würden, auch wenn manche davon keine Zahl aufweisen würden. Er habe alles in einem Extra-Ordner, so wie es die Vorschriften seiner Dienststelle vorgesehen hätten, dokumentiert, und würden die ermittelnden Beamten in ihren Berichten die Unwahrheit sagen (VHS 9, OZ 8/7). Aufgrund der Sensibilität seiner Arbeit, hätten die ermittelnden Beamten, nicht wissen können, welche Abfragen vor dem 22.11.2017 (davor sei er suspendiert und seine Abfragemöglichkeiten gesperrt gewesen) im Zusammenhang mit seinen Aufgaben standen und was nicht. Es habe das Prinzip gegolten, dass jeder nur so viel zu wissen habe, was unbedingt notwendig war. Nur er könne Aufklärung über die Hintergründe geben, das sei aber von Seiten seiner Dienststelle und der StA WIEN nicht erwünscht, sondern sei man bemüht gewesen ihm seit vielen Jahren unredliches Verhalten „anzudichten“ (OZ 8/16).

Das BAK hat seine Anfragen im „EKIS-System“ vom 15.01.2015 bis 22.11.2017 sichergestellt. Von 22.11.2017 bis 18.06.2018 war der BF suspendiert.

Bestätigt ist, dass der BF im Zeitraum 25.01.2018 bis zum Ende der ersten Suspendierung keine Abfragen in den angeführten BM.I-Applikationen getätigt hat (Zwischen–Bericht BAK vom 25.02.2021, AS 865, 867).

Für den Zeitraum davor, den das BAK ausgewertet haben wollte (ab 22.11.2017 war der BF zwar suspendiert und gesperrt, hätte aber über PC’s (BAKS) bei Polizeidienststellen über die Web-Anwendung abfragen können [AS 861]), waren keine Daten mehr auswertbar, weil die Auswertung nur 3 Jahre rückwirkend möglich ist (Zwischen–Bericht BAK vom 25.02.2021, AS 869).

Damit steht die Aussage des BF gegen die Aussagen in den Berichten der ermittelnden Beamten, wobei die vom BF der Unwahrheit beschuldigten Beamten die – wie das letzte Beispiel beweist – auch durchaus entlastende Fakten angeführt haben und noch keine Einvernahmen zur Klärung des Verdachts hinsichtlich des nicht gegebenen Dienstbezuges erfolgt sind, sodass der Verdacht noch nicht ausgeräumt ist.

Der BF kann mit seiner Aussage aufgrund der ebenfalls von ihm eingeräumten beruflichen Erfahrung und Kontakte nach seiner Suspendierung zu ehemaligen Kollegen und Personen bei in- und ausländischen Diensten und der noch laufenden Ermittlungen zu allfälligen (möglicherweise sogar unwissenden) Helfern in inländischen oder ausländischen Sicherheitsbehörden, den Verdacht derzeit nicht entkräften über diese an nachrichtendienstliche relevante Daten herangekommen zu sein bzw Daten ohne dienstlichen Bezug abgefragt zu haben, die er für seine privaten Ermittlungen bzw Nebenbeschäftigung benötigt hat.

Auch wenn er anführt, dass es sich lediglich um Open-Source-Recherchen (OSINT) und Freundschaftsdienste gehandelt habe (VHS, 11). Es gibt einige Indizien die den Verdacht erhärten. Neben den schon oben erwähnten Anhaltspunkten zB dass bei der Durchsuchung seines Hauses – für eine Jugendfreundin des BF, die den Schlüssel hatte, frei zugängliche –klassifizierte Dokumente ausländischer Nachrichtendienste und anderer ermittlungsrelevanter Vorgänge gefunden wurden (Bericht vom 25.01.2021, AS 803); dass eine Mail-Anfrage eines deutschen Privatdetektives beim ihm gefunden wurde, dem der BF mitgeteilt hatte, dass eine OSINT-Recherche rund EUR 1.000,-- kosten würde (VHS 18); dass der BF keinen Verstoß gegen dienstlichen Interessen sieht, wenn er als Polizist OSINT-Recherchen für Privatpersonen macht (VHS 13) und insbesondere die gleich unten erläuterten Aussagen des Mitbeschuldigten Mag. M XXXX , die den BF in den Dunstkreis der sogenannten XXXX -Affäre bringen.

Wenn der BF anführt er habe dem deutschen Privatdetektiv lediglich zu einem Sicherheitsunternehmen für die von ihm gewünschte OSINT-Recherche weiterleiten wollen, die eben rund EUR 1.000,-- gekostet hätte, kann er damit den Verdacht – vor dem Hintergrund seiner eigenen Geldnot und seinen Fähigkeiten – nicht ausräumen. Zumal auch offen bleibt, warum sich der Detektiv ausgerechnet an ihn gewandt hat (OZ 8/14).

Der BF ist weiters im Besitz zweier GPS-Sender (von den Ermittlern als Peilgeräte bezeichnet) die er sich – wie er angab (VHS 13, OZ 8/12) – beschafft hat, um sie bei Bedarf in seinem Auto zu verbauen, um sein Eigentum zu schützen. Fakt ist, dass derartige Sender auch geeignet sind, um die Beobachtung von Personen (Observation) zu unterstützen. Diese stellen eine Tätigkeit im Kernbereich polizeilicher Aufgaben, aber auch für das Sicherheitsgewerbe dar, welche für Exekutivbeamte nach § 4 Nebenbeschäftigungsverordnung – Inneres, BGBl. II Nr. 84/2016 jedenfalls unzulässig sind, ebenso wie Tätigkeiten im Personenschutz oder als Berufsdetektiv.

1.2.2. Der BF stand in laufendem Kontakt zu seinem (seit 01.04.2018 karenzierten) Vorgesetzten und Freund Mag. M XXXX (im Folgenden: M). M hat als Beschuldigter ausgesagt, dass sowohl er als auch der BF den XXXX (im Folgenden: J) persönlich kennen (der BF bestreitet das [VHS 11: „Ich hatte mit ihm nie Kontakt“]) und der BF ein- oder zweimal (2018, 2019) sogar in der XXXX -Villa in XXXX zu Besuch war, wo der BF auch die Mitarbeiter des J, Alexander XXXX und Sabine XXXX kennengelernt habe (was der BF bestreitet obwohl Visitenkarten bei ihm gefunden wurden [VHS 14]). J sei auch oft in WIEN gewesen. Bei den Treffen in XXXX habe sich der BF „sehr interessiert und offen für Geschäftsideen und Kooperationen“ gezeigt. (Das ist ein Anhaltspunkt, dass der BF Geschäften und damit entgeltlichen Tätigkeiten nicht abgeneigt war!). M hat auch ausgesagt, dass er im Zeitraum Ende 2018 bis Ende 2020 rund 25 Namen von Personen (15 von ihm und 10 von J) an den BF herangetragen und ihn ersucht habe eine nachrichtendienstliche Abklärung dieser Personen durchzuführen. Während der BF von unentgeltlicher Beratungstätigkeit und Freundschaftsdiensten spricht, hat M ausgesagt, dass er den verschuldeten BF bei seinen Kreditrückzahlungen unterstützt und ihm rund EUR 6.000,- in drei Teilzahlungen im Frühjahr 2018, 2019 und 2020 ausbezahlt hat (was der BF als Privatdarlehen bezeichnet [VHS 16]).

Der BF bestreitet, dass dies als Gegenleistung für die von M angeführten nachrichtendienstlichen Recherchen gewesen wäre. Er hätte seit 2018 keinen Zugang mehr zu relevanten Datenbanken. Fakt ist aber, dass der BF – der vom M als kontaktfreudig beschrieben wird – als langjähriger XXXX und Mitarbeiter des XXXX über ein breites Netzwerk an ehemaligen Kollegen und Kontaktpersonen auch bei anderen inländischen und ausländischen Sicherheits- und Nachrichtendiensten verfügt (VHS 4, 19, OZ 8/15) und daher nicht auszuschließen ist, dass er die von ihm benötigen nachrichtendienstlich relevanten Information (auch aus analogen nachrichtendienstlichen Evidenzen, wo ein Zugriff nur schwer nachvollziehbar ist) durch Bestimmung dieser – vorerst noch unbekannten – Personen erhalten haben kann. Was ihm von der StA unter anderem vorgeworfen wird.

Der BF verweigert die Preisgabe der Passwörter der bei ihm bei der Hausdurchsuchung sichergestellten privaten Kommunikationsgeräte, die über seine Kommunikationspartner Auskunft geben könnten und müssen diese daher technisch noch ausgewertet werden. Er hat auch bereits 2018 die Zugangsdaten zu seinem privaten Mail-Account nicht preisgegeben, sodass die StA gezwungen war ein Rechtshilfeansuchen an die US-Behörden zu stellen, die Google offenbar nunmehr zwingen konnten, die Daten herauszugeben. Die Verweigerung der Kooperation mit den Ermittlungsbehörden begründet der BF mit schlechten Erfahrungen aus 2012 (VHS 19). Den Verdacht gegen sich kann er mit diesem Verhalten nicht entkräften.

Bei J handelt es sich um einen wegen Straftaten (gewerbsmäßigen Bandenbetrug) iZm der Insolvenz des Kreditkartenunternehmens „ XXXX “ (das im Verdacht steht auch mit der Organisierten Kriminalität, mit Waffenhändlern, diktatorischen Regierungen in Krisengebieten und Pornoplattformen Geschäfte gemacht zu haben) international gesuchten Manager. J ist mit Unterstützung von M und eines ehemaligen Politikers (der vor kurzem noch nicht rechtskräftig wegen schweren Betruges verurteilt wurde [ XXXX , wienerzeitung.at]) vor der deutschen Justiz über einen Flugplatz in Österreich am 19.06.2020 nach WEISRUSSLAND geflüchtet, wo sich seine Spur verliert.

Beim BF wurden Notizen eines Autokennzeichens vom Fluchttag des J gefunden, das sich der BF notiert hatte, weiters personenbezogene Daten zu einem Investigativjournalisten ( XXXX ) der in der Sache „ XXXX “ in Wien recherchiert hat und mit dem sich der BF in einem Wiener Hotel, gemeinsam mit M und einem österreichischer Unternehmensberater und Journalisten, der sich seit vielen Jahren mit der Bekämpfung von Computerkriminalität und Korruption befasst ( XXXX getroffen hat. Davor hat der BF den erstgenannten Investigativjournalisten auf Wunsch des M überprüft, was der BF auch nicht bestreitet (VHS 10 und 11), aber angibt, dazu keine Datenbanken gebraucht zu haben, sondern OSINT-Recherche betrieben zu haben, da weder M noch er selbst den Journalisten gekannt hätten (VHS 11, OZ 8/9). Beim Treffen in einem Wiener Hotel sei er nicht lange dort gewesen (VHS 10). Er habe M als Freund geholfen, gegen den seit einer Hausdurchsuchung im XXXX am XXXX und iZm XXXX von bestimmten „Main-Stream-Medien“ gehetzt worden sei, obwohl dieser mit XXXX im Gegensatz zu unter anderem namentlich genannten Politikern nichts zu tun gehabt habe. Der Journalist sollte den medialen Focus auf diese Politiker lenken (OZ 8/8-9).

Diese Aussagen widersprechen zum Teil der Aktenlage bzw der Aussage des M, der angab für den J Personen beim BF abgeklärt zu haben und auch die oben angeführten Aussagen zu den Verbindungen zu XXXX traf.

Das Aufschreiben eines KFZ-Kennzeichens just am Fluchttag des J, begründet der BF mit seinen Erfahrungen während seiner Zeit als Verbindungsoffizier, wo er auch überwacht worden sei (VHS 14). Er bemühte sich, damit den Eindruck zu erwecken, dass das eine Gewohnheit von ihm sei. Fakt ist aber, dass in den Berichten zu den Hausdurchsuchungen, bei denen auch die Autos durchsucht wurden, keine Notizen von Autokennzeichen an anderen Tagen gefunden wurden.

Zusammengefasst liegen damit mehrere Anhaltspunkte (und nicht bloß Vermutungen oder vage Gerüchte) vor, dass der BF – allenfalls im Rahmen einer (erwerbsmäßigen) Nebenbeschäftigung – seine dienstlich erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten, Kontakte und Informationszugänge für private Zwecke genutzt haben könnte, um seine angespannte finanzielle Situation durch „Geschäfte“ unter anderem mit M und J zu verbessern.

1.2.2. Hinsichtlich der Vorgänge bei der Hausdurchsuchung seiner Privatwohnung in WIEN am 24.01.2021 liegen unterschiedliche Aussagen von ihm selbst und den beiden einschreitenden Beamten hinsichtlich der Vorgänge in der Wohnung vor. Der BF gibt an, die Polizisten als solche nicht erkannt zu haben, weil sich diese nicht als Polizisten zu erkennen gegeben hätten und aufgrund eines auf das Jahr 2009 zurückgehenden Vorfalles mit einer ausländischen Regierung (VHS 12) an einen Überfall auf sich geglaubt zu haben. Das erscheint doch etwas weit hergeholt, weil dieser Vorfall damit über 20 Jahre zurückliegt.

Fakt ist hingegen, dass die Beamten Zwangsgewalt angewendet haben, weil sich der BF gewehrt hat und der BF dabei verletzt wurde. Letzteres geht aus der Verletzungsdokumentation vom 24.01.2021 (AS 205) hervor.

Ob die vom BF behauptete Beschimpfung durch die Beamten („Jetzt haben wir dich du Dreckschwein.“) vorgelegen ist und die Zwangsgewalt notwendig und verhältnismäßig war (AS 77, VHS 15), steht noch nicht fest und wird durch die StA zu klären sein, weil er und seine Frau gegen die Beamten Anzeige erstattet haben.

Die Aussagen der festnehmenden Beamten (AS 171, Blg 11 der Beschwerde und AS 51), die die Vorgänge anders schildern als der BF, stellen einen Anhaltspunkt dar, dass der BF diese zu Unrecht beschuldigt hat, sich vor dem Zugriff nicht als Polizisten zu erkennen gegeben, ihn beschimpft zu haben und mit unnötiger Brutalität vorgegangen zu sein.

Der Beamte XXXX sagte bei seiner Einvernahme als Zeuge am 01.02.2021, sie hätten die Überjacken ausgezogen und darunter die Westen mit der POLIZEI-Aufschrift getragen, bevor sie die Wohnung betraten, sie hätten gesagt „Herr […] wird sind von der Polizei!“. Er habe die Wohnung als letzter betreten. Nachdem der BF sie wahrgenommen habe, habe er zwei schnelle Schritte in eine Nische unternommen, wo ein kleines Tischchen mit einem MAC-Book gestanden wäre und ein Medienbericht zu XXXX geöffnet war. Für ihn habe es ausgesehen, als wolle er am Laptop hantieren. Ein Mobiltelefon habe er zu diesem Zeitpunkt nicht wahrnehmen können. Zwei Kollegen hätten den BF festgehalten, dieser habe sich gewehrt die Kollegen seien mit ihm zu Boden gegangen. Er habe eingegriffen und den BF mittels Halsklammer fixiert.

Dem Aktenvermerk der beiden anderen Beamten ( XXXX ) vom 24.01.2021 (offenbar irrtümlich mit 18.12.2020 datiert – AS 51) ist zu entnehmen, dass diese die Wohnung mit Hilfe des Schlüssels der Ehefrau des BF, den sie ihr im Hof abgenommen hatten, sowie dem lauten Hinweisruf: „Polizei“ betreten und den BF in der Küche der 37m² Wohnung angetroffen hätten. Sie hätten ihn darauf hingewiesen, dass eine Festnahmeanordnung vorliege. Der BF habe sich daraufhin sofort umgedreht, sei zu dem in der Küche befindlichen Schreibtisch und habe sein Mobiltelefon (Handy) an sich genommen und damit zu hantieren begonnen oder es zu beschädigen versucht. Der Aufforderung es wegzulegen sei er nicht nachgekommen. Sie hätten ihn sodann an den Händen ergriffen, dieser habe sich aber massiv gewehrt und weiter versucht am Handy zu hantieren. Selbst als sie zu Boden gegangen seien, habe er sich weiter heftig gewehrt und das Anlegen der Handschellen verhindern wollen. Erst durch das Zusammenwirken mit dem dritten Beamten ( XXXX ) sei es gelungen ihn zu fixieren und im Handschellen anzulegen.

Die Aussagen der beiden Zeugen XXXX XXXX (AS 189) und XXXX (AS 185), sowie seiner verletzten Frau XXXX (Blg 10 der Beschwerde und Blg 10 VHS) – die sich nur im Hof aufgehalten haben – können den Verdacht nicht ausräumen, weil sie beim Zugriff in der Wohnung nicht dabei waren.

Vor diesem Hintergrund kann der BF den Verdacht der Verleumdung und der ungerechtfertigten Gegenwehr nicht ausräumen.

 

2. Beweiswürdigung:

Mit der Abkürzung VHS wird auf die Verhandlungsschrift beim BVwG verwiesen, die Abkürzung I/Seitenzahl bezieht sich auf den Aktenordner I der die Unterlagen zur später 2018 vom BVwG aufgehobenen Suspendierung im November bzw Dezember 2017 enthält. Die Unterlagen dazu sind relevant, weil im Spruchpunkt 1 des nunmehr beschwerdegegenständlichen Bescheides, wiederum die Datenabfragen des BF im Zeitraum 2015-2017 und der damit iZ stehende Verdacht der Weitergabe von Staatsgeheimnissen angeführt ist und ein rechtskräftiger Einleitungsbeschluss [Ordner I/127] existiert.

Die Abkürzung AS/Seitenzahl bezieht sich auf den Aktenordner, der der beschwerdegegenständlichen vorläufigen Suspendierung und Suspendierung zugrunde liegt.

Die Abkürzung OZ auf die Ordnungszahlen aus dem Akt des BVwG, wobei zur OZ 8 – der Stellungnahme des BF zur VHS – zusätzlich nach dem Schrägstrich die Seitenzahl angeführt ist.

Die Feststellungen zur Person ergeben sich aus der Disziplinaranzeige, den im Akt befindlichen Personaldaten und den Angaben des BF in der Verhandlung. Die Angaben zu den Gründen seines Abzuges und der damit verbundenen Einstellung des Verfahrens bei der StA und den Freispruch im Disziplinarverfahren im Mai 2014, basieren auf den Angaben des BF in der Verhandlung.

Die Feststellungen zur Sache ergeben sich aus den Angaben des BF, den vorliegenden Niederschriften, Berichten und sichergestellten Beweismitteln im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, deren wesentlicher Inhalt in der in der VHS aufgenommenen Tabelle ebenso näher dargestellt wurde, wie die Antworten des BF dazu, die in den Feststellungen mit der AS bzw Seitenzahlen seiner Eingabe wiedergegeben wurden.

Zusammengefasst sind, seit den vom BVwG im Juni 2018 aufgehobenen Suspendierungen eine Reihe von weiteren Verdachtsgründen hinzugekommen, denen der BF – der im Wesentlichen bei den Ermittlungsbehörden die Aussagen verweigerte und den Beamten wahrheitswidrige Berichterstattung unterstellt – nicht ausreichend substantiiert entgegengetreten ist, um die Verdachtsgründe hinsichtlich der vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen ausräumen zu können.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zulässigkeit und Verfahren

Die Beschwerden wurde gemäß § 7 Abs 4 VwGVG innerhalb der Frist von vier Wochen bei den Behörden eingebracht. Anhaltspunkte für eine Unzulässigkeit der Beschwerden sind nicht hervorgekommen. Die vorläufige Suspendierung endet zwar mit der rechtskräftigen Entscheidung durch das BVwG über die Suspendierung, dass schließt aber nicht aus, dass der BF ein nachträgliches rechtliches Interesse an der Feststellung deren Rechtmäßigkeit hat (vgl VwGH 14.11.2017 Ra 2017/09/0022).

Der Antrag auf Aufhebung der Bezugskürzung beim BVwG im Rahmen der Beschwerde ist hingegen unzulässig (siehe dazu unten B).

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. § 135a BDG sieht bei Entscheidungen über (vorläufige) Suspendierungen keine Senatszuständigkeit vor. Gegenständlich besteht somit Einzelrichterzuständigkeit.

Das VwG hat gemäß § 28 Abs 2 VwGVG 2014 in der Sache zu entscheiden und seiner Entscheidung die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Entscheidung zu Grunde zu legen (vgl. E 21. Oktober 2014, Ro 2014/03/0076; E 24. März 2015, Ro 2014/09/0057). Das VwG hat daher im Verfahren betreffend Suspendierung zu beurteilen, ob im Zeitpunkt seiner Entscheidung die Voraussetzungen einer Suspendierung gegeben waren, ob also durch die Belassung des Beamten im Dienst, hier also durch die Aufhebung der von der belangten Behörde verfügten Suspendierung, wegen der Art der dem Beamten zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet würden (VwGH 20.10.2015, Ra 2015/09/0035). Diesbezüglich war zu berücksichtigen, dass die Untersuchungshaft des BF aufgehoben und dieser am 18.02.2021 aus der Haft entlassen wurde (VHS 18).

 

Zu A)

3.2. Gesetzliche Grundlagen und Judikatur

Die auf den vorliegenden Fall anzuwendende Normen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG) lauten (Auszug, Hervorhebungen durch BVwG):

Allgemeine Dienstpflichten

§ 43. (1) Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

(2) Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.[…]

Dienstpflichten gegenüber Vorgesetzten

§ 44. (1) Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist.

[…]

Amtsverschwiegenheit

§ 46. (1) Der Beamte ist über alle ihm ausschließlich aus seiner amtlichen Tätigkeit bekanntgewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, im wirtschaftlichen Interesse einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, zur Vorbereitung einer Entscheidung oder im überwiegenden Interesse der Parteien geboten ist, gegenüber jedermann, dem er über solche Tatsachen nicht eine amtliche Mitteilung zu machen hat, zur Verschwiegenheit verpflichtet (Amtsverschwiegenheit).

(2) Die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit besteht auch nach Beendigung des Dienstverhältnisses.

(3) Hat der Beamte vor Gericht oder vor einer Verwaltungsbehörde auszusagen und läßt sich aus der Ladung erkennen, daß der Gegenstand der Aussage der Amtsverschwiegenheit unterliegen könnte, so hat er dies seiner Dienstbehörde zu melden. Die Dienstbehörde hat zu entscheiden, ob der Beamte von der Pflicht zur Amtsverschwiegenheit zu entbinden ist. Sie hat dabei das Interesse an der Geheimhaltung gegen das Interesse an der Aussage abzuwägen, wobei der Zweck des Verfahrens sowie der dem Beamten allenfalls drohende Schaden zu berücksichtigen sind. Die Dienstbehörde kann die Entbindung unter der Voraussetzung aussprechen, daß die Öffentlichkeit von dem Teil der Aussage, der den Gegenstand der Entbindung bildet, ausgeschlossen wird.

(4) Läßt sich hingegen aus der Ladung nicht erkennen, daß der Gegenstand der Aussage der Amtsverschwiegenheit unterliegen könnte, und stellt sich dies erst bei der Aussage des Beamten heraus, so hat der Beamte die Beantwortung weiterer Fragen zu verweigern. Hält die vernehmende Behörde die Aussage für erforderlich, so hat sie die Entbindung des Beamten von der Pflicht zur Amtsverschwiegenheit zu beantragen. Die Dienstbehörde hat gemäß Abs. 3 zweiter bis vierter Satz vorzugehen.

(5) Im Disziplinarverfahren ist weder der Beschuldigte noch die Disziplinarbehörde oder der Disziplinaranwalt zur Wahrung der Amtsverschwiegenheit verpflichtet.

 

Nebenbeschäftigung

§ 56. (1) Nebenbeschäftigung ist jede Beschäftigung, die der Beamte außerhalb seines Dienstverhältnisses und einer allfälligen Nebentätigkeit ausübt.

(2) Der Beamte darf keine Nebenbeschäftigung ausüben, die ihn an der Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben behindert, die Vermutung seiner Befangenheit hervorruft oder sonstige wesentliche dienstliche Interessen gefährdet.

(3) Der Beamte hat seiner Dienstbehörde jede erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung und jede Änderung einer solchen unverzüglich zu melden. Eine Nebenbeschäftigung ist erwerbsmäßig, wenn sie die Schaffung von nennenswerten Einkünften in Geld- oder Güterform bezweckt.

[...]

(6) Die Ausübung einer aus den Gründen des Abs. 2 unzulässigen Nebenbeschäftigung oder Tätigkeit im Sinne des Abs. 5 ist von der Dienstbehörde unverzüglich mit schriftlicher Weisung zu untersagen.

(7) Die zuständige Bundesministerin oder der zuständige Bundesminister kann mit Verordnung regeln, welche Nebenbeschäftigungen jedenfalls aus den Gründen des Abs. 2 unzulässig sind.

 

Suspendierung

§ 112. (1) Die Dienstbehörde hat die vorläufige Suspendierung einer Beamtin oder eines Beamten zu verfügen,

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1

wenn über sie oder ihn die Untersuchungshaft verhängt wird oder

2.

wenn gegen sie oder ihn eine rechtswirksame Anklage wegen eines in § 20 Abs. 1 Z 3a angeführten

Delikts vorliegt und sich die Anklage auf die Tatbegehung ab dem 1. Jänner 2013 bezieht oder

3.

wenn durch ihre oder seine Belassung im Dienst wegen der Art der ihr oder ihm zur Last gelegten

Dienstpflichtverletzungen das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet

würden.

Im Falle eines Strafverfahrens gegen eine Beamtin oder einen Beamten hat das Strafgericht die zuständige

Dienstbehörde zum frühestmöglichen Zeitpunkt über die Verhängung der Untersuchungshaft oder vom

Vorliegen einer rechtskräftigen Anklage zu verständigen.

           

(2) Jede vorläufige Suspendierung ist unverzüglich der Bundesdisziplinarbehörde mitzuteilen, die über die Suspendierung innerhalb eines Monats zu entscheiden hat. Die vorläufige Suspendierung endet spätestens mit rechtskräftiger Entscheidung der Bundesdisziplinarbehörde oder des Bundesverwaltungsgerichts über die Suspendierung. Ab dem Einlangen der Disziplinaranzeige bei der Bundesdisziplinarbehörde hat diese bei Vorliegen der in Abs. 1 genannten Voraussetzungen die Suspendierung zu verfügen.

(3) Der Disziplinaranwältin oder dem Disziplinaranwalt steht gegen die Entscheidung der Bundesdisziplinarbehörde, gemäß Abs. 2 keine Suspendierung zu verfügen, und gegen die Aufhebung einer Suspendierung durch die Bundesdisziplinarbehörde das Recht der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu.

(4) Jede Suspendierung, auch eine vorläufige, hat die Kürzung des Monatsbezuges der Beamtin oder des Beamten auf zwei Drittel für die Dauer der Suspendierung zur Folge. Für die Dauer der vorläufigen Suspendierung erfolgt eine Auszahlung ohne Kürzung. Nach Verfügung der Suspendierung durch die Bundesdisziplinarbehörde nach Abs. 2 oder durch das Bundesverwaltungsgericht nach Abs. 3 ist der über die gekürzten Bezüge hinausgehend ausbezahlte Betrag unter sinngemäßer Anwendung des § 13a Abs. 2 bis 4 GehG hereinzubringen. Die Dienstbehörde, ab Einlangen der Disziplinaranzeige bei der Bundesdisziplinarbehörde diese, hat auf Antrag der Beamtin oder des Beamten oder von Amts wegen die Kürzung zu vermindern oder aufzuheben, wenn und soweit das monatliche Gesamteinkommen der Beamtin oder des Beamten und ihrer oder seiner Familienangehörigen, für die sie oder er sorgepflichtig ist, die Höhe des Mindestsatzes im Sinne des § 26 Abs. 5 PG 1965 nicht erreicht.

(5) Nimmt die Beamtin oder der Beamte während der Suspendierung eine erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung auf oder weitet eine solche aus oder übt sie oder er während der Suspendierung eine unzulässige Nebenbeschäftigung aus, erhöht sich die Kürzung des Monatsbezugs gemäß Abs. 4 um jenen Teil, um den ihre oder seine Einkünfte aus dieser Nebenbeschäftigung ein Drittel ihres oder seines Monatsbezugs übersteigen. Zu diesem Zweck hat die Beamtin oder der Beamte unverzüglich ihre oder seine Einkünfte aus dieser Nebenbeschäftigung bekannt zu geben. Kommt sie oder er dieser Pflicht nicht nach, so gilt der ihrer oder seiner besoldungsrechtlichen Stellung entsprechende Monatsbezug als monatliches Einkommen aus der Nebenbeschäftigung.

(6) Die Suspendierung endet spätestens mit dem rechtskräftigen Abschluß des Disziplinarverfahrens. Fallen die Umstände, die für die Suspendierung der Beamtin oder des Beamten maßgebend gewesen sind, vorher weg, so ist die Suspendierung von der Bundesdisziplinarbehörde unverzüglich aufzuheben.

(7) Die Beschwerde gegen eine (vorläufige) Suspendierung oder gegen eine Entscheidung über die Verminderung (Aufhebung) der Bezugskürzung hat keine aufschiebende Wirkung.

(8) Wird die Bezugskürzung auf Antrag des Beamten vermindert oder aufgehoben, so wird diese Verfügung mit dem Tage der Antragstellung wirksam.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat dazu unter anderem festgestellt:

Allgemeine Voraussetzung für eine Suspendierung im Sinne des BDG ist, dass dem BF schwerwiegende Dienstpflichtverletzungen zur Last gelegt werden. Es genügt im Sinne der Rechtsprechung des VwGH ein entsprechend konkreter Verdacht („begründeter Verdacht“ iSd § 109 Abs. 1 BDG); die Dienstpflichtverletzung muss zum Zeitpunkt der Suspendierung auch noch nicht nachgewiesen sein (VwGH 20.11.2001, 2000/09/0133; 29.11.2002, 95/09/0039; 04.09.2003, 2000/09/0202).

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH handelt es sich bei einem konkreten Verdacht um „hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte“, aus denen nach der Lebenserfahrung mit Wahrscheinlichkeit auf ein Vergehen geschlossen werden kann (VwGH 27.06.2002, 2001/09/0012; 29.4.2004, 2001/09/0086; 16.09.2009, 2009/09/0121).

Der Verdacht kann immer nur auf Grund einer Schlussfolgerung aus Tatsachen entstehen (VwGH 16.9.2009, 2009/09/0121) und somit können für die Schöpfung eines rechtsrelevanten Verdachtes weder bloße Gerüchte noch vage Vermutungen ausreichen (vgl. VwGH 27.6.2002, 2001/09/0012; 09.11.2009, 2008/09/0298).

Die Berechtigung zur Verfügung der Suspendierung liegt allein in dem Bedürfnis, noch vor der Klärung der Frage des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung in der abschließenden Entscheidung über die angemessene Disziplinarstrafe des Beamten, eine den Verwaltungsaufgaben und dem Dienstbetrieb dienende, vorübergehende Sicherungsmaßnahme zu treffen. Die Suspendierung eines Beamten gehört demnach in die Reihe jener vorläufigen Maßnahmen, die in zahlreichen Verfahrensgesetzen vorgesehen sind, um einen Zustand vorübergehend zu ordnen, der endgültig erst aufgrund des in der Regel einen längeren Zeitraum beanspruchenden förmlichen Verfahrens geregelt wird, und dadurch Nachteile und Gefahren - insbesondere für das allgemeine Wohl - abzuwehren und zu verhindern. Im Hinblick auf diese Funktion der Suspendierung können an die in der Begründung eines die Suspendierung verfügenden Bescheides darzulegenden Tatsachen, die den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung begründen, keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Ähnlich wie beim Einleitungsbeschluss (an den ebenfalls Rechtsfolgen geknüpft sind) muss das dem Beamten im Suspendierungsbescheid zur Last gelegte Verhalten, das im Verdachtsbereich als Dienstpflichtverletzung erachtete wurde, nur in groben Umrissen beschrieben werden. Die einzelnen Fakten müssen nicht bestimmt, das heißt in den für eine Subsumtion relevanten Einzelheiten beschrieben werden. In der Begründung des Suspendierungsbescheides ist darzulegen, warum sich nach dem geschilderten Verhalten der Verdacht einer die Suspendierung rechtfertigenden Dienstpflichtverletzung ergibt (VwGH, 27.06.2002, 2000/09/0053 und 27.02.2003, 2001/09/0226, und die jeweils darin angegebene Judikatur).

Es ist ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass bei Beurteilung der Schwere einer Dienstpflichtverletzung gemäß § 93 Abs. 1 BDG als gravierend ins Gewicht fällt, wenn ein Beamter durch die ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen gerade jene Werte verletzt, deren Schutz ihm in seiner Stellung (etwa als Exekutivbeamten) oblag (Hinweis E 21.02.2001, Zl. 99/09/0133, und E 20.11.2001, Zl. 2000/09/0021). An dieser Auffassung hat sich auch durch das E VS vom 14.11.2007, Zl. 2005/09/0115, nichts Grundsätzliches geändert (VwGH 15.05.2008, 2006/09/0073).

Der Beginn der Verjährungsfrist iSd § 94 Abs 1 Z 1 BDG 1979 wird nur durch ein „eindeutiges Wissen um konkrete Umstände, die eine Dienstpflichtverletzung darstellen würden" ausgelöst und es kommt auf konkretes Wissen von konkreten Personen, nämlich Organwaltern der Dienstbehörde, an. Die Eintragung über Handlungsweisen eines Beamten in ein Behörden-Journal, das offensichtlich Dokumentationszwecken dient, ist nicht als eine Kenntnisnahme der Disziplinarbehörde von der ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzung iSd § 94 Abs. 1 Z 1 BDG 1979 zu werten (VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0007).

„Kenntnis erlangt" die Disziplinarbehörde in einer die Frist in Lauf setzenden Weise, wenn sie - von dem später allenfalls als Dienstvergehen zu würdigenden Verhalten des Beamten - ausreichend Mitteilung erhält, wobei nur das auf sicheren Grundlagen beruhende Wissen über bestimmte Tatsachen, die zu einem begründeten Verdacht führen (vgl. Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten3, 53) maßgebend ist. Nicht entscheidend ist eine zutreffende rechtliche Subsumtion, also die Kenntnis davon, dass die bekannt gewordenen Tatsachen einen disziplinär zu ahndenden Tatbestand erfüllen (VwGH 24.03.2004, 2001/09/0005).

Die Hemmungstatbestände des § 94 Abs. 2 BDG 1979 treten unbedingt und absolut ein. Es kommt ausschließlich darauf an, dass ein Verfahren - sofern der der Dienstpflichtverletzung zugrundeliegende Sachverhalt Gegenstand der Anzeige oder eines der folgenden Verfahren ist - bei einer der in § 94 Abs. 2 BDG 1979 genannten Gerichte und Behörden anhängig war/ist. Das Verhalten der Disziplinarbehörde während dieser Fortlaufshemmung hat auf die Hemmung der in § 94 Abs. 1 und 1a BDG 1979 genannten Fristen keinen Einfluss (VwGH 05.09.2013, 2013/09/0012).

Der im Einleitungssatz des § 94 Abs. 2 BDG 1979 genannte "zugrundeliegende Sachverhalt" führt dann zur Hemmung des Laufes der in § 94 Abs. 1 und 1a genannten Fristen, wenn der Beamte - in Idealkonkurrenz - durch ein und dieselbe Tat sowohl eine Dienstpflichtverletzung nach dem BDG 1979 als auch durch ein Delikt, das strafrechtlich oder verwaltungsstrafrechtlich zu ahnden ist, begangen haben könnte. Die Voraussetzung der Identität des Sachverhalts bedeutet, dass es sich um dieselbe Tat handeln muss, nicht jedoch, dass sich die entsprechenden Sachverhaltselemente vollständig decken müssen. Auch auf die verbale Umschreibung des Verhaltens und auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Benennung der Tat kommt es nicht an. Umgekehrt tritt bei Realkonkurrenz zwischen den genannten Delikten (wenn also z.B. eine Verfolgung wegen eines anderen Verhaltens erfolgt) eine Hemmung jedenfalls nicht ein (VwGH 05.09.2013, 2013/09/0058)

Voraussetzung für das Vorliegen eines fortgesetzten Deliktes sind im vorliegenden Rechtsbereich "Disziplinarrecht" - der herrschenden Betrachtungsweise im Strafrecht folgend - sowohl objektive als auch subjektive Faktoren. Als objektive Voraussetzungen müssen gegeben sein: 1) Gleichartige Einzelhandlungen, 2) Angriff auf dasselbe Rechtsgut, 3) die einzelnen Handlungen dürfen nicht durch einen großen Zeitraum unterbrochen sein (zeitlicher Zusammenhang), 4) räumliche Kontinuität. Darüber hinaus müssen die Einzelakte im Sinne der subjektiven Komponente von einem einheitlichen Willensentschluss (Gesamtvorsatz) getragen sein. Der Gesamtvorsatz muss den erstrebten Gesamterfolg der Tat in seinen wesentlichen Umrissen umfassen. Der allgemeine Entschluss, eine Reihe gleichartiger strafbarer Handlungen bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu begehen, reicht nicht aus, um auf der inneren Tatseite Fortsetzungszusammenhang zu begründen (VwGH 14.01.1993, 92/09/0286).

Der Zeitpunkt der Beendigung der Dienstpflichtverletzung, von dem an die objektive Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 94 Abs. 1 Z 2) zu laufen beginnt, ist jener, in dem das mit Strafe bedrohte Verhalten aufhört. Bei fortgesetzten Delikten (= mehrmals hintereinander begangene Delikte) beginnt die Frist somit erst zu laufen, wenn auch der letzte Teilakt abgeschlossen ist (Berufungskommission 09.04.1999, 3/7-BK/99).

Im Verfahrensstadium der Suspendierung kann die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass es sich bei der Vielzahl von 23 innerhalb eines Zeitraumes zwischen 2003 und 20. Mai 2019 gesetzten Tathandlungen, die bei Wahrunterstellung einen Angriff auf dasselbe Rechtsgut darstellen würden und auf ein für ein fortgesetztes Delikt erforderliches Gesamtkonzept hindeuten würden, nicht erschüttern. Erst wenn die Tatzeitpunkte näher determinierbar werden, kann die Judikatur des VwGH, dass unter Berücksichtigung des Einzelfalles größere Abstände zwischen den Tathandlungen gegen die Annahme eines fortgesetzten Deliktes sprechen können, zum Tragen kommen. Es werden somit keine Gründe für eine offenkundige Verjährung aufgezeigt (VwGH 26.02.2021, Ra 2021/09/0007).

3.3. Rechtliche Beurteilung des konkreten Sachverhalts

3.3.1. Allgemein

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum hier einschlägigen § 112 Abs 1 Z 3 BDG ist die Suspendierung ihrem Wesen nach eine sichernde Maßnahme, die bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen im Verdachtsbereich zwingend zu treffen ist. Sie stellt keine endgültige Lösung dar. Es braucht daher nicht nachgewiesen zu werden, dass der Beamte die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung tatsächlich begangen hat. Diese Aufgabe kommt vielmehr erst den Disziplinarbehörden im Disziplinarverfahren zu. Es genügt demnach, wenn gegen den Beschuldigten ein Verdacht besteht. Dies ist dann der Fall, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung rechtfertigen. Ein Verdacht kann immer nur auf Grund einer Schlussfolgerung aus Tatsachen entstehen. Die Berechtigung zur Verfügung der Suspendierung liegt allein in dem Bedürfnis, noch vor der Klärung der Frage des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung in der abschließenden Entscheidung über die angemessene Disziplinarstrafe des Beamten eine den Verwaltungsaufgaben und dem Dienstbetrieb dienende, vorübergehende Sicherungsmaßnahme zu treffen. Die Suspendierung eines Beamten gehört demnach in die Reihe jener vorläufigen Maßnahmen, die in zahlreichen Verfahrensgesetzen vorgesehen sind, um einen Zustand vorübergehend zu ordnen, der endgültig erst auf Grund des in der Regel einen längeren Zeitraum beanspruchenden förmlichen Verfahrens geregelt wird, um dadurch Nachteile und Gefahren - insbesondere für das allgemeine Wohl - abzuwehren und zu verhindern.

Im Hinblick auf diese Funktion der Suspendierung können an die in der Begründung eines die Suspendierung verfügenden Bescheides darzulegenden Tatsachen, die den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung begründen, keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Das dem Beamten im Suspendierungsbescheid zur Last gelegte Verhalten, das im Verdachtsbereich als Dienstpflichtverletzung erachtet wurde, muss nur in groben Umrissen beschrieben werden. Die einzelnen Fakten müssen nicht bestimmt, das heißt in den für eine Subsumtion relevanten Einzelheiten beschrieben werden. In der Begründung des Suspendierungsbescheides ist aber darzulegen, warum sich nach dem geschilderten Verhalten der Verdacht einer die Suspendierung rechtfertigenden Dienstpflichtverletzung ergibt.

Jene Behörde, welche über die Suspendierung entscheidet, hat aber zu beurteilen, ob dem Beamten ausreichend schwere Dienstpflichtverletzungen zur Last liegen, um ihn vorläufig an der Ausübung seines weiteren Dienstes zu hindern. Die Verfügung der Suspendierung setzt den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung voraus, die wegen „ihrer Art" das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet. Es können daher nur schwer wiegende, auf der Hand liegende Interessen der Verwaltung als sachbezogen anerkannt werden und die Suspendierung rechtfertigen. So kann eine Suspendierung zunächst in Betracht kommen, weil das verdächtige Verhalten noch nicht abzugrenzen, aber als schwer wiegend zu vermuten ist. Auch bei geringeren Verdachtsgründen kann aus der konkreten Situation das dienstliche Interesse an der Suspendierung begründet sein, z.B. bei denkbarer Verdunkelungsgefahr im Dienst oder schwerer Belastung des Betriebsklimas. Dagegen liegt das dienstliche Interesse, und zwar sowohl vor wie auch nach Aufklärung, bei Verfehlungen auf der Hand, die in der Regel zur Disziplinarstrafe der Entlassung führen. Denn darin kommt eine so erhebliche Unzuverlässigkeit zum Ausdruck, dass der Verwaltung und der Allgemeinheit bis zur Klärung und zum Abschluss des Falles eine Weiterbeschäftigung nicht zugemutet werden kann.

Es ist eine Suspendierung anderseits insbesondere dann unzulässig, wenn etwa bereits im Zeitpunkt der Entscheidung über ihre Verfügung offenkundig die Voraussetzungen für die Einstellung des Disziplinarverfahrens nach § 118 Abs 1 BDG vorliegen. Bloße Gerüchte und vage Vermutungen allein reichen zur Verfügung der Suspendierung nicht aus. Vielmehr müssen greifbare Anhaltspunkte für eine Dienstpflichtverletzung in ausreichender Schwere sowohl in Richtung auf die objektive als auf die subjektive Tatseite gegeben sein, welche die von § 112 Abs 1 BDG geforderten Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt.

3.3.2. Zur Schwere der Dienstpflichtverletzung

Die BDB hat in ihrer Begründung im Wesentlichen nachvollziehbar und schlüssig dargestellt, dass der BF im Verdacht stehe schwere Dienstpflichtverletzungen nach §§ 43 Abs 1 und Abs 2 BDG begangen zu haben und dies mit den Ermittlungen der StA zum Verdacht des Missbrauchs der Amtsgewalt (§ 302 StGB), der Verletzung Amtsgeheimnis (§ 310 StGB), des Verrat von Staatsgeheimnissen (§ 252 StGB) und der Anzeige wegen Verleumdung (§ 297 StGB) begründet. Sie hat ausgeführt, dass damit Dienstpflichtverletzungen nach den §§ 43 Abs 1 und Abs 2 einhergehen.

Dem Schreiben der StA WIEN mit der diese den Fall an die WKStA abgetreten hat, sind hingegen die folgenden Straftatbestände zu entnehmen, die darüber hinausgehen:

§§ 229 (Urkundenunterdrückung), 252 (Verrat von Staatsgeheimnissen), 256 (Geheimer Nachrichtendienst zum Nachteil Österreichs), 269 (Widerstand gegen die Staatsgewalt), 295 (Unterdrückung eines Beweismittels), 297 (Verleumdung), 302 (Missbrauch der Amtsgewalt), 304 (Bestechlichkeit), 307 (Bestechung), 310 StGB (Amtsgeheimnisbruch) und § 63 DSG (Datenverarbeitung in Gewinn- oder Schädigungsabsicht).

Dieser Tatverdacht betrifft den Kernbereich der Dienstpflichten des BF als Polizist und Angehörigen des XXXX . Zu den Kernaufgaben des XXXX zählen ua die Bekämpfung der Spionage (und damit auch der Schutz von klassifizierten Informationen und Staatsgeheimnissen), des internationalen Waffenhandels und der organisierten Kriminalität sowie die Lagebeurteilungen und Gefährdungseinschätzungen in diesen Bereichen. Dazu sind dem XXXX Sonderbefugnisse zur Datenermittlung eingeräumt (vgl XXXX ).

Gerade in Dienststellen, die mit Sonderbefugnissen zur Datenermittlung ausgestattet sind kommt der Amtsverschwiegenheit gemäß § 46 BDG (bzw dem Amtsgeheimnis), der Befolgung von Weisungen (der IKT-Erlass des BM.I und die Geheimschutzvorschrift stellen eine Weisung iSd § 44 Abs 1 BDG dar) und Gesetzen die dem Schutz personenbezogener Daten und klassifizierter Informationen dienen (DSG, InfoSiG und VO, IKT-Nutzungsverordnung) besondere Bedeutung zu.

So ist der vom BF übergebenen Tabelle zur GehSO des Bundes (Beilage 11/VHS) zu entnehmen, dass für „GEHEIM“ (entspricht SECRET) klassifizierte Informationen ua spezielle Aufbewahrungspflichten in Räumen gelten und die Übermittlung und elektronische Verarbeitung auf normalen BAKS-Geräten (PC) oder die Versendung per E-Mail nicht zulässig ist sowie Kopien entsprechend dokumentiert und registriert werden müssen.

Das Verbot von Nebenbeschäftigungen die die Erfüllung dienstlichen Aufgaben behindern, die Vermutung einer Befangenheit hervorrufen oder sonstige wesentliche dienstliche Interessen gefährden (§ 56 BDG), soll im gegebenen Kontext garantieren, dass die dienstlich erworbenen Fähigkeiten und Zugänge zu einschlägiger Überwachungstechnik und Datensammlungen nicht für privaten Zwecke missbraucht werden und dadurch das Vertrauen der Allgemeinheit in die korrekte Dienstausübung und der Ruf des Polizeikorps geschädigt wird.

Der Verdacht, dass der BF zur Schaffung finanzieller Vorteile (und sei es nur um einen Privatkredit zu erlangen), Privatermittlungen und Privatberatungen von Freunden (M) und deren Geschäftspartnern (J) gemacht hat und dafür dienstlich verfügbare Daten herangezogen hat, sei es nun OSINT oder sogar klassifizierte oder der Amtsverschwiegenheit unterliegende Information, ist bereits als ausreichend gravierend anzusehen, um die Suspendierung zu tragen. Dabei kommt es für die angeführten Dienstpflichtverletzungen nach BDG gar nicht darauf an, ob der BF tatsächlich damit auch andere Nachrichtendienste zum Nachteil Österreichs unterstützte oder es sich um formal durch eine österreichische Dienststelle klassifizierte Informationen bzw Staatsgeheimnisse gehandelt hat.

Im Gegenstand kommen noch die dem BF vorgeworfenen zahlreichen Datenzugriffe ohne derzeit feststellbaren dienstlichen Bezug, die nicht vorschriftsmäßige Lagerung klassifizierter Informationen in seinem Privathaus, wo seine Jugendfreundin – die sich um das Haus in seiner Abwesenheit kümmerte – Zugang hatte, die zum Teil eingeräumte Versendung von personenbezogenen Daten und von anderen Diensten klassifizierter Information über E-Mail, der Widerstand gegen die Festnahme und der Verdacht der Verleumdung von Polizistenkollegen (der ihn festnehmenden Beamten aber auch der mit den Ermittlungen gegen ihn beim XXXX und BAK beauftragten, denen er unterstellt wahrheitswidrige Berichte verfasst zu haben) hinzu.

Die belangte Behörde konnte alles als Beweismittel heranziehen, was Verdachtsmomente beinhalten könnte und geeignet und nach Lage des Falles zweckdienlich war. Dass diese Beweise teilweise bei im Nachhinein als rechtswidrige erklärte Hausdurchsuchungen gewonnen wurden, spielt im hier gegeben Kontext keine Rolle.

Die Forderung nach eigenen Ermittlungen der Disziplinarbehörde im Suspendierungsverfahren und der Ausnutzung der einmonatigen Entscheidungsfrist dafür, geht – angesichts der Vielzahl der den BF belastenden Berichte – ins Leere (vgl dazu auch VwGH 26.06.2003, 2002/09/0197; 24.06.2015, Ra 2015/09/0012).

Dem BF ist es im Beschwerdeverfahren – in Kenntnis der Vorwürfe – nicht gelungen durch seine angeführten Argumente die Verdachtsmomente zu entkräften bzw dazulegen, dass diese offensichtlich nicht vorliegen.

Mit der Bestreitung der wesentlichen Tathandlungen kann der im Raum stehende Tatverdacht, die angeführten Dienstpflichtverletzungen begangen zu haben nicht aus der Welt geschafft werden.

Die Tathandlungen sind – nicht zuletzt durch die festgestellten Widersprüchlichkeiten der Aussagen des BF zu jenen des M und die noch ausstehenden Ergebnisse der Amtshilfeersuchen und Auswertung seiner elektronischen Kommunikationsmittel – noch nicht klar abgrenzbar und ist die Aufklärung des tatsächlichen Sachverhaltes dem eigentlichen Disziplinarverfahren (nach Abschluss der Ermittlungen der StA bzw des Strafverfahrens) ebenso vorbehalten, wie die Aufklärung des Motives bzw des Verschuldens des BF.

Zusammengefasst liegt, unabhängig vom Ausgang der strafrechtlichen Prüfung der Verdacht schwerer Dienstpflichtverletzung gem. §§ 43 Abs 1 und Abs 2, 44, 46 Abs 1 und 56 BDG vor.

3.3.3. Gefährdung wesentlicher dienstlicher Interessen

Die Dienstbehörde muss sich uneingeschränkt darauf verlassen können, dass Beamte die in einem derart sensiblen Bereich wie der BF eingesetzt sind und über besondere Befugnisse, Fähigkeiten, Kenntnisse und Informationszugänge verfügen, diese nicht zu Privatzwecken einsetzen.

Dass der BF bereits seit November 2017 nicht mehr Dienst auf seinem Arbeitsplatz im XXXX versieht, ändert nichts daran, weil wesentliche Verdachtsgründe erst nachher entstanden sind und es Anhaltspunkte dafür gibt, dass der BF (weiterhin) über den Umweg von alten Kontakten – und unter Nutzung seiner Erfahrung und seiner Fähigkeiten – über nachrichtendienstliche Informationen verfügte bzw diese verfügbar machen konnte. Er steh im Verdacht diese durch OSINT verdichtete und damit Beratungstätigkeiten für Geschäftspartner, Bekannte oder Freunde erbracht zu haben, um letztlich einen finanziellen Vorteil zu generieren und seine angespannte Finanzlage aufzubessern.

Selbst, wenn er gegenüber seinen Geschäftspartnern oder anderen Informationsempfängern nur vorgegeben hat, weiterhin über aktuelle nachrichtendienstliche Zugänge zu verfügen oder nur OSINT für diese betrieb, hat er diese Tätigkeit seinem Dienstgeber gegenüber nicht gemeldet und dabei riskiert mit unseriösen oder anrüchigen Geschäftspartnern (Pornografie, Waffenhandel, Geldwäsche und organisierte Kriminalität) in Verbindung zu kommen. Was sich letztlich durch den Kontakt mit J, selbst wenn er tatsächlich nur über M gelaufen sein sollte, wobei es Anhaltspunkte gibt, dass der BF auch direkten Kontakt zu J hatte, realisiert hat.

Durch Vorwürfe gegen Kollegen die gegen ihn ermitteln oder Amtshandlungen durchführen müssen, gefährdet er darüber hinaus massiv den Betriebsfrieden und das Ansehen der Polizei.

Die Causa wird – aufgrund der internationalen Bekanntheit des BF in einschlägigen Kreisen – auch international von Sicherheitsbehörden, auf deren Zusammenarbeit und Informationszugänge das BM.I angewiesen ist, beobachtet, sodass diesen kein Anlass gegeben werden darf, dass Österreich die Verdachtsgründe nicht entsprechend ernst nimmt und vor Klärung die verdächtigen Personen (darunter der BF) im aktiven Dienst belässt, wodurch wiederum wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet wären.

Zusammengefasst liegt auf der Hand, dass die vorgeworfenen Tathandlungen – sollten sich sich auch nur teilweise als richtig erweisen – keine treue Erfüllung der dienstlichen Aufgaben sind und einen massiven Vertrauensschaden sowohl gegenüber dem Dienstgeber als auch gegenüber seinen Kolleginnen und Kollegen im In- und Ausland sowie in der Öffentlichkeit (die Medien haben mehrfach darüber berichtet) darstellen.

Die Voraussetzungen des § 112 Abs 1 Z 3 BDG liegen daher vor.

3.3.4. Keine offenkundigen Einstellungsgründe

Eine Suspendierung ist unzulässig, wenn bereits im Zeitpunkt der Entscheidung über ihre Verfügung offenkundig ist, das heißt auf der Hand liegt, dass die Voraussetzungen für die Einstellung des Disziplinarverfahrens vorliegen. Dies wäre etwa bei inzwischen eingetretener Verjährung, bei bloßem Bagatellcharakter der zur Last gelegten Tat oder bereits diagnostizierter Schuldunfähigkeit des Beschuldigten der Fall. Diese Offenkundigkeit liegt im Gegenstand nicht vor.

Die disziplinäre Verantwortlichkeit ist von der strafrechtlichen zu trennen. Das Disziplinarverfahren stellt ein eigenes, vom gerichtlichen Strafverfahren getrenntes Verfahren dar, das von den Disziplinarbehörden selbst zu führen ist, wenn das gerichtliche Strafverfahren eingestellt werden sollte.

Dass die Vorwürfe keine Bagatelldelikte betreffen ist unstrittig.

Das Argument der Verjährung bezüglich der Vorwürfe aus 2017 geht schon deshalb ins Leere, weil es diesbezüglichen einen rechtskräftigen Einleitungsbeschluss gibt (vgl VwGH 15.09.2020, Ra 2020/09/0030, mit zahlreichen weiteren Nachweisen) vorliegt und weil aufgrund der strafrechtlichen Vorwürfe und der laufenden Ermittlungen der StA eine Hemmung des Fristablaufes gemäß § 94 Abs 2 Z 3 und 5 BDG vorliegt. Die in der Stellungnahme zur VHS getätigten Vorwürfe, die StA halte sich nicht an die StPO (insb § 108a) und wären die Ermittlungen zu den bereits seit 2017 vorliegenden Vorwürfen bereits abzuschließen gewesen, ändern nichts daran, dass diese noch nicht abgeschlossen sind und keine diesbezügliche Meldung bei der Dienstbehörde gemäß § 94 Abs 2 Z 5 BDG eingelangt ist, welche die Hemmung der Verjährungsfrist beenden würde.

Die in der Beschwerde angeführten Mängel im Spruch und in der Begründung des Bescheides der BDB werden durch dieses Erkenntnis saniert. Auch nach Aufhebung der U-Haft liegen ausreichend die Suspendierung tragende Gründe vor.

Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu B) Zurückweisung des Antrages auf Bezugskürzung

Gemäß § 112 Abs 4 hat die Dienstbehörde, ab Einlangen der Disziplinaranzeige bei der Bundesdisziplinarbehörde diese, auf Antrag der Beamtin oder des Beamten oder von Amts wegen die Kürzung zu vermindern oder aufzuheben, wenn und soweit das monatliche Gesamteinkommen der Beamtin oder des Beamten und ihrer oder seiner Familienangehörigen, für die sie oder er sorgepflichtig ist, die Höhe des Mindestsatzes im Sinne des § 26 Abs 5 PG 1965 nicht erreicht.

Da der BF den Antrag auf Verminderung der Bezugskürzung beim BVwG gestellt hat und dem BVwG diesbezüglich keine Zuständigkeit zur Entscheidung zukommt, ist der Antrag als unzulässig zurückzuweisen. Erst über eine Beschwerde gegen einen Bescheid in dieser Sache, käme dem BVwG - nach Vorlage der Beschwerde dagegen – eine Zuständigkeit zu.

Zu C) Unzulässigkeit der Revision

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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