BVwG I413 1416747-3

BVwGI413 1416747-320.9.2017

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §55 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:I413.1416747.3.00

 

Spruch:

I413 1416747-3/27.E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX (alias XXXX alias XXXX alias XXXX), geboren am XXXX (alias XXXX alias XXXX), StA. Ägypten (alias Israel alias Palästina alias Afghanistan, alias unbekannt), vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Wien (BAW) vom 10.02.2016, Zl. 527862306-1750458, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17.03.2017 zu Recht erkannt:

 

A)

 

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz des ersten Spruchteils des Spruchpunkt III. wie folgt lautet:

 

"Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' gemäß § 57 Asylgesetz 2005 wird nicht erteilt."

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger von Ägypten und stellte im Zuge einer fremdenrechtlichen Kontrolle erstmals am 04.08.2010 unter der Identität XXXX, geb. XXXX und der Staatsangehörigkeit Palästinas, einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

2. Den ersten Antrag auf internationalen Schutz beschied das Bundesasylamt mit Bescheid vom 27.10.2010, Zl: 10 06.894-BAW negativ. Wies ihn aus dem österreichischen Bundesgebiet aus und erkannte einer Berufung gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung ab. Die dagegen fristgerecht erhobene Berufung wies der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 20.12.2010, GZ: E4 416.747-1/2010/6E, als unbegründet ab.

 

3. Im Zuge einer fremdenrechtlichen Kontrolle wurde der Beschwerdeführer am 04.02.2012 abermals im Bundesgebiet betreten und stellte er seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Er gab an XXXX zu heißen, am XXXX geboren und ägyptischer Staatsangehöriger zu sein. Seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz stelle er, um seinen Aufenthalt in Österreich zu legalisieren und wären seine Fluchtgründe aus dem ersten Antrag zudem auch noch aufrecht. Das Bundesasylamt beschied den zweiten Antrag auf internationalen Schutz ebenfalls negativ und wies den Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Ägypten aus. Die dagegen fristgerecht erhobene Beschwerde wies der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 09.07.2012, Geschäftszahl: B1 416.747-2/2012/7E, erneut als unbegründet ab.

 

4. Diesen zweiten Antrag auf internationalen Schutz wies der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 09.07.2012, GZ B1 416747-2/2012, erneut ab.

 

5. Am 11.11.2013 stellte der Beschwerdeführer einen dritten Antrag auf internationalen Schutz und begründete diesen zusammengefasst damit, dass er Probleme in seinem Heimatland habe und die Lage in Ägypten jetzt gefährlich sei. Anlässlich seiner Einvernahme durch das BFA am 19.02.2013 gab er zu seinen neuen Fluchtgründen an, dass er unter psychischen Problemen leide und von seiner Familie ausgegrenzt werde. Er sei zu einer Therapie in eine Kirche gegangen. Da ihn hierbei einige Leute beobachtet hätten, glaubten diese, er sie zum Christentum konvertiert, obwohl er Muslim sei. Er sei deshalb auch geschlagen worden. Im Weiteren teilte er mit, dass seine ursprüngliche Angabe, er habe einen Mann umgebracht, nicht stimme. Er rede wegen seiner psychischen Erkrankung häufig Unsinn.

 

6. Mit bekämpftem Bescheid vom 10.02.2016, Zl 527862306/1750458, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Ägypten (II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Ägypten zulässig ist (III.). Für seine freiwillige Ausreise räumte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer eine Frist von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung ein (IV.).

 

7. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde vom 29.02.2016, in der der Beschwerdeführer die Rechtswidrigkeit des Inhaltes der Entscheidung sowie die Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften machte.

 

8. Im Hinblick auf die vorgelegten medizinischen Befunde beauftragte das Bundesverwaltungsgericht den medizinischen Sachverständigen Dr. Wolfgang XXXX mit der Erstattung eines Gutachtens. Dieser erstattete nach Untersuchung des Beschwerdeführers am 29.02.2017 ein Gutachten, in dem er zusammengefasst zu folgenden Schlussfolgerungen gelangte:

Eine zuordenbare psychische Erkrankung ist bei nur schwer nachvollziehbarer Anamnese und derzeit unauffälligem Status nicht festzustellen. Eine Beeinträchtigung von Diskretions- und Dispositionsfähigkeit ist aktuell nicht gegeben. Unter der Vermutungsdiagnose einer Persönlichkeitsstörung wäre primär eine Gesprächstherapie zu empfehlen. Eine psychotische Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis, die in früheren Befunden vermutet wurde, derzeit aber nicht nachvollziehbar ist, wäre primär einer antipsychotischen Medikamentation zugänglich. Es ergeben sich derzeit keine Hinweise auf Suizidgefährdung, sonstige Selbstgefährdung oder Fremdgefährdung. Da derzeit keine zuordenbare psychische Erkrankung festzustellen ist, sind gesundheitlich negative Folgen einer allfälligen Rückkehr in das Herkunftsland nicht zu erwarten. Gegen derartige negative Konsequenzen spricht auch die Mitteilung des Untersuchten, dass sein Beschwerdebild seit dem siebenten Lebensjahr unverändert, also auch unabhängig von äußeren Einflüssen und Lebensereignissen, vorliege.

 

9. Am 17.03.2017 führte das Bundesverwaltungsgericht die mündliche Verhandlung durch, in der der Beschwerdeführer als Partei einvernommen wurde. Im Zuge der Verhandlung erörterte das Bundesverwaltungsgericht ua den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers sowie das vom Bundesverwaltungsgericht hierzu in Auftrag gegebenes Sachverständigengutachten. Befragt nach seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, aufgrund seiner psychischen Beeinträchtigung in seinem Herkunftsstaat sowohl von seiner Familie als auch von der ägyptischen Gesellschaft schlecht behandelt worden zu sein und in Ägypten keine Würde zu haben. Die erstmals in diesem Asylantrag erwähnte Misshandlung aufgrund einer ihm unterstellten Konvertierung, habe er aufgrund von Unkonzentriertheit bislang nicht erwähnt.

 

10. Mit E-Mail vom 23.03.2017 verzichtete der Beschwerdeführer auf die Abgabe einer Stellungnahme zum psychiatrischen Gutachten von Dr. XXXX vom 29.02.2017.

 

11. Am 26.04.2017 übermittelte die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers eine Teilnahmebestätigung des ÖIF über die Teilnahme im Rahmen von "Treffpunkt Deutsch" an einer Deutsch-Lerngruppe im Zeitraum vom 29.02.2017 bis 11.04.2017.

 

12. Mit Telefax vom 24.07.2017 teilte der Beschwerdeführer dem Bundesverwaltungsgericht unter Vorlage eines ZMR-Ausdrucks seine neue Wohnadresse mit.

 

13. Am 19.09.2017 übermittelte die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers mehrere medizinische Befunde.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

 

Der Beschwerdeführer ist volljährig, ledig, Staatsbürger von Ägypten, gehört der Volkgruppe der Araber an und bekennt sich zum islamischen Glauben. Seine Identität steht nicht fest.

 

Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren Krankheit noch ist er längerfristig pflege- oder rehabilitationsbedürftig. Sein Gesundheitszustand steht seiner Rückkehr nicht entgegen.

 

In Ägypten weist eine elfjährige Schulausbildung auf. Eine Berufsausbildung absolvierte der Beschwerdeführer nicht. In seinem Herkunftsstaat verdiente sich der Beschwerdeführer bislang seinen Lebensunterhalt durch verschiedene Hilfsarbeiten wie z.B. in der Landwirtschaft, in der Baumaterialienaufbereitung und in einer Glasfabrik. Seine Eltern, seine drei Schwestern und zwei Brüder halten sich vor in Ägypten auf und hat der Beschwerdeführer zu seinem jüngsten Bruder nach wie vor regelmäßigen telefonischen Kontakt über den Messengerdienst "Viber".

 

Der Beschwerdeführer hält sich seit (mindestens) 04.08.2010 in Österreich auf. Er reiste legal in das Bundesgebiet ein. In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine familiären Anknüpfungspunkte. Der Beschwerdeführer spricht kaum Deutsch. Darüber hinaus liegt auch keine maßgebliche soziale oder integrative Verfestigung vor.

 

Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten.

 

1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass er in Ägypten aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt werden würde.

 

Der Beschwerdeführer wird im Fall seiner Rückkehr nach Ägypten mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner Verfolgung aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung und keiner existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.

 

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Ägypten:

 

Die Verhältnisse in Ägypten haben sich seit der Erlassung des bekämpften Bescheides nicht maßgeblich und auch nicht nachteilig für den Beschwerdeführer verändert.

 

Unter Berücksichtigung der aktuellen Länderberichte (Stand 02.05.2017) stellt sich die Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers im Wesentlichen wie folgt dar:

 

Ägypten ist ein sicherer Herkunftsstaat, der fähig und willens ist, seine Bürger zu schützen.

 

Ägypten durchlebte im Zuge des sog "arabischen Frühlings" im Jahr 2011 eine Periode der politischen Instabilität, die nach massiven Protesten gegen die Regierung des gewählten Präsidenten Mursi durch das Militär am 03.07.2013 beendet wurde. Nach der Suspension der Verfassung trat am 18.01.2014 die neue Verfassung in Kraft, nach welcher Ägypten ein demokratischer Rechtsstaat mit dem Islam als Staatsreligion, Arabisch als Amtssprache und den Prinzipien der Scharia die Hauptquelle der Gesetzgebung ist. Seit Juni 2014 amtiert die Regierung des Präsidenten Abdel Al-Sisi zunächst ohne Parlament, seit 11.01.2016 wieder mit einem Abgeordnetenhaus. Seit 2011 ist die Sicherheitslage in Ägypten instabil. Die Kräfte des politischen Islam wurden durch den Sturz des Präsidenten Mursi geschwächt, dennoch bleiben religiöse Kräfte stark. Politische Auseinandersetzungen sind häufig mit Gewaltausbrüchen begleitet. Die sicherheitspolitischen Herausforderungen bleiben infolge verschiedentlicher Angriffe islamischer Terrornetzwerke, zB in der westlichen Wüste oder am Sinai beträchtlich. Es besteht landesweit ein erhöhtes Risiko terroristischer Anschläge und der Gefahr von Entführungen. Infrastruktureinrichtungen zählen zu besonderen Zielen terroristischer Anschläge. Vereinzelt sind auch westliche Einrichtungen Ziele von Anschlägen. Besonders gefährdet ist die Halbinsel Sinai, wo es wiederholt zu schweren terroristischen Anschlägen auch durch die Terrororganisation ISIS gekommen ist und im nördlichen Teil der Ausnahmezustand verhängt wurde.

 

Die neue Verfassung gewährleistet die Unabhängigkeit der Justiz und die Immunität der Richter. In der Regel handeln Gerichte unparteilich, wobei vereinzelt politisch motivierten Urteilen vorkommen. Die Urteile werden in der Regel von der Regierung akzeptiert. Strafgerichte folgen westlichen Standards mit Unschuldsvermutung, detaillierter Information über die Anklagepunkte und dem Recht auf eine anwaltliche Vertretung und Verteidigung.

 

Ägypten verfügt über einen sehr ausgeprägten internen Sicherheitsapparat, welcher eine effektive Kontrolle der Bevölkerung durch die Regierung ermöglicht. In der Vergangenheit waren wichtige Aufgaben des Sicherheitsdienstes die Überwachung der Opposition und der Einsatz bei Demonstrationen. In den vergangenen Jahrzehnten herrschte die überwiegende Zeit der Ausnahmezustand, wodurch den Sicherheitsbehörden außerordentliche Befugnisse bei der Überwachung und der Inhaftierung, vornehmlich von Angehörigen der Muslimbruderschaft, eingeräumt wurden.

 

Dem Innenministerium und den Armeekräften werden Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Gewalttätige Angriffe auf Demonstrationen und Tätlichkeiten gegenüber Demonstrationen durch Sicherheitskräfte sind durch Aktivisten und Blogger dokumentiert. Die Anwendung von Folter und Gewalt durch die Polizei und den Sicherheitsapparat ist verboten. Es bestehen Berichte über die Anwendung von Folter oder Schlägen zur Erlangung von Geständnissen bei Verhaftungen. Schwerwiegende Fälle von Foltervorwürfen werden untersucht.

 

Die neue ägyptische Verfassung enthält einen Grundrechtekatalog.

 

Ägypten verfügt über ein grundlegend funktionierendes Sozialversicherungssystem mit Elementen der Kranken- und Unfallversicherung. Es ist eingeschränkt leistungsfähig. Eine minimale kostenlose Grund-versorgung ist gegeben. Notfälle werden behandelt; die Grundversorgung chronischer Krankheiten ist minimal und oft nur mit Zuzahlungen gegeben. Im Großraum Kairo über 100 staatliche Krankenhäuser, ua die Unikliniken Kasr El Aini und Ain Shams. Die Versorgung mit Medikamenten im örtlichen Markt ist ausreichend. Importe werden staatlich kontrolliert.

 

Mit fast 30 Ärzten pro 10.000 Einwohner (regionaler Schnitt 10/10.000) hat Ägypten eine vergleichsweise gute medizinische Versorgung. Die Möglichkeit der ambulanten Versorgung in privaten Kliniken oder Praxen ist in Kairo vielfältig. Eine medizinische Versorgung von Patienten ist gewährleistet. Sowohl die Ausstattung von medizinischen Einrichtungen als auch die fachärztliche Kompetenz sind in den meisten Fällen gegeben.

 

Der Großteil der ägyptischen Bevölkerung ist über den Staat versichert, wobei diese Versicherung an Ausbildung oder Arbeitsplatz gekoppelt ist. Arbeitslose oder Arme sind ausgeschlossen. Wegen der teils gravierenden Qualitätsmängel in der staatlichen Versorgung - mangelnde Hygiene oder vernachlässigte Wartung von Geräten ebenso wie unterbezahltes Personal - werden die großen Krankenhäuser zugunsten privater Kliniken gemieden.

 

2. Beweiswürdigung:

 

2.1. Zum Sachverhalt: Beweis zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde aufgenommen durch den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten der belangten Behörde, insbesondere seiner niederschriftlichen Einvernahmen vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz vom 29.02.2016, in die vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen sowie das vom Bundesverwaltungsgericht in Auftrag gegebene psychiatrische Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Neurologie und allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Dr. Wolfgang XXXX vom 28.02.2017 sowie in den aktuellen Strafregisterauszug der Republik Österreich, in den aktuellen Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister, Auszug aus dem ZMR, durch Einsichtnahme in das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Ägypten mit Stand 11.01.2016 und Stand 02.05.2017 sowie durch Einvernahme des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 17.03.2017.

 

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

 

Die Feststellungen zu seiner Volljährigkeit, seinem Familienstand, seiner Staatsangehörigkeit, seiner Volksgruppenzugehörigkeit sowie seiner Konfession gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde und in der mündlichen Verhandlung vom 17.03.2017. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, dass Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt. Nachdem der Beschwerdeführer keine identitätsbezeugenden Dokumente in Vorlage brachte ist seine Identität nicht belegt.

 

Die Feststellung zu seinem Gesundheitszustand resultiert auf dem vom Bundesverwaltungsgericht in Auftrag gegebene psychiatrischen Gutachten eines Facharztes für Psychiatrie und Neurologie. Dieses Gutachten basiert auf Grundlage der vom Beschwerdeführer in Vorlage gebrachten Unterlagen sowie einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers durch den Sachverständigengutachter.

 

"Laut Sachverständigengutachter ist kein eindeutiges Krankheitsbild fassbar und führt er in seiner Beurteilung wie folgt aus: "Der Proband schildert im Zuge der Exploration in schwer nachvollziehbarer Weise eine Vielzahl von psychischen Beschwerden und gibt an, dass alle diese parallel, gleichbleibend und unverändert seitdem siebten Lebensjahr bestünden; seine Mitteilungen differieren dabei teilweise erheblich von früheren, in diversen Befunden dokumentierten Aussagen.

 

Die anamnestisch gestellte Diagnose einer paranoid-schizophrenen Psychose lässt sich nach den aktuellen Angaben des Untersuchten nicht nachvollziehen. Herr R [ ] schildert und präsentiert zwar in teilweise dramatischer Weise diverse bizarren Verhaltensweisen, gibt aber letztlich keine akustischen Halluzinationen an, sondern berichtet lediglich bei Aufgeregtheit Selbstgespräche zu führen.

 

Weitere Symptomschilderungen erinnern an psychiatrische Krankheitsbilder wie Manie und Depression, wobei allerdings die Mitteilung des ständigen und gleichzeitigen Vorliegens aller dieser Symptome mit der Diagnose einer bipolar affektiven Erkrankung (nach früheren Diktion manisch-depressiven Erkrankung) widerspricht. Weitere mitgeteilte Beschwerden zeigen Anklänge an eine Zwangssymptomatik oder eine hirnorganische Beeinträchtigung.

 

Im aktuellen Status, also im derzeitigen Querschnittsbefund, lässt Herr R [ ] dabei, abgesehen von einer gewissen Impulsivität, keine Auffälligkeiten erkennen. Er zeigt keine Denkstörungen, die etwa bei einer schizophrenen Erkrankung zu erwarten wären und weist auch keine affektiven Symptome im Sinne von Manie oder Depression auf. Die kognitiven Fähigkeiten sind nicht beeinträchtigt; der Proband kann problemlos die gestellten Fragen beantworten und bewältigt die Anforderungen des ausführlichen und langen Untersuchungsgespräches ohne Zeichen einer herabgesetzten Belastbarkeit. Orientierung und Realitätsbezug sind ohne Einschränkung gegeben.

 

Zusammenfassend ist damit festzuhalten, dass den Angaben des Probanden über Symptomatik und Verlauf seiner Beschwerden keine eindeutige Diagnose einer psychischen Erkrankung zugeordnet werden kann, insbesondere sprechen auch seine Mitteilungen über den Verlauf, die angegebene völlige Therapieresistenz sowie der aktuell unauffällige Status gegen eine vorliegende psychiatrische Erkrankung. Anklänge finden sich insgesamt am ehesten an eine Persönlichkeitsstörung mit emotionaler Instabilität, die aber keine psychische Krankheit im engeren Sinne darstellt."

 

Hinsichtlich der gutachtlichen Fragestellungen beantworten der Sachverständigengutachter dies folgendermaßen:

 

"1. Eine zuordenbare psychische Erkrankung ist bei nur schwer nachvollziehbarer Anamnese und derzeit unauffälligem Status nicht festzustellen.

 

2. Eine Beeinträchtigung von Diskretions- und Dispositionsfähigkeit ist aktuell nicht gegeben.

 

3. Unter der Vermutungsdiagnose einer Persönlichkeitsstörung wäre primär eine Gesprächstherapie zu empfehlen. Eine psychotische Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis, die in früheren Befunden vermutet wurde, derzeit aber nicht nachvollziehbar ist, wäre primär einer antipsychotischen Medikation zugänglich.

 

4. Es ergeben sich derzeit keine Hinweise auf Suizidgefährdung, sonstige Selbstgefährdung oder Fremdgefährdung.

 

5. Da derzeit keine zuordenbare psychische Erkrankung festzustellen ist, sind gesundheitlich negative Folgen einer allfälligen Rückkehr in das Herkunftsland nicht zu erwarten. Gegen derartige negative Konsequenzen spricht auch die Mitteilung des Untersuchten, dass sein Beschwerdebild seit dem siebten Lebensjahr unverändert, also auch unabhängig von äußeren Einflüssen und Lebensereignissen, vorliege."

 

Dem Sachverständigengutachten ist der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vom 17.03.2017 nicht fachlich substantiiert entgegengetreten. Die in der mündlichen Verhandlung beantragte und vom Bundesverwaltungsgericht eingeräumte Möglichkeit einer schriftlichen Stellungnahme zum psychiatrischen Gutachten wurde vom Beschwerdeführer nicht genützt, zumal der Beschwerdeführer nachträglich mit Schriftsatz vom 23.03.2017 hierauf verzichtete.

 

Aus dem Befundbericht der psychosozialen Dienste Wien vom 18.09.2017 ergeben sich gegenüber den bereits anlässlich der Begutachtung durch Dr. XXXX am 29.02.2017 vorliegenden Befunden bzw Kurzbefunden dieser Einrichtung keine Änderungen. Die unverändert vorgetragene Diagnose paranoide Schizophrenie vermag die Schlussfolgerungen des nichtamtlichen Sachverständigen Dr. XXXX vom 29.02.2017 nicht zu widerlegen. Wie der Sachverständige deutlich ausführt, ist die anamnestisch gestellte Diagnose einer paranoid-schizophrenen Psychose nicht nachzuvollziehen und die Symptomschilderungen nicht mit dem Krankheitsbild in Einklang zu bringen, sodass eine eindeutige Diagnose nicht möglich ist und aufgrund des Verlaufes der Krankheit, der Therapieresistenz sowie des aktuell unauffälligen Status die Beschwerden gegen eine psyhiatrische Erkrankungen sprechen. Diesen schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen im Gutachten von Dr. XXXX werden durch den zuletzt vorgelegten Befundbericht nicht ansatzweise widersprochen. Zudem ist der Befundbericht einer Einrichtung wie der psychosozialen Dienste Wien nicht auf demselben fachlichen Niveau wie das Gutachten eines Facharztes für Psychiatrie, sodass auch aus diesem Grund keine Zweifel an der Richtigkeit der gutachterlichen Schlussfolgerungen aufkommen. Damit steht für das Bundesverwaltungsgericht in Würdigung aller Umstände und auch aufgrund des in der mündlichen Verhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks vom Beschwerdeführer, einen für sein Alter kräftigen Mann, der während der gesamten Verhandlung völlig orientiert, konzentriert und wach wirkte und keinerlei Anzeichen einer Bewusstseinstrübung erkennen ließ, dass der Beschwerdeführer an keiner schweren Krankheit leidet, sondern als gesund zu bezeichnen ist. Daher war die entsprechende Feststellung zu treffen.

 

Die Feststellungen zu den Lebensumständen des Beschwerdeführers in seinem Herkunftsstaat – insbesondere zu seiner Schulausbildung sowie dem bisherigen Verdienst seines Lebensunterhaltes und seiner Familiensituation, resultierten aus seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben vor der belangten Behörde und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 17.03.2017.

 

Der bisherige Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich ist durch die Einsichtnahme in den gegenständlichen Verwaltungsakt, die Verwaltungsakten der vorangegangenen Verfahren sowie einer Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister belegt. Seine jüngste Wohnsitzänderung hat der Beschwerdeführer dem Bundesverwaltungsgericht bekannt gegeben. Sie ist durch den entsprechenden Eintrag im ZMR bestätigt. Dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine familiäre Beziehung in Österreich verfügt, bestätigte er gleichbleibend sowohl vor der belangten Behörde als auch bei seiner Vernehmung in den mündlichen Verhandlungen. Auch wenn der Beschwerdeführer mehrere Deutschkursbesuchsbestätigungen der Caritas und des Österreichischen Integrationsfonds in Vorlage brachte, konnte sich der erkennende Richter in der mündlichen Verhandlung vom 17.03.2017 persönlich von den kaum vorhandenen Deutschkenntnissen des Beschwerdeführers überzeugen. Zum Nachweis einer sozialen Verfestigung legte der Beschwerdeführer einen vom 10.07.2015 sowie einen vom 15.03.2017 datierten Arbeitsvorvertrag, drei private Unterstützungserklärungen in Vorlage. Glaubhaft erachtet der erkennende Richter auch die Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung, wonach er über einen vornehmlich aus ägyptisch-, türkisch- und tunesischstämmigen Freundeskreis verfügt, mit denen er auch seine Freizeit gestaltet.

 

Die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 17.08.2017.

 

2.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

 

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Ägypten weder aufgrund seiner politischen oder religiösen Einstellung, noch aufgrund seiner sozialen Herkunft, seiner Rasse, seiner Nationalität oder seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt wird, ergibt sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde sowie in den mündlichen Verhandlungen vom 17.03.2017.

 

Seinen Antrag auf internationalen Schutz begründete der Beschwerdeführer sehr allgemein mit einer Benachteiligung aufgrund seiner psychischen Beeinträchtigung. Allerdings war seinem diesbezüglichen Vorbringen die Glaubhaftigkeit zu versagen. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer die österreichischen Behörden durch die Angabe einer falschen Identität sowie eines unrichtigen Herkunftsstaates zu täuschen versuchte und sich dadurch einen unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet zu erschleichen beabsichtigte.

 

Seinem Fluchtvorbringen im zweiten Asylantrag schenkte das Bundesasylamt ebenfalls keinen Glauben. Das Bundesasylamt äußerte den Verdacht, dass der Beschwerdeführer den zweiten Asylantrag lediglich zur Umgehung fremdenpolizeilicher Maßnahmen und zur Legalisierung seines Aufenthaltes in Österreich stellte. Diesen Verdacht bestätigte der Asylgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 09.07.2012.

 

Seinem Fluchtvorbringen im gegenständlichen dritten Verfahren war ebenfalls die Glaubhaftigkeit zu versagen. Nach allgemeiner Lebenserfahrung geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass ein Asylwerber, der bemüht ist, in einem Land Aufnahme und Schutz zu finden, in der Regel bestrebt ist, alles diesem Wunsch Dienliche vorzubringen und zumindest die Kernfluchtgeschichte möglichst umfassend und gleichbleibend schildert, sodass der Behörde erkennbar ist, welchen massiven Bedrohungen er im Herkunftsland ausgesetzt ist. Die vollkommen allgemein gehalten, vagen und unsubstantiierten Angaben zum Fluchtmotiv des Beschwerdeführers waren jedoch nicht geeignet, eine derart schwere Verfolgung glaubhaft zu machen, die ihn dazu getrieben hätten, sein Heimatland zu verlassen.

 

Dies spiegelt sich auch in der Steigerung seines Fluchtvorbringens wider, wenn er bei der Befragung durch die belangte Behörde erstmals vermeint, dass er aufgrund seiner psychischen Beeinträchtigung einer massiven Diskriminierung durch seine Eltern und aufgrund seines Heilungsversuches durch einen christlichen Geistlichen des Verdachts der Konvertierung und einer möglichen Verfolgung durch Verwandte ausgesetzt sei.

 

Es ist nicht plausibel, dass der Beschwerdeführer derart relevantes Vorbringen, welches seine Ausreise aus Ägypten hauptsächlich begründet, bei seinen vorangegangen Asylverfahren nicht erwähnt werden vollkommen unerwähnt bleiben. Kein Asylwerber würde eine sich bietende Gelegenheit, zentral entscheidungsrelevante, erlebte Tatsachen zu schildern, ungenützt vorübergehen lassen.

 

Hinzu kommt, dass ein in Auftrag gegebenes psychiatrischen Gutachten eines Sachverständigen bestätigte, dass der Beschwerdeführer – entgegen dessen Behauptung – an keiner psychischen Erkrankung in Form einer paranoiden Schizophrenie oder schweren Depression sondern lediglich eine Persönlichkeitsstörung vermutet wird, welche durch eine Gesprächstherapie behandelbar und keineswegs eine psychiatrische Erkrankung ist.

 

Eine zusammenfassende Gesamtbetrachtung der zuvor genannten Aspekte und Umstände lassen daher die vom Beschwerdeführer behauptete Verfolgung als nicht glaubhaft erscheinen. Der Beschwerdeführer hat seinen Herkunftsstaat aus anderen Gründen verlassen. Eine begründete Gefahr der Verfolgung des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat ist nicht glaubhaft.

 

2.4. Zum Herkunftsstaat:

 

Bezüglich der Erkenntnisquellen zur Lage im Herkunftsstaat wurden sowohl Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen, wie zum Beispiel der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, herangezogen.

 

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

 

Im Zuge der Landung zur mündlichen Verhandlung vom 17.03.2017 wurden dem Beschwerdeführer die Länderberichte (Stand 11.01.2016) zur Kenntnis gebracht und ihm die Möglichkeit einer Stellungnahme hiezu eingeräumt. Der Beschwerdeführer hat hiervon in seiner mündlichen Verhandlung vom 17.03.2017 unsubstantiiert Gebrauch gemacht. Ein Abgleich mit den aktuellen Länderberichten (Stand 02.05.2017) zeigte keine maßgeblich Änderung im Hinblick auf die Situation des Beschwerdeführers.-

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Zu A) Abweisung der Beschwerde

 

3.1 Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

 

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht (vgl auch die Verfolgungsdefinition im § 2 Abs 1 Z 11 AsylG, die auf Art 9 der Richtlinie 2004/83/EG verweist).

 

Flüchtling im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentraler Aspekt der in Art 1 Absch A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH vom 06.10.1999, 99/01/0279).

 

Selbst wenn in einem Staat allgemein schlechte Verhältnisse bzw sogar bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen sollten – was im Falle von Ägypten aber nicht gegeben ist – so läge in diesem Umstand für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der GFK vor. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinaus geht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

 

Um den Status des Asylberechtigten zu erhalten, muss somit die Verfolgung zumindest mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit drohen. Die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt jedoch nicht (vgl VwGH 15.12.2015, Ra 2015/18/0100 und 0101). Dabei hat der Asylwerber im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach § 15 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen (VwGH 15.03.2016, Ra 2015/01/0069).

 

Eine solche Gefährdung des Beschwerdeführers konnte dieser nicht glaubhaft machen.

 

Bereits seine in zwei rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren behaupteten Fluchtgründe waren nicht glaubhaft. Seine nunmehr vorgebrachten Gründe sind – wie in der Beweiswürdigung (II.2.3.) dargelegt –nicht glaubwürdig.

 

Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist nämlich davon auszugehen, dass ein Asylwerber, der bemüht ist, in einem Land Aufnahme und Schutz zu finden, in der Regel bestrebt ist, alles diesem Wunsch Dienliche vorzubringen und zumindest die Kernfluchtgeschichte möglichst umfassend und gleichbleibend schildert, sodass der Behörde erkennbar ist, welchen massiven Bedrohungen er im Herkunftsland ausgesetzt ist. Der Beschwerdeführer machte anlässlich seiner Erstbefragung allgemein gehaltene, vage und unsubstantiierte Angaben zum Fluchtmotiv. Sie sind – wie dargelegt (II.2.3.) nicht geeignet, eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung glaubhaft zu machen. Hieran vermag das spätere, gesteigerte Fluchtvorbringen nichts zu ändern. Ein spätes, gesteigertes Vorbringen kann als unglaubwürdig qualifiziert werden. Zu Recht judiziert der VwGH, dass kein Asylwerber eine sich bietende Gelegenheit, zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, ungenützt vorübergehen lassen würde (VwGH 07.06.2000, 2000/01/0250).

 

Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer bereits bei seiner Antragsstellung auf internationalen Schutz vom 04.08.2010 die österreichischen Behörden durch die Angabe einer falschen Identität sowie eines unrichtigen Herkunftsstaates zu täuschen versuchte. Der Richtigkeit der Angaben des Asylwerbers über seine wahre Identität und seine tatsächliche Herkunft kommt grundsätzlich maßgebliche Bedeutung für die Frage zu, ob die vom Asylwerber angegebenen Verfolgungsgründe überhaupt zutreffen können. Entsprächen die Angaben des Asylwerbers über eine Bedrohungssituation in dem von ihm als seinen Herkunftsstaat bezeichneten Staat offensichtlich nicht den Tatsachen, weil seinem Vorbringen insbesondere wegen eines Täuschungsversuches über seine wahre Identität keinerlei Glaubwürdigkeit zukommt, so läge in Ermangelung eines "sonstigen Hinweises" auf eine asylrelevante Verfolgung ein offensichtlich unbegründeter Asylantrag vor (so die Judikatur zum AsylG 1997, VwGH 30.11.2000, 99/20/0590, 30.01.2001, 2000/01/0106 und 27.09.2001, 2001/20/0393).

 

Damit kommt neben der Person des Asylwerbers auch dem Herkunftsstaat im Asylverfahren eine zentrale Bedeutung zu: Der Asylwerber determiniert mit der Bekanntgabe seines Herkunftsstaates in seinem Antrag auf internationalen Schutz - im Zusammenhalt mit dem geltend gemachten, individuellen Fluchtgrund - den Verfahrensgegenstand des Asylverfahrens, wobei es sich bei der Gewährung von Asyl bzw von subsidiärem Schutz nicht um einen amtswegig zu erlassenden, sondern um einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt handelt (vgl VwGH 30.03.2006, 2003/20/0345). Stellt aber ein Asylwerber einen Antrag auf internationalen Schutz unter Verwendung einer falschen Identität, bedeutet das, dass er damit nicht die Verfolgung seiner eigenen, sondern einer anderen Person behauptet. Der Beschwerdeführer täuschte im vorangegangenen Verfahren über seine wahre Identität und über den Herkunftsstaat. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch im gegebenen, dritten Verfahren, wiederum Täuschungshandlungen, etwa über seinen Gesundheitszustand oder auch über seine Fluchtgründe getätigt wurden. Daher leidet darunter die gesamte Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers, da wohl in der Regel nur ein Asylwerber, der bewusst einen unbegründeten Antrag auf internationalen Schutz stellt, sich veranlasst sehen wird, die belangte Behörde durch die Angabe einer Aliasidentität in die Irre zu leiten.

 

Mangels Glaubwürdigkeit der Angaben des Beschwerdeführers kann von der Glaubhaftmachung einer ernstlichen Gefahr einer Verfolgung des Beschwerdeführers in seinem Herkunftsstaat keine Rede sein, sodass für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten keine rechtliche Grundlage gegeben ist.

 

Festgehalten sie auch, dass die allgemeine und die politische Situation in Ägypten mit europäischen Verhältnissen nicht vergleichbar ist. Dieser Umstand allein vermag aber dem Beschwerdeführer nicht den Status eines Asylwerbers zu verschaffen. Der Beschwerdeführer vermochte – wie in der Beweiswürdigung und oben ausgeführt – keine glaubhafte asylrelevante Verfolgung vorzubringen. Mangels konkreter Hinweise auf eine asylrelevante Verfolgung im Herkunftsstaat, sind die Tatbestandsmerkmale des § 3 Abs 1 AsylG daher nicht erfüllt.

 

Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl nicht gegeben sind, war die Beschwerde gemäß Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 Abs 1 AsylG als unbegründet abzuweisen.

 

3.2. Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

 

Dem Beschwerdeführer droht in Ägypten – wie oben ausgeführt – keine asylrelevante Verfolgung.

 

Auch dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Ägypten die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Der Beschwerdeführer ist volljährig, unter Berücksichtigung des Verdachts auf eine Persönlichkeitsstörung gesund und somit arbeitsfähig. Er weist eine mehrjährige Schulbildung auf. Vor seiner Ausreise war er in seinem Herkunftsstaat durch verschiedene Hilfsarbeiten beschäftigt, wodurch er sich bislang seinen Lebensunterhalt bestreiten konnte. Durch die Wiederaufnahme einer entsprechenden Tätigkeit sollte er in seinem Herkunftsstaat auch zukünftig zum Verdienst seines Lebensunterhaltes imstande sein. Seine Familie lebt nach wie vor in seinem Herkunftsstaat, sodass er daher bei seiner Rückkehr nicht auf sich alleine gestellt ist und besteht auch nach wie vor ein Kontakt zu seiner Familie. Damit ist der Beschwerdeführer nicht durch die Abschiebung nach Ägypten in seinem Recht gemäß Art 3 EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall jedenfalls gedeckt werden können. Zudem fehlt es an jeglichem Vorbringen, die verschiedenen materiellen Gesichtspunkte menschlicher Existenz, wie zB Nahrung, Unterkunft etc, sowie exzeptionelle Umstände im Herkunftsstaat würden eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Ägypten in Widerspruch zu Art 3 EMRK erscheinen lassen. Dass der Beschwerdeführer allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Ägypten besser gestellt ist, genügt für die Annahme, er würde in Ägypten keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können, nicht. Es fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

 

Außerdem besteht ganz allgemein in Ägypten derzeit keine derartige Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPEMRK) ausgesetzt wäre. Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden und ergeben sich auch nicht aus dem amtliches Wissen darstellenden Länderinformationsblatt für Ägypten, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.

 

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 8 Abs 1 AsylG abzuweisen war.

 

3.3. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

 

3.3.1. Rechtslage

 

Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

 

Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und kein Fall der §§ 8 Abs 3a oder 9 Abs 2 AsylG (i.e. Feststellung der Unzulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung aus dem Titel der Art 2 oder 3 EMRK bzw 6. oder 13. ZPEMRK in Fällen des Vorliegens von Aberkennungsgründen) vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Ein Fall der §§ 8 Abs 3a oder 9 Abs 2 AsylG (Nichtzuerkennung bzw. Aberkennung von subsidiärem Schutz wegen Vorliegens von Aberkennungsgründen) liegt im Beschwerdefall nicht vor.

 

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, einer Ausweisung gemäß § 66 FPG oder eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

 

Gemäß § 58 Abs 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG (bis zum FrÄG 2015: "rechtskräftig") auf Dauer für unzulässig erklärt wird (bis zum FrÄG 2015: "wurde"). Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des Beschwerdeführers, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

 

Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

 

3.3.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall

 

3.3.2.1. Zur Nichtzuerkennung eines Aufenthaltstitels nach §§ 57 und 55 AsylG (Spruchpunkt III, erster Spruchteil, erster Satz des, des angefochtenen Bescheides)

 

Gemäß § 57 Abs 1 AsylG ist einem im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen, 1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht, 2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder 3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl Nr 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

Im ersten Spruchteil, erster Satz des Spruchpunktes I. des angefochtenen Bescheides sprach die belangte Behörde (u.a.) aus, dass der Beschwerdeführer eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG nicht erteilt werde.

 

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung wurde weder vom Beschwerdeführer behauptet, noch gibt es dafür im Verwaltungsakt irgendwelche Hinweise.

 

Überdies entschied die belangte Behörde im ersten Spruchteil des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides in merito über die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 AsylG.

 

Der Verwaltungsgerichthof hat seinem Erkenntnis vom 15.03.2016, Ra 2015/21/0174, mwN, klargestellt, dass das Gesetz keine Grundlage dafür biete, in Fällen, in denen eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 FPG erlassen werde, darüber hinaus noch von Amts wegen negativ über eine Titelerteilung nach § 55 AsylG abzusprechen.

 

Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG nicht gegeben sind und über die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG von der belangten Behörde angesichts der zugleich getroffenen Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG nicht abgesprochen werden durfte, war der erste Satz des ersten Spruchteils des Spruchpunkt III. entsprechend abzuändern.

 

3.3.2.2 Erlassung einer Rückkehrentscheidung und Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt II., zweiter und dritter Teil des angefochtenen Bescheides):

 

Zu prüfen ist im Weiteren, ob eine Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit mit Art 8 EMRK ist aus folgenden Gründen gegeben:

 

Zunächst im Lichte des Art 8 Abs 1 EMRK zu berücksichtigen, dass der Aufenthalt des - volljährigen und gesunden - Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit seiner erstmaligen Einreise in das Bundesgebiet (spätestens) am 04.08.2010 rund sieben Jahre gedauert hat (vgl dazu etwa das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 08.04.2008, Nnyanzi gegen das Vereinigte Königreich, Nr 21878/06, demzufolge der Gerichtshof es nicht erforderlich erachtete, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob während des fast zehnjährigen Aufenthalts des betreffenden Beschwerdeführers ein Privatleben iSv Art 8 EMRK entstanden ist).

 

Der seit August 2010 andauernde Aufenthalt des Beschwerdeführers beruhte dessen ungeachtet auf einer vorläufigen, nicht endgültig gesicherten rechtlichen Grundlage, weshalb dieser während der gesamten Daher des Aufenthaltes in Österreich nicht darauf vertrauen durfte, dass er sich in Österreich auf rechtlich gesicherte Weise bleibend verfestigen kann. Außerdem fußt sein gesamter bisheriger Aufenthalt auf einem Asylantrag, den der Beschwerdeführer nur aufgrund seiner illegalen Einreise in das Bundesgebiet stellen konnte. Zudem war sich der Beschwerdeführer spätestens seit der Abweisung seines ersten Asylantrages mit Bescheid der belangten Behörde vom 27.10.2010 – also bereits rund ein Jahr nach seiner Einreise in das Bundesgebiet – seines unsicheren Aufenthaltes bewusst; ein allfälliges Privat- und Familienleben, das erst nach der Abweisung seines Asylantrages entstanden ist, verliert dadurch deutlich an Gewicht.

 

Hinsichtlich eines in Österreich im Sinne des Art 8 EMRK geschütztes Familienlebens ist aus-zuführen, dass der Beschwerdeführer – wie er selbst angibt – kein Familienleben in Österreich aufweist. Kontakt hat, allerdings weist diese familiäre Beziehung keine besondere Schutzwürdigkeit auf.

 

Es liegen auch keine Hinweise vor, dass der Beschwerdeführer in Hinblick auf seines rund sieben Jahre andauernden Aufenthalt einen maßgeblichen und überdurchschnittlichen Grad an Integration erlangt hätte, der seinen persönlichen Interessen ein entscheidendes Gewicht verleihen würde: Seine Integrationsbemühungen in dieser Zeit erschöpfen sich lediglich in der Vorlage dreier privater Unterstützungserklärungen und zweier Einstellungszusagen. Auch wenn der Beschwerdeführer Deutschkurse absolvierte, spricht er – wie das Bundesverwaltungsgericht sich selbst überzeugen konnte – kaum Deutsch.

 

Auch die vom Beschwerdeführer vorgelegten Arbeitsvorverträge verleihen seinen persönlichen Interessen kein entscheidendes Gewicht. Einer der beiden Arbeitsvorverträge weist keinerlei Angaben über eine Entlohnung auf. Beim anderen Arbeitsvorvertrag handelt es sich um eine Teilzeitbeschäftigung. Auf die näheren Arbeitsmodalitäten wird in keinen der beiden Arbeitsvorverträge eingegangen. Zudem lässt sich aus beiden Arbeitsvorverträgen auch keine Garantie auf (Weiter) Beschäftigung ableiten (zur Gewichtung von Einstellungszusagen vgl VwGH 13.10.2011, 2011/22/0065, mwN).

 

Dementgegen kann nach wie vor Bindungen des Beschwerdeführers zu seinem Heimatstaat Ägypten ausgegangen werden, zumal er dort den überwiegenden Teil seines Lebens verbracht hat und dort hauptsozialisiert wurde. Der Beschwerdeführer spricht arabisch und ist mit den regionalen Sitten und Gebräuchen der ägyptischen Kultur vertraut. Im gegenständlichen Fall kann nicht von einer vollkommenen Entwurzelung des Beschwerdeführers gesprochen werden, zumal auch ein Teil seiner Familie nach wie vor in Ägypten lebt.

 

Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie der Beschwerdeführer erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen. Überdies würde dies dazu führen, dass Fremde, die die fremdenrechtlichen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen beachten, letztlich schlechter gestellt wären, als ein Fremder, der seinen Aufenthalt im Bundesgebiet lediglich durch seine Einreise in das Bundesgebiet und durch die Stellung eines letztlich unbegründeten Asylantrages erzwingt. Dies würde in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen (zum allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen, vgl VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007; vgl dazu auch VfSlg 19.086/2010, in dem der Verfassungsgerichtshof auf dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Bezug nimmt und in diesem Zusammenhang explizit erklärt, dass "eine andere Auffassung sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen würde.").

 

Ebensowenig vermag die strafgerichtliche Unbescholtenheit seine persönlichen Interessen entscheidend zu stärken. (VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029).

 

Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich steht somit das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gegenüber; diesem gewichtigen öffentlichen Interesse kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art 8 Abs 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 12.03.2002, 98/18/0260; 18.01.2005, 2004/18/0365).

 

Vor diesem Hintergrund und nach einer individuellen Abwägung der berührten Interessen kann ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers jedenfalls als im Sinne des Art 8 Abs 2 EMRK verhältnismäßig angesehen werden.

 

Die im vorliegenden Beschwerdefall vorzunehmende Interessenabwägung schlägt somit zuungunsten des Beschwerdeführers und zugunsten des öffentlichen Interesses an seiner Außerlandesschaffung aus.

 

Zur die Feststellung, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Ägypten zulässig ist (§ 52 Abs 9 FPG), ist auf die umseits stehenden Ausführungen unter Punkt A) 3.2. zu verweisen.

 

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des zweiten und dritten Spruchteils des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs 9 FPG abzuweisen war.

 

3.4. Zur Festsetzung der Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

 

Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

 

Derartige "besondere Umstände" wurden vom Beschwerdeführer nicht ins Treffen geführt und sind auch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht, insbesondere auch nicht im Rahmen der mündlichen Verhandlung, hervorgekommen.

 

Unter diesen Voraussetzungen erweist sich die Beschwerde daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 55 Abs 2 FPG abzuweisen war.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

Im vorliegenden Fall wurden keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die Beurteilung des Einzelfalles ist in aller Regel nicht reversibel. Das gegenständliche Erkenntnis weicht nicht von der im Entscheidungstext zitierten Rechtsprechung des VwGH ab, sodass die ordentliche Revision im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig ist.

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