AlVG §25 Abs1
AlVG §38
B-VG Art.133 Abs4
AlVG §24 Abs2
AlVG §25 Abs1
AlVG §38
B-VG Art.133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:G303.2017708.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Simone KALBITZER als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Josef GNEIST und Mag. Robert DRAXLER als Beisitzer in der Beschwerdesache des XXXX, geboren am XXXX, wegen Widerruf beziehungsweise rückwirkende berichtigte Bemessung der Notstandshilfe für den Zeitraum vom 07.05.2009 bis 31.07.2009 und vom 18.09.2010 bis 30.04.2014 sowie vom 04.05.2008 bis 06.05.2009 und Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe in Höhe von € 19.396,82 durch die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice XXXX nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 20.07.2015 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerden werden gemäß §§ 38 iVm 24 Abs. 2 und 25 Abs. 1 und Abs. 6 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977, idgF als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice XXXX (im Folgenden: belangte Behörde) vom 27.08.2014 wurde gemäß § 38 in Verbindung mit § 24 Abs. 2 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) idgF der Bezug der Notstandshilfe für den Zeitraum vom 07.05.2009 bis 31.07.2009 und vom 18.09.2010 bis 30.04.2014 widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend berichtigt und gemäß § 38 in Verbindung mit § 25 Abs. 1 AlVG der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe in Höhe von EUR 19.396,82 verpflichtet.
In der Begründung führte die belangte Behörde nach Zitierung der einschlägigen Normen im Wesentlichen aus, dass zwischen dem BF und Frau XXXX seit dem Zeitpunkt des gemeinsamen Wohnsitzes eine Lebensgemeinschaft bestehe. Daher wäre das Einkommen der Lebensgefährtin auf die Notstandshilfe anzurechnen. Der BF habe die Lebensgemeinschaft nicht rechtzeitig gemeldet, daher sei der Betrag zurückzufordern.
Mit weiterem Bescheid der belangten Behörde vom 05.09.2014 wurde gemäß § 38 iVm § 24 Abs. 2 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) idgF der Bezug der Notstandshilfe für den Zeitraum vom 04.05.2008 bis 06.05.2009 widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend berichtigt. Die belangte Behörde führte nach Zitierung der einschlägigen Normen aus, dass die Lebensgefährtin des BF ein Einkommen erziele, das auf den Anspruch der Notstandshilfe des BF anzurechnen wäre und dem BF dadurch die Leistung in geringerer Höhe zustehen würde. Die Lebensgemeinschaft sei seitens des BF erst am 07.05.2014 bekanntgegeben worden.
Mit zwei Schreiben, beide datiert mit 02.10.2014, bei der belangten Behörde eingelangt ebenso am 02.10.2014, brachte der BF fristgerecht Beschwerde gegen die zuvor bezeichneten Bescheide ein und beantragte eine mündliche Verhandlung durchzuführen, in der Sache gemäß Art 130 Abs. 4 B-VG und § 28 Abs. 2 VwGVG selbst zu entscheiden, in eventu die angefochtenen Bescheide gemäß § 28 Abs. 3 und Abs. 4 VwGVG mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen sowie die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
In den Beschwerdeschreiben brachte der BF im Wesentlichen zusammengefasst vor, dass er und Frau XXXX Studienkollegen seien. Im Frühjahr 2000 wäre der BF auf der Suche nach einer neuen Wohnmöglichkeit gewesen und Frau XXXX auf der Suche nach einem Mitbewohner. Es sei daher eine Wohngemeinschaft gegründet worden. Wohnungseigentümer und Unterkunftsgeber sei XXXX gewesen. Dieser habe auch die Miet- und Betriebskosten für die gesamte Wohnung festgelegt. Mit der Festlegung des Verteilungsschlüssels von Miete und Betriebskosten innerhalb der Wohngemeinschaft und deren Einhebung sei Frau XXXX betraut worden. Diese Wohnung habe aus zwei getrennten, je einer Person zugeordneten, getrennt bewohnten und extra versperrt gehaltenen Zimmern bestanden. Die Lebensmittel seien getrennt aufbewahrt und eingekauft worden. Die Zubereitung und der Verzehr der Mahlzeiten seien unabhängig voneinander erfolgt. Ein sich teilweise überdeckender Freundeskreis habe sich aus den Gegebenheiten des Studiums ergeben und sei jedoch rein zufällig gewesen.
Ab dem 27.03.2013 habe überhaupt kein gemeinsamer Wohnsitz mehr bestanden, da Frau XXXX in die XXXX übersiedelt sei und der BF am XXXX verblieb. Ungefähr drei Wochen sei der BF auch in die XXXX, übersiedelt.
Frau XXXX und der BF hätten angeben, dass es keine freiwillige gegenseitige Unterstützung gegeben hätte und auch eine rechtliche Verpflichtung zu einer solchen bestanden hätte oder bestehe.
Der BF habe am 06.05.2014 bei einem persönlichen Gespräch mit seinem AMS-Betreuer den Wechsel von einer Wohn- zu einer Wirtschaftsgemeinschaft mit 28.04.2014 bekannt gegeben. Die Beurkundung der Vaterschaft und die Erklärung der gemeinsamen Obsorge der Tochter des BF sei am 07.05.2014 am Standesamt XXXX unterfertigt worden.
Nicht verständlich seien für den BF, warum die schriftlichen Stellungnahmen von
XXXX nicht gewürdigt worden seien und warum sie zu diesem Thema nicht befragt worden sei.
Mit Bescheiden vom 09.12.2014 wurden die Beschwerden im Rahmen von Beschwerdevorentscheidungen seitens der belangten Behörde gemäß § 14 VwGVG iVm
§ 56 AlVG abgewiesen und die angefochtenen Bescheide bestätigt. Die Anträge auf aufschiebende Wirkung wurden nicht bewilligt.
Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und Anführung der relevanten rechtlichen Bestimmungen zusammengefasst ausgeführt, dass es für die belangte Behörde nicht glaubhaft sei, dass der BF wie ein Student bis 2008 in derselben Wohnung mit Frau XXXX gewohnt habe. Auch habe der BF gegenüber einem Kurstrainer im Jahr 2011 erwähnt, dass er eine langjährige Lebensgefährtin habe. Die Wohnkosten seien jedenfalls gemeinsam bestritten worden; sie zahlten jeweils die Hälfte. Somit könne eindeutig vom gemeinsamen Wirtschaften gesprochen werden, selbst wenn die Lebens- und Waschmittel getrennt gekauft worden seien. Dass der BF laut polizeilicher Meldung erst drei Wochen später in die jetzige Wohnung eingezogen sei, ändere nicht am Bestehen einer Lebensgemeinschaft, denn auch bei vorübergehender Abwesenheit würde ein gemeinsamer Haushalt nicht aufgelöst werden. Es bestehe aufgrund der gemeinsamen Studienzeit ein sich teils überscheidender Freundeskreis, sodass die belangte Behörde davon ausgehe, dass auch die Freizeit zumindest zum Teil gemeinsam verbracht worden sei. Die Tatsache, dass ein gemeinsamer Mietvertrag abgeschlossen worden sei, spreche dafür dass sich der BF und Frau XXXX aufeinander verlassen können; es sei anzunehmen, dass dies auch schon vorher in der 50 m² Wohnung so gewesen wäre.
Die belangte Behörde gehe von mehr als einer reinen Wohngemeinschaft, nämlich von einer Wirtschaftsgemeinschaft aus.
Dass der BF davon ausgegangen sei, dass keine Lebensgemeinschaft vorliege und deswegen eine Angabe im Antragsformular unterlassen worden wäre, begründe keine unverschuldete Unkenntnis, da der BF aus laienhafter Sicht bei der gegebenen Sachlage zumindest, die Indizien für das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft erkennen hätte müssen, sodass ein allfälliger Irrtum darüber zu seinem Lasten gehe.
Gemäß § 25 Abs. 6 AlVG sei eine Verpflichtung zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen nur für einen Zeitraum von 5 Jahren zulässig.
Die Anträge, den Beschwerden aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, sei seitens der belangten Behörde abgelehnt worden, weil die Beschwerde von vorherein aussichtlos erscheine.
Mit Schreiben vom 24.12.2014, bei der belangten Behörde eingelangt am 29.12.2014, stellte der BF fristgerecht Vorlageanträge an das Bundesverwaltungsgericht. Darin wurde ersucht folgende Fragen im Besonderen zu prüfen und zu entscheiden:
* "Ob es sich um eine Abweisung oder nicht doch um eine Abänderung des Bescheides vom 5.9.2014 handelt (Pkt. 2)
Der Bescheid vom 5.9.2014 wird nur mit § 38 und § 24 Abs.2 AlVG begründet. Eine Begründung, warum die Notstandshilfe nur widerrufen und berichtigt, aber kein Geld rückgefordert wurde, gibt es nicht. Erst im Bescheid vom 9.12.2014 wird dies mit § 25 Abs. 6 AlVG begründet. Im abweisenden Bescheid vom 9.12.2014 wird für eine vermutete Lebensgemeinschaft erstmals und neu die "Erwähnung eines Kurstrainers aus dem Jahre 2011" als Beweis/Begründung angeführt. Wesentliche Sachverhalte und der Bezug auf gesetzliche Bestimmungen wurden zwischen 1. und 2. Bescheid abgeändert bzw. ergänzt.
* Ob eine nicht ausreichende bzw. unterschiedliche Mitteilung der Ergebnisse der Beweisaufnahme bzw. eine geänderte gesetzliche Begründung des Bescheides und fehlende Möglichkeit zur Stellungnahme (§ 45 Abs. 3 AVG) vorliegen (Pkt. 3)
Ergänzend und vertiefend zu Punkt 2,) führe ich an:
Im Bescheid vom 9.12.2014 auf Seite 9, 3. Absatz, Zeile 5-6 wird erstmalig im ganzen Verfahren ...und haben Sie auch gegenüber einem Kurstrainer im Jahr 2011 erwähnt, dass Sie eine langjährige Lebensgefährtin haben, als zentraler Indiz für eine Lebensgemeinschaft angeführt. (mehr zu dieser Sachlage siehe Punkt 4). Diese Behauptung war mir bis zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt. Während der Kursmaßnahme wurde mir nicht mitgeteilt, dass über meine teils vertraulichen Gespräche Niederschriften bzw. Berichte angefertigt und weitergegeben werden. Es wurde mir auch kein Bericht vorgelegt oder gar ein Inhalt durch meine Unterschrift meinerseits legitimiert. Mir fehlte daher jegliche Möglichkeit dieses Missverständnis aufzuklären. Obwohl in der Datenbank hinterlegt, wurde ich vom AMS nicht über die Existenz solcher Berichte informiert, noch wurde ich je mit dem Inhalt eines solchen konfrontiert oder wurde mir ein Bericht vorgelegt. Weder bei der Erstellung der Niederschrift vom 12.6.2014 noch in den Bescheiden vom 5.9.2014 und 27.8.2014 findet sich die Behauptung einer "erwähnten Lebensgemeinschaft".
Dass ein solcher Sachverhalt überhaupt existiert und nicht auf ein Missverständnis zurückzuführen ist, konnte von mir als betroffene Person erst durch mühsame Nachforschungen verifiziert werden. Nach einem zufälligen Hinweis im Bekanntenkreis erhielt ich den Tipp einen Antrag auf Auskunft gemäß §26 Datenschutzgesetz 2000 zu stellen, welchen ich am 15.12.2014 beim AMS XXXX einbrachte. Weder in dem mir daraufhin ausgehändigten 89 Seiten starken Ausdruck "aller" gespeicherten Daten, noch bei der Durchschau des physischen Aktes konnte ein Hinweis zu einer Lebensgemeinschaft vor dem 6.5.2014 gefunden werden. Erst nach einer weiteren Urgenz via eAMS-Konto erhielt ich am 18.12.2014 vom AMS Abschlussberichte über 5 verschiedene AMS-Maßnahmen via eAMS-Konto zugestellt und konnte somit erstmals die Behauptung einer Lebensgemeinschaft durch einen Trainer überhaupt nachvollziehen. Da mir bis vor kurzem ein wesentliches Element der Beweisführung vorenthalten wurde und ich daher auch nicht die Möglichkeit zur Überprüfung und Stellungnahme hatte, ersuche ich das Element der Behauptung einer langjährigen Lebensgemeinschaft durch einen Trainer aus dem Verfahren zu streichen oder mir zumindest die Möglichkeit zu einer Stellungnahme zu gewähren.
* Ob das handschriftlich "fit für den lob" betitelte Schreiben überhaupt als eine belastbare Aussage gewertet werden kann (Pkt. 4).
Das Schreiben ist anonym verfasst. Dem Bericht? fehlen Namen und Anschrift der ausstellenden Organisation, ebenso wie ein Datum der Ausstellung und eine firmenmäßige Zeichnung. Das Schema ist nur unvollständig ausgefüllt (Austrittsdatum, Perspektivensicht für Weiterarbeit, Bewerbungsunterlagen) und macht den Eindruck eines provisorischen internen Entwurfes. Das ganze Schreiben ist weder der als Schulungsträger tätig gewesenen Firma (oder Firmengruppe) noch einer einzelnen Person zuordenbar. (Wie ist der Name der Person, die diese Aussage niedergeschrieben hat? Glaubt er/sie es von mir so gehört zu haben oder stammt die Information von einer dritten Person? Wenn sie nähere Informationen zu diesem Schreiben haben wollen, wer wäre ihr Ansprechpartner? Diese Fragen sind nicht beantwortbar) Sollte der Begriff "Versagensängste" in diesem Kontext nicht von einem Arzt festgestellt werden und unterliegt eine solche Diagnose nicht der ärztlichen Schweigepflicht? Als jene Person, über die anonym geurteilt wird, wehre ich mich vehement gegen diesen Text, in dem Tatsachen stark gekürzt und vereinfachend, tendenziös und einseitig wiedergegeben werden. Persönlich empfinde ich diese anonyme Hetze gegen meine Person als sehr verletzend. An dieser Stelle werde ich zu den Anschuldigungen nur sofern es die Behauptung einer langjährigen Lebensgemeinschaft betrifft, Stellung nehmen. Weitere Stellungnahmen werden vorbehalten. Ich bin der Meinung, wer den Text aufmerksam durch liest, ihn mit den anderen Bewertungen meiner Person vergleicht, sich den Sinn einer Schulungsmaßnahme - nämlich durch zielgerichtete Unterstützungsmaßnahmen die Chancen des Klienten am Arbeitsmarkt zu erhöhen, vor Augen hält - wird erkennen, dass es sich bei diesem Schreiben um einen "Betriebsunfall" handeln muss. Für gewöhnlich antworte ich auf die Frage "warum ich denn noch keinen passenden Job hätte" - um den Einfluss des "Glück des Tüchtigen" zu illustrieren - gerne mit einem Vergleich der "Karrieren" von Frau XXXX und meiner Person, haben wir doch beide vergleichbare Studienbiographien. Bei solchen Vergleichen sprach ich von Frau XXXX stets als Mitbewohnerin, WG-Kollegin oder Studienkollegen mit der ich zusammen wohne. Es obliegt der Phantasie des Zuhörers/der Zuhörerin daraus eine langjährige Lebensgefährtin und Versagensängste zu konstruieren. Den Tatsachen entspricht es trotzdem nicht und dieses Missverständnis wäre von mir auch mit Sicherheit sofort richtig gestellt worden.
* Ob nicht durch eine stille Duldung bzw. Verschleppung der Information über eine "langj. Lebensgefährtin" die Höhe des rückzuzahlenden Notstandshilfebezuges (Schadenssumme) unnötig vergrößert wurde (Pkt. 5)
Mit der Übermittlung und der Eingabe des Schriftstückes "fit für den Job" (siehe Punkte 2-4} in das EDV-System am 29.6.2011 erfuhr das AMS von einer "langj. Lebensgefährtin". Bei dem übermittelten Schreiben handelte es sich um das Endergebnis einer mehrmonatigen, Kosten verursachenden Schulung, mit dem Zweck die Vermittelbarkeit am Arbeitsmarkt zu erhöhen und die weitere Vorgehensweise auf die Empfehlungen der Schulungsmaßnahme abzustimmen. Auch bei hoher Arbeitsbelastung und ökonomischer Geschäftsführung, das Schreiben war von zu zentraler Wichtigkeit um nicht beachtet zu werden. Die Höhe der zurück zu zahlenden Summe (Schadenshöhe) wäre für mich als betroffene Person bei einem entsprechenden Bescheid im Jahre 2011 wesentlich geringer gewesen und hätte weniger finanzielle Probleme nach sich gezogen.
* Ob eine Lebensgemeinschaft trotz getrennter Hauptwohnsitze zwischen 27.3.2013 und 15.4.2013 überhaupt angenommen werden kann (Pkt. 6)
Art. 1 § 2 Abs. 2 der Notstandshilfeverordnung präzisiert § 36 Abs. 2 AlVG
(2) Bei der Beurteilung der Notlage sind die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des (der) Arbeitslosen selbst sowie des mit dem Arbeitslosen (der Arbeitslosen) gemeinsamen Haushalt lebenden Ehepartners (Lebensgefährten bzw. der Lebensgefährtin) zu berücksichtigen. Durch eine vorübergehende Abwesenheit (Kur-, Krankenhausaufenthalt, Arbeitsverrichtung an einem anderen Ort uä.) wird der gemeinsame Haushalt nicht aufgelöst. Gleiches gilt, wenn der (die) Arbeitslose Hausgemeinschaft mit dem Ehepartner (Lebensgefährte bzw. der Lebensgefährtin) nur deshalb aufgegeben hat oder ihr ferngeblieben ist, um der Anrechnung Einkommens zu entgehen.
Wie an den Beispielen erkenntlich ist, spricht das Gesetz von vorübergehender Abwesenheit (mit dem Motiv der beabsichtigten Rückkehr in den gemeinsamen Haushalt) bei ansonsten aufrechtem, gemeinsamen Haushalt (Hauptwohnsitz). Bei Kur,- und Krankenhausaufenthalten bzw. "Pendlerehen" kommt es zu keiner Änderung des Hauptwohnsitzes im Melderegister. Getrennte Hauptwohnsitze lösen einen gemeinsamen Haushalt automatisch auf. Die Notstandshilfeverordnung erweitert das AlVG um getrennte Hauptwohnsitze, wenn diese mit dem Motiv des Vermeidens einer gemeinsamen Anrechnung des Einkommens bewusst falsch angegeben werden. Im gegenständlichen Fall trifft dies schon alleine auf Grund eines fehlenden Motives nicht zu. Das Haushaltseinkommen wurde bereits getrennt berechnet, durch die getrennten Hauptwohnsitze kam es zu keiner Änderung der Einkommenssituation.
Unter dem Aspekt der Gleichbehandlung von Lebensgemeinschaften zu Ehen: Niemand käme auf die Idee bei Ehepartnern mit getrennten Hauptwohnsitzen - wegen zerrütteter Ehe und als Voraussetzung für eine einvernehmliche Scheidung - weiterhin eine gemeinsame Haushaltsführung zu behaupten.
Das Führen von getrennten Haushalten bei getrennten Hauptwohnsitzen spricht eindeutig gegen die Annahme einer Wirtschaftsgemeinschaft und widerspricht einer gemeinsamen Haushaltsführung davor.
Die Unterbrechung von Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft - eine Geschlechtsgemeinschaft zu diesem Zeitpunkt wird vom AMS nicht mehr unterstellt - durch getrennte Hauptwohnsitze widerspricht auch der Annahme einer durchgehenden Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft. Vielmehr ist von zwei unterschiedlichen und getrennten Lebensabschnitten zu sprechen und die Situation und die Motive für einen jeden Lebensabschnitt sind getrennt zu erfassen und zu bewerten.
* Ob der Sachverhalt ausreichend erhoben wurde (Pkt. 7)
(siehe auch VwGH 2008/08/0236 vom 25.5.2011, Pkt.5) Siehe auch Punkt
8.) Es wird behauptet, dass Zahlungen für Miete bzw. Betriebskosten von beiden Bewohnern erfolgten, bzw. dass diese sogar im Verhältnis von 50:50 erfolgten. Dies ist denklogisch nicht nachvollziehbar, da nur Aussagen von XXXX als betroffener Person vorliegen, und dabei immer nur seine eigenen Zahlungen angeführt wurden. Ob und wenn ja, welche Zahlungen von Frau XXXX geleistet wurden, geht aus keiner ihrer schriftlichen Stellungnahmen hervor, weitere Erkundigungen zu diesem Sachverhalt bzw. eine Befragung von Frau XXXX wurden nicht durchgeführt.
Es wird behauptet, dass die Freizeit zumindest zum Teil gemeinsam verbracht wurde. Als Beleg wird die Aussage eines sich teilweise überschneidenden Freundeskreises von StudienkollegInnen von XXXX gewertet. Die Aussage von XXXX, dass die Freizeit getrennt verbracht wurde, wurde nicht gewertet, (zur fraglichen Schlüssigkeit siehe Punkt 8.) Von Frau XXXX liegt zu diesem Thema keine Aussage vor, noch wurde sie aufgefordert, zu diesem Thema Stellung zu nehmen. Es wurden keine weiteren Erkundigungen vorgenommen bzw. eingeholt.
Es wird festgestellt, dass ich XXXX mir eine Wohnung alleine nicht leisten hätte können und über Frau XXXX wird festgestellt, dass sie finanziell keine großen Sprünge machen konnte und sich die Wohnung in der XXXX alleine nicht leisten könnte.
Die Aussagen wurden aus dem Zusammenhang gerissen. Um eine tragfähige Aussage über die finanzielle Situation von XXXX und XXXX tätigen zu können, ist es nötig neben den Einkommens- und Ausgaben-, auch die Vermögensverhältnisse jeder Person getrennt zu ermitteln und in der Frage der Leistbarkeit von Wohnraum auch in Bezug zu den damals aufgerufenen Mietpreisen bzw. angebotenen sozialen Unterstützungen (z.B. Gemeindewohnungen, Wohngemeinschaften, Bedarfsorientierte Mindestsicherung) zu setzen. Die im Zuge der Berechnung des gemeinsamen Haushaltseinkommens übermittelten und errechneten Werte wurden nicht in die Erwägung mit einbezogen.
* Ob die getroffenen Erwägungen schlüssig sind (Pkt. 8)
Siehe auch Punkt 7.) Der vorgelegte Beleg einer Miet/Betriebskostenüberweisung an XXXX und der von ihm als Unterkunftgeber unterzeichnete Meldezettel (in Kopie vorgelegt) widersprechen der Behauptung einer gemeinsamen Mietzahlung und damit Wirtschaftsgemeinschaft für die Wohnung XXXX Die Gründung einer studentischen Wohngemeinschaft am XXXX im Jahre 2000 ist unbestritten. Warum, wann und wie daraus eine nicht-studentische Wirtschaftsgemeinschaft mit gegenseitiger Unterstützungspflicht entstanden ist, wird nicht begründet, bzw. werden die Aussagen von XXXX und XXXX als nicht glaubwürdig abgetan. Wenn eine studentische Wohngemeinschaft (ab einem unbekannten Zeitpunkt) als unglaubwürdig bezeichnet wird, so steht dies im Widerspruch zur Aussage, dass die Freizeit nach studentischer Art auch noch Jahre nach Ende der studentischen Wohngemeinschaft und den Gepflogenheiten einer studentischen Lebensweise trotzdem noch immer gemeinsam verbracht wird.
Trotz gestrichener bzw. extrem eingekürzter Notstandshilfe von XXXX und der Verpflichtung zur Rückzahlung von knapp 20.000€
Notstandshilfe kann die Wohnung in der XXXX nach wie vor angemietet werden, dies steht im Widerspruch zur Behauptung, dass Frau XXXX dies alleine nicht könnte.
Die vertragliche Formulierung der Mietverträge der Wohnungen XXXX und XXXX sind diametral unterschiedlich. Wenn das Eingehen eines vergebührten Mietvertrages auf die Namen beider Mieter (XXXX - als Absicherung gegen einseitigem Auszug aus der Wohngemeinschaft) als Indiz für eine Wirtschaftsgemeinschaft gesehen wird, müsste dann die Mietregelung am XXXX nicht gegen das Eingehen einer Wirtschaftsgemeinschaft sprechen?
* Ob der Wille und die Bereitschaft zur Führung einer Lebensgemeinschaft überhaupt gegeben waren (Pkt. 9)
(VwGH 89/04/0181 vom 27.03.1990 - das VwGH Erkenntnis ZI. 2004/08/0035 vom 29.3.2006, welches als Begründung im abweisenden Bescheid (Seite 10) angeführt wird, bezieht sich darauf)
Frau XXXX gab in ihrem Schreiben vom 23.6.2014 bekannt, dass sie in den letzten Jahren bewusst keine Wirtschafts- und damit Lebensgemeinschaft eingehen wollte. Sowohl in den getrennten als auch den gemeinsamen Stellungnahmen vom 26. und 30.5.2014 gaben XXXX und XXXX deutlich zum Ausdruck dass es keinen gemeinsamen Willen zum Führen einer Lebensgemeinschaft (bis zur Geburt der gemeinsamen Tochter) gab.
Die Zimmer der Wohngemeinschaft wurden getrennt versperrt gehalten.
Nach der Erkenntnis des VwGH GZ 89/04/0181 vom 27.03.1990 gehört zu einer Lebensgemeinschaft auch der Wille eine solche einzugehen, Beistand im Leben und die Bereitschaft an den verfügbaren Gütern
teilhaben zu lassen. (die Formulierung ... zwischen Mann und Frau
ist nicht mehr zeitgemäß) Die Erfahrung des Lebens begreift unter einer Lebensgemeinschaft ein Verhältnis zwischen Mann und Frau, das in seinem wirklichen und wesentlichen Inhalt gemäß den Willen seiner Partner eine rechtlich nicht mögliche oder um gewisser Rechtsfolgen willen eine praktisch nicht gewollte Ehe ersetzen soll. Landläufig gehört zum Wesen einer tatsächlichen Verbindung solcherart ua, dass die Partner einander im Kampfe gegen alle Not des Lebens beistehen und darum einander an den zur Bestreitung des Unterhalts verfügbaren Gütern teilhaben lassen.
In diesem Zusammenhang wird auf den in der Beschwerde (auf den Bescheid vom 28.7.2014) vom 2.10.2014 auf Seite 3, 4, Absatz (ist die Behörde...) formulierten Text hingewiesen.
* Ob nicht besondere Umstände beim Tragen des Risikos des Rechtsirrtums bei der Antragstellung für Notstandshilfe am 21.12.2013 zutreffen (Pkt. 10)
Als Maßnahme des AMS war XXXX vom 15.7.2013 bis 20.12.2013 über den Verein XXXX beim XXXX beschäftigt (siehe auch Abschlussbericht). Seine Hauptaufgabe war die Eingabe von Neuanträgen zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung in das EDV-System des Sozialamtes. Im gemeinsamen Haushalt lebende Personen mussten als Angehörige mit in das System eingepflegt werden, während die Daten von Mitbewohnerinnen in Wohngemeinschaften nicht aufgenommen wurden. De facto wurde von XXXX über einen Zeitraum von fast sechs Monaten in mehreren hundert Fällen zwischen Wohngemeinschaft und Wirtschaftsgemeinschaft nach den Regeln des Sozialamtes XXXX (vor)entschieden. Da in den meisten Fällen auch Angaben des AMS Teil des Aktes waren (Wer Mindestsicherung in Anspruch nehmen will muss dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen oder gute Gründe vorweisen), wurde zweifelsfrei davon ausgegangen, dass die Regeln für den Antrag der Bedarfsorientierten Mindestsicherung auch für den Antrag auf Notstandshilfe gültig sind.
* Ob nicht eine getrennte Haushaltsführung und selbständige Lebensführung nach dem VwGH Erkenntnis GZ 2003/08/0184 Rechtssatznummer 2 vom 20.09.2006 vorliegt (Pkt. 11)
Das ununterbrochene gemeinsame Wohnen der Lebenspartner ist lediglich ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen eines gemeinsamen Haushalts, jedoch für sein Vorliegen weder unter allen Umständen notwendig noch unter allen Umständen ausreichend. Es ist vielmehr jenes Element, um dessentwillen die Lebensgemeinschaft im konkreten Regelungszusammenhang von Bedeutung ist, nämlich der Gesichtspunkt gemeinsamen Wirtschaftens, unverzichtbar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. November 2001, Zl. 2001/08/0101, mwN). Ein getrennter Haushalt des Arbeitslosen ist dann anzunehmen, wenn dieser die Kosten seiner Lebensführung (Wohnungs-, Nahrungs- und Bekleidungsaufwand) ausschließlich aus eigenen Mitteln deckt und selbständig über die Art der Deckung dieser Bedürfnisse entscheidet.
Dass die täglichen Bedürfnisse des Haushaltes (Lebensmittel) getrennt gekauft, aufbewahrt und verfügbar waren ist unbestritten. Dass die Zahlung der Wohnungskosten (Miete/Betriebskosten) getrennt und unabhängig erfolgte ist durch Angabe der Zahlungsbeträge und einen Zahlungsbeleg nachgewiesen. Für die Wohnung XXXXgab es durch das Fehlen eines beglaubigten Mietvertrages keine formale Bindung.
* Ob eine klare, übersichtliche und nachvollziehbare Zusammenfassung der Ermittlungsergebnisse sowie der Beurteilung der Rechtsfrage (§60 AVG) mit Verweis auf die VwGH Erkenntnisse GZ. 2001/08/0101 vom 21.11.2001 und
GZ. 2003/08/0184 vom 20.09.2006 gegeben ist (Pkt. 12)
Siehe auch Punkte 2.) und 3.) Insbesondere die Nachvollziehbarkeit der Neuberechnung der Notstandshilfe und der Zugang zu den zu Grunde liegenden Daten.
* Ob eine ausgewogene Abwägung des Gesamtbildes vorgenommen wurde (Pkt. 13)
Das Gesamtbild betrachtend, entsteht für mich der Eindruck, dass von Seiten des AMS als vollziehender Behörde jene Sachverhalte, die für eine Lebens/Wirtschaftsgemeinschaft sprechen wesentlich stärker bewertet werden, als jene die dieses Bild nicht verstärken oder sogar widerlegen. ln den Gesetzestexten, Verordnungen und Erkenntnissen des VwGH werden oft die Begriffe "überwiegend" und "Gesamtbild" verwendet. Singuläre Einzelereignisse oder einzelne Indizien können oft im Widerspruch zu diesen Begriffen stehen. Es muss daher nicht immer richtig sein aus dem Einzelnen auf das Ganze zu schließen. So findet sich außer in dem Schreiben "fit für den job" in der umfassenden Dokumentation (AMS, Berichte der Schulungsträger, sonstige Erhebungen) kein einziger Hinweis auf eine Lebensgemeinschaft vor dem 6.5.2014. Auf Grund eines gleichen Studiums einen sich zum Teil überschneidenden Freundeskreis zu haben, bedeutet noch nicht, dass die Freizeit überwiegend gemeinsam verbracht wird. Ein nicht beglaubigter oder fehlender Mietvertrag muss kein Indiz für gemeinsames Wirtschaften sein, er kann auch einfach ein Versehen, ein Fehler sein."
Am 23.01.2015 legte die belangte Behörde die Verwaltungsakten samt Beschwerdeschreiben dem Bundesverwaltungsgericht vor. Der Sachverhalt wurde aus Sicht der belangten Behörde nochmals zusammengefasst.
Mit Schreiben vom 28.06.2015 teilte XXXX, welche seitens des erkennenden Gerichtes als Zeugin für die mündliche Verhandlung am 20.07.2015 geladen wurde, mit, dass sie zu diesem Zeitpunkt auf Urlaub sei und ohnehin von ihrem Recht Gebrauch machen würde, keine Aussage zu ihrer Intims- bzw. Privatsphäre zu machen.
Am 20.07.2015 fand vor dem erkennenden Gericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an welcher der BF und ein bevollmächtigter Vertreter der belangten Behörde persönlich teilnahmen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF lebte von 09.08.2000 bis 15.04.2013 an der Wohnadresse XXXX und seit 15.04.2013 an der Wohnadresse XXXX.
XXXX lebte von 15.06.1999 bis 27.03.2013 an der Wohnadresse XXXX und seit 27.03.2013 an der Wohnadresse XXXX.
Die Wohnung am XXXX gehörte dem Vater von Frau XXXX; der BF lebte dort als Untermieter. Der Verteilungsschlüssel der Wohnungskosten wurde durch XXXX festgelegt und wurden diese gemeinsam getragen. Die Größe der Wohnung beträgt 50 m².
Die Wohnung an der Wohnadresse XXXX, in der der BF derzeit lebt, wird seitens des BF und XXXX gemeinsam gemietet. Beide sind Hauptmieter der Wohnung und die Wohnungskosten werden geteilt. Die Größe der Wohnung beträgt 80 m².
Am 28.04.2014 wurde die Tochter des BF und XXXX geboren.
In den Anträgen des BF auf Notstandshilfe beziehungsweise auf Arbeitslosengeld vom 19.12.2013, 19.09.2012, 16.09.2010, 01.05.2010, 04.05.2009 und 28.04.2008 wurde keine Lebensgefährtin seitens des BF angegeben.
Es liegt im verfahrensgegenständlichen Zeitraum zwischen dem BF und XXXX eine Lebensgemeinschaft vor.
2. Beweiswürdigung:
Der oben angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde sowie nunmehr aus dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.
Der gemeinsame Wohnsitz des BF und XXXX ergibt sich aus einem Auszug des Zentralen Melderegisters (ZMR) und wurde dieser im gesamten Verfahren nicht bestritten.
Das Vorbringen des BF, dass zwischen ihm und Frau XXXX lediglich eine Wohngemeinschaft im verfahrensrelevanten Zeitraum bestanden habe, erscheint unglaubwürdig und ist mit der allgemeinen Lebenserfahrung nicht in Einklang zu bringen. Insbesondere die lange Dauer der Wohngemeinschaft, die Größe der Wohnung am XXXX im Ausmaß von 50 m² und die gemeinsame Übersiedelung in eine andere Wohnung bekräftigen diese Feststellung.
Nach Ansicht des erkennenden Gerichts steht der Sachverhalt somit unzweifelhaft fest, da es dem BF auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht gelungen ist, ein Vorbringen zu erstatten, das eine andere Beurteilung seiner Beziehung zu XXXX im verfahrensrelevanten Zeitraum zulässt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
3.1.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. I Nr. 1/1930, erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I. Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
3.1.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG steht es der Behörde frei, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung).
Die Frist zur Erlassung der Beschwerdevorentscheidung durch die Geschäftsstelle beträgt gemäß § 56 Abs. 2 letzter Satz AlVG zehn Wochen.
Gemäß § 15 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag).
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 27 VwGVG legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Demzufolge hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid aufgrund der Beschwerde zu überprüfen. Verwiesen wird dabei auf die Bestimmung des § 9 VwGVG, der den Inhalt der Beschwerde beschreibt und hier insbesondere auf Abs. 1 Z 3 und Z 4 leg. cit. Dies betrifft die Angabe der Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt sowie das Begehren.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Das Verwaltungsgericht hat gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z 2).
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
3.2. Zu Spruchteil A):
3.2.1. Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes idgF lauten:
"Soweit nichts anderes bestimmt ist, sind laut § 38 und § 58 AlVG die Bestimmungen über das Arbeitslosengeld auf die Notstandshilfe sinngemäß anzuwenden.
Einstellung und Berichtigung des Arbeitslosengeldes:
§ 24. (1) Wenn eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld wegfällt, ist es einzustellen; wenn sich eine für das Ausmaß des Arbeitslosengeldes maßgebende Voraussetzung ändert, ist es neu zu bemessen. Die bezugsberechtigte Person ist von der amtswegigen Einstellung oder Neubemessung unverzüglich durch Mitteilung an die zuletzt bekannt gegebene Zustelladresse in Kenntnis zu setzen. Die bezugsberechtigte Person hat das Recht, binnen vier Wochen nach Zustellung der Mitteilung einen Bescheid über die Einstellung oder Neubemessung zu begehren. Wird in diesem Fall nicht binnen vier Wochen nach Einlangen des Begehrens ein Bescheid erlassen, so tritt die Einstellung oder Neubemessung rückwirkend außer Kraft und die vorenthaltene Leistung ist nachzuzahlen. Ein späterer Widerruf gemäß Abs. 2 und eine spätere Rückforderung gemäß § 25 werden dadurch nicht ausgeschlossen.
(2) Wenn die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes gesetzlich nicht begründet war, ist die Zuerkennung zu widerrufen. Wenn die Bemessung des Arbeitslosengeldes fehlerhaft war, ist die Bemessung rückwirkend zu berichtigen. Ist die fehlerhafte Zuerkennung oder Bemessung auf ein Versehen der Behörde zurückzuführen, so ist der Widerruf oder die Berichtigung nach Ablauf von fünf Jahren nicht mehr zulässig.
§ 25. (1) Bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Die Verpflichtung zum Ersatz des empfangenen Arbeitslosengeldes besteht auch dann, wenn im Falle des § 12 Abs. 8 das Weiterbestehen des Beschäftigungsverhältnisses festgestellt wurde, sowie in allen Fällen, in denen rückwirkend das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt oder vereinbart wird. Der Empfänger einer Leistung nach diesem Bundesgesetz ist auch dann zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich ohne dessen Verschulden auf Grund eines nachträglich vorgelegten Einkommensteuer- oder Umsatzsteuerbescheides ergibt, dass die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührte; in diesem Fall darf jedoch der Rückforderungsbetrag das erzielte Einkommen nicht übersteigen. Ebenso ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes (der Notstandshilfe) zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn nachträglich festgestellt wird, dass auf Grund einer Anrechnung von Einkommen aus vorübergehender Erwerbstätigkeit gemäß § 21a keine oder nur eine niedrigere Leistung gebührt. Die Verpflichtung zum Rückersatz besteht auch hinsichtlich jener Leistungen, die wegen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels weiter gewährt wurden, wenn das Verfahren mit der Entscheidung geendet hat, daß die Leistungen nicht oder nicht in diesem Umfang gebührten.
§ 25 (6) Eine Verpflichtung zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen einschließlich der Aberkennung des Anspruches auf Arbeitslosengeld gemäß Abs. 2 oder eine Verfügung zur Nachzahlung ist für Zeiträume unzulässig, die länger als fünf Jahre, gerechnet ab Kenntnis des maßgeblichen Sachverhaltes durch die regionale Geschäftsstelle, zurückliegen."
Gemäß § 33 Abs. 2 AlVG ist eine der Voraussetzungen für die Gewährung der Notstandshilfe, dass der Arbeitslose sich in Notlage befindet. Notlage liegt gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung dann vor, wenn dem Arbeitslosen die Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse unmöglich ist.
Nach den Bestimmungen des § 2 der Notstandshilfeverordnung (NH-VO) vom 10.07.1973, BGBl. Nr. 352/1973 in geltender Fassung liegt Notlage vor, wenn das Einkommen des (der) Arbeitslosen und das seines Ehepartners (Lebensgefährten bzw. seiner Lebensgefährtin) zur Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse des (der) Arbeitslosen nicht ausreicht. Bei der Beurteilung der Notlage sind die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des (der) Arbeitslosen selbst sowie des mit dem Arbeitslosen (der Arbeitslosen) im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehepartners (Lebensgefährten bzw. seiner Lebensgefährtin) zu berücksichtigen.
Gemäß § 6 Abs. 1 NH-VO ist bei Heranziehung des Einkommens des Ehepartners (Lebensgefährten bzw. der Lebensgefährtin) des (der) Arbeitslosen für die Beurteilung der Notlage wie folgt vorzugehen:
Von dem Einkommen ist ein Betrag freizulassen, der zur Bestreitung des notwendigen Lebensunterhaltes des Ehepartners (Lebensgefährten bzw. der Lebensgefährtin) und der allenfalls von ihm zu versorgenden Familienmitglieder bestimmt ist (Freigrenze). Der die Freigrenze übersteigende Teil des Einkommens ist auf die Notstandshilfe anzurechnen.
3.2.2. Der BF vertritt in seiner Beschwerde die Ansicht, dass es sich bei dem Zusammenleben im verfahrensrelevanten Zeitraum zwischen ihm und Frau XXXXum keine Lebens- bzw. Wirtschaftsgemeinschaft, sondern lediglich um eine Wohngemeinschaft gehandelt habe. Eine Wirtschaftsgemeinschaft mit Frau XXXX könne nach Ansicht des BF erst allenfalls in Zusammenhang mit der Geburt der Tochter des BF (diese erfolgte jedoch erst 2014) angenommen werden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Obersten Gerichtshofes besteht das Wesen einer Lebensgemeinschaft in einem eheähnlichen Zustand, der dem typischen Erscheinungsbild des ehelichen Zusammenlebens entspricht. Dazu gehört im Allgemeinen die Geschlechts-, Wohnungs- und (vor allem) Wirtschaftsgemeinschaft, wobei aber, wie auch bei einer Ehe, das eine oder andere Merkmal weniger ausgeprägt sein oder ganz fehlen kann. Jenes Element, um dessentwillen die Lebensgemeinschaft im konkreten Regelungszusammenhang von Bedeutung ist, nämlich das gemeinsame Wirtschaften, ist jedoch unverzichtbar (vgl. auch dazu VwGH 21.05.1996, Zl. 95/08/0147, VwGH 03.09.1996, Zl. 95/08/0283; VwGH 10.03.1998, Zl. 96/08/0339; VwGH 21.11.2001, Zl. 2001/08/0101).
Unter dem Begriff der Wirtschaftsgemeinschaft ist zu verstehen, dass beide Partner einander Beistand und Dienste leisten und an den zur Bestreitung des Unterhaltes, der Zerstreuung und Erholung zur Verfügung stehenden Gütern teilnehmen lassen, etwa auch die Freizeit weitgehend gemeinsam verbringen (VwGH 24. 04 1990, Zl. 89/08/0318; VwGH 18.11.2009, Zl. 2009/08/0081). Der Berücksichtigung des Einkommens des Lebensgefährten bei Beurteilung der Notlage liegt offenkundig die Annahme zu Grunde, dass dieser wegen der Lebens- (Wohn‑)Gemeinschaft auch zum gemeinsamen Wirtschaften zumindest zum Teil (etwa durch Mitfinanzierung der Miete oder der Ernährung) beiträgt. Gemeinsames Wohnen allein begründet noch keine Lebensgemeinschaft (VwGH 18. 11. 2009, Zl. 2007/08/0213; VwGH 21.11.2001, Zl. 2001/08/0101).
Es kommt regelmäßig auf die Gesamtumstände des Einzelfalles an, wobei der Wirtschaftsgemeinschaft nach der Rechtsprechung überragende Bedeutung zukommt (vgl. VwGH 21.05.1996, Zl. 95/08/0147).
Für die Annahme einer Wirtschaftsgemeinschaft genügt laut VwGH vom 15.10.2014, Zl. 2013/08/0207, die Mitfinanzierung der Miete für eine zur Gänze gemeinsam bewohnte Wohnung. In der Beteiligung an den Wohnkosten durch denjenigen Partner, der nicht Notstandhilfe beansprucht, liegt genau jene finanzielle Unterstützung des Notstandshilfebeziehers, welche eine Lebensgemeinschaft kennzeichnet und die Anrechnung des Partnereinkommens sachlich rechtfertige (vgl. VwGH 14.11.2012, Zl. 2010/08/0118).
Der Begriff der Lebensgemeinschaft beschränkt sich nicht auf die rein materielle Seite, es handelt sich dabei um eine aus einer seelischen Gemeinschaft und einem Zusammengehörigkeitsgefühl heraus entstandene Bindung. Eine Lebensgemeinschaft ist daher nicht nur ein äußerer Zustand, sondern sie setzt eine innere Einstellung der Partner voraus, die sich freilich im Allgemeinen aus äußeren Anzeichen erschließen lassen wird. Der VwGH hat in diesem Zusammenhang die Auffassung vertreten, dass die Einstellung der Beteiligten mit den Worten "gegenseitiger Beistand" umschrieben werden kann (siehe VwGH 27.11.2014, Zl. 2013/08/0220 mwH).
3.2.3. Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarkservice XXXX hat in den Beschwerdevorentscheidungen umfassend und konkret dargelegt, weshalb im gegenständlichen Fall vom Vorliegen einer Lebensgemeinschaft und somit Anrechnung des Partnereinkommens im Zuge der Bemessung der Notstandshilfe auszugehen ist.
In Übereinstimmung mit der belangten Behörde ist zunächst einmal zu erwähnen, dass unbestritten eine Wohngemeinschaft zwischen dem BF und Frau XXXX vorliegt; dies sogar seit mittlerweile 15 Jahren. Nicht nur die Dauer des Zusammenlebens spricht für die Annahme einer Lebensgemeinschaft, die über eine bloße Wohngemeinschaft hinausgeht. Auch die räumliche Beschaffenheit der Wohnung, welche gemeinsam vom BF und von XXXX im Zeitraum 09.08.2000 bis 27.3.2013 bewohnt wurde, legt das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft nahe. Es handelt sich nämlich um eine 50m² große Wohnung. Dass die beteiligten Personen ohne seelische Bindung an den anderen Mitbewohner einen derart langen Zeitraum zusammenleben und in weiterer Folge wieder eine Wohnung gemeinsam mieten, ist aus Sicht des erkennenden Senates des Bundesverwaltungsgerichtes nicht vorstellbar.
Konstituierendes Merkmal einer Lebensgemeinschaft ist unter anderem das Vorliegen einer Wirtschaftsgemeinschaft.
Dafür genügt z.B. bereits die Mitfinanzierung der Miete der gemeinsamen Wohnung durch den Partner. Auch wenn keine weitere Mithilfe vorliegt, liegt gerade darin jene finanzielle Unterstützung des anderen, die eine Lebensgemeinschaft kennzeichnet und die Anrechnung des Partnereinkommens rechtfertigt (vgl. Gerhartl, Andreas: Aktuelle Entwicklungen und Tendenzen im AlVG, Jahrbuch Sozialversicherungsrecht 2013).
Im konkreten Fall wird die derzeit gemeinsame Wohnung in der XXXX je zur Hälfte finanziert; die frühere Wohnung am XXXX gehörte dem Vater von Frau XXXX und der BF wohnte dort in Untermiete. Der Verteilungsschlüssel der Kosten dieser Wohnung wurde durch Frau XXXX festgelegt und gerecht verteilt, sodass davon ausgegangen werden kann, dass auch diese Wohnung gemeinsam finanziert wurde.
Aus dem Umstand heraus, dass im Zuge der Übersiedlung die Hauptwohnsitze des BF und Frau XXXX im Zeitraum zwischen 27.03.2013 bis 15.04.2013 getrennt gemeldet waren, kann nicht geschlossen werden, dass keine Lebensgemeinschaft vorliegt. Da auch, wie der BF selbst im Vorlageantrag korrekt darlegt, durch eine vorübergehende Abwesenheit wie zum Beispiel Kur- und Krankenhausaufenthalt, Arbeitsverrichtung an einem anderen Ort der gemeinsame Haushalt nicht aufgelöst wird. Denn wesentlich ist hier, ob weiterhin ein gemeinsames Wirtschaften vorliegt. Dies wurde seitens des BF keinesfalls verneint.
Der erkennende Senat geht daher davon aus, dass die beiden Personen gemeinsam wirtschaften.
Insgesamt sind im gesamten Verfahren vor der belangten Behörde keinerlei Anhaltspunkte dahingehend ersichtlich sind, dass die belangte Behörde willkürlich entschieden hätte. Vielmehr wurde dem BF ausreichend die Möglichkeit eingeräumt, sein Vorbringen, wie etwa in der persönlichen Einvernahme am 12.06.2014, darzulegen, gegebenenfalls zu ergänzen bzw. aufgetretene Unklarheiten oder Widersprüche zu beseitigen sowie allfällige Beweismittel vorzulegen. Es wurden auch Entgeltnachweise von Frau XXXX seitens der belangten Behörde eingeholt. Die maßgebenden Erwägungen, von denen sich die belangte Behörde bei ihren Entscheidungen leiten ließ, sind in den angefochtenen Bescheiden in übersichtlicher Art dargelegt.
Der belangten Behörde steht es frei, vor Erlassung der Beschwerdevorentscheidung auch ergänzende Ermittlungen durchzuführen (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2013, Anm § 14 VwGVG K3). Gegenständlich wurde die Angabe eines Trainers im Abschlussbericht "Fit für den Job 2" des BFI aus dem Jahr 2011 in den Begründungen der Beschwerdevorentscheidungen erstmals ergänzend als Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde angeführt.
Eine Verletzung des Parteiengehörs im Verwaltungsverfahren kann darin nicht erblickt werden, da nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, die auch auf die Rechtslage nach Einführung der Verwaltungsgerichte anwendbar ist - im Rechtsmittelverfahren dann saniert werden, wenn im angefochtenen Bescheid die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens dargelegt sind oder wenn die Partei im Rechtsmittelverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme hatte. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 20.07.2015 hatte der BF dazu jedenfalls ausreichend Gelegenheit eine Stellungnahme abzugeben (vgl. VwGH 15.12.1987, Zl. 84/07/0200; 18.10.2001, Zl. 2000/07/0003; 28.10.2009, Zl. 2008/15/0302).
Der Abschlussbericht "Fit für den Job 2" des BFI ist aus Sicht des erkennenden Gerichtes auch nicht als Beweismittel notwendig um gegenständlich eine Lebensgemeinschaft festzustellen. Dies ergibt sich vielmehr aus den vorliegenden Gesamtumständen, insbesondere durch die lange Dauer der Wohngemeinschaft, die gemeinsame Finanzierung der Wohnungskosten, die gemeinsame Übersiedelung in eine andere Wohnung und Zeugung eines Kindes im verfahrensrelevanten Zeitraum.
Die vom BF angesprochenen Umstände, etwa dass Lebensmittel getrennt eingekauft und aufbewahrt worden wären und die Zubereitung und der Verzehr der Mahlzeiten getrennt erfolgt seien, vermögen an diesem Gesamtbild nichts zu ändern.
In Anbetracht der Gesamtumstände und des gegenständlichen Sachverhaltes kann der belangten Behörde nicht vorgeworfen werden, dass keine ausreichenden Ermittlungen durchgeführt worden seien.
Die sich aus der in § 25 Abs. 1 AlVG (iVm § 38 AlVG) vorgesehenen Sanktionierung ergebende Verpflichtung von Antragstellern auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe, hinsichtlich maßgebender Tatsachen vollständige und wahrheitsgemäße Angaben zu machen, soll sicherstellen, dass der Behörde, die zahlreiche gleichartige Verfahren relativ rasch abzuwickeln hat, grundsätzlich die für den Leistungsanspruch maßgebenden Umstände vollständig und wahrheitsgemäß zur Kenntnis gelangen. Der Rückforderungstatbestand "unwahre Angaben" des § 25 Abs. 1 AlVG liegt daher jedenfalls dann vor, wenn die Behörde in einem Antragsformular eine rechtserhebliche Frage stellt und diese Frage unrichtig oder unvollständig beantwortet wird. Da die Angaben zur Geltendmachung einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung im Antragsformular die Behörde in die Lage versetzen sollen, ihrerseits zu beurteilen, ob ein Anspruch besteht, ist das Risiko eines Rechtsirrtums, aus dem ein Antragsteller meint, die darin gestellten Fragen nicht vollständig oder richtig beantworten zu müssen, von ihm zu tragen (vgl. VwGH
22.02.2012, Zl. 2009/08/0251, mwN).
Es kommt daher beim Rückforderungstatbestand des § 25 Abs. 1 erster Satz Fall 1 und 2 AlVG (unwahre Angaben, Verschweigen maßgebender Tatsachen) nach dem offenkundigen Zweck der Norm nicht darauf an, dass ein die Geldleistung aus der Arbeitslosenversicherung beeinflussender Umstand zu einem früheren Zeitpunkt bereits aktenkundig, oder von der Behörde hätte leicht festgestellt werden können, so wie überhaupt ein Mitverschulden der Behörde am Überbezug im Falle des Verschweigens von maßgeblichen Tatsachen oder unwahrer Angaben im Antragsformular ohne Belang ist.
Maßgeblich ist nur, ob der fragliche Umstand in Beantwortung der Fragen im Antragsformular richtig und vollständig einbekannt oder dem AMS gleichzeitig oder doch rechtzeitig vor Anweisung des jeweiligen Leistungsanspruchs in einer zumindest gleichwertigen Weise (zum Beispiel durch Vorlage einer entsprechenden Bestätigung) mitgeteilt wurde (vgl. VwGH 21.11.2007, Zl. 2006/08/0270).
Das bedeutet, dass es rechtlich keinesfalls maßgeblich für die Rückforderung ist, dass im Abschlussbericht "Fit für den Job 2" des BFI bereits 2011 eine "langjährige Lebensgefährtin" erwähnt und damit - wie seitens des BF vorgebracht - bereits 2011 dies seitens der belangten Behörde festgestellt hätte werden müssen.
Der BF hat vielmehr in keinen einzigen Antrag im verfahrensmaßgeblichen Zeitraum eine Lebensgemeinschaft angegeben. Der BF bringt auch nicht vor, dass er die oben genannte Frage in den Antragsformularen betreffend die Zuerkennung von Notstandshilfe nicht verstanden hätte. Soweit er hinsichtlich des Vorliegens einer Lebensgemeinschaft in einem Rechtsirrtum gewesen wäre, hat er aber dadurch, dass er die einschlägige Frage im Zuge der Antragstellungen verneint hat, das Risiko dieses Rechtsirrtums zu tragen (vgl. auch VwGH 26.05.2004, Zl. 2001/08/0022). Die Umstände, dass der BF Neuanträge zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung in das EDV-System eingegeben habe und dort etwaig andere Regeln gelten, haben diesbezüglich keine rechtliche Bedeutung.
Die belangte Behörde ist daher im Ergebnis zu Recht von einem Verschweigen maßgeblicher Tatsachen ausgegangen, sodass die Rückforderung der zu Unrecht empfangenen Notstandshilfe gesetzlich begründet war.
Die Beschwerden erweisen sich aus den genannten Gründen sohin als unbegründet und waren daher abzuweisen.
3.3. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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