VwGH 89/08/0318

VwGH89/08/031824.4.1990

N gegen drei Bescheide des Landesarbeitsamtes Wien vom 18. Oktober 1989, (jeweils mit gleicher) Zl. IVb-7022/7100 B, betreffend Notstandshilfe

Normen

AlVG 1977 §33 Abs2 litc;
AlVG 1977 §36 Abs3 litB sublitc;
NotstandshilfeV §2 Abs2;
NotstandshilfeV §4 Abs1 litb idF 1973/352;
VwGG §30 Abs2;
AlVG 1977 §33 Abs2 litc;
AlVG 1977 §36 Abs3 litB sublitc;
NotstandshilfeV §2 Abs2;
NotstandshilfeV §4 Abs1 litb idF 1973/352;
VwGG §30 Abs2;

 

Spruch:

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 31.710,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1.0. Das Arbeitsamt Versicherungsdienste in Wien richtete mit Datum vom 6. September 1988 drei Bescheide an die Beschwerdeführerin.

1.1. Mit dem ersten Bescheid sprach das Arbeitsamt aus, daß die Beschwerdeführerin gemäß § 33 Abs. 2 lit. c des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) ab dem 1. Mai 1986 mangels Notlage keinen Anspruch auf Notstandshilfe habe.

Nach der Begründung sei eine der Voraussetzungen für die Gewährung der Notstandshilfe das Vorliegen von Notlage. Eine solche sei nicht anzunehmen, wenn der Lebensgefährte einer Arbeitslosen im Vollverdienst stehe. Da nach dem Ergebnis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin ab 1. April 1986 im Vollverdienst stehe, liege bei ihr ab diesem Tag Notlage nicht mehr vor. Ein Anspruch auf Notstandshilfe sei daher nicht mehr gegeben.

1.2. Mit dem zweiten Bescheid wurde dem Antrag der Beschwerdeführerin (ohne Angabe eines Datums) auf Notstandshilfe gemäß § 33 Abs. 2 lit. c AlVG mangels Notlage keine Folge gegeben. In ihrer Begründung verneinte das Arbeitsamt wiederum eine Notlage der Beschwerdeführerin, da deren Lebensgefährte in Vollverdienst stehe.

1.3. Mit dem dritten Bescheid verpflichtete das Arbeitsamt die Beschwerdeführerin gemäß § 38 in Verbindung mit § 25 Abs. 1 AlVG zur Rückzahlung unberechtigt empfangener Notstandshilfe in der Höhe von S 183.989,--.

In der Begründung stellte das Arbeitsamt dabei unter Wiedergabe der §§ 24 Abs. 2 und 25 Abs. 1 AlVG fest, die Beschwerdeführerin habe verschwiegen, daß sie einen Lebensgefährten habe, der im Vollverdienst stehe. Daher habe sich für die Zeit vom 8. August 1983 bis 20. Jänner 1986 und vom 1. Mai 1986 bis 30. Juni 1986 der angeführte Übergenuß ergeben.

2. Gegen alle drei Bescheide hat die Beschwerdeführerin Berufung erhoben.

3.0. Die belangte Behörde erließ am 18. Oktober 1989, (jeweils mit gleicher) Geschäftszahl IV b-7022/7100 B, die drei angefochtenen Bescheide.

3.1. Mit dem ersten angefochtenen Bescheid (in der Folge: Einstellungsbescheid genannt) wurde der Berufung teilweise Folge gegeben und der Bescheid des Arbeitsamtes wie folgt abgeändert: Der Bezug der Notstandshilfe wird gemäß § 33 Abs. 2 lit. c AlVG für die Zeit vom 8. August 1983 bis 8. November 1984, vom 21. November 1984 bis 1. Jänner 1985, vom 28. Jänner bis 30. April 1985, vom 1. Juni bis 30. Juni 1985, vom 1. August bis 31. August 1985, vom 1. November 1985 bis 20. Jänner 1986, vom 1. Mai bis 24. August 1986, vom 10. November 1986 bis 9. Mai 1987, vom 25. Mai bis 9. September 1987, vom 28. September bis 9. Dezember 1987, vom 29. Dezember 1987 bis 7. Februar 1988, vom 22. Februar bis 6. April 1988 sowie vom 14. April bis 30. Juni 1988 mangels Notlage eingestellt.

Nach der Begründung habe die Beschwerdeführerin in den im Spruch genannten Zeiträumen Notstandshilfe (vom 14. April bis 30. Juni 1988 als Vorschuß für die beantragte Invaliditätspension) bezogen. Das Arbeitsamt habe mit seinem Bescheid vom 6. September 1988 den Bezug der Notstandshilfe ab 1. Mai 1986 (richtig: für die Zeit vom 8. August 1983 bis 20. Jänner 1986, sowie vom 1. Mai bis 30. Juni 1986) mit der Begründung eingestellt, daß der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin seit 1. April 1986 im Vollverdienst stehe. Auf Grund von Erhebungen des Arbeitsamtes bei der Magistratsabteilung (MA) 50 der Stadt Wien sei festgestellt worden, daß der Beschwerdeführerin im September 1978 an der Adresse XY eine Gemeindewohnung zugewiesen worden sei. Dabei habe die Beschwerdeführerin in einer schriftlichen Erklärung angegeben, ihren Lebensgefährten Adolf B. "mitzunehmen". Die Beschwerdeführerin habe auch in ihren Ansuchen ("Wohnungswerber-Aufnahmeblatt") vom November 1981 und August 1987 Adolf B. jeweils als ihren Lebensgefährten angegeben. Anläßlich der Zuweisung einer Gemeindewohnung an der Adresse XYZ im Oktober 1987 habe sie sich schriftlich bereit erklärt, ihren Lebensgefährten, Herrn Adolf B., "mitzunehmen". Für diese Wohnung habe sowohl sie als auch Adolf B. einen Mietvertrag erhalten.

In ihrer gegen den Bescheid des Arbeitsamtes eingebrachten Berufung habe die Beschwerdeführerin vorgebracht, es sei nicht richtig, daß sie einen im Vollverdienst stehenden Lebensgefährten verschwiegen habe. Der (vom Arbeitsamt offenbar gemeinte) Vater ihres am 27. Dezember 1977 geborenen Sohnes R, Adolf B., sei bereits seit Ende 1978 nicht mehr ihr Lebensgefährte, da sie sich mit ihm zerstritten habe. Lediglich wegen der Tatsache, daß er vom Wohnungsamt der Stadt Wien in ihre damalige Wohnung XY miteingewiesen worden sei, habe er diese benützt. Auf Grund eines Mietvertrages vom 11. Oktober 1987 benütze er auch die nunmehrige Wohnung in XYZ mit. Wegen seines Mitmietrechtes hätte die Beschwerdeführerin auch trotz ihrer Bemühungen keine Möglichkeit, ihn aus dieser Wohnung zu entfernen. Als Mitmieter müsse er auch vom Zins und Gas- und Stromverbrauch die Hälfte bezahlen. Die Beschwerdeführerin erhalte jedoch von ihm kein Wirtschaftsgeld und auch keine sonstige Unterstützung. Er zahle nicht einmal den Unterhalt für das gemeinsame außereheliche Kind R. Es fehlten daher die für eine Lebensgemeinschaft wesentlichen Voraussetzungen einer Wirtschaftsgemeinschaft und im übrigen auch einer Geschlechtsgemeinschaft.

Die belangte Behörde habe daraufhin im Rahmen eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens Adolf B. am 6. Dezember 1988 einvernommen. Dieser habe angegeben, daß die Lebensgemeinschaft mit der Beschwerdeführerin im März 1978 aufgelöst worden sei. Seit dieser Zeit bestehe keine wirtschaftliche Verbundenheit mehr. Er bewohne alleine ein separates Kabinett in der Wohnung, versorge bzw. verköstige sich selbst. Seit 1978 bis laufend bestehe mit der Beschwerdeführerin kein gutes Einvernehmen. Es wäre ihm von dieser auch des öfteren nahegelegt worden, aus der gemeinsamen Wohnung auszuziehen. Dieses Ansinnen habe er jedoch entschieden zurückgewiesen, da er gleichberechtigter Hauptmieter der Wohnung sei. Er bezahle lediglich ein Drittel der anfallenden Miete, das seien S 500,-- monatlich. Einen Anteil an Strom- und Gaskosten, Kosten für Beheizung, Telephongebühren etc. leiste er nicht. Seitens des Bezirksgerichtes 15. sei gegen ihn bereits ein Räumungsbescheid ergangen, worin er aufgefordert worden sei, die Wohnung bzw. sein Kabinett bis längstens 31. Dezember 1988 zu räumen. Dagegen habe er Berufung erhoben.

Die MA 50 habe der belangten Behörde folgendes mitgeteilt:

Maßgeblich für die Zuweisung einer Wohnung sei auch die Zahl der Personen, die mit dem Antragsteller in gemeinsamen Haushalt lebten. Ein "gemeinsamer Haushalt" werde seitens der MA 50 angenommen, wenn die mitziehende Person über den Zeitraum eines Jahres an der gleichen Anschrift wie der Antragsteller wohnhaft sei. Im vorliegenden Fall sei Adolf B. von der Beschwerdeführerin selbst in ihrem Antrag als Lebensgefährte bezeichnet worden. Auch das Bezirksjugendamt (MA 11) habe eine Lebensgemeinschaft zwischen der Beschwerdeführerin und Adolf B. bestätigt. Beide wären jahrelang an der gleichen Anschrift lebend und aufrecht polizeilich gemeldet gewesen.

Zu den "Wohnungswerber-Aufnahmeblättern" aus dem Jahre 1981 und 1987 habe die Beschwerdeführerin im Rahmen des Parteiengehörs angegeben, daß sie, obwohl die Lebensgemeinschaft bereits im Jahre 1978 geendet habe, Adolf B. rechtsirrigerweise als Lebensgefährten bezeichnet habe, weil sie mit ihm von 1976 bis 1978 eine Lebensgemeinschaft geführt habe. Sie sei irrtümlich der Meinung gewesen, daß sie Adolf B., wenn er in die ihr zugewiesene Wohnung mitübernommen werden müsse, auch weiterhin als Lebensgefährten zu bezeichnen habe, statt als "Untermieter" oder "Mitbewohner", wie dies richtig gewesen wäre. Die Beschwerdeführerin habe auch wiederholt beim Magistratischen Bezirksamt vorgesprochen, um zu erreichen, daß Adolf B. die Wohnung verlassen müsse. Sie sei jedoch darauf verwiesen worden, daß sie sich bei der Zuweisung der Wohnung verpflichtet habe, ihn mitzunehmen und daher keine Möglichkeit bestehe, ihn nun aus der Wohnung zu entfernen. Dies gelte auch für die Angaben in der "Mitziehererklärung" vom 20. August 1987 bzw. für den Erhebungsbericht zum "Wohnungswerber-Aufnahmeblatt" aus dem Jahre 1988, wo in der Spalte "Verwandschaftsverhältnis zum Hauptmieter" die Angabe "Leb. Gef." vermerkt sei. Diese Angabe sei auf Grund der irrigen Angabe im "Wohnungswerber-Aufnahmeblatt" erfolgt.

Die belangte Behörde habe schließlich festgestellt, daß die Beschwerdeführerin am 16. November 1988 beim Bezirksgericht Fünfhaus eine Klage zwecks Entfernung des Adolf B. aus ihrer Wohnung eingebracht habe.

Auf Grund dieser Ermittlungsergebnisse seien der belangten Behörde die Angaben betreffend die Beendigung der Lebensgemeinschaft im Jahre 1978 als nicht glaubwürdig erschienen. So habe etwa Adolf B. angegeben, die Lebensgemeinschaft sei im März 1978 aufgelöst worden. Die Beschwerdeführerin habe hingegen ausgeführt, daß Adolf B. seit Ende 1978 nicht mehr ihr Lebensgefährte sei. Obzwar sich das "Ende" einer Lebensgemeinschaft zugegebenermaßen im allgemeinen nicht auf den Tag genau benennen lasse, unterschieden sich im vorliegenden Fall die gemachten Angaben jedoch derart, daß die Aufgabe der Lebensgemeinschaft im Jahre 1978 der belangten Behörde als unwahrscheinlich erscheine.

Diese Annahme werde auch dadurch erhärtet, daß die Beschwerdeführerin Adolf B. im Verfahren vor der MA 50 in den Jahren 1981 und 1987 immer als ihren Lebensgefährten bezeichnet habe. Die diesbezügliche Erklärung, wonach diese Angaben auf einem Irrtum beruhten, da die Beschwerdeführerin geglaubt habe, sie müßte Adolf B. weiterhin als ihren Lebensgefährten bezeichnen, wenn er in die ihr (neu) zugewiesene Wohnung mitziehen müsse, erscheine als nicht schlüssig, da dann, wenn Adolf B. tatsächlich nicht mehr ihr Lebensgefährte gewesen wäre, keinerlei Veranlassung bestanden hätte, mit diesem eine neue Wohnung zu teilen.

Nach Auffassung der belangten Behörde sei der einzige Nachweis für die Aufgabe der Lebensgemeinschaft in der Klage der Beschwerdeführerin beim Bezirksgericht Fünfhaus zu sehen. Diese Klage sei aber erst am 16. November 1988 eingebracht worden. Erst ab diesem Zeitpunkt sei die Lebensgemeinschaft als aufgelöst anzusehen. Das Einkommen von Adolf B. sei somit in den fraglichen Zeiträumen bis 30. Juni 1988 auf die Notstandshilfe der Beschwerdeführerin anzurechnen. Dabei übersteige das jeweils anzurechnende Einkommen des Adolf B. das Ausmaß der Notstandshilfe der Beschwerdeführerin.

3.2. Mit dem zweiten angefochtenen Bescheid (in der Folge: Abweisungsbescheid genannt) wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Arbeitsamtes betreffend Abweisung ihres Antrages vom 25. April 1988 auf Gewährung der Notstandshilfe (als Vorschuß auf die von ihr beantragte Invaliditätspension) gemäß § 33 Abs. 2 lit. c AlVG keine Folge gegeben und der Bescheid des Arbeitsamtes bestätigt.

In der Begründung dieses Bescheides ging die belangte Behörde - ebenso wie in der Begründung des Einstellungsbescheides - davon aus, daß zwischen der Beschwerdeführerin und Adolf B. bis November 1988 eine Lebensgemeinschaft bestanden habe. Da das (in der Begründung näher aufgeschlüsselte) Einkommen des Adolf B. die Notstandshilfe übersteige, bestünde für die Beschwerdeführerin kein Anspruch auf Notstandshilfe.

3.3. Mit dem dritten angefochtenen Bescheid (in der Folge: Rückforderungsbescheid genannt) wurde der Berufung der Beschwerdeführerin teilweise Folge gegeben und der Bescheid des Arbeitsamtes wie folgt abgeändert: Die Zuerkennung der Notstandshilfe wurde zunächst gemäß § 38 in Verbindung mit § 24 Abs. 2 AlVG für die bereits im Einstellungsbescheid genannten Zeiträume widerrufen. Ferner wurde die Bemessung der Notstandshilfe gemäß § 38 in Verbindung mit § 24 Abs. 2 AlVG für diese Zeiträume berichtigt. Schließlich wurde die auf Grund dieses Widerrufes bzw. der Berichtigung unberechtigt bezogene Notstandshilfe in der Höhe von S 181.817,-- gemäß § 38 in Verbindung mit § 25 Abs. 1 AlVG zum Rückersatz vorgeschrieben.

Auch in der Begründung dieses Bescheides ging die belangte Behörde ebenso wie in der Begründung der beiden anderen Bescheide - im wesentlichen wortgleich - davon aus, daß zwischen der Beschwerdeführerin und Adolf B. bis November 1988 eine Lebensgemeinschaft bestanden habe. Bei Berücksichtigung des Einkommens des Adolf B. sei die Bemessung der Notstandshilfe der Beschwerdeführerin wie im Spruch angeführt zu berichtigen bzw. zu widerrufen. Da die Beschwerdeführerin dem Arbeitsamt den Bestand einer Lebensgemeinschaft verschwiegen habe, sei die unberechtigt bezogene Notstandshilfe zum Rückersatz vorzuschreiben gewesen.

4. Gegen diese drei Bescheide richten sich die zu den Zlen. 89/08/0318, 89/08/0319 und 89/08/0320 protokollierten Beschwerden. Die Beschwerdeführerin macht dabei Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

5. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und zu den drei Beschwerden jeweils eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragte.

6.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhanges die Verbindung der drei Beschwerden zur gemeinsamen Erledigung beschlossen und darüber erwogen:

6.1. Gemäß § 33 Abs. 2 lit. c AlVG ist eine der Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung der Notstandshilfe das Vorliegen von Notlage.

Nach § 2 Abs. 1 der von der belangten Behörde angewendeten Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 10. Juli 1973 betreffend Richtlinien für die Gewährung der Notstandshilfe, BGBl. Nr. 352 (Notstandshilfeverordnung), liegt Notlage vor, wenn das Einkommen des Arbeitslosen und das seiner Angehörigen, die zur gesetzlichen Unterhaltsleistung verpflichtet sind, zur Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse des Arbeitslosen nicht ausreicht; den unterhaltspflichtigen Angehörigen sind Lebensgefährten gleichzuhalten.

Gemäß § 2 Abs. 2 der Notstandshilfeverordnung sind bei der Beurteilung der Notlage die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitslosen selbst sowie der Angehörigen zu berücksichtigen. Im allgemeinen ist nur das Einkommen der im gemeinsamen Haushalt mit dem Arbeitslosen lebenden Angehörigen heranzuziehen.

Gemäß § 4 Abs. 1 lit. b Notstandshilfeverordnung in der für den Streitzeitraum maßgebenden Fassung vor Inkrafttreten der Novelle vom 23. Juni 1988, BGBl. 1988/319, ist Notlage nicht anzunehmen, wenn der Ehegatte (Lebensgefährte) einer Arbeitslosen im Vollverdienst steht oder aus selbständiger Erwerbstätigkeit oder aus Kapitalbesitz ein zur Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse hinreichendes Einkommen erzielt, es sei denn, daß besonders berücksichtigungswürdige Umstände, wie z.B. größere Kinderanzahl, Krankheit in der Familie, geringer Verdienst trotz Vollarbeit, vorliegen.

Die genannte Verordnungsbestimmung wurde (ebenso wie ihre gesetzliche Grundlage: § 36 Abs. 3 lit. B sublit. c AlVG 1977) mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 7. Dezember 1988, G 73 (ua)/88, V 15(ua)/88, als verfassungswidrig aufgehoben und ist gemäß dem nach Art. 140 Abs. 5 B-VG beigegebenen Ausspruch mit 30. November 1989 außer Kraft getreten. Da ein Anlaßfall im Sinne des Art. 139 Abs. 6 erster Satz B-VG (bzw. Art. 140 Abs. 7 erster Satz B-VG) nicht vorliegt, ist diese Bestimmung jedoch auf den vorliegenden Beschwerdefall gemäß der zuletzt zitierten verfassungsgesetzlichen Regelungen weiterhin anzuwenden.

6.2.1. Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheiden die Annahme zugrundegelegt, zwischen der Beschwerdeführerin und Adolf B. bestünde eine Lebensgemeinschaft. Diese Annahme stützte sie im wesentlichen auf die Angaben der Beschwerdeführerin vor der MA 50, in der diese Adolf B. wiederholt als ihren Lebensgefährten bezeichnet hat. Die Erklärung der Beschwerdeführerin, wonach diese Angaben auf einem Irrtum beruhten, da sie geglaubt hätte, sie müßte Adolf B. weiter als ihren Lebensgefährten bezeichnen, wenn er in die ihr (neu) zugewiesene Wohnung mitziehen müsse, erschien der belangten Behörde hingegen als nicht schlüssig, da für die Beschwerdeführerin ja keine Veranlassung bestanden hätte, mit Adolf B. eine neue Wohnung zu teilen, wenn er tatsächlich nicht mehr ihr Lebensgefährte gewesen wäre.

6.2.2. Was als Lebensgemeinschaft zu betrachten ist, wird weder vom Arbeitslosenversicherungsgesetz noch in der Notstandshilfeverordnung näher bestimmt. Nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. die Ausführungen im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 15. Oktober 1987, Zl. 86/16/0237) und des Obersten Gerichtshofes (vgl. EFSlg. V/3) besteht das Wesen einer Lebensgemeinschaft in einem eheähnlichen Zustand, der dem typischen Erscheinungsbild des ehelichen Zusammenlebens entspricht. Dazu gehört im allgemeinen die Geschlechts-, Wohnungs- und (vor allem) Wirtschaftsgemeinschaft, wobei aber, wie auch bei einer Ehe, das eine oder andere Merkmal weniger ausgeprägt oder ganz fehlen kann. Es kommt hiebei regelmäßig auf die Gesamtumstände des Einzelfalles an (EFSlg. 51.553), wobei der Wirtschaftsgemeinschaft nach der Rechtsprechung überragende Bedeutung zukommt (vgl. auch EFSlg. V/3, EFSlg. 38.825, 43.743 uva.). Unter dem Begriff der Wirtschaftsgemeinschaft ist zu verstehen, daß beide Partner einander Beistand und Dienste leisten und an den zur Bestreitung des Unterhaltes, der Zerstreuung und Erholung zur Verfügung stehenden Gütern teilnehmen lassen, etwa auch die Freizeit weitgehend gemeinsam verbringen (EFSlg. 51.554). Der Begriff der Lebensgemeinschaft beschränkt sich allerdings nicht auf die rein materielle Seite; es handelt sich dabei um eine aus einer seelischen Gemeinschaft und dem Zusammengehörigkeitsgefühl heraus entstandene Bindung. Lebensgemeinschaft ist daher nicht nur ein äußerer Zustand, sondern sie setzt auch eine innere Einstellung der Partner voraus, die sich freilich im allgemeinen nur aus äußeren Anzeichen erschließen lassen wird (EFSlg. 51.555). Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang die Auffassung vertreten, daß die Einstellung der Beteiligten mit den Worten "gegenseitiger Beistand" umschrieben werden kann (vgl. das Erkenntnis vom 11. April 1980, Zl. 2542/79, VwSlg. 10095/A).

Nach § 37 des auch im behördlichen Verfahren der Arbeitsämter und Landesarbeitsämter anzuwendenden Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 (AVG 1950) ist es Zweck des Ermittlungsverfahrens, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Bescheide sind nach § 58 Abs. 2 AVG 1950 zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtslage ist nach § 60 AVG 1950 in der Begründung klar und übersichtlich zusammenzufassen.

6.2.3. Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage hält der angefochtene Bescheid einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof nicht stand.

Die belangte Behörde hat ihre Annahme, die Beschwerdeführerin führe mit Adolf B. eine Lebensgemeinschaft im wesentlichen auf den Umstand gestützt, daß die Beschwerdeführerin Adolf B. in den Jahren 1981 und 1987 vor der MA 50 als ihren Lebensgefährten bezeichnet hat. Der Verwaltungsgerichtshof verkennt nicht, daß die Erklärung eines Anspruchswerbers, mit einer bestimmten Person eine "Lebensgemeinschaft zu führen" bzw. die Bezeichnung einer bestimmten Person als "Lebensgefährte" im Regelfall ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft darstellt. Nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens hat die Beschwerdeführerin jedoch auch angegeben, sie hätte wiederholt vor dem Magistratischen Bezirksamt vorgesprochen und zu erreichen versucht, daß Adolf B. die Wohnung verlassen müsse. Dabei sei sie darauf hingewiesen worden, daß sie sich bereits bei der erstmaligen Zuweisung der Wohnung verpflichtet habe, Adolf B. mitzunehmen und daher keine Möglichkeit bestehe, ihn nun aus der Wohnung zu entfernen. In diesem Zusammenhang kann das Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie habe geglaubt, sie müsse Adolf B. weiterhin als ihren Lebensgefährten bezeichnen, wenn er auch in die neu zugewiesene Wohnung mitziehen müsse, nicht - wie die belangte Behörde dies tut - als unschlüssig erkannt werden.

Dazu kommt, daß sich die belangte Behörde mit anderen Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens, die FÜR die Behauptung der Beschwerdeführerin, sie habe mit Adolf B. im maßgeblichen Zeitraum keine Lebensgemeinschaft geführt, sprechen könnten, überhaupt nicht auseinandergesetzt hat: So hat die Beschwerdeführerin etwa in ihrer Berufung angegeben, Adolf B. zahle nicht einmal Unterhalt für ihren gemeinsamen außerehelichen Sohn Adolf R, ein Umstand, der nicht für den von der Rechtsprechung für eine Wirtschaftsgemeinschaft geforderten gegenseitigen Beistand spricht. Auch auf die im Erhebungsbericht vom 6. Dezember 1988 gemachten Angaben der Hausparteien (vgl. ONr. 183 des Verwaltungsaktes), die Beschwerdeführerin und Adolf B. seien im Haus nie gemeinsam gesehen worden, ist die belangte Behörde nicht eingegangen. Schließlich gibt die belangte Behörde auch nicht an, ob (bejahendenfalles auf Grund welcher konkreter Umstände) sie vom Vorliegen einer zwischen der Beschwerdeführerin und Adolf B. allenfalls bestehenden Wirtschaftsgemeinschaft ausgeht; insbesondere hätte sie sich mit den wiederholten Angaben, die Beschwerdeführerin erhielte von Adolf B. keine Unterstützung, sondern dieser zahle lediglich kleine Beträge für Miete und Licht, auseinandersetzen müssen. So ist etwa das Arbeitsamt - wie aus dem Verwaltungsakt ersichtlich - in einem Bescheid vom 25. Juli 1985 (vgl. ONr. 43 a) in diesem Zusammenhang davon ausgegangen, daß die Beschwerdeführerin ein Einkommen aus Vermietung bezieht.

7. Da die belangte Behörde somit weder die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens noch die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen in einer dem § 60 AVG 1950 entsprechenden Weise dargelegt hat, waren die angefochtenen Bescheide schon deshalb wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

8. Aus Gründen der Verfahrensökonomie sei ferner noch auf die mangelnde zeitliche und rechtliche Kongruenz der angefochtenen Bescheide der belangten Behörde hingewiesen:

Während ein Bescheid des Arbeitsamtes die Beschwerdeführerin zum Rückersatz "unberechtigt empfangener" Notstandshilfe für die Zeit vom 8. August 1983 bis 20. Jänner 1986 und vom 1. Mai bis 30. Juni 1986 verpflichtet (und auf Grund seiner Formulierung im Sinne der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes für diesen Zeitraum auch einen Widerruf enthält: vgl. z.B. das Erkenntnis vom 19. Mai 1988, Zl. 86/08/0046), geht der Rückforderungsbescheid der belangten Behörde - rechtswidrigerweise - über diesen Zeitraum HINAUS. Mit ihm wurde die von der Beschwerdeführerin bezogene Notstandshilfe bis einschließlich 30. Juni 1988 widerrufen und rückgefordert.

Demgegenüber sieht ein weiterer Bescheid des Arbeitsamtes eine "Einstellung" (gemeint wohl: Widerruf) der Notstandshilfe ab 1. Mai 1986 vor, während der von der belangten Behörde erlassene Bescheid - ebenfalls rechtswidrigerweise - auf die DAVOR liegende Zeit (bis 8. August 1983) ausgedehnt wurde, über die im übrigen auch mit dem Rückforderungsbescheid entschieden worden ist.

Hinsichtlich der mit diesem Bescheid ausgesprochenen Einstellung (Widerruf) der von der Beschwerdeführerin bis einschließlich 30. Juni 1988 bezogenen Notstandshilfe sei schließlich noch darauf hingewiesen, daß mit dem dritten angefochtenen Bescheid ein Antrag der Beschwerdeführerin vom 25. April 1988 (die Beschwerdeführerin spricht in diesem Zusammenhang von einem Antrag vom 22. Mai 1988) auf Gewährung der Notstandshilfe - OHNE Nennung eines Anfangstermines - abgewiesen wurde.

9. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206. Ein Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer konnte nicht zuerkannt werden. Pro eingebrachte Beschwerde war auch nur ein Ersatz von Stempelgebühren in Höhe von S 120,-- zuzusprechen. Die angefochtenen Bescheide waren jeweils nur in einer einzigen Ausfertigung vorzulegen, weshalb der Ersatz der Stempelgebühr nur für diese eine Beilage gebührt.

10. Von der beantragten Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abzusehen.

11. Es wird darauf hingewiesen, daß die Beendigung des Beschwerdeverfahrens, für dessen Dauer die unter der Zl. AW 89/08/0069 protokollierte Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt wird, einen Abspruch über diesen Antrag entbehrlich macht (vgl. z.B. den hg. Beschluß vom 6. September 1978, Zlen. 1902, 1903/78).

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