AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W170.2016405.1.00
Spruch:
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Thomas MARTH als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Syrien, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes vom 12.12.2014, Zl. 1028182501/14867284, beschlossen:
A) In Erledigung der Beschwerde wird Spruchpunkt I. des bekämpften
Bescheides gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer - ein syrischer Staatsangehöriger, der der Volksgruppe der Araber und der Konfession der Sunniten angehört - stellte nach einem Aufgriff durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 9.8.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Rahmen des Aufgriffs wurden ein auf den Beschwerdeführer lautender syrischer Reisepass und ein auf den Beschwerdeführer lautender syrischer Personalausweis vorgefunden.
2. Am selben Tag wurde der Beschwerdeführer einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen.
Der Beschwerdeführer sei XXXX geboren und habe in Syrien zuletzt in XXXX gelebt.
Hinsichtlich seiner Fluchtgründe gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, Syrien am 1.7.2014 verlassen zu haben, da einerseits in Syrien Bürgerkrieg herrsche und andererseits zwei der Brüder des Beschwerdeführers verhaftet worden seien. Die Armee habe bereits zwei Mal das Haus des Beschwerdeführers durchsucht, um diesen zu töten. Selbiges befürchte der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Syrien.
Offenbar am 25.8.2014 wurde das Verfahren durch Ausfolgung einer Aufenthaltsberechtigungskarte zugelassen.
Am 4.12.2014 wurde der Beschwerdeführer einer Einvernahme durch ein Organ des Bundesamtes unterzogen.
In der Einvernahme gab der Beschwerdeführer einleitend an, dass er auf seinem Handy weitere Dokumente in Kopie gespeichert habe, nämlich das Militärbuch, die Abschlusszeugnisse der Universität, das Familienbuch, Zeugnisse und eine Kopie des Reisepasses seiner Ehefrau. Die Frau und das Kind des Beschwerdeführers würden sich nunmehr in Jordanien aufhalten.
In Syrien sei der Beschwerdeführer bereits zwei Mal festgenommen und befragt worden, später konkretisierte der Beschwerdeführer, dass man ihn zwei Mal zu Hause befragt aber nicht festgenommen habe. Zwei Brüder des Beschwerdeführers seien jeweils drei Monate inhaftiert gewesen. Der Beschwerdeführer - er sei Anwalt gewesen - wisse, dass die Polizei in Syrien nach ihm fahnde, da eine andere Person, die den gleichen Namen wie der Beschwerdeführer führe und deshalb angehalten worden sei, den Beschwerdeführer gewarnt habe. Warum der Beschwerdeführer gesucht werde, wisse er nicht. Einer der festgenommenen Brüder des Beschwerdeführers habe als Angestellter für den Bürgermeister gearbeitet; da das Regime gedacht habe, dass dieser Bürgermeister die Rebellen unterstütze, habe man den Bruder festgenommen.
3. Nach Durchführung des oben dargestellten Ermittlungsverfahrens wurde der gegenständliche Antrag des Beschwerdeführers mit im Spruch bezeichneten Bescheid vom 12.12.2014, erlassen am 17.12.2014, hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen. Unter einem wurde diesem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.
Neben einer Darstellung des Verfahrensganges und Feststellungen zum Herkunftsstaat der beschwerdeführenden Partei wurde unter anderem begründend festgestellt, dass die Identität des Beschwerdeführers feststehe. Dieser habe keine asylrelevanten Gründe für seine Flucht aus Syrien vorgebracht und würden ihm solche auch nicht drohen. Der Beschwerdeführer habe Syrien wegen des Bürgerkrieges verlassen. Allerdings wäre der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Syrien in einer hoffnungslosen Lage.
In den Länderfeststellungen fehlen Feststellungen zur Wehrpflicht bzw. zur Frage, ob Reservisten der syrischen Armee derzeit die Einberufung in diese drohe. Auch finden sich keine Feststellungen zur Folge der Verweigerung des Wehr- bzw. des Reservedienstes.
Zur Frage der Behandlung nach einer Rückkehr aus dem Ausland wurden folgende Feststellungen getroffen:
"...21. Behandlung nach Rückkehr
Am 13.1.2013 schob Ägypten zwei Syrer nach Syrien ab und verletzte damit seine Verpflichtungen in Bezug auf Non-Refoulement. Am 8. Juli verwehrte Ägypten 276 Menschen aus Syrien die Einreise und zwang ein Flugzeug zur Umkehr nach Syrien, nachdem am selben Tag ohne Vorwarnung eine Visumspflicht und eine Vorab-Sicherheitsüberprüfung für SyrerInnen eingeführt worden war. (HRW 21.1.2014) Im Oktober 2013 wurden 36 Personen, hauptsächlich PalästinenserInnen, von Ägypten nach Syrien abgeschoben. Es wird angenommen, dass viele von ihnen in der Palästina-Abteilung - einer der gefürchtetsten Sektionen - des syrischen Militärnachrichtendienstes festgehalten werden. (BCC News 17.10.2013)
Fälle von Refoulement nach Syrien wurden für einige Länder bestätigt. UNHCR bemüht sich um verstärkte Präsenz auf Flughäfen und Grenzstationen, weil sich IDPs entlang der syrischen Grenze sammeln, die aufgrund der erschwerten Einreisebedingungen nicht in die Nachbarstaaten einreisen können. Besonders die Zahl ausreisender Palästinenser nahm aufgrund der Hindernisse ab. (UNHCR 16.12.2013)
Personen, die erfolglos in anderen Ländern um Asyl angesucht haben und solche, die in der Vergangenheit Verbindung mit der Muslimbruderschaft hatten, wurden bei ihrer Rückkehr gerichtlich belangt. Die Regierung verhaftete routinemäßig DissidentInnen und frühere StaatsbürgerInnen ohne bekannte politische Zugehörigkeit, die versuchten nach Jahren oder sogar Jahrzehnten im selbstverhängten Exil ins Land zurückzukehren. (USDOS 19.4.2013)
Das Gesetz sieht die Strafverfolgung jeder Person vor, die Zuflucht in einem anderen Land sucht, um einer Strafe in Syrien zu entgehen. (USDOS 19.4.2013)
- Exiloppositionelle und ihre Angehörigen
Öffentliche Aktivitäten von Oppositionellen im Ausland werden durch das syrische Regime beobachtet, bei einer Einreise nach Syrien kann mit Verhaftung, Verhör und Haftstrafe und /oder Repressionsmaßnahmen gerechnet werden. Mitunter werden auch Verwandte von Oppositionellen eingeschüchtert, um im Ausland lebende Oppositionelle unter Druck zu setzen. (Vertrauliche Quelle 9.2012)
Es kann zu Verhören und auch zumindest vorübergehenden Verhaftungen kommen. Aufgrund der derzeitigen Lage sind aber keine rezenten Fälle bekannt. (Vertrauliche Quelle 9.2012)
Die Regierung griff aktiv Familienmitglieder von Regierungskritikern sowie von Mitgliedern von Menschenrechtsorganisationen an und nahm diese willkürlich fest. Am 30.8.2011 ergriffen Agenten des Luftwaffennachrichtendienstes Yassin Ziadeh, den Bruder des exilierten Aktivisten Radwan Ziadeh. Aktivisten berichteten, dass die Regierung Yassin wegen der Kritik seines Bruders am Regime angegriffen hatte. Bei Jahresende 2011 wurde Yassin weiterhin incommunicado an einem unbekannten Ort ohne Anklage festgehalten. (USDOS 24.05.2012) Im Jahr 2012 gab es keine neuen Informationen zu ihm. (USDOS 19.04.2013)
Amnesty International veröffentlichte im Jahr 2011 ein Papier über Belästigungen von mehr als 30 syrischen Pro-Reform-AktivistInnen, die in Europa sowie Nord- und Südamerika leben. (AI 12.10.2011, vgl. TWP 13.10.2011 zu einer Verhaftung in den USA)
In Deutschland gestand ein Deutsch-Libanese zu Prozessbeginn im November 2012 seine Spionagetätigkeit für Syrien. Er gab zu, von 2007 bis zu seiner Festnahme im Februar 2012 syrische Oppositionelle ausgespäht zu haben und zu diesem Zweck regimekritische Demonstrationen in Berlin beobachtet zu haben. Im Herbst 2011 habe er auch Informationen zur Stürmung der syrischen Botschaft weitergegeben. (DS 28.11.2012)"
Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass die Aussagen des Beschwerdeführers nicht den Anforderungen der Glaubhaftmachung entsprechen würden, da dieser weder in der Erstbefragung noch in der Einvernahme asylrelevante Gründe für sich behauptet habe sondern nur auf Grund des Bürgerkrieges aus Syrien geflohen sei. Der Beschwerdeführer habe die zwei Festnahmen seiner Person nicht näher schildern können und seien zu dieser Gelegenheit alle Personen des Dorfes befragt worden. Somit sei eine persönliche Verfolgung des Beschwerdeführers ausgeschlossen. Hinsichtlich der angeblichen Fahndung gegen den Beschwerdeführer sei darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer auf die Frage, warum man ihn nach einer Festnahme wieder freigelassen habe, wenn nach ihm gefahndet werde, an, dass man ihn nicht festgenommen sondern zu Hause befragt habe. Auch seien die Angaben des Beschwerdeführers sehr vage und detailarm und somit nicht glaubhaft; eine weitere Begründung für die Feststellung der mangelnden Glaubwürdigkeit bleibt der Bescheid schuldig. Eine Befassung mit den vom Beschwerdeführer angebotenen Kopien der auf seinem Handy gespeicherten Dokumente ist dem Bescheid nicht zu entnehmen.
Daher sei der Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen. Auf Grund der prekären Sicherheitslage sei eine Rückkehr mit hoher Wahrscheinlichkeit zurzeit unmöglich, sodass der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren sei.
Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes vom 15.12.2014, Az.:
1028182501/14867284/ BMI-BFA_STM_RD, wurde dem Beschwerdeführer ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.
4. Mit am 19.12.2014 bei der Behörde eingebrachtem Schriftsatz wurde gegen Spruchpunkt I. des im Spruch bezeichneten Bescheides Beschwerde erhoben.
Begründend wurde ausgeführt, dass die Behörde ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren geführt habe sowie unrichtige Feststellungen und eine mangelhafte Beweiswürdigung vorliegen würden.
So habe die Behörde den Beschwerdeführer nicht eingehend und konkret zu seinen Fluchtgründen befragt, dieser sei in Syrien Anwalt gewesen und habe erfahren, dass er auf der Liste der gesuchten Personen stehe. Auch sei die Beweiswürdigung des Bundesamtes verfehlt und nicht nachvollziehbar. Es sei dem Beschwerdeführer nicht vorzuhalten, dass dieser nicht in der Lage gewesen sei, die nur in elektronischer Kopie vorhandenen Dokumente im Original vorzulegen. Das Bundesamt beschränke sich in der Beweiswürdigung nach einer kurzen Wiederholung des Vorbringens darauf, dieses als sehr vage, detailarm und nicht glaubhaft zu qualifizieren ohne darzulegen, wie es zu dieser Ansicht komme. Auch könnten die Probleme des Beschwerdeführers bei der Schilderung von einer psychischen Erkrankung herrühren. Hätte die Behörde jedoch konkrete Fragen gestellt, hätte der Beschwerdeführer die fehlenden Zusammenhänge aufklären können. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer ausdrücklich vorgebracht, als Anwalt auf einer Liste der gesuchten Personen zu stehen. Bei einer Betrachtung der allgemeinen Lage in Syrien sei dieses Vorbringen glaubhaft. Somit sei der Beschwerdeführer Flüchtling im Sinne der Konvention.
Daher wurde beantragt, der Beschwerde stattzugeben und den Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides dahingehend abzuändern, dass dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten zuerkannt werde in eventu den Bescheid zu beheben und zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens an das Bundesamt zurückzuverweisen und eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen.
5. Die Beschwerde wurde samt dem bezugnehmenden Verwaltungsakt am 23.12.2014 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichts wurden die Ausweise einer Übersetzung zugeführt; nach den Eintragungen im 2009 ausgestellten Reisepass übe der Beschwerdeführer den Beruf eines Arbeiters aus.
Mit verfahrensleitenden Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.12.2015, Zl. W170 2016405-1/4Z, wurde der Beschwerdeführer aufgefordert binnen Frist alle Beweismittel vorzulegen, allfällige neue Flucht- oder Verfolgungsgründe darzutun und zu erklären, ob dieser mit Erhebungen im Herkunftsstaat einverstanden sei. Weiters wurde er aufgefordert, allfällige Protokollrügen zum Verfahren vor dem Bundesamt binnen gleicher Frist zu erstatten und allenfalls bestehende akute psychische und physische Erkrankungen darzutun. Auch wurde der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass er während des laufenden Beschwerdeverfahrens selbständig alle Veränderungen zu den oben bezeichneten Themengebieten schriftlich vorbringen und ebenso selbständig alle neu zur Verfügung stehenden Beweismittel vorlegen müsse.
Mit Schriftsatz vom 5.3.2015 legte der Beschwerdeführer eine Vollmacht vor und ersuchte - ohne auf die obigen Fragen einzugehen - auf eine möglichst baldige Durchführung einer Verhandlung.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A)
1 Gemäß § 3 Abs. 2 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: Bundesamt) zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BGBl. BGBl. I Nr. 87/2012 in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013 (in Folge: BFA-VG) obliegt dem Bundesamt die Zuerkennung und die Aberkennung des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten an Fremde in Österreich gemäß dem Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 144/2013 (in Folge: AsylG 2005), gemäß § 3 Abs. 2 Z 4 BFA-VG die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gemäß dem 8. Hauptstück des Bundesgesetzes über die Ausübung der Fremdenpolizei, die Ausstellung von Dokumenten für Fremde und die Erteilung von Einreisetitel, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 144/2013 (in Folge: FPG).
Nachdem der Beschwerdeführer am 9.8.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und dieser gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 als Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und bei Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten als Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gilt, bestand die Zuständigkeit des Bundesamtes über diesen Antrag abzusprechen.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes, sodass durch die gegen Spruchpunkt I. des im Spruch bezeichneten Bescheides ergriffene Beschwerde die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts besteht.
Gemäß § 1 des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013 (in Folge: VwGVG) ist das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes durch das VwGVG geregelt. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Im gegenständlichen Verfahren ist daher gemäß § 1 BFA-VG dieses sowie weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG 2005 und im Bundesgesetz über die Ausübung der Fremdenpolizei, die Ausstellung von Dokumenten für Fremde und die Erteilung von Einreisetitel, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 144/2013 (in Folge: FPG) anzuwenden.
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes, BGBl. I Nr. 10/2003, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da eine Senatsentscheidung in den einschlägigen Bundesgesetzen nicht vorgesehen ist, liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 16 Abs. 1 1. Satz BFA-VG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des Bundesamtes, sofern nichts anderes bestimmt ist, zwei Wochen. Gemäß § 16 Abs. 1 2. Satz BFA-VG scheint dies nicht für Fremde, bei denen es sich zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung um einen unbegleiteten Minderjährigen handelt, zu gelten; diesen scheint die vierwöchige Beschwerdefrist des § 7 Abs. 4 1. VwGVG zur Verfügung zu stehen. Im vorliegenden Fall handelt es sich beim Beschwerdeführer um keinen unbegleiteten Minderjährigen, der Bescheid wurde am 17.12.2014 erlassen und die Beschwerde am 19.12.2014 eingebracht. Daher ist diese rechtzeitig und auch aus anderen Gründen nicht unzulässig.
2. Gemäß § 27 VwGVG, hat das Verwaltungsgericht - soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet - den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) zu überprüfen. Die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützen kann, umfassen insbesondere Verfahrensfehler, materielle Rechtswidrigkeit oder Unzuständigkeit der Behörde (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte 2013, § 27, K3). Von Amts wegen hat das Bundesverwaltungsgericht neben der Rechtswidrigkeit des Bescheides wegen Unzuständigkeit der den angefochtenen Bescheid erlassenden Behörde (siehe oben) auch relevante Verletzungen der Verfahrensvorschriften aufzugreifen (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte 2013, § 27, K2). Hierbei ist zu bedenken, dass das Bundesamt gemäß § 18 Abs. 1 AsylG 2005 in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken hat, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Beweismittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Beweismittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Beweismittel auch von Amts wegen beizuschaffen. Dies bedeutet jedenfalls, dass das Bundesamt offensichtlich relevanten Sachverhaltselementen auch dann nachzugehen hat, wenn diese von der antragstellenden Partei nicht vorgebracht wurden. Geht das Bundesamt solchen offensichtlich relevanten Sachverhaltselementen nicht nach, liegt eine vom Bundesverwaltungsgericht aufzugreifende relevante Verletzung von Verfahrensvorschriften vor und bilden diese ebenfalls einen Teil des Verfahrensgegenstandes des Beschwerdeverfahrens. Schließlich werden Neuerungen, die sich nicht im Lichte des Neuerungsverbotes des § 20 BFA-VG verbieten, vom Bundesverwaltungsgericht ebenso aufzugreifen seien und bilden diese einen Teil des Verfahrensgegenstandes des Beschwerdeverfahrens.
Aus dem Begehren in der Beschwerde ergibt sich, dass der gegenständliche Bescheid nur hinsichtlich der Abweisung des Antrages, der beschwerdeführenden Partei den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, angefochten wurde.
3. Gemäß § 3 AsylG 2005 ist Asylwerbern auf Antrag der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft gemacht wurde, dass diesen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A
Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955 in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (in Folge: GFK), droht und dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG 2005 offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG 2005 gesetzt hat. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 17 AsylG 2005 ist unter Herkunftsstaat der Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt, oder - im Falle der Staatenlosigkeit - der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes zu verstehen. Dies ist im vorliegenden Fall zweifelsohne Syrien. Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht einer Person, die sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Herkunftsstaates befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; ebenso droht entsprechende Verfolgung einer Person, die staatenlos ist und sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes ihres gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in den Herkunftsstaat zurückzukehren. Darüber ist auszuführen, dass § 3 Abs. 1 AsylG 2005 auf den Flüchtlingsbegriff (drohende Verfolgung im Herkunftsstaat) im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention verweist. Danach ist entscheidend, ob glaubhaft ist, dass den Fremden in ihrem Herkunftsstaat Verfolgung droht. Dies ist dann der Fall, wenn sich eine mit Vernunft begabte Person in der konkreten Situation der Asylwerber unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat fürchten würde. (VwGH vom 24.06.2010, 2007/01/1199). Weiters setzt die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung nicht voraussetzt, dass der Asylwerber vor seiner Ausreise eine individuell gegen ihn gerichtete Verfolgung bereits erlitten haben müsste oder ihm zumindest eine solche bereits konkret angedroht worden wäre; eine derartige Befürchtung ist auch dann gerechtfertigt, wenn die Verhältnisse im Heimatland des Asylwerbers dergestalt sind, dass die Angst vor der vorgebrachten, drohenden Verfolgung objektiv nachvollziehbar ist (siehe VwGH vom 25.01.1996, 95/19/0008, wenn auch zum AsylG 1991, jedoch unter Bezugnahme auf den Flüchtlingsbegriff der Genfer Flüchtlingskonvention).
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt hinsichtlich der Verweigerung des Wehrdienstes ausdrücklich die Auffassung, dass unter dem Gesichtspunkt eines mit dem Militärdienst verbundenden Zwangs zur Mitwirkung an völkerrechtswidrigen Militäraktionen - etwa gegen die Zivilbevölkerung - auch eine bloße Gefängnisstrafe asylrelevante Verfolgung darstellen kann (siehe VwGH 25.3.2003, 2001/01/0009, zitiert nach Feßl/Holzschuster [Asylgesetz 2005, 117 ff]). Dies ist auch ausdrücklich im Art. 9 Abs. 2 lit e der Richtlinie 2011/95/EG festgehalten. Daher stellt eine (im Falle der Rückkehr drohende) Strafverfolgung oder Bestrafung wegen einer Verweigerung des Militärdienstes, wenn dieser (zumindest mit hinreichender Wahrscheinlichkeit) Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter den Anwendungsbereich der Ausschlussklauseln des Artikels 12 Absatz 2 der Richtlinie 2011/95/EG fallen, eine (drohende) asylrelevante Verfolgung.
Notorisch ist - und das wurde auch im Bescheid festgestellt -, dass es im Bürgerkrieg in Syrien zu durch staatliche Stellen zu verantwortende Menschenrechtsverletzungen kommt (siehe neben den diesbezüglich nachvollziehbaren Feststellungen im Bescheid des Bundesamtes und lediglich zur Illustrierung den vom 15.12.2011 datierten Bericht von Zeit - Online "Syrien soll Tötungsquote vorgeschrieben haben" [Quelle:
http://www.zeit.de/politik/ausland/2011-12/syrien-quote-ermordung-soldaten ], beruhend auf entsprechenden Berichten von Human Rights Watch sowie den Bericht von Sir Desmond de Silva u.a. vom Jänner 2014 [Quelle:
http://static.guim.co.uk/ni/1390226674736/syria-report-execution-tort.pdf ]).
Weiters ist notorisch, dass syrische Männer, die älter als achtzehn Jahre sind, sich selbst wegen des obligatorischen Militärdienstes melden müssen und diesfalls Militärausweise erhalten (siehe Home Office vom 11 September 2013, S. 60: "Syrian males over the age of 18 must present themselves for the mandatory military service, and when they do, they receive Military Cards. Syrian males keep this document after their discharge from the service and present it again when they are called for reserve.") und in weiterer Folge zu Ableistung des Militärdienstes (zumindest potentiell) einberufen werden. Auch notorisch ist, dass das syrische Regime Schwierigkeiten hat, neue Rekruten auszuheben und die, die zum normalen verpflichtenden Militärdienst einberufen werden sollten, sich weigern, sich zu melden, was die Regierung zwang, die Einberufung auf jene auszuweiten, die ihren Militärdienst bereits abgeleistet haben (Reservisten - siehe S. 27 des Länderinformationsblatts der Staatendokumentation vom 3.3.2014 mit weiteren Quellen). Da das Bundesamt nicht ermittelt hat, ob der Beschwerdeführer seinen Militärdienst abgeleistet hat oder nicht, ist nicht feststellbar, ob dieser wehr- oder reservedienstpflichtig ist. Zur Beurteilung der Asylrelevanz ist weiters festzustellen, ob auch Wehrdienstpflichtige oder Reservisten in Syrien zur Aufstandsbekämpfung und im Rahmen dieser zu Menschenrechtsverletzungen (v.a.: willkürliche Tötung von Zivilisten, Vergewaltigungen, Plünderungen und Raub - VwGH vom 21.4.2005, 2004/20/0315) herangezogen werden bzw. ob die wegen Wehrpflichtverweigerung drohende Gefängnisstrafe bereits dann droht, wenn der jeweilige Reservist das Land vor der Zustellung eines neuerlichen Einberufungsbefehls verlässt ohne dies seiner Einheit bzw. seinen Auslandsaufenthaltsort der jeweiligen syrischen Botschaft bekannt zu geben (siehe diesbezüglich die amtsbekannte Mobilisierungsankündigung in den syrischen Wehrdienstbüchern: "... Wenn Sie ins Ausland verreisen wollen, müssen Sie dies Ihrer Einheit melden, um eine schriftliche Verpflichtungserklärung abzugeben, Ihren Wohnsitz bei der jeweiligen syrischen Botschaft im Ausland zu melden. ..."). Diesbezüglich hat das Bundesamt keinerlei Ermittlungen getätigt.
Das Bundesamt hat es weiters unterlassen, spezifische Feststellungen zur Rückkehrsituation des Beschwerdeführers zu treffen, konkret zur Situation von Personen, die nach negativem Asylverfahren im Ausland nach Syrien zwangsweise zurückgebracht werden. Im Fall des Beschwerdeführers bestehen keine Hinweise darauf, dass dieser freiwillig nach Syrien zurückgehen könnte (zur möglichen Asylrelevanz einer illegalen Ausreise bzw. einer Asylantragstellung im Ausland etwa VwGH 29.01.2004, 2001/20/0346). Die belangte Behörde hat die diesen Themenkreis behandelnden Passagen des Lageberichtes des deutschen Auswärtigen Amtes vom 27.09.2010 - begründungslos - nicht als Sachverhalt festgestellt bzw. ignoriert. Dem angesprochenen Lagebericht ist diesbezüglich zu entnehmen, dass behördlich zurückgeführte Personen bei ihrer Einreise in der Regel zunächst durch die Geheimdienste über ihren Auslandsaufenthalt und den Grund ihrer Abschiebung befragt werden und benennt auch Fälle, in denen es unmittelbar bzw. kurz nach der Rückführung zur Inhaftierungen gekommen ist. Einem aus Deutschland im September 2009 zurückgeführten syrischen Staatsangehörigen wurde dem Lagebericht zufolge vorgeworfen, in Deutschland einen Asylantrag gestellt zu haben und im Ausland bewusst falsche Angaben verbreitet zu haben, die das Ansehen des Staates herabzusetzen geeignet sind und er wurde zu einer Haft- und Geldstrafe verurteilt. Aus diesem Bericht ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass es zu willkürlichen Verhaftungen zurückkehrender syrischer Staatsangehöriger kommt, wobei weder ein bestimmter Verfolgungsmodus zu erkennen ist noch ausgeschlossen werden kann, dass es bereits schon bei kurzzeitiger Inhaftierung/Befragung durch die syrischen Sicherheitskräfte zu Folter kommt bzw. der Vorwurf, das Ansehen des Staates im Ausland herabgesetzt zu haben, erhoben wird. Da im Übrigen nicht davon auszugehen ist, dass sich die Lage von Rückkehrern, die rechtswidrig aus Syrien ausgereist sind, seit Ausbruch des Aufstands im März 2011 - also seit einem Zeitpunkt, der nach dem Erscheinungszeitpunkt des Bericht des deutschen Auswärtigen Amtes liegt - verbessert hat bzw. wird die Behörde hinsichtlich der Folgen einer rechtswidrigen Ausreise einen Bericht heranzuziehen haben, der die Situation nach Beginn der Aufstandsbekämpfung beschreibt oder auf andere Wiese den sich potentiell geänderten diesbezüglichen Sachverhalt ermitteln müssen (siehe zur Frage der Aktualität der Länderberichte/Länderfeststellungen etwa VfGH vom 11.12.2013, U 1159/2012-13 ua). Die belangte Behörde wird daher im fortgesetzten Verfahren in diesem Punkt den Sachverhalt zu erheben und festzustellen haben und daran die Asylrelevanz konkret für den Fall des Beschwerdeführers zu beurteilen haben.
Schließlich ist auch das Ermittlungsverfahren zu dem vorgebrachten Fluchtgrund, als Anwalt einer Verfolgung ausgesetzt zu sein, in Wahrheit nicht geführt worden. Einleitend hätte das Bundesamt sich die Kopien der gespeicherten Dokumente - auch wenn diesen nicht so eine Beweiskraft wie echten Dokumenten zukommt - übermitteln lassen müssen und nunmehr - nach den Behauptungen in der Beschwerde - klären müssen, ob der Beschwerdeführer unter einer psychischen Beeinträchtigung leidet, die ihn hindert seine Fluchtgründe vorzutragen. In weiterer Folge wäre - gegebenenfalls unter Beiziehung eines Sachverständigen - zu klären, ob die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Anwalt glaubhaft ist; diesbezüglich müsste der Beschwerdeführer zumindest Grundkenntnisse im syrischen Recht und in den Gebieten, die er als Anwalt bearbeitet hat, vertiefende Kenntnisse aufweisen. Auch müsste der Beschwerdeführer diesfalls dartun können, in welchem Gebiet er tätig war und etwa schildern können, in welchen konkreten Fällen er eingeschritten ist und welche Schritte in den Verfahren nach welchen Rechtsvorschriften zu setzen waren. Dann wäre - so die Tätigkeit als Anwalt glaubhaft ist - anhand von Länderdokumenten zu klären, ob ein reales Risiko besteht, dass das Regime Anwälte wie den Beschwerdeführer verfolgt. Erst nach Durchführung dieser Ermittlungen könnte die den Beschwerdeführer drohende Verfolgungsgefahr beurteilt werden.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - hier: das Bundesverwaltungsgericht - über Bescheidbeschwerden (Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG) dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - hier: das Bundesverwaltungsgericht - bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG, im Verfahren über Bescheidbeschwerden (Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG) weiters in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht; hat die Behörde jedoch notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe E vom 26.06.2014, Gz. Ro 2014/03/0063) kommt die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht nach der Bestimmung des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG bereits nach ihrem Wortlaut nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht (vgl. auch Art. 130 Abs. 4 Z 1 B-VG). Ist die Voraussetzung des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG erfüllt, hat das Verwaltungsgericht - sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist - "in der Sache selbst" zu entscheiden. Angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems stellt die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis steht diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht, vgl. Holoubek, Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand, in Holoubek/Lang (Hrsg.), Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, erster Instanz, 2013, Seite 127, Seite 137; siehe schon Merli, Die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte erster Instanz, in Holoubek/Lang (Hrsg.), Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2008, Seite 65, Seite 73 f). Es liegen die Voraussetzungen von § 28 Abs. 3
2. Satz VwGVG nach der oben dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zusammengefasst dann vor, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt nicht feststeht, insbesondere weil
1. die Behörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat,
2. die Behörde zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat,
3. konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde Ermittlungen unterließ, damit diese im Sinn einer "Delegierung" dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden oder
4. ähnlich schwerwiegende Ermittlungsmängel vorliegen und
die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht - hier: das Bundesverwaltungsgericht - selbst nicht im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Insbesondere da das Bundesamt die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Bundesverwaltungsgerichts (siehe etwa BVwG B vom 24.03.2014, Gz. W170 1420086-1) ignoriert hat, liegt der Schluss nahe, dass das Bundesamt die notwendigen Ermittlungen unterließ, damit diese im Sinn einer "Delegierung" dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Insgesamt kommt das Bundesverwaltungsgericht nicht herum festzustellen, dass sich das Bundesamt weder mit den generellen Fluchtgründen (Wehrdienst, rechtswidrige Ausreise) noch mit den individuellen Fluchtgründen (Verfolgung als Anwalt) beschäftigt hat. In Wahrheit wurde ein gesetzmäßiges Ermittlungsverfahren allenfalls im Ansatz geführt.
Zur Frage, ob die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht - hier: das Bundesverwaltungsgericht - selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist, ist einerseits auszuführen, dass das Bundesverwaltungsgericht im Gegensatz zum bisherigen Asylgerichtshof keine "Spezialbehörde" (bzw. kein "Spezialgericht") ist, sodass davon auszugehen ist, dass insbesondere länderspezifische Ermittlungen durch die Spezialbehörde Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl jedenfalls schneller und billiger durchgeführt werden können. Dazu kommt der Umstand, dass das Bundesamt ansonsten durch die Verweigerung notwendiger Ermittlungen dem Beschwerdeführer willkürlich entsprechenden Rechtsschutz nehmen könnte, da diesfalls
- so eine Zurückverweisung nicht erfolgen würde - das Bundesverwaltungsgericht in wesentlichen Punkten den Sachverhalt selbst ermittelt müsste und gegen dessen Entscheidung lediglich eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof - die sich aber insbesondere nicht bzw. nicht primär gegen Sachverhaltsermittlungen richten kann
- sowie eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof - die nur hinsichtlich besonders schwerer Ermittlungsmängel Erfolg zeitigen würde - zulässig ist. Andererseits hat sich der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, mit der Verhandlungspflicht des Bundesverwaltungsgerichts in Asylangelegenheiten auseinandergesetzt und ausgeführt, dass sich zwar hinsichtlich der generellen Verhandlungspflicht der Verwaltungsgerichte die bisher zu § 67d AVG ergangene Rechtsprechung auf das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten übertragen lässt, jedoch die in § 24 Abs. 4 VwGVG getroffene Anordnung nach deren Wortlaut nur dann zur Anwendung gelangen, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist. Daher gelte für vom Anwendungsbereich des BFA-VG erfasste Verfahren in Verdrängung des § 24 Abs. 4 VwGVG der § 21 Abs. 7 BFA-VG. Nach dieser Bestimmung kann das Bundesverwaltungsgericht nur - bzw. auch: trotz Vorliegens eines Antrages - von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint". Dies bedeutet, so der Verwaltungsgerichthof weiter, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein muss und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG 2014 festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Daher implizieren (hier vorliegende) Ermittlungsmängel des Bundesamtes, soweit diese entscheidungsrelevante Sachverhalte betreffen, eine Verhandlungspflicht des Bundesverwaltungsgerichtes in für vom Anwendungsbereich des BFA-VG erfasste Verfahren, sodass die Ermittlung des relevanten Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls in diesen Bereich weder im Interesse der Raschheit gelegen noch mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Daher ist spruchgemäß zu entscheiden, der Bescheid hinsichtlich des bekämpften Spruchpunktes I. zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückzuverweisen.
Hinsichtlich des Antrages auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, dass der entscheidungsrelevante Sachverhalt - nämlich das Vorliegen von mangelhaften Ermittlungen zum entscheidungsrelevanten Sachverhalt - durch den vorliegenden Bescheid unter Bedachtnahme auf die Beschwerde feststand und daher auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet werden konnte und der entsprechende Antrag in der Beschwerde abgewiesen wird.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Unter A) wurde ausführlich ausgeführt, dass im erstinstanzlichen Verfahren notwendige Ermittlungen unterlassen wurden. Betreffend die Anwendbarkeit des § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG im gegenständlichen Fall liegt keine grundsätzliche Rechtsfrage vor, weil hinsichtlich § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG die oben zitierte, einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt. Daher ist eine relevante Rechtsfrage nicht zu erkennen und die Revision somit unzulässig.
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